Keine Krankenversicherung So bekommst Du wieder eine Krankenversicherung

Finanztip-Expertin für Versicherungen
Das Wichtigste in Kürze
Jeder, der in Deutschland lebt, muss sich krankenversichern.
Wenn Du keine Krankenversicherung hast, gilt: Als ehemals gesetzlich Versicherter wendest Du Dich an Deine letzte Krankenkasse. Warst Du zuletzt in der privaten Krankenversicherung, dann musst Du dorthin zurück.
Die zuständige Versicherung ist verpflichtet, Dich wieder aufzunehmen – unabhängig von Deiner Gesundheit.
Ausstehende Beiträge musst Du zumindest zum Teil nachzahlen.
So gehst Du vor
Warte nicht ab, sondern kümmere Dich sofort um Deine Krankenversicherung. Je länger Du wartest, desto teurer wird es.
Beantrage bei Deiner Krankenversicherung einen Nachlass auf nachzuzahlende Beiträge sowie fällige Säumniszuschläge und vereinbare, wenn nötig, eine Ratenzahlung.
Falls Du allein nicht weiterkommst, lass Dich beraten, etwa bei einer Verbraucherzentrale oder kostenlos bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland.
In Deutschland gilt eine allgemeine Krankenversicherungspflicht. Falls Du trotzdem keine Krankenversicherung hast, bist Du nicht allein: Im Jahr 2019 waren 61.000 Menschen ohne Krankenversicherung, das zeigen Daten des Statistischen Bundesamts, die alle vier Jahre veröffentlicht werden. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein.
Wenn Du nicht krankenversichert bist, solltest Du das Problem rasch angehen. Ein Grund dafür: In der Zeit ohne Krankenversicherungsschutz laufen Beitragsschulden auf, die Du zumindest teilweise nachzahlen musst – auch wenn Du nie beim Arzt warst.
Ob Du in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) oder in die private Krankenversicherung (PKV) musst, hängt davon ab, wo Du zuletzt versichert warst: Wer gesetzlich versichert war, muss wieder in eine gesetzliche Krankenkasse. Ehemalige Privatpatienten müssen sich erneut privat versichern.
Wer noch nie krankenversichert war, wird abhängig vom Beruf einem der beiden Systeme zugeordnet: So müssen Selbstständige, Freiberufler und Beamte zu einem privaten Krankenversicherer; Angestellte und alle anderen versichern sich gesetzlich. Bei Berufstätigen mit mehreren Jobs zählt der Hauptjob, der den Großteil des Einkommens bringt und die meiste Arbeitszeit beansprucht.
Im Zweifel solltest Du Dich zunächst an die gesetzliche Krankenversicherung wenden. Die verweist Dich dann an die private, falls sie Dich nicht aufnehmen kann.
Warst Du zuletzt gesetzlich versichert, dann ist die Krankenkasse der richtige Ansprechpartner, bei der Du zuletzt Mitglied warst (§ 174 Abs. 5 SGB V). Diese muss Dich wieder aufnehmen, unabhängig von Deinem Gesundheitszustand.
Falls Du noch nie krankenversichert warst, aber in die GKV gehörst, kannst Du aus allen offenen Kassen eine auswählen.
Bei Service, Zusatzleistungen und Beitrag gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Krankenkassen.
Von uns empfohlene Anbieter sind: HKK, TK, HEK und Energie-BKK.
Ausführliche Informationen findest Du in unserem passenden Ratgeber.
Als ehemals Privatversicherter kannst Du grundsätzlich zwischen allen PKV-Anbietern wählen. Jeder private Krankenversicherer ist verpflichtet, Menschen ohne Versicherungsschutz in den sogenannten Basistarif aufzunehmen. Dessen Leistungen entsprechen in etwa denen der gesetzlichen Krankenkasse. Versicherer können zwar nach der Gesundheit des Antragstellers fragen, dürfen aber keine Preisaufschläge verlangen oder jemanden wegen einer Erkrankung ablehnen (OLG Köln, Urteil vom 2. November 2012, Az. 20 U 151/12).
Wenn Du später vom Basistarif in einen regulären Tarif wechseln willst, kann das Unternehmen allerdings einen Risikozuschlag erheben. Du kannst auch versuchen, sofort in einen regulären Tarif einzutreten. Das ist allerdings nur bei relativ guter Gesundheit möglich und erschwinglich.
Der Beitrag für den Basistarif darf den Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung samt durchschnittlichem Zusatzbeitrag nicht überschreiten. Dieser liegt 2023 bei rund 808 Euro monatlich. Wer hilfsbedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuchs (§ 9 SGB II oder § 27 SGB XII) ist, also Bürgergeld oder Sozialhilfe erhält, zahlt nur den halben Beitrag. Zudem kannst Du beim zuständigen Jobcenter oder Sozialamt einen Zuschuss beantragen, mit dem im besten Fall Dein gesamter Krankenversicherungsbeitrag abgedeckt ist.
Die größte Hürde bei der Rückkehr in eine Krankenversicherung: Wenn Du eine Zeit lang nicht krankenversichert warst, musst Du einen Teil der nicht gezahlten Beiträge nachzahlen. Das gilt auch, wenn Du in Deiner versicherungslosen Zeit keine Leistungen in Anspruch genommen hast, also nie beim Arzt warst.
Nachzahlen musst Du ab dem Tag, an dem die Versicherungspflicht begonnen hat. Bei Menschen, die sich gesetzlich versichern müssen, ist das frühestens der 1. April 2007. Wenn Du erst später nicht mehr versichert warst, ist für Dich der erste Tag ohne Krankenversicherung maßgeblich.
Wichtig zu wissen: Beitragsschulden bei der gesetzlichen Krankenversicherung verjähren nach vier Jahren (§ 25 Abs. 1 SGB IV). Dementsprechend kann die Krankenkasse nur die Beiträge für das laufende Kalenderjahr sowie für die vergangenen vier Jahre nachfordern, auch wenn Du länger nicht krankenversichert warst. Das gilt allerdings nur, wenn Du die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten hast.
Trotzdem können sich die ausstehenden Zahlungen für ein paar Jahre schnell zu einem hohen Betrag summieren. In vielen Fällen kann die Krankenversicherung Dir aber einen erheblichen Nachlass gewähren.
Im Jahr 2013 gab es einen Schuldenschnitt für Nichtversicherte. Wer nicht krankenversichert war und sich bis zum 31. Dezember 2013 bei einer Krankenkasse gemeldet hatte, bekam seine Beitragsschulden komplett erlassen.
Diese Möglichkeit gibt es nun nicht mehr. Wenn Du Dich als bisher Nichtversicherter in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichern musst (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V), kannst Du aber noch eine deutliche Ermäßigung bekommen.
Für die Berechnung der ermäßigten Nachzahlungen wird ein fiktives Einkommen angenommen. Es liegt bei 10 Prozent der sogenannten monatlichen Bezugsgröße. Dieser Richtwert für die Sozialversicherung ändert sich jedes Jahr. Für das Jahr 2023 musst Du für jeden Monat ohne Versicherung rund 55 Euro für die Krankenversicherung und knapp 12 Euro für die Pflegeversicherung nachzahlen, wenn Du Dich bei einer Krankenkasse mit durchschnittlichem Zusatzbeitrag versicherst. Für die Jahre 2021 und 2022 liegt die Nachzahlung bei etwa 52 Euro im Monat für die Kranken- und 11 Euro für die Pflegeversicherung. Einen Säumniszuschlag für die verspätete Zahlung erhebt die Krankenkasse nicht.
Voraussetzung für diese Ermäßigung ist jedoch, dass Du mehr als drei Monate keine Versicherung hattest und in der versicherungslosen Zeit keine Leistungen beansprucht hast. Das musst Du gegenüber der Krankenkasse in einem formlosen Schreiben erklären. Dann sollte Deine Kasse die Ermäßigung automatisch berücksichtigen.
Falls Du doch beim Arzt warst oder noch offene Krankenhausrechnungen hast, musst Du ausdrücklich darauf verzichten, dass Dir die Kasse die Behandlungskosten nachträglich erstattet. Bevor Du das tust, solltest Du Dir aber genau ausrechnen, was für Dich günstiger ist. Sind noch sehr hohe Behandlungskosten offen, lohnt es sich vielleicht, die vollen Beiträge nachzuzahlen, damit die Krankenkasse die Arztrechnungen übernimmt. Lass Dich am besten dazu beraten, beispielsweise bei einer Verbraucherzentrale oder der Unabhängigen Patientenberatung (UPD).
Ehemals Privatversicherte müssen einen Prämienzuschlag zahlen für die Zeit ohne Krankenversicherung. Das ist eine Art Strafe, denn anders als bei der gesetzlichen Versicherung besteht rückwirkend kein Leistungsanspruch. Der Stichtag, mit dem die Krankenversicherungspflicht begann, ist für Privatversicherte frühstens der 1. Januar 2009. Für den zweiten bis einschließlich fünften Monat ohne Versicherung beträgt der Zuschlag jeweils einen vollen Monatsbeitrag. Ab dem sechsten Monat wird der Zuschlag auf ein Sechstel des Monatsbeitrags reduziert (§ 193 Abs. 4 VVG). Wenn Du also beispielsweise elf Monate nicht versichert warst, musst Du in der Summe nur fünf Monatsbeiträge zusätzlich zum laufenden Beitrag nachzahlen (vier volle Beiträge plus sechsmal ein Sechstel des Beitrags).
Durch den Zuschlag kommen schnell hohe Schulden zusammen. Sprich mit dem Versicherer deshalb über eine Ratenzahlung oder einen teilweisen Schuldenerlass. Du kannst auch bei mehreren Versicherern parallel nachfragen, wie sie dies handhaben. Dann hast Du eine bessere Verhandlungsposition.
Seit in Deutschland die allgemeine Krankenversicherungspflicht gilt, dürfen private und gesetzliche Versicherungen ihren Mitgliedern nicht mehr kündigen, wenn diese mit den Beiträgen im Rückstand sind. Sobald Du Beiträge für zwei Monate oder mehr schuldest, ruht allerdings Dein Anspruch auf Leistungen. Das bedeutet: Deine Krankenversicherung zahlt nur für die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzen, für bestimmte Früherkennungsuntersuchungen sowie für notwendige Behandlungen wegen Schwangerschaft und Mutterschaft.
Welche Behandlungen das genau umfasst, ist im Gesetz nicht klar geregelt. Es kommt also auf den Einzelfall an. Fakt ist aber: Du kannst nur sehr eingeschränkt zum Arzt gehen. Das betrifft gesetzlich Versicherte genauso wie privat Versicherte, letztere landen im sogenannten Notlagentarif (§ 193 Abs. 6 VVG).
Die vollen Leistungen der Krankenversicherung kannst Du erst wieder in Anspruch nehmen, wenn Du eines der folgenden Kriterien erfüllst:
Du hast alle Rückstände beglichen.
Du bist hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuchs, kannst also Deinen Lebensunterhalt nicht allein bestreiten.
Du hast mit der Versicherung eine Ratenzahlung vereinbart und zahlst die Raten pünktlich (§ 16 Abs. 3a SGB V). Als Privatversicherter kommst Du mit einer Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarung nicht in den Notlagentarif.
Versuche also unbedingt, mit der Versicherung eine Ratenzahlung zu vereinbaren, falls Du Deine Schulden nicht auf einen Schlag zurückzahlen kannst. Denn dann hast Du sofort vollen Versicherungsschutz.
Als Privatversicherter konnte es Dir lange Zeit passieren, dass Du nicht einmal die Kosten für dringende Behandlungen erstattet bekamst, wenn Du im Notlagentarif versichert warst. Denn einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. IV ZR 81/18) aus dem Jahr 2018 zufolge durften private Krankenversicherungen Behandlungskosten mit Beitragsschulden verrechnen. Das ist dank einer Gesetzesänderung seit dem 20. Juli 2021 nicht mehr möglich (GVWG).
Und noch etwas hat sich durch das Gesetz verbessert: Ärztinnen und Ärzte können im Notlagentarif nun direkt mit der PKV abrechnen. Als Versicherter musst Du die Behandlungskosten damit nicht mehr vorstrecken und auf eine Erstattung der Krankenversicherung warten.
Warte nicht, bis Du krank wirst, bevor Du Dich um eine Krankenversicherung kümmerst. Zwar kannst Du darauf vertrauen, dass Du in akuten Notfällen ärztliche Hilfe bekommst. Allerdings bist Du nicht für Behandlungen nach der ersten Notfallversorgung versichert. Hinzu kommt: Mit angeschlagener Gesundheit ist es noch schwieriger, die Wiederaufnahme in eine Krankenversicherung zu organisieren.
Hol Dir deshalb so schnell wie möglich Unterstützung für Deinen Weg zurück in eine Krankenversicherung. Die Unabhängige Patientenberatung gibt kostenlos Auskunft zu grundsätzlichen Fragen rund um die Krankenversicherung. Auch bei den Verbraucherzentralen kannst Du Dich beraten lassen, teils schon gegen eine Gebühr von 5 Euro. Wenn Du Arbeitslosengeld II, Grundsicherung oder Sozialhilfe beziehst, ist die telefonische Beratung bei der Verbraucherzentrale Hamburg für Dich kostenlos.
Darüber hinaus bieten regional viele Vereine und kirchliche Einrichtungen wie die Diakonie oder die Caritas ihre Hilfe an. In Berlin berät beispielsweise die Clearingstelle für Menschen ohne Krankenversicherung dazu, wie sich Nichtversicherte wieder regulär versichern können.
Außerdem organisieren gemeinnützige Initiativen in verschiedenen Städten Sprechstunden von Ärzten für Menschen ohne Krankenversicherung, zum Beispiel der Malteser Hilfsdienst oder Ärzte der Welt. Dort kannst Du Dich medizinisch versorgen lassen, bis alles mit der Krankenversicherung geregelt ist.