Pilotenstreik

Was Dir bei einem Streik bei der Fluggesellschaft zusteht

Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Fällt Dein Flug aus, weil Pilot oder Flugbegleiter streiken, hast Du Anspruch auf einen Ersatzflug oder ein Bahnticket.
  • Gestrandeten Fluggästen steht bei Streik oft eine Ausgleichszahlung bis zu 600 Euro zu.

So gehst Du vor

  • Klär mit dem Kundencenter der Airline, wie Du trotz Streik an Dein Ziel kommst.
  • Hast Du eine Pauschalreise gebucht, wende Dich an den Reiseveranstalter.
  • Fordere mit unserem Fluggastrechte-Tool Deine Ausgleichszahlung.

Zum Rechner

Streiks sind in der Flugbranche keine Seltenheit. Im September 2022 streikten die Piloten der Lufthansa; Mitte Oktober legen die Piloten von Eurowings erneut für drei Tage die Arbeit nieder. Die Airline musste deshalb etwa die Hälfte aller geplanten Flüge streichen. Kommt es durch die Streiks zu Verspätungen oder Ausfällen bei der Urlaubs- oder Geschäftsreise, ist der Ärger groß. Doch Fluggäste haben Rechte, die sie einfordern sollten. Wir erklären Dir, was Dir bei einem Streik zusteht.

Worauf haben Fluggäste bei Streik Anspruch?

Streicht die Fluggesellschaft Deinen Flug wegen eines Streiks, steht Dir eine alternative Beförderung zum nächstmöglichen Zeit­punkt zu – so regelt es die europäische Fluggastrechteverordnung. Besprich die Möglichkeiten eines Ersatzflugs oder einer anderen Beförderung am besten direkt mit Deiner Fluggesellschaft.

Hast Du Deinen Flug über einen Veranstalter im Rahmen einer Pauschalreise oder über ein Reisebüro gebucht, musst Du Dich für eine Umbuchung oder Stornierung an Deinen Anbieter wenden. Mehr dazu liest Du weiter unten.

Anspruch auf ein Bahnticket

Falls Du innerhalb von Deutschland fliegen wolltest und keine Pauschalreise gebucht hast, kannst Du ohne weitere Kosten die Bahn nutzen. Dafür solltest Du über die Buchungsseite der Fluggesellschaft das Flugticket in eine Fahrkarte umwandeln. Du erhältst die Bahnfahrkarte oft auch am Ticketschalter der Airline.

Kaufst Du Dir kurz entschlossen selbst ein Bahnticket, kannst Du es Dir erstatten lassen. Es kann aber passieren, dass Du nur den Preis für Dein Flugticket zurückbekommst. Falls die Bahnfahrt teurer war, musst Du die Differenz zum Flugticket unter Umständen selbst zahlen. Tausch Dein Flugticket daher besser vor der Fahrt in eine Bahnfahrkarte um.

Mietwagen ist Verhandlungssache

Erkundige Dich bei der Airline, ob sie auch andere Verkehrsmittel erstattet – zum Beispiel die Kosten für einen Mietwagen. Letztlich ist das Verhandlungssache. Lass Dir Zusagen unbedingt per E-Mail bestätigen oder am Schalter gegenzeichnen.

Wann steht Dir Essen und Unterkunft zu?

Bist Du bereits am Flughafen und erfährst dort, dass Dein Flug wegen eines Streiks ausfällt, dann muss die Airline Dich verpflegen. Üblicherweise gibt es Getränke, Snacks oder Gutscheine. Wenn nichts angeboten wird, kannst Du Dir selbst Essen und Getränke kaufen und Dir die Verpflegung später von der Fluggesellschaft erstatten lassen. Die Kosten sollten in einem angemessenen Verhältnis zu Deiner Wartezeit stehen.

Bist Du am Urlaubsort gestrandet, weil der Ersatzflug erst am nächsten Tag geht, dann muss die Airline Übernachtung und Transfer ins Hotel zahlen. Besprich die Details am besten telefonisch mit dem Kundendienst. Möglicherweise hat die Fluggesellschaft die Übernachtung bereits für Dich organisiert. Du solltest nur dann ein Hotel auf eigene Faust buchen, wenn Du eine schriftliche Zusage hast, dass die Airline Dir die Kosten erstattet.

Welche Rechte hast Du bei einer Pauschalreise?

Falls Dein Flug Teil einer Pauschalreise ist und Dein Urlaub durch den Streik beeinträchtigt wird, kannst Du den Reisepreis mindern. Möglich ist auch, die Reise kostenfrei zu stornieren – zum Beispiel, wenn Du Deinen einwöchigen Urlaub wegen des Streiks erst vier Tage später antreten kannst. Falls der Rückflug ausfällt, muss der Veranstalter für Deine Unterkunft am Urlaubsort sorgen.

