Ordentliche Kündigung im Arbeitsrecht So können Arbeitgeber und Arbeitnehmer kündigen
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Du hast einen besseren Job gefunden oder fühlst Dich bei Deinem Arbeitgeber unwohl – dann wirst Du wahrscheinlich früher oder später kündigen. So enden Arbeitsverhältnisse am häufigsten. Seltener entlassen Unternehmen ihre Beschäftigten. Doch egal von wem die Kündigung des Arbeitsvertrags ausgeht: Damit sie wirksam wird, gibt es einiges zu beachten.
Jeder Arbeitsvertrag kann gekündigt werden. Dazu brauchst Du als Arbeitnehmer keinen Grund.
Rund 30 Prozent der Arbeitsverhältnisse enden, weil der Arbeitnehmer kündigt. Im Jahr sind das geschätzt 3,5 Millionen Kündigungen. Willst Du als Arbeitnehmer einen neuen Job antreten, dann musst Du den alten ordentlich kündigen – und zwar schriftlich.
Als Kündigungsschreiben kannst Du unseren Musterbrief verwenden.
Damit Du weißt, wann das Arbeitsverhältnis endet, solltest Du Deine Kündigungsfrist kennen. Die steht in aller Regel in Deinem Arbeitsvertrag, kann sich aber auch aus einem Tarifvertrag ergeben. Steht sie nicht im Vertrag und gilt auch kein Tarifvertrag, ergibt sich Deine Kündigungsfrist aus dem Gesetz. Wie lang die Frist ist, und wie sie berechnet wird, erklären wir in unserem Ratgeber Kündigungsfristen im Arbeitsrecht.
Du brauchst für eine ordentliche Kündigung keinen Grund. Das ist bei einer außerordentlichen Kündigung anders.
Tipp: Im Hinblick auf Dein Arbeitszeugnis und das Verhältnis zu Deinem alten Arbeitgeber empfehlen wir Dir, im Kündigungsschreiben einen allgemeinen oder einen besonderen Grund für Deine Kündigung anzuführen, wie eine neue Herausforderung, und eine Dankesformel aufzunehmen.
Wenn Dein Arbeitsverhältnis befristet ist, dann kann Dein Arbeitgeber im Vertrag die ordentliche Kündigung ausgeschlossen haben.
Hast Du in Deinem Arbeitsvertrag oder in einer gesonderten Vereinbarung festgehalten, dass Du nach Deiner Kündigung zum Beispiel Kosten für eine Weiterbildung zurückzahlen musst, dann solltest Du vor der Kündigung an die finanziellen Auswirkungen denken. Solche Rückzahlungsklauseln können unwirksam sein, wenn sie zugleich eine sogenannte Kündigungserschwernis darstellen. Fordert Dein Arbeitgeber Weiterbildungskosten von Dir zurück, solltest Du die Klauseln auf jeden Fall von einer Anwaltskanzlei für Arbeitsrecht überprüfen lassen.
Es kommt gar nicht so selten vor, dass Arbeitnehmer kündigen, bevor das Arbeitsverhältnis eigentlich starten sollte. Das passiert dann, wenn jemand nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags noch ein besseres Angebot bekommt. Ein Rücktritt vom Vertrag ist nicht möglich. Es gibt auch kein Widerrufsrecht beim Arbeitsvertrag. Funktioniert das dann überhaupt?
Entscheidend ist der Arbeitsvertrag. Die Klausel „Eine Kündigung vor Arbeitsantritt ist ausgeschlossen“ führt dazu, dass Du als Arbeitnehmer mit der Kündigung warten musst, bis Du Deine Tätigkeit aufgenommen hast. Danach kannst Du innerhalb der Probezeit mit der verkürzten Kündigungsfrist kündigen.
Ohne eine solche Regelung im Vertrag ist eine Kündigung vor Dienstbeginn zulässig. Aber es gilt die übliche Kündigungsfrist. Sie beginnt dann regelmäßig bereits mit Erklärung der Kündigung und nicht erst mit Arbeitsbeginn (BAG, Urteil vom 25. März 2004, Az. 2 AZR 324/03).
Sobald die Kündigung zugestellt ist, beginnt die für die Probezeit vereinbarte Frist – meist zwei Wochen. Endet sie noch vor dem ursprünglich vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses, musst Du die Arbeit nicht mehr aufnehmen.
Das Recht, den Arbeitsvertrag vor Arbeitsaufnahme zu kündigen, steht auch dem Arbeitgeber zu (BAG, Urteil vom 9. Februar 2006, Az. 6 AZR 283/05).
Etwa 15 Prozent der Arbeitsverhältnisse enden mit einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Und noch eine Zahl: Entlassen Unternehmen Mitarbeiter, dann sprechen sie laut einer Studie der Rechtsanwaltsgesellschaft Ratis aus dem Jahr 2018 in 86 Prozent der Fälle eine ordentliche Kündigung aus.
Für eine außerordentliche oder fristlose Kündigung gibt es hohe Hürden. Mehr dazu erfährst Du in unserem Ratgeber Fristlose Kündigung.
Aber auch wenn Unternehmen Mitarbeiter ordentlich kündigen wollen, müssen sie viele Dinge beachten. Besonders wichtig ist das Kündigungsschutzgesetz. Es gilt für das Arbeitsverhältnis, wenn
Nach dem Kündigungsschutzgesetz darf ein Arbeitgeber nur dann kündigen, wenn er einen Grund nachweisen kann, der die Kündigung sozial rechtfertigt. Möglich sind diese drei Kündigungsgründe.
betriebsbedingt | Dem Mitarbeiter wird gekündigt, weil Arbeitsplätze wegfallen, zum Beispiel wegen Verlagerung der Produktion, Rationalisierung oder Digitalisierung. Mehr dazu: betriebsbedingte Kündigung. |
verhaltensbedingt | Der Mitarbeiter hat wiederholt gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen. Mehr dazu: verhaltensbedingte Kündigung. |
personenbedingt | Eine langandauernde Krankheit kann zum Beispiel unter strengen Auflagen ein Kündigungsgrund sein. Mehr dazu: personenbedingte Kündigung. |
Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: September 2022)
Ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar, weil Dein Arbeitgeber weniger Mitarbeiter beschäftigt hat, dann kann er Dich kündigen, ohne einen Grund nachweisen zu müssen.
Wichtig: Gibt es einen Betriebsrat bei Deinem Arbeitgeber, muss er diesen vor jeder Kündigung ordnungsgemäß anhören (§ 102 Abs. 1 BetrVG).
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Einige Gruppen von Arbeitnehmern sind vor Kündigungen besonders geschützt.
Die ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist für die Dauer seiner Amtszeit sowie während eines Jahres nach deren Ende grundsätzlich unzulässig (§ 15 Abs. 1 KSchG). Das gleiche gilt für die Kündigung eines Personalrats.
Vor der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamts einholen (§ 168 SGB IX). Unwirksam ist die Kündigung auch, falls der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nicht beteiligt hat (§ 178 Abs. 2 SGB IX). Diese Regelung geht auf das Bundesteilhabegesetz zurück.
Während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Geburt, dem sogenannten Mutterschutz, ist es dem Arbeitgeber verboten, der beschäftigten Mutter zu kündigen (§ 17 MuSchG).
Während der Elternzeit dürfen Arbeitgeber grundsätzlich keine Kündigung aussprechen. Der besondere Kündigungsschutz beginnt mit Anmeldung der Elternzeit, frühestens jedoch acht Wochen vor deren Beginn, und endet mit Ablauf der Elternzeit (§ 18 BEEG). Nehmen Eltern für bestimmte Zeitabschnitte gemeinsam Elternzeit, gilt in dieser Zeit für beide der besondere Kündigungsschutz.
Während einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung oder während der Pflegezeit für nahe Angehörige von längstens sechs Monaten besteht ebenfalls ein Kündigungsverbot (§ 5 Abs. 1 PflegeZG).
Es gibt Arbeitnehmer, die unkündbar sind. Dieser besondere Schutz bezieht sich auf ordentliche Kündigungen und ergibt sich aus Tarifverträgen. So steht im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (§ 34 Abs. 2):
„Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und für die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden, können nach einer Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden.“
Solche unkündbaren Mitarbeiter sind nicht generell vor Kündigungen geschützt; der Arbeitgeber darf außerordentlich kündigen, sofern dafür die Voraussetzungen vorliegen. Mehr dazu im Ratgeber Außerordentliche Kündigung.
Eine Kündigung muss immer schriftlich erklärt werden (§ 623 BGB). Das bedeutet, Dein Arbeitgeber muss Dir mit einem unterschriebenen Brief kündigen. Eine E-Mail oder eine Whatsapp-Nachricht reicht nicht. Dein Chef kann Dir auch nicht im Streit mündlich kündigen. Solange Du anschließend keine schriftliche Kündigung bekommst, bleibt Dein Arbeitsverhältnis bestehen.
Damit die Kündigung rechtssicher ist, muss sie auch die richtige Person unterschreiben. Ist der Arbeitgeber eine GmbH dürfen Geschäftsführer und Prokuristen unterzeichnen. Andere Mitarbeiter, zum Beispiel der Leiter der Personalabteilung, dürfen nur unterzeichnen, wenn sie dazu eine besondere Vollmacht bekommen haben und bei der Unterschrift deutlich machen, dass sie als Vertreter die Kündigung erklären.
Unser Musterdokument zeigt ein Beispiel für eine ordentliche Kündigung, die sich auf dringende betriebliche Gründe stützt.
Arbeitgeber müssen eine ordentliche Kündigung nicht begründen, sofern das nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag festgelegt ist.
Wirksam wird die Kündigung erst, wenn sie zugeht (§ 130 BGB). Wird die Kündigung in den Briefkasten am Wohnort des Arbeitnehmers oder am Sitz des Arbeitgebers eingeworfen, ist sie zugegangen, sobald das Schreiben üblicherweise entnommen wird. Arbeitgeber verschicken Kündigungen oft als Einschreiben oder übergeben die Kündigung persönlich in Anwesenheit von einem Zeugen.
Auch wenn Du im Urlaub bist, kann Dir die Kündigung zugehen und damit wirksam werden. Es kommt nicht darauf an, wann Du sie gelesen hast (BAG, Urteil vom 22. März 2012, Az. 2 AZR 224/11). Du kannst eine Kündigung nicht verhindern, indem Du die Annahme verweigerst.
Wenn Du mit der Kündigung nicht einverstanden bist, solltest Du sofort einen Experten für Arbeitsrecht aufsuchen. Bist Du Mitglied einer Gewerkschaft, kannst Du Rechtschutz bekommen und mit einem Gewerkschaftssekretär sprechen. Ansonsten wendest Du Dich möglichst an einen Fachanwalt, der auf Arbeitsrecht spezialisiert ist. Wie Du den richtigen Anwalt findest, liest Du in unserem Ratgeber Anwaltssuche. Der Anwalt klärt auch, ob Deine eventuell vorhandene Rechtsschutzversicherung auch Arbeitsrechtsschutz beinhaltet und die Kosten übernimmt.
Du solltest auf jeden Fall schnell handeln, weil Du innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung geklärt haben musst, ob Du eine Kündigungsschutzklage erheben willst.
Ist das der Fall und erklärt das Arbeitsgericht die Kündigung später für unwirksam, bedeutet das, dass Dein Arbeitsverhältnis ununterbrochen fortbestand. Du kannst dann auch in der Zeit zwischen Ablauf der Kündigungsfrist und Urteil des Arbeitsgerichts Dein volles Gehalt oder zumindest Teile davon beanspruchen, obwohl Du nicht gearbeitet hast.
Dein Arbeitgeber ist bei einer unwirksamen Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist in sogenanntem Annahmeverzug (§ 615 BGB). Er muss das Gehalt weiter zahlen, obwohl Du nicht gearbeitet hast (BAG, Urteil vom 16. Mai 2012, Az. 5 AZR 251/11).
Auch wenn Du Dich nicht mit einem Rechtsstreit gegen die Kündigung wehren willst, lohnt sich oft der Gang zum Anwalt. Dieser kann versuchen, einen Vergleich mit Deinem Arbeitgeber auszuhandeln. Ein Arbeitgeber hat in der Regel nämlich ebenfalls kein Interesse daran, sich mit Dir vor einem Arbeitsgericht zu treffen.
Möchtest Du Dich außergerichtlich mit Deinem Arbeitgeber einigen, dann musst Du schnell aktiv werden. Wird nämlich die Frist von drei Wochen versäumt, gilt die Kündigung als wirksam. Dann sind außergerichtliche Vergleichsverhandlungen so gut wie aussichtslos.
Du solltest Dich innerhalb von drei Tagen bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend melden (§ 38 SGB III), nachdem Dir die Kündigung zugegangen ist. Nur so hast Du vollen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Anderenfalls droht Dir eine Sperrzeit.
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