Streupflicht & Räumpflicht Deine Pflichten bei Schnee und Eis
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Zum Winter gehört Schnee. Doch wenn er da ist, muss er von den Bürgersteigen geräumt werden, damit Fußgänger nicht stürzen. Das gehört zur sogenannten Verkehrssicherungspflicht. Stürzt jemand wegen Glatteis oder schlecht geräumter Wege vor Deinem Haus, kann das teuer werden.
Bist Du Eigentümerin oder Eigentümer einer Immobilie, bist Du in der Regel auch dazu verpflichtet, Gehweg oder Bürgersteig vor Deinem Grundstück bei Schnee oder Glatteis zu räumen und zu streuen. Denn Städte und Gemeinden haben die Pflicht zum Schneeräumen auf öffentlichen Gehwegen oft mit einer Satzung, Verordnung oder einem Gesetz auf die Hauseigentümer übertragen. Erkundige Dich bei Deiner Kommune, wer welche Reinigungs- und Streupflichten hat. Einige Beispiele:
Bielefeld: Straßenreinigungssatzung (§ 4)
Grundstückeigentümer sowie Eigentümergemeinschaften von Anliegergrundstücken sind verpflichtet, nach Schneefallende beziehungsweise nach dem Entstehen von Eisglätte unverzüglich zu räumen und zu streuen.
Räumen und streuen musst Du regelmäßig zwischen 7 und 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen darf es morgens auch mal eine Stunde später sein. Das ist aber keine feste Regel, sondern abhängig vom Einzelfall.
Es gibt keine uneingeschränkte Räum- und