Aufhebungsvertrag im Arbeitsrecht
So verhältst Du Dich richtig bei einem Aufhebungsvertrag

Finanztip-Expertin für Recht
Dein Chef bittet Dich zu einem persönlichen Gespräch und bietet Dir einen Aufhebungsvertrag an. Falls Du nicht darauf eingehst, hättest Du mit einer Kündigung zu rechnen. Oder Du willst den Job wechseln und Dein neuer Arbeitgeber möchte, dass Du möglichst schnell anfängst. Dann kannst Du vielleicht mit einem Aufhebungsvertrag die Kündigungsfrist einvernehmlich abzukürzen. Dazu sind viele Arbeitgeber durchaus bereit.
Ein Aufhebungsvertrag ist eine freiwillige Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, um ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Er wird auch Auflösungsvertrag oder Aufhebungsvereinbarung genannt.
Dein Arbeitgeber kann Dich nicht zwingen, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Lass Dich nicht unter Druck setzen. Dein Arbeitgeber will etwas von Dir – und nicht umgekehrt. Du hast es also mit in der Hand, ob es zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags kommt oder nicht. Wenn Du dem Aufhebungsvertrag nicht zustimmst und Dein Arbeitgeber Dich loswerden möchte, müsste er Dir kündigen. Und dazu braucht er einen Grund, der auch vor einem Arbeitsgericht standhält.
Bei Deiner Entscheidung solltest Du berücksichtigen: Du verzichtest auf wichtige Arbeitnehmerrechte. Darum solltest Du unbedingt mit einem Experten für Arbeitsrecht klären, ob eine betriebsbedingte Kündigung Erfolg hätte, falls Du den Aufhebungsvertrag ablehnst.
Das sind die grundlegenden Unterschiede zu einer Kündigung:
Keine Kündigungsfrist - Bei einem Aufhebungsvertrag finden die üblichen Kündigungsfristen keine Anwendung. Das hat zur Folge, dass Du so Dein Arbeitsverhältnis sehr kurzfristig beenden kannst – theoretisch sogar noch am selben Tag.
Kein Kündigungsschutz - Dein Arbeitgeber muss bei einem Aufhebungsvertrag keine Vorgaben nach dem Kündigungsschutzgesetz beachten. So spielen soziale Kriterien keine Rolle, die zum Beispiel bei einer betriebsbedingten Kündigung von großer Bedeutung wären. Gilt für Dich eigentlich ein besonderer Schutz vor Kündigungen, weil Du schwanger bist, in Elternzeit oder schwerbehindert, muss der Arbeitgeber das bei einem Aufhebungsvertrag nicht berücksichtigen.
Kein Betriebsrat - Auch ein Mitspracherecht des Betriebsrats existiert nicht, wie es bei einer normalen Kündigung der Fall wäre. Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber prüft das Gremium, ob soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt wurden. Zum Beispiel, ob Du als Arbeitnehmer an einer anderen Stelle im Betrieb weiterbeschäftigt werden kannst. Bei einem Aufhebungsvertrag fällt diese Prüfung weg.
Ein Aufhebungsvertrag muss bestimmte formelle Voraussetzungen erfüllen, damit er wirksam ist:
Schriftform - Ein Aufhebungsvertrag muss von Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschrieben werden (§ 623 BGB). Es kann auch ein Mitarbeiter der Personalabteilung oder ein Prokurist unterzeichnen. Nicht rechtswirksam sind Aufhebungsverträge per E-Mail oder Fax. Auch mündlich kannst Du Deinen Arbeitsvertrag nicht einfach aufheben.
Keine Überrumpelung - Wenn ein Arbeitnehmer zu einem Gespräch gebeten und ohne Bedenkzeit zur sofortigen Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags gedrängt wird, ist das unwirksam (BAG, Urteil vom 16. Januar 1992, Az. 2 AZR 412/91).
Gesetzliches Verbot - Die Kündigung wegen eines Betriebsübergangs, bei dem der Inhaber des Betriebs gewechselt hat, ist rechtlich nicht zulässig (§ 613a Abs. 4 BGB). Versucht ein Arbeitgeber dieses Verbot durch einen Aufhebungsvertrag zu umgehen, kann dieser unwirksam sein. Falls Du nach einem Betriebsübergang einen Aufhebungsvertrag angeboten bekommst, solltest Du zu einem Anwalt für Arbeitsrecht gehen.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbaren im Aufhebungsvertrag den genauen Termin, wann das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. In den meisten Aufhebungsverträgen wird außerdem die Zahlung einer Abfindung vereinbart. Details dazu findest Du im nächsten Abschnitt.
In vielen Verträgen steht, dass der Mitarbeiter bis zum Beendigungstermin von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Dabei gibt es die widerrufliche und unwiderrufliche Freistellung.
Wichtig ist, dass im Vertrag auch festgehalten wird, wieviel Urlaubstage Dir noch zustehen. Falls Dein Arbeitgeber die Freistellung unter Anrechnung der Urlaubstage ausspricht, solltest Du überlegen, ob sich das für Dich rechnet.
Hast Du noch Überstunden auf Deinem Arbeitszeitkonto, dann ist das ein wichtiges Thema für den Aufhebungsvertrag. Eine Klausel, nach der auch Deine Überstunden mit der Freistellung abgegolten sein sollen, solltest Du hinterfragen. Womöglich wirst Du dadurch benachteiligt.
Schließlich steht meist etwas zum Zeugnis im Aufhebungsvertrag. Typisch ist diese Klausel: „Der Arbeitgeber verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer ein wohlwollendes Arbeitszeugnis auszustellen.“ Diese Regelung kann zu Ärger führen, denn wohlwollend bedeutet nicht ein gutes oder sehr gutes Zeugnis. Ist Dir die Gesamtnote wichtig, dann solltest Du sie Dir im Aufhebungsvertrag zusichern lassen.
