Über­schuss­be­tei­li­gung Riester-Rente So holst Du Dir entgangene Überschüsse zurück

Martin_Klotz
Martin Klotz
Finanztip-Experte für Vorsorge

Das Wichtigste in Kürze

  • Wenn Du eine Riester-Rentenversicherung abgeschlossen hast, kannst Du eventuell von Deinem Versicherer mehr Über­schuss­be­tei­li­gung einfordern.
  • Am 13. Januar 2016 hat der Bundesgerichtshof die Regelungen zur Über­schuss­be­tei­li­gung bei der Allianz für unwirksam erklärt. Demnach hat das Unternehmen seine Kunden nicht ausreichend darüber informiert, dass sie erst ab einer Garantiesumme von 40.000 Euro an sogenannten Kostenüberschüssen beteiligt werden.
  • Betroffene Kunden haben nun ein Recht auf eine nachträgliche Beteiligung an diesen Kostenüberschüssen und damit auf eine höhere Auszahlung.
  • Laut dem Bund der Versicherten haben Ver­si­che­rungsnehmer im Schnitt Anspruch auf 3.500 Euro.
  • Auch bei anderen Versicherern könnte nach Einschätzung der Verbraucherzentrale Hamburg ein Anspruch auf Nachbesserung bestehen. Das muss aber im Einzelfall geprüft werden.

So gehst Du vor

  • Falls Du eine Riester-Rentenversicherung bei der Allianz abgeschlossen hast: Überprüf zunächst die Garantiesumme. Beträgt sie weniger als 40.000 Euro, dann lad unseren Musterbrief herunter und forder damit eine Beteiligung an den Kostenüberschüssen ein.

Über­schuss­be­tei­li­gung (Allianz)

  • Wenn Du einen Riester-Rentenvertrag bei einem anderen Anbieter abgeschlossen hast: Schritt 1: Prüf, ob Du ebenfalls von Über­schuss­be­tei­li­gungen ausgeschlossen bist. Du kannst dazu unser Mus­ter­schrei­ben verwenden.

Über­schuss­be­tei­li­gung (andere)

  • Schritt 2: Wenn Dein Versicherer die Auskunft verweigert oder bestätigt, dass Du von Über­schuss­be­tei­li­gungen ausgeschlossen bist, wende Dich an die Verbraucherzentrale Hamburg. Diese hat sich auf Ver­si­che­rungen spezialisiert und kann Dir eine konkrete Vorgehensweise empfehlen.

Hast Du eine Riester-Rentenversicherung abgeschlossen, besteht für Dich eventuell Anspruch auf eine womöglich deutliche Nachbesserung Deiner Über­schuss­be­tei­li­gung. Denn der Bundesgerichtshof hat 2016 festgestellt, dass die Allianz die Klauseln zur Über­schuss­be­tei­li­gung zu intransparent gestaltet hat. Sie schuldet damit vielen Ver­si­che­rungsnehmern eine höhere Über­schuss­be­tei­li­gung.

Was ist eine Über­schuss­be­tei­li­gung?

Bei einer Riester-Rentenversicherung hängt der Ertrag auf Deine Einzahlungen vor allem von den Überschüssen ab, die Dein Versicherer erzielt. Diese Überschüsse entstehen, sofern die Kosten des Versicherers geringer ausfallen (sogenannte Kostenüberschüsse) oder die Ver­si­che­rung mit der Kapitalanlage mehr erwirtschaftet als gedacht (sogenannte Zinsüberschüsse). Die Kunden müssen an den Kostenüberschüssen zu mindestens 50 Prozent beteiligt werden. Allerdings können Versicherer die Überschüsse nach ihrem eigenen Verteilungsschlüssel gutschreiben.

Kleinsparer außen vor

Die Allianz wendet bislang einen Verteilungsschlüssel an, mit dem sie eine bestimmte Kundengruppe systematisch von Überschüssen ausschließt. Sie berücksichtigt nur solche Kunden, deren Vertrag bei Rentenbeginn eine Garantiesumme von mindestens 40.000 Euro erreicht.

Das Problem: Staatliche Zulagen werden in diese Summe nicht einbezogen. Das benachteiligt insbesondere Kleinsparer mit Kindern, bei denen die staatlichen Zulagen einen bedeutenden Teil der Beiträge ausmachen. Eine Garantiesumme von 40.000 Euro ist für sie kaum erreichbar.

Aber auch Singles, die nicht den Höchstbetrag von monatlich etwa 163 Euro einzahlen, haben womöglich Probleme, auf die 40.000 Euro zu kommen. Wer etwa 2006 seine Riester-Versicherung mit einem Garantiezins von 2,75 Prozent abgeschlossen hat und monatlich 100 Euro einbezahlt, müsste mehr als 25 Jahre ansparen. Wer 2007 mit einem Garantiezins von 2,25 Prozent abgeschlossen hat, müsste schon 27 Jahre ansparen.

Experten schätzen, dass jeder zweite der knapp elf Millionen Riester-Rentensparer betroffen sein könnte.

Das Urteil gegen die Allianz

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 13. Januar 2016 festgestellt, dass die entsprechenden Klauseln der Allianz unwirksam sind (Az. IV ZR 38/14). Der BGH bestätigte damit die Einschätzung der Vorinstanzen. (LG Stuttgart, Urteil vom 25. April 2013, Az.11 O 231/12, OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Januar 2014, Az. 2 U 57/13). 

Die obersten Richter begründeten ihr Urteil damit, dass das Unternehmen gegen das Transparenzgebot verstoßen habe. Denn in den Ver­si­che­rungs­be­din­gungen wies die Allianz nicht ausdrücklich auf die erforderliche Mindestgarantiesumme für die Über­schuss­be­tei­li­gung hin. Stattdessen mussten Ver­si­che­rungsnehmer bislang sieben verschiedene Textstellen finden, die auf die Ver­si­che­rungs­be­din­gungen und den Geschäftsbericht der Allianz verteilt sind.

Die Richter stellten klar, dass ein Ausschluss bestimmter Kunden von Überschüssen grundsätzlich möglich ist. Nur müsse der Versicherer dies deutlich ausweisen. Insbesondere dürfe das Unternehmen beim Kunden nicht Erwartungen an eine höhere Über­schuss­be­tei­li­gung wecken und damit dessen Anlageentscheidung nachhaltig beeinflussen.

Mehrere Tausend Euro an Gutschriften möglich

Der finanzielle Nachteil für betroffene Kunden beträgt laut dem Bund der Versicherten (BdV) bei einem durchschnittlichen Vertrag bis zu 3.500 Euro. Die Allianz nennt dagegen eine Größenordnung von 60 Cent pro Jahr – bei 30 Jahren Laufzeit macht das 18 Euro –, die Kunden durch den Ausschluss entgehen. Die Angaben unterscheiden sich also deutlich. Grundsätzlich gilt: Je höher und je länger die Verträge bespart werden, umso eher kann der Versicherer Kosten sparen und an die Kunden weitergeben.

Wie viel auch immer bei Deinem Vertrag die Kostenüberschüsse ausmachen: Lass Dir den Betrag von der Allianz ausrechnen und verlang ihn zurück. Du musst hierfür selbst aktiv werden, denn die Allianz bessert nicht von sich aus nach.

Nutz daher unseren Musterbrief an die Allianz, um an eine höhere Über­schuss­be­tei­li­gung zu kommen. Du hast diese Möglichkeit, wenn Dein Vertrag aktuell noch läuft – auch wenn er beitragsfrei gestellt wurde – oder Du ihn nach 2009 gekündigt hast.

Reaktion der Allianz

Im Anschluss an das BGH-Urteil erklärte die Allianz Leben, sie werde die Urteilsbegründung der Richter abwarten, auswerten und die Vorgaben der Rechtsprechung dann berücksichtigen. Übersetzt bedeutet dies, dass die Allianz ihre Allgemeinen Ver­si­che­rungs­be­din­gungen überarbeiten dürfte.

Abzuwarten bleibt, ob der Versicherer Nachforderungen betroffener Kunden erfüllt und die Vertragsansprüche neu berechnet. Vor dem BGH-Urteil hatte die Allianz eine Neuberechnung noch abgelehnt, wie uns eine Leserin berichtet hatte.

Wenn Du bei einem anderen Versicherer abgeschlossen hast

Hast Du eine Riester-Rentenversicherung von einem anderen Anbieter, solltest Du prüfen, ob Du ebenfalls von der Beteiligung an Überschüssen ausgeschlossen bist. Lass Dir von Deinem Versicherer bestätigen, dass er Dich immer sowohl an Kostenüberschüssen als auch an Zins- und Risikoüberschüssen beteiligt. Dazu kannst Du diesen Musterbrief verwenden.

Verweigert Dir der Versicherer die Auskunft oder bestätigt er, dass er Dich an bestimmten Überschüssen nicht beteiligt, lass Dich von der Verbraucherzentrale Hamburg beraten. Deren Ver­si­che­rungsexperten können einschätzen, welche weiteren Schritte gegen den Versicherer in Deinem individuellen Fall sinnvoll sind. Denn die Ver­si­che­rung kann eine Über­schuss­be­tei­li­gung nur durch eine ausdrückliche Vereinbarung ausschließen (§ 153 VVG). Fehlt sie, kannst Du mehr Über­schuss­be­tei­li­gung einfordern.

Autor
Nina C. Zimmermann

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