Sperrzeit bei ALG vermeiden So bekommst Du das Arbeitslosengeld ohne Sperre
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Inhalt
Seinen Job zu verlieren, ist für viele Menschen eine Katastrophe. Der finanzielle Verlust lässt sich in der ersten Zeit mit dem Arbeitslosengeld überbrücken. Es gibt aber Situationen, in denen Du zwar arbeitslos bist, aber von der Agentur für Arbeit zunächst kein Geld bekommst, weil Du dafür gesperrt bist. Wir erklären Dir, wann Du eine Sperrzeit beim ALG riskierst und wie Du sie vermeiden oder zumindest verkürzen kannst.
Die Agentur für Arbeit verhängt immer dann eine Sperrzeit, wenn sich eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Du Deinen Job aufgibst und dadurch die Arbeitslosigkeit selbst herbeiführst (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB 3).
Wenn Du Dein Arbeitsverhältnis kündigst, prüft die Agentur für Arbeit immer, ob sie gegen Dich eine Sperrzeit verhängen kann. Das ist dann möglich, wenn Du für die Kündigung keinen wichtigen Grund hattest. Nach den Monatsberichten der Bundesagentur für Arbeit bekamen im Jahr 2022 rund 235.000 Arbeitslose eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.
Eine Sperrzeit bedeutet: Du bekommst erstmal kein Arbeitslosengeld. Da die gesperrte Zeit auf die gesamte Bezugsdauer angerechnet wird, bekommst Du insgesamt weniger Arbeitslosengeld, als Dir zustehen würde. Hast Du Anspruch auf zwölf Monate Arbeitslosengeld, aber eine Sperrzeit von zwölf Wochen, bekommst Du nur neun Monate lang die Sozialleistung. Das solltest Du vermeiden. Such Dir also erst einen neuen Job, bevor Du kündigst.
Gegen eine verhängte Sperrzeit kannst Du Widerspruch einlegen. Ein Blick in die Geschäftsanweisungen der Agentur für Arbeit lohnt sich. Alle wichtigen Punkte, die sie bei der Prüfung einer Sperrzeit beachten muss, sind dort zusammengefasst (Stand: September 2022).
Wenn Du selbst kündigst, dazu aber einen wichtigen Grund hast, kannst Du eine Sperrzeit vermeiden. Was die Gerichte als wichtig anerkannt haben, findest Du in den folgenden sieben Beispielen:
Wenn Du mit Deinem Arbeitgeber über einen Aufhebungsvertrag verhandelst, solltest Du daran denken, dass Du eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld riskierst (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB 3). Das Argument der Arbeitsagentur: Du hättest nicht unterschreiben müssen und hast dementsprechend Deine Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt – unabhängig davon, von wem die Initiative für den Aufhebungsvertrag ausgegangen ist.
Unterzeichnest Du hingegen einen Aufhebungsvertrag mit wichtigem Grund, wird Dir keine Sperrzeit auferlegt. Ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags besteht darin, dass Du ansonsten ohnehin eine betriebsbedingte Kündigung kassiert hättest und so eine Abfindung hättest vereinbaren können. Oder der Arbeitgeber stellt Dich vor die Wahl zwischen Aufhebungsvertrag und personenbedingter Kündigung. Das machen Chefs gerne, wenn Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum erkrankt sind. Auch das kann ein wichtiger Grund sein.
Bei den folgenden drei Voraussetzungen verhängt die Arbeitsagentur bei einem Aufhebungsvertrag keine Sperrzeit.
Wichtig: Falls Du mit Deinem Arbeitgeber über einen Aufhebungsvertrag verhandelst, solltest Du Dir den Entwurf der Vereinbarung geben lassen und diesen mit der Agentur für Arbeit besprechen. Der zuständige Sachbearbeiter prüft den Vertragsentwurf und teilt Dir mit, ob Du mit einer Sperrzeit rechnen musst. Wird vermutlich eine Sperre verhängt, solltest Du den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnen und lieber die Kündigung des Arbeitgebers abwarten.
Hat Dir Dein Arbeitgeber betriebsbedingt oder personenbedingt gekündigt, hast Du keine Sperrzeit zu befürchten. Du hast Deine Arbeitslosigkeit nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht.
Eine Sperrzeit kann die Arbeitsagentur nur verhängen, wenn Du durch Dein Fehlverhalten dem Arbeitgeber den Grund für die Kündigung geliefert hast. Relevant ist dabei nur ein Verhalten, das den Arbeitgeber berechtigt, eine verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen – das kann sowohl eine ordentliche als auch eine außerordentliche Kündigung sein.
Beispiel: Als Berufskraftfahrer verlierst Du Deine Fahrerlaubnis wegen Alkohol am Steuer. Deshalb kündigt Dich Dein Arbeitgeber. Dann darf die Agentur für Arbeit Dir für zwölf Wochen Dein Arbeitslosengeld sperren (LSG Baden-Württemberg, 01.08.2012, Az. L 3 AL 5066/11).
Falls Du gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht geklagt und dann einen Abfindungsvergleich geschlossen hast, musst Du in der Regel keine Sperrzeit befürchten (BSG, 17.10.2007, Az. B 11a AL 51/06 R).
Die Sperrzeit für das Arbeitslosengeld kann bis zu zwölf Wochen dauern. Hast Du Dich zu spät bei der Agentur für Arbeit gemeldet, riskierst Du nur eine Sperre von einer Woche. Aber auch das ist bares Geld, das Du verschenkst.
Im Jahr 2022 haben rund 667.000 Menschen weniger Arbeitslosengeld bekommen, weil sie eine Sperrzeit bekommen haben. Die folgende Tabelle zeigt typische Sperrzeiten, die zugrunde liegenden Verstöße und wie oft solche Zeiten die Agentur für Arbeit im Jahr 2022 angeordnet hat:
Grund der Sperrzeit | Dauer | Fälle (2022) |
---|---|---|
Eigenkündigung, selbstverschuldete Kündigung | 12 Wochen1
| 235.000
|
Arbeitsablehnung, Ablehnung oder Abbruch Eingliederungsmaßnahme | 1. Verstoß: 3 Wochen, 2. Verstoß: 6 Wochen, dann 12 Wochen | 34.000
|
unzureichende Eigenbemühung | 2 Wochen
| 2.700
|
Meldeversäumnis, verspätete Arbeitssuchend- meldung | 1 Woche
| 394.000
|
1 Bei älteren Arbeitnehmern, die länger Anspruch auf ALG haben, kürzt die Agentur die Dauer des Anspruchs um mindestens ein Viertel der Gesamtdauer (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB 3). Bei einer Höchstdauer von 24 Monaten kann die Agentur deshalb bis zu 6 Monate den Anspruch auf ALG mindern.
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Statistik (Stand: April 2023)
Wer wegen „unzureichender Eigenbemühung“ eine Sperrzeit bekommt, hat sich nach Ansicht der Agentur für Arbeit nicht genug darum gekümmert, einen neuen Job zu finden. Die Agentur darf allerdings die Sperrzeit nur verhängen, falls sie sich in der Eingliederungsvereinbarung mit dem Arbeitssuchenden auch zu Leistungen verpflichtet hat, etwa die Bewerbungs- oder Fahrtkosten zu übernehmen. Fehlt eine solche Regelung in der Vereinbarung, kann sie nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch keine Sperrzeit verhängen. Deshalb sind Sperrzeiten wegen unzureichender Eigenbemühungen eher selten.
Wichtig: Schickt Dir die Agentur Stellenanzeigen oder Vermittlungsangebote, dann kann sie nur dann eine Sperrzeit verhängen, wenn Du Dich trotz Belehrung nicht bewirbst oder Vorstellungsgespräche ablehnst. Fehlt es an einer wirksamen Belehrung darüber, dass Du mit Deinem Verhalten eine Sperrzeit auslösen kannst, dann ist die Anordnung der Sperre durch die Agentur unwirksam. Ein pauschaler Hinweis auf ein Merkblatt reicht dazu nicht aus (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, 23.06.2021, Az. L 11 AL 95/19).
Während der Sperrzeit ruht der Leistungsanspruch gegenüber der Agentur für Arbeit. Das bedeutet, dass der Jobsuchende für einen bestimmten Zeitraum kein Geld bekommt. Daneben kürzt die Agentur auch die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldanspruchs um mindestens ein Viertel (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB 3).
Gerade ältere Arbeitnehmer, die bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld bekommen können, verlieren bei einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe mindestens ein Viertel der Dauer. Das können dann sechs Monate sein. Eine Sperrzeit ist also teuer. Deshalb solltest Du sie unbedingt vermeiden.
Arbeitslose sind von Beginn der Sperrzeit an in der gesetzlichen Krankenkasse versicherungspflichtig. Die Agentur für Arbeit übernimmt die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem ersten Monat der Arbeitslosigkeit – auch wenn Du selbst gekündigt hast und wegen einer Sperrzeit noch kein Arbeitslosengeld erhältst.
Abfindung - Zahlt Dir Dein letzter Arbeitgeber eine Abfindung, trägst Du die Beiträge zur Krankenversicherung selbst während der Sperrzeit, meist in Form einer freiwilligen Weiterversicherung. Dies gilt solange, bis Du Leistungen von der Agentur bekommst.
Private Krankenversicherung - Bleibst Du auch während der Arbeitslosigkeit weiter privat krankenversichert, weil Du Dich von der Pflicht zur gesetzlichen Krankenkasse hast befreien lassen, dann übernimmt die Agentur für Arbeit die Beiträge zur PKV ab dem zweiten Monat der Sperrzeit.
Anspruch auf Krankengeld hast Du nicht, wenn die Agentur eine Sperrzeit verhängt hat (§ 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB 5).
Die Sperrzeit von zwölf Wochen lässt sich auf sechs Wochen verkürzen, wenn die übliche Dauer ohne Arbeitslosengeld für Dich eine besondere Härte bedeuten würde (§ 159 Abs. 3 Nr. 2b SGB 3).
Das kann der Fall sein, wenn Du gekündigt hast, um mit Deiner Freundin oder Deinem Freund an einem Ort zusammen zu leben. Auch wenn einige Gerichte diese Entscheidung nicht als wichtigen Grund anerkennen, um das Arbeitsverhältnis zu beenden, kann eine Sperrzeit von zwölf Wochen unverhältnismäßig sein und deshalb halbiert werden (BSG, 25.10.1988, Az. 7 RAr 37/87).
Bist Du bei Deiner Kündigung oder bei der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags davon ausgegangen, dass keine Sperrzeit verhängt wird, kann die Agentur die Sperrzeit wegen besonderer Härte verkürzen – zum Beispiel, wenn Du vorher eine konkrete Auskunft von der Agentur eingeholt hast, die nicht richtig war, auf die Du Dich aber verlassen hast.
Hast Du Dein ohnehin auslaufendes oder bereits gekündigtes Arbeitsverhältnis etwas früher beendet, weil Du einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet oder weil Du selbst gekündigt hast, muss sich die Sperrfrist in einem vernünftigen Verhältnis verkürzen. Sie wird auf drei Wochen verkürzt, wenn Dein Arbeitsvertrag sechs Wochen später ohnehin geendet hätte. Eine verkürzte Sperrzeit von sechs Wochen gilt, wenn Dein Arbeitsverhältnis zwölf Wochen später sowieso geendet hätte (§ 159 Abs. 3 SGB 3).
Als Sperrzeit ist der Zeitraum definiert, in dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, weil die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhält (§ 159 SGB III). In dieser Zeit zahlt die Agentur für Arbeit kein Arbeitslosengeld.
Eine Sperrzeit bekommst Du bei versicherungswidrigem Verhalten:
a. bei Arbeitsaufgabe,
b. bei Arbeitsablehnung,
c. bei unzureichenden Eigenbemühungen
d. bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme
e. bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschförderung
f. bei Meldeversäumnis
g. bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung
Je nach Vorwurf kann die Sperrzeit unterschiedlich lang dauern:
a. Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe --> bis zu zwölf Wochen
b. bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung oder Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung oder Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschförderung --> drei Wochen beim ersten Mal; sechs Wochen beim zweiten Mal; ansonsten zwölf Wochen
c. bei unzureichenden Eigenbemühungen --> zwei Wochen
f. bei Meldeversäumnis und verspäteter Arbeitssuchendmeldung --> eine Woche
Du bekommst keine Sperrzeit, wenn Du einen wichtigen Grund für Dein versicherungswidriges Verhalten hast.
Weitere Themen