Meist finden sich noch Regelungen zur Geheimhaltung und zur Rückgabe von Schlüsseln und Arbeitsmitteln im Vertrag.
Hier findest Du einen typischen Aufhebungsvertrag, den Du als Muster neben das Angebot Deines Arbeitgebers legen kannst.
Arbeitgeber, die sich mit einem Aufhebungsvertrag von ihrem Mitarbeiter trennen, zahlen oft eine Abfindung. Wie hoch sie ausfällt, hängt auch von Deinem Verhandlungsgeschick ab. Einen Anspruch auf Abfindung hast Du als Arbeitnehmer bei einem Aufhebungsvertrag nicht.
Bei der Höhe orientieren sich Arbeitgeber oft an der gesetzlichen Regelung zur Abfindung bei einer betriebsbedingten Kündigung. Im Gesetz ist festgelegt ist, dass der Arbeitgeber bei einer Kündigung mit Abfindungsangebot ein halbes Bruttomonatsgehaltfür jedes Jahr anbieten muss, das Du in dem Betrieb gearbeitet hast (§ 1a Abs. 2 KSchG).
Damit musst Du Dich aber nicht zufriedengeben. Entscheide nicht vorschnell und überlege in Ruhe, ob Du mit der angebotenen Höhe einverstanden bist. Da Arbeitgeber in vielen Fällen einen Rechtsstreit vermeiden wollen, zeigen sie sich oftmals großzügig bei der Abfindung. Das solltest Du nutzen.
Überlege es Dir gut, ob Du einem Aufhebungsvertrag zustimmst. Du solltest Dir die Vor- und Nachteile klar vor Augen führen und am besten mit einem Experten Deine konkrete Situation besprechen.
Wenn Du gut mit Deinem Arbeitgeber verhandelst, kannst Du einen Aufhebungsvertrag für Dich nutzen. Das sind potenzielle Vorteile:
Bevor Du einen Aufhebungsvertrag unterzeichnest, sollten Dir unbedingt die folgenden Nachteile bewusst sein:
Dein Arbeitgeber hat weitreichende Aufklärungspflichten bei einem Aufhebungsvertrag, wenn Du Einbußen bei der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge oder bei einer Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst hast. Um von diesen Vorsorgeformen zu profitieren, musst Du meist für eine bestimmte Zeit dem Betrieb zugehörig gewesen sein. Sonst verfallen Deine Ansprüche. Weist Dich Dein Arbeitgeber auf diese Risiken nicht hin, kannst Du gegebenenfalls Schadensersatz verlangen (BAG, Urteil vom 17. Oktober 2000, Az. 3 AZR 605/99).
Tipp: Hast Du im Rahmen Deines Arbeitsvertrags bestimmte Versorgungsverträge – zum Beispiel eine betriebliche Altersvorsorge – abgeschlossen, solltest Du Dich vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags in jedem Fall bei dem Versicherer über mögliche Nachteile informieren und entscheiden, wie es mit dem Vertrag weitergeht.
Wenn Du mit Deinem Arbeitgeber über einen Aufhebungsvertrag verhandelst, solltest Du daran denken, dass das zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen kann (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Du hättest schließlich nicht unterschreiben müssen und hast damit Deine Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt – unabhängig davon, von wem die Initiative für die Aufhebung ausgegangen ist.
Unterzeichnest Du aber einen Aufhebungsvertrag mit wichtigem Grund, da Dir das Warten auf eine Kündigung durch Deinen Arbeitgeber nicht zumutbar war, wird Dir keine Sperrzeit auferlegt. Ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags liegt zum Beispiel vor, wenn Du ansonsten ohnehin eine betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber erhalten hättest und Du in der Vereinbarung eine Abfindung regelst.
Wichtig: Das muss im Vertrag ausdrücklich so stehen. Eine entsprechende Klausel könnte lauten: „Der Abschluss dieses Aufhebungsvertrags erfolgt zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung.“
Empfehlenswert ist es, vor der Unterzeichnung mit der Agentur für Arbeit zu sprechen, ob die Formulierung so akzeptiert wird. Wer auf der sicheren Seite sein will, unterschreibt keine Aufhebungsvereinbarung und lässt sich fristgerecht kündigen.
Es kann passieren, dass Du durch den Erhalt einer Abfindung in eine höhere Steuerprogression gerätst. Das bedeutet, dass sich durch die Zahlung Dein Jahresbruttoverdienst erhöht und Du dadurch in die Stufe des nächsthöheren Steuersatzes rutschst.
Diese Problematik hat der Gesetzgeber erkannt und die sogenannte „Fünftelregelung“ eingeführt. Für Abfindungen gilt ein ermäßigter Steuersatz. Dann wird so gerechnet, als hättest Du über fünf Jahre verteilt jeweils ein Fünftel der Abfindungszahlung erhalten. Somit vermindert sich Dein jährliches zu versteuerndes Einkommen. Je niedriger Dein bisheriger Jahresbruttoverdienst ist, desto mehr kommt Dir diese „Fünftelregelung“ zugute.
Das Finanzamt prüft allerdings nur dann, ob Du von dieser Regelung profitieren kannst, wenn Du das bei der Steuererklärung angibst. Wie das geht erklären wir im Ratgeber Abfindung versteuern.
Sozialversicherungsbeiträge fallen auf die Abfindung nicht an.
Eine passende Rechtsschutzversicherung findest Du am besten über ein Vergleichsportal. Von Mai bis Juli 2021 haben wir diese untersucht. Unsere Empfehlungen aus diesem Test sind: