Kredit trotz Insolvenz Pleite, aber Geld muss her
Finanztip-Experte für Kredit
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Das Konto war tief im Dispo, den Kredit konntest Du schon längst nicht mehr bedienen und als letzten Weg hast Du die Privatinsolvenz gewählt. Nun brauchst Du wieder Geld.
Wenn Dir die Schulden über den Kopf wachsen, kann eine Privatinsolvenz der letzte Ausweg sein. Durch sie bist Du nach drei Jahren schuldenfrei, auch wenn Du Deinen Gläubigern nicht alles zurückzahlen kannst.
Die Schulden werden auch in den Daten der Auskunfteien gelöscht, der Hinweis auf eine Restschuldbefreiung – also das Löschen der bestehenden Schulden – bleibt jedoch noch weitere drei Jahre gespeichert. Zumindest die Schufa hat die Löschungsfrist im März 2023 auf sechs Monate verkürzt.
In ein Insolvenzverfahren gehst Du besser nicht allein, Du brauchst Hilfe. Wende Dich entweder an einen Schuldnerberater oder Rechtsanwalt. Die gehen mit Dir alle Möglichkeiten durch, vielleicht findest Du zusammen mit ihnen und Deinen Gläubigern einen anderen Weg und Du musst nicht in die Insolvenz.
Klappt das nicht, musst Du vor Gericht ein Insolvenzverfahren beantragen. Geht alles gut, wird das Insolvenzverfahren öffentlich gemacht, und zwar über www.insolvenzbekanntmachungen.de. Du bekommst auch einen Treuhänder zur Seite gestellt, der sich um Deine Einnahmen kümmert und versucht, damit Deine Schulden zu tilgen.
Der Teil Deines Gehaltes, der über das Existenzminimum hinausgeht, geht an den Treuhänder. Deshalb musst Du auch Deinen Arbeitgeber über das Insolvenzverfahren informieren. Auch Erbschaften, Lottogewinne oder Geldgeschenke werden für den Treuhänder interessant – immer dann, wenn das Geld die Freigrenzen überschreitet.
Informationen zur Verbraucherinsolvenz, deren Vorteile und Nachteile und Kosten, liest Du in unserem Ratgeber zum Insolvenzverfahren.
Banken überprüfen Deine Bonität, bevor sie Dir einen Kredit geben. Das heißt, sie schauen sich an, wie Du finanziell dastehst. Dafür gehen sie Deine Einnahmen durch, aber auch die Ausgaben wie Miete, Versicherungen oder andere Kredite.
Sie holen diese Daten von Dir ein und zusätzlich von Auskunfteien wie der Schufa. Spätestens über diese Daten finden sie heraus, dass Du gerade ein Insolvenzverfahren durchmachst. Und wenn nicht über eine Auskunftei, dann über das Insolvenzregister. Das nutzen auch Banken, die nicht mit der Schufa zusammen arbeiten.
Mit diesen Informationen berechnen sie das Risiko, ob Du einen Kredit zurückzahlen kannst oder nicht. Ist das Risiko eines Zahlungsausfalls hoch, lässt sich die Bank das mit höheren Kreditzinsen bezahlen. Aber ab einem bestimmten Risiko winkt die Bank auch ab und gibt Dir keinen Kredit. Das wird im Fall einer Privatinsolvenz so sein.
Und nicht nur beim normalen Ratenkredit ist es unwahrscheinlich, dass Du ihn erfolgreich beantragst. Auch bei Rahmenkrediten, Ratenkäufen, Kreditkarten und selbst beim Dispo sagen die Banken nein, wenn Du in einer Privatinsolvenz steckst.
Das ist kein Wunder: Denn mit der Privatinsolvenz ist Dein Existenzminimum gesichert. Für Banken heißt das: Zahlst Du den Kredit nicht zurück, kommen sie an das Geld unterhalb der Pfändungsgrenze nicht ran. Auch weiteres pfändbares Vermögen fehlt. Zudem ist die Privatinsolvenz ein klares Zeichen, dass es bei Dir zurzeit schlecht mit den Finanzen aussieht und Du Dir den Kredit nicht leisten kannst.
Dir ist es an sich nicht verboten, während der Insolvenz einen Kredit zu beantragen. Auch die Banken dürfen Dir einen Kredit geben. Wenn Du es schafft, das Risiko eines Zahlungsausfalls zu senken, drücken die Banken womöglich ein Auge zu.
Das könnte funktionieren, wenn Du jemanden findest, der für Dich bürgt und somit das Risiko des Kredits trägt. Allerdings hat der Bürge dann ein Problem, wenn etwas schief geht, womöglich gerät er dann selbst in eine finanzielle Zwangslage. Wir raten davon ab, das Kreditrisiko für eine Person in der Privatinsolvenz zu übernehmen.
Und nicht nur für den Bürgen kann der Kredit zum Problem werden. Das Ziel einer Privatinsolvenz ist die Restschuldbefreiung. Hast Du Dich drei Jahre lang richtig verhalten, werden Deine Schulden gelöscht und Du kannst von vorne anfangen. Aber genau diese Restschuldbefreiung gefährdest Du mit einem Kredit.
Denn Du darfst während des Insolvenzverfahrens keine unangemessenen Verbindlichkeiten eingehen. Das Geld, das Du übrig hast, soll an Deine Gläubiger gehen. Deshalb kann ein Kredit als Gläubigerbenachteiligung gewertet werden; schon bei einem Kredit von 7.500 Euro kann das der Fall sein (AG Hamburg, 21.02.2002, Az. 68g IK 18/01).
Solche Probleme landen schnell vor Gericht. Ein Kostenpunkt, den Du Dir während der Insolvenz kaum leisten kannst. Wenn Dir dann noch die Restschuldbefreiung versagt wird, ist der finanzielle Ruin möglich.
Da der Kredit auf Deinem Girokonto eingeht, kann es selbst ohne solche Probleme dazu kommen, dass die Kreditsumme, die Du eigentlich selbst dringend benötigst, an Deine Gläubiger geht. Schließlich ist es Geld, das über das geschützte Existenzminimum hinausgeht. Den Kredit hast Du dann umsonst aufgenommen und musst ihn trotzdem verzinst zurückzahlen. Rede also unbedingt mit Deinem Treuhänder darüber, dass Du einen Kredit aufnehmen willst.
Wichtig außerdem: Die Schulden, die Du während des Insolvenzverfahrens machst, wirst Du nicht über die Restschuldbefreiung los. Du musst sie normal abbezahlen. Solltest Du erneut Schulden aufbauen, die Du nicht zurückzahlen kannst, steht Dir die Möglichkeit einer Privatinsolvenz nicht gleich wieder offen. Es gilt eine Sperrfrist von elf Jahren (§ 287a InsO).
Ein Kredit während des Insolvenzverfahrens ist also über Umwege möglich, aber keine gute Idee. Du gefährdest womöglich die Finanzen eines Bürgen als auch die gewünschte Restschuldbefreiung.
Deine Familie oder Freunde können Dir Geld leihen. Dabei spielt die Bonität oft eine weniger große Rolle. Aber auch ein Kredit von einer Privatperson kann die Restschuldbefreiung gefährden.
Schenkt Dir die Familie Geld, statt es Dir zu leihen, geht die Hälfte an den Treuhänder für Deine Gläubiger. Auch in solchen Fällen solltest Du vorher mit ihm darüber sprechen, dass Extrageld auf Deinem Konto landet und woher es kommt.
Falls Dir Familie oder Freunde helfen wollen, sind Sachgeschenke die bessere Wahl. Ein Beispiel: Statt Dir Geld für eine Waschmaschine zu leihen, kaufen sie diese selbst und schenken sie Dir.
Bei solchen Sachgeschenken musst Du darauf achten, dass es Vermögensgegenstände sind, die Du auch während des Insolvenzverfahren behalten darfst. Dazu gehört zum Beispiel alles, was Du für einen bescheidenen Lebensstil oder Deine Arbeit brauchst oder Dinge, die Du aus gesundheitlichen Gründen besitzt (§ 811 Z PO). Die Waschmaschine würde zum Beispiel dazu gehören.
Nach der Wohlverhaltensperiode von drei Jahren folgt die Restschuldbefreiung. Du bist nun schuldenfrei. Allerdings wird diese Restschuldbefreiung noch sechs Monate bei der Schufa und drei Jahre lang bei anderen Auskunfteien gespeichert.
Diese Frist steht zwar aktuell in der Diskussion, aber das hilft Dir zunächst nicht weiter. Womöglich wird sie allgemein auf sechs Monate verkürzt. Klarheit kann das Urteil des Bundesgerichtshofs schaffen (VI ZR 225/21). Wir halten Dich im Newsletter und auf der Finanztip-Website auf den Laufenden.
Deine Bonität wird also auch noch nach der Restschuldbefreiung angezweifelt – immer dann, wenn Anbieter die Daten bei den Auskunfteien checken. Da Du einmal in Deinem Leben nicht mehr in der Lage warst, Deine Schulden zurückzuzahlen, werden einige Anbieter befürchten, dass es Dir noch einmal passiert.
Falls Du auf den Kredit verzichten kannst, solltest Du also besser warten, bis die Daten bei den Auskunfteien nichts mehr über Deine Insolvenz verraten. Dann kriegst Du nach den drei Jahren womöglich günstigere Kredite. Das gibt Dir auch Zeit, Deine Finanzen zu ordnen: Kündige unnötige Versicherungen und besorge Dir bessere Verträge für Mobilfunk und Energie. Vielleicht kannst Du auch schon etwas sparen, zum Beispiel über Tagesgeld.