Schuldnerberatung So kommst Du raus aus den Miesen

Salim_Rehan
Salim Rehan
Finanztip-Experte für Kredit

Das Wichtigste in Kürze

  • Kriegst Du Deine Schulden nicht mehr unter Kontrolle, solltest Du Dich an eine Schuldnerberatung wenden.

  • Gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen unterstützen Dich kostenfrei.

  • Die Berater stellen einen Plan auf und helfen bei Verhandlungen mit Gläubigern.

  • Für dringende Fragen bieten viele Organisationen eine Online-Beratung an.

So gehst Du vor

  • Geh so früh wie möglich zu einer Beratung, schon wegen der Wartezeiten.

  • Nimm zum Termin alle Unterlagen über Deine Schulden mit.

  • Die Schuldenregulierung ist der erste Schritt, um die Schulden loszuwerden. Klappt das nicht, bleibt Dir noch die Verbraucher­insolvenz.

Ein Kredit für die Autoreparatur, eine Null-Prozent-Finanzierung für die neue Waschmaschine und einige schnelle Ratenkäufe bei Versandhändlern – kein Problem, denken Viele. Doch wenn dann plötzlich die Kündigung auf dem Tisch liegt oder unerwartete Ausgaben dazukommen, fehlt womöglich das Geld, um die Schulden abzubezahlen. Stattdessen werden es durch Mahnung und Inkasso immer mehr.

Wo gibt es kostenlose Hilfe für Dich?

So weit muss es aber gar nicht kommen. In Deutschland gibt esrund 1.380 anerkannte Schuldnerberatungsstellen. Dort kann sich jeder betroffene Verbraucher kostenlos beraten lassen. Träger der Einrichtungen sind meist gemeinnützige Organisationen wie Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie oder Deutsches Rotes Kreuz. Auch die Verbraucherzentralen und kommunale Stellen bieten Schuldnerberatungen an.

Die Adressen und Kontaktdaten der Beratungsstellen findest Du auf den Websites der Anbieter, zum Beispiel bei der Caritas, der Diakonie und dem Roten Kreuz. Auch der Schuldnerberatungsatlas des Statistischen Bundesamt kann Dir weiterhelfen.

Die Schuldnerberater sind professionell ausgebildet und kommen aus verschiedenen Bereichen: von Sozialarbeit über Bankwesen bis Rechtswissenschaft. Bei komplexen Rechtsfragen holen sich die Berater häufig zusätzliche Unterstützung von Anwälten.

Schuldner können sich auch direkt von einem spezialisierten Anwalt (zum Beispiel einem Fachanwalt für Insolvenzrecht) helfen lassen. Das ist besonders in komplizierteren Fällen wie bei der Verschuldung infolge einer Selbstständigkeit oder bei strittigen Forderungen sinnvoll, aber unter Umständen auch recht teuer.

Wann solltest Du Dich beraten lassen?

Je früher Du Dir Hilfe holst, desto besser. Denn mit der Zeit kann der Schuldenberg durch Mahngebühren und Sollzinsen immer weiter anwachsen, und wichtige Einspruchsfristen können verstreichen. Reicht Dein Geld mehrmals am Monatsende nicht, solltest Du Dich beraten lassen.

Aus Scham versuchen viele Schuldner oft zu lange, die Situation selbst in den Griff zu bekommen. Wenn Banken keinen Kredit mehr geben, suchen sie nach Anbietern, die ohne Prüfung der Kreditwürdigkeit bei der Schufa Darlehen anbieten. Die hohen Zinsen auf solche Kredite lassen den Schuldenberg jedoch nur weiter anwachsen.

Andere leihen sich immer wieder Geld bei Freunden und Verwandten. Das kann sinnvoll sein, wenn die Finanzspritze hilft, die Schulden tatsächlich zu bekämpfen. Gehen die Privatkredite jedoch nicht in den Schuldenabbau, kann das schnell Freundschaften und Familienbeziehungen beeinträchtigen. Wer bei Freunden in der Kreide steht, meldet sich aus Scham immer seltener und isoliert sich dadurch zunehmend. Dabei ist ein stabiles soziales Netz eine große Unterstützung auf dem Weg aus der Schuldenfalle.

Um Betroffenen die Kontaktaufnahme zu einer Beratungsstelle zu erleichtern, bieten viele Organisationen wie Arbeiterwohlfahrt und Caritas anonyme Online-Beratungen an. Wer längerfristige Begleitung braucht, kommt um das persönliche Gespräch allerdings nicht herum. Du kannst Dich aber darauf verlassen, dass alles was Du dort erzählst vertraulich behandelt wird.

Einen Termin vereinbarst Du am besten per Telefon oder E-Mail. Das solltest Du so frühzeitig wie möglich machen. Denn bei den gemeinnützigen Beratungsstellen gibt es oft Wartezeiten von einigen Monaten. In besonders dringenden Fällen, bei denen zum Beispiel der Verlust der Wohnung oder eine Konto- oder Gehaltspfändung droht, ist allerdings meist auch kurzfristig Hilfe möglich.

Um Deine Finanzen im Blick zu haben, solltest Du Deine Einnahmen und Ausgaben kennen. Der Finanztip-Haushaltsrechner hilft Dir dabei.

Zum Rechner

Wie läuft die Schuldnerberatung ab?

Im ersten Termin mit dem Schuldnerberater wird geklärt, wie groß das Problem ist und wie die Schulden entstanden sind. Der Experte verschafft sich einen Überblick über die finanzielle Situation des Schuldners: Wie hoch sind die Einnahmen und Ausgaben? Wie viel Schulden hat der Betroffene? Wo kann er sparen? Nutzt der Schuldner alle Sozialleistungen, die ihm zustehen?

Wenn nötig, hilft der Berater auch bei ersten Sofortmaßnahmen. So kann er helfen, das Konto in ein P-Konto umzuwandeln oder er legt Widerspruch gegen Mahnbescheide ein.

Im zweiten Schritt sichtet der Schuldnerberater die Unterlagen und stellt die Forderungen von allen Gläubigern zusammen. Experte und Schuldner überprüfen dann gemeinsam, ob die Forderungen berechtigt sind oder ein Gläubiger beispielsweise zu hohe Mahngebühren angesetzt hat.

Der Schuldnerberater übernimmt auf Wunsch auch den gesamten Schriftverkehr und verhandelt mit den Gläubigern, um zum Beispiel Zahlungsaufschübe zu erreichen. Dass die Post dann direkt zur Schuldnerberatungsstelle kommt und der eigene Briefkasten leerer wird, kann die Betroffenen psychisch entlasten.

Während der Fokus von Anwälten meist auf finanziellen und rechtlichen Fragen liegt, versuchen gemeinnützige Beratungsstellen, eine umfassende soziale Betreuung zu leisten. Die Berater kümmern sich nicht nur um die aktuellen Schulden, sondern klären auch darüber auf, wie mit Hilfe eines Haushaltsbuchs der Überblick über die eigenen Finanzen behalten werden kann und wo im Alltag Sparpotenzial besteht.

Die Experten sind außerdem mit vielen sozialen Einrichtungen vernetzt und vermitteln, wenn nötig, parallel zur Schuldnerberatung auch Termine bei Familien- oder Suchtberatungsstellen sowie beim Jobcenter und Wohnungsamt. Ziel ist es, die Probleme, die zu den Schulden geführt haben, an der Wurzel zu bekämpfen und künftiges Verschulden zu vermeiden.

Welche Wege aus der Zahlungsunfähigkeit gibt es?

Wenn Verbraucher zahlungsunfähig sind, gibt es zwei Möglichkeiten, um sich von den Schulden zu befreien.

Schuldenregulierung

Die beste Option ist die außergerichtliche Schuldenregulierung. Dafür erarbeitet der Schuldner zusammen mit einem Schuldnerberater, Anwalt oder Steuerberater einen Schuldenbereinigungsplan. Darin ist festgelegt, welche Forderungen er in welchem Zeitraum bezahlen kann. Gläubiger können im Rahmen eines solchen Plans eine Einmalzahlung oder feste Raten erhalten, wenn sie dafür einen Teil der Schulden erlassen.

Diesem Plan müssen alle Gläubiger zustimmen. Meldet sich nur einer der Gläubiger nicht, platzt der Deal. Einigen sich alle Beteiligten, wird der Vergleich schriftlich festgehalten, und der Betroffene ist schuldenfrei, nachdem er den Plan umgesetzt hat.

Verbraucher­insolvenz

Kommen Schuldner und Gläubigern nicht überein, bleibt nur die Verbraucher­insolvenz. Diese ermöglicht es Privatpersonen, ihre Schulden loszuwerden, auch wenn sie sie nicht vollständig zurückzahlen können. Dafür müssen sie drei Jahre lang den pfändbaren Anteil ihres Einkommens an einen Treuhänder zahlen.

Die drei Jahre gelten rückwirkend für alle Schuldner, die seit dem 1. Oktober 2020 Privat­insolvenz beantragt haben. Für die Insolvenzen davor greift noch die alte Regelung von sechs Jahren. Wer das Verfahren durchläuft, muss währenddessen arbeiten oder sich um einen Job bemühen. Neue Schulden darf er nicht machen.

Schuldnerberater helfen, die Vor- und Nachteile des Insolvenzverfahrens abzuwägen. Sie unterstützen die Betroffenen außerdem beim Ausfüllen der nötigen Formulare, falls sie sich für die Privat­insolvenz entscheiden. Wenn nötig, begleiten sie Schuldner während der gesamten Dauer des Verfahrens. Weitere Informationen findest Du dazu in unserem Ratgeber Verbraucher­insolvenz.

Gibt es unseriöse Schuldnerberater?

In Deutschland ist der Begriff „Schuldnerberater“ gesetzlich nicht geschützt. Deshalb gibt es zahlreiche kommerzielle Anbieter, die gezielt Schuldner kontaktieren und „Schuldenhilfe“ oder „Finanzsanierung“ anbieten. Und das bedeutet für die Betroffenen meist zusätzliche Probleme, schließlich wollen solche Anbieter Geld sehen.

Für die meisten Überschuldeten ist der Gang zu einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle, wie sie die Caritas oder die Diakonie anbieten, daher die beste Option. Wer sich dennoch von anderer Stelle beraten lassen möchte, sollte in jedem Fall den Beratungsvertrag genau prüfen.

Schließt der Anbieter darin eine Rechtsberatung aus, sollten Verbraucher die Finger davon lassen. Berater ohne sogenannte Rechtsdienstleistungsbefugnis können keine wirksame Schuldnerberatung leisten. Sie kooperieren zwar häufig mit Anwälten, den Schuldnern entstehen so aber doppelte Kosten – für Dienstleister und Anwalt. Neben dem Beratungsvertrag sollten Schuldner keinesfalls weitere Verträge zum Beispiel für Ver­si­che­rungen oder neue Kredite unterschreiben.

Wichtig ist außerdem, dass der Berater eine Bescheinigung nach Paragraf 305 der Insolvenzordnung ausstellen kann. Dazu sind beispielsweise Anwälte oder gemeinnützige Beratungsstellen berechtigt. Die Bescheinigung ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass der Schuldner in das Insolvenzverfahren gehen kann. Mit ihr belegt der Betroffene, dass er sich um eine Einigung mit den Gläubigern bemüht hat.

Neben diesen Punkten ist die Wahl des richtigen Schuldnerberaters oft auch eine Frage der Sympathie, denn Vertrauen und Offenheit sind für eine erfolgreiche Zusammenarbeit die wichtigste Voraussetzung. Nur wenn der Schuldner mit dem Experten ehrlich über seine finanzielle Situation sprechen kann und an einer Lösung mitarbeitet, wird es ihm gelingen, seine Schulden loszuwerden.

Autoren
Julia Rieder
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