Wann bekommst Du bei Streik eine Entschädigung?

Fluggesellschaften müssen nach der europäischen Fluggastrechteverordnung bei großer Verspätung oder Annullierung des Fluges grundsätzlich Entschädigungen von bis zu 600 Euro zahlen. Ausnahme: Die Airline trifft keine Schuld an der Verspätung oder Annullierung, weil sogenannte außergewöhnliche Umstände vorliegen (Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO).

Außergewöhnliche Umstände können vorliegen bei einem „den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streik“ (Erwägungsgrund 14).

Die Frage, ob Verbraucher bei Flugausfällen wegen Streiks eine Ausgleichszahlung erhalten, hängt vom Einzelfall ab und davon, wer gestreikt hat: Piloten oder Bordpersonal, Fluglotsen, Sicherheitspersonal oder Gepäckarbeiter am Flughafen.

Rechtsprechung des EuGH

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass nicht jeder Streik die Fluggesellschaft automatisch von der Ausgleichspflicht befreit (Urteil vom 17. April 2018, Az. C-195/17). Ganz im Gegenteil – die Gerichte müssen im Einzelfall beurteilen, ob der Streik seine Ursache in der normalen Geschäftstätigkeit der Fluggesellschaft hat.

Ein von einer Gewerkschaft von Beschäftigten einer Airline organisierter Streik, mit dem die Arbeitnehmer höheres Gehalt oder bessere Arbeitszeiten durchsetzen wollen, ist kein außergewöhnlicher Umstand, urteilte der EuGH zu einem Pilotenstreik bei der skandinavischen Fluggesellschaft SAS (23. März 2021, Az. C-28/20).

Bei einem Fluglotsenstreik oder einem Streik der Gepäckarbeiter am Flughafen ist die Fluglinie in der Regel außen vor – dafür trägt sie keine Verantwortung, denn es handelt sich um einen betriebsfremden Streik. Anders ist es immer dann, wenn die eigenen Mitarbeiter streiken. Dann haben Fluggäste gute Chancen auf Entschädigung.

Achtung: Weil es auf den Einzelfall ankommt, solltest Du bei einer streikbedingten Verspätung oder Annullierung immer eine Ausgleichszahlung einfordern.

Krankheitswelle oder wilder Streik

So gehst Du vor

Fordere mit unserem Fluggastrechte-Tool Deine Ausgleichszahlung.

Zum Rechner

Falls die Fluggsellschaft nicht zahlt, brauchst Du Unterstützung. Du kannst Dich kostenlos an die Schlichtungsstelle SÖP wenden oder zum Beispiel an ein Fluggast-Portal. Wir empfehlen EUFlight oder Compensation2go als Sofortentschädiger und flug-verspätet.de, EuClaim und Claimflights als Inkasso-Dienstleister.

Mehr dazu im Ratgeber Fluggasthelfer

  • Von uns emp­foh­lener Anbieter für eine Sorfortzahlung: EUFlight und Compensation2go.
  • Von uns emp­foh­lene Inkasso-Dienstleister: flug-verspaetet.de. Du kannst Dich auch an SOS Flugverspätung, EUClaim, Claim Flights wenden.

Zum Ratgeber

Autor
Dr. Britta Beate Schön

* Was der Stern bedeutet:

Finanztip gehört zu 100 Prozent der gemeinnützigen Finanztip Stiftung. Die hat den Auftrag, die Finanzbildung in Deutschland zu fördern. Alle Gewinne, die Finanztip ausschüttet, gehen an die Stiftung und werden dort für gemeinnützige Projekte verwendet – wie etwa unsere Bildungsinitiative Finanztip Schule.

Wir wollen mit unseren Emp­feh­lungen möglichst vielen Menschen helfen, ihre Finanzen selber zu machen. Daher sind unsere Inhalte kostenlos im Netz verfügbar. Wir finanzieren unsere aufwändige Arbeit mit sogenannten Affiliate Links. Diese Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen (*).

Bei Finanztip handhaben wir Affiliate Links aber anders als andere Websites. Wir verlinken ausschließlich auf Produkte, die vorher von unserer unabhängigen Experten-Redaktion emp­foh­len wurden. Nur dann kann der entsprechende Anbieter einen Link zu diesem Angebot setzen lassen. Geld bekommen wir, wenn Du auf einen solchen Link klickst oder beim Anbieter einen Vertrag abschließt.

Ob und in welcher Höhe uns ein Anbieter vergütet, hat keinerlei Einfluss auf unsere Emp­feh­lungen. Was Dir unsere Experten empfehlen, hängt allein davon ab, ob ein Angebot gut für Verbraucher ist.

Mehr Informationen über unsere Arbeitsweise findest Du auf unserer Über-uns-Seite.