Flughafen Streik & Pilotenstreik Was Dir beim Streik im Flugverkehr zusteht
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Ärgerst Du Dich, weil ein Streik Deine Urlaubspläne durchkreuzt? So verständlich der Ärger ist, Streik ist auch ein arbeitsrechtliches Mittel der Beschäftigten, sich für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne einzusetzen. In der Flugbranche sind Streiks keine Seltenheit: Für den 27. Oktober 2024 kündigten die Piloten von EasyJet in Italien einen landesweiten Streik an, Ende August riefen die Gewerkschaften zum Streik beim Ferienflieger Discover auf und auch am Flughafen Dresden und Leipzig fielen einige Flüge aus, weil die Beschäftigten der Lufthansa Tochter Airport Services streikten.
Kommt es durch Streiks zu Flugverspätungen oder Flugausfällen bei Deiner Urlaubs- oder Geschäftsreise, hast Du Rechte. Wir erklären Dir, was Dir bei einem Streik zusteht.
Streicht die Fluggesellschaft Deinen Flug wegen eines Streiks, kannst Du den nächstmöglichen Flieger nehmen, der Dich ans Ziel bringt – so regelt es die europäische Fluggastrechteverordnung. Klär am besten mit der Airline, was Du für Alternativen hast. Du kannst Dir das Flugticket auch erstatten lassen (Art. 8 FluggastrechteVO). Meist kannst Du das online über die Website der Airline beantragen.
Hast Du den Flug über einen Veranstalter im Rahmen einer Pauschalreise oder über ein Reisebüro gebucht, musst Du Dich für eine Umbuchung oder Stornierung an Deinen Anbieter wenden. Mehr dazu liest Du weiter unten.
Falls Du innerhalb von Deutschland fliegen wolltest und keine Pauschalreise gebucht hast, kannst Du ohne weitere Kosten die Bahn nutzen. Dafür solltest Du über die Buchungsseite der Fluggesellschaft das Flugticket in eine Fahrkarte umwandeln. Du erhältst die Bahnfahrkarte oft auch am Ticketschalter der Airline. Schwierig nur, wenn die Bahn auch streikt.
Kaufst Du Dir kurz entschlossen selbst ein Bahnticket, kannst Du es Dir von der Fluggesellschaft erstatten lassen. Es kann aber passieren, dass Du nur den Preis für Dein Flugticket zurückbekommst. Falls die Bahnfahrt teurer war, musst Du die Differenz zum Flugticket unter Umständen selbst zahlen. Tausch Dein Flugticket daher besser vor der Fahrt in eine Bahnfahrkarte um.
Erkundige Dich bei der Airline, ob sie auch die Kosten für andere Verkehrsmittel erstattet – zum Beispiel einen Mietwagen oder ein Taxi. Letztlich ist das Verhandlungssache. Lass Dir Zusagen unbedingt per E-Mail bestätigen oder am Schalter gegenzeichnen.
Bist Du bereits am Flughafen und erfährst dort, dass Dein Flug wegen eines Streiks ausfällt, dann muss die Airline Dich verpflegen (Art. 9 FluggastrechteVO). Üblicherweise gibt es Getränke, Snacks oder Gutscheine. Wenn nichts angeboten wird, kannst Du Dir selbst Essen und Getränke kaufen und Dir die Verpflegung später von der Fluggesellschaft erstatten lassen. Die Kosten sollten in einem angemessenen Verhältnis zu Deiner Wartezeit stehen. Also bei vier Stunden Wartezeit ist ein warmes Essen angebracht.
Bist Du am Urlaubsort gestrandet, weil der Ersatzflug erst am nächsten Tag geht, dann muss die Airline Übernachtung und Transfer ins Hotel zahlen. Besprich die Details am besten telefonisch mit dem Servicecenter. Möglicherweise hat die Fluggesellschaft die Übernachtung bereits für Dich organisiert. Du solltest nur dann ein Hotel auf eigene Faust buchen, wenn Du eine verlässliche Zusage hast, dass die Airline Dir die Kosten erstattet.
Falls Dein Flug Teil einer Pauschalreise ist und Dein Urlaub durch den Streik beeinträchtigt wird, kannst Du den Reisepreis mindern. Das bedeutet: Du bekommst Geld vom Veranstalter zurück. Möglich ist auch, die Reise kostenfrei zu stornieren – zum Beispiel, wenn Du Deinen einwöchigen Urlaub wegen des Streiks erst vier Tage später antreten kannst. Falls der Rückflug ausfällt, muss der Veranstalter für Deine Unterkunft am Urlaubsort sorgen.
Fluggesellschaften müssen nach der europäischen Fluggastrechteverordnung bei großer Verspätung oder Annullierung des Fluges grundsätzlich Entschädigungen von bis zu 600 Euro zahlen. Ausnahme: Die Airline trifft keine Schuld an der Verspätung oder Annullierung, weil sogenannte außergewöhnliche Umstände vorliegen (Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO).
Außergewöhnliche Umstände können vorliegen bei einem „den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streik“ (Erwägungsgrund 14).
Die Frage, ob Verbraucher bei Flugausfällen wegen Streiks eine Ausgleichszahlung erhalten, hängt vom Einzelfall ab und davon, wer streikt: Piloten oder Bordpersonal, Fluglotsen, Sicherheitspersonal oder Gepäckarbeiter am Flughafen.
Die Fluggesellschaften gehen davon aus, dass ein Streik nach der europäischen Fluggastrechteverordnung immer ein außergewöhnlicher Umstand ist. So schreibt die Lufthansa, dass Annullierungen und Verspätungen aufgrund von Streik oder widrigen Witterungsbedingungen auf außergewöhnlichen Umständen beruhen. Es wird oft generell von Streik gesprochen, ohne zu differenzieren.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass nicht jeder Streik die Fluggesellschaft automatisch von der Ausgleichspflicht befreit (17.04.2018, Az. C-195/17). Ganz im Gegenteil – die Gerichte müssen im Einzelfall beurteilen, ob der Streik seine Ursache in der normalen Geschäftstätigkeit der Fluggesellschaft hat.
Immer dann, wenn die eigenen Mitarbeiter der Airline streiken, haben Fluggäste gute Chancen auf eine zusätzliche Entschädigung. Denn ein von einer Gewerkschaft von Beschäftigten einer Airline organisierter Streik, mit dem die Arbeitnehmer höheres Gehalt oder bessere Arbeitszeiten durchsetzen wollen, ist kein außergewöhnlicher Umstand. So urteilte der EuGH zu einem Pilotenstreik bei der skandinavischen Fluggesellschaft SAS (23.03.2021, Az. C-28/20).
Diese Grundsätze bestätigte der europäische Gerichtshof in einem weiteren Fall, bei dem er den Streik des Kabinenpersonals von Eurowings beurteilen musste. Auch bei diesem Streik handelte es sich um eine interne Angelegenheit der Fluggesellschaft und nicht um einen außergewöhnlichen Umstand (EuGH, 06.10.2021, Az. C-613/20).
Bei einem Fluglotsenstreik oder einem Streik von Gepäckarbeitern am Flughafen ist die Fluglinie in der Regel außen vor – dafür trägt sie keine Verantwortung, denn es handelt sich um einen betriebsfremden Streik. Anders ist es immer dann, wenn die eigenen Mitarbeiter streiken. Dann haben Fluggäste gute Chancen auf Entschädigung.
Trotzdem: Weil es auf den Einzelfall ankommt, solltest Du bei einer streikbedingten Verspätung oder Annullierung immer eine Ausgleichszahlung einfordern.
Auch wenn die Fluggesellschaft Flüge annulliert, weil zu viele Crew-Mitglieder erkrankt sind, muss sie unter Umständen Entschädigungen zahlen. So war es im Herbst 2016 bei Tuifly. Zahlreiche Passagiere klagten auf Entschädigung. Im Februar 2017 gab es die ersten Urteile – mit sehr unterschiedlichem Ausgang: mal zugunsten von Tuifly und mal zugunsten der Fluggäste.
Zwei deutsche Amtsgerichte legten die Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Das Gericht entschied gegen Tuifly. Der „wilde Streik“ folgte auf eine überraschende Ankündigung des Managements zur Umstrukturierung des Unternehmens. Die Reaktion der Arbeitnehmer, also die vermehrten Krankmeldungen, gehörten zur normalen Ausübung der Tätigkeit der Fluggesellschaft. Es lagen somit keine außergewöhnlichen Umstände vor (EuGH, 17.04.2018, Az. C-195/17 u.a.). Die Airline musste zahlen.
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Falls die Fluggsellschaft nicht zahlt, brauchst Du Unterstützung. Du kannst Dich kostenlos an die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr wenden. Die prüft, ob Dir eine Ausgleichszahlung zusteht und ist um eine Schlichtung bemüht. Oder Du beauftragst ein Fluggast-Portal. Wir empfehlen Ersatzpilot und EUFlight als Sofortentschädiger und Fairplane und Flightright als Inkasso-Dienstleister.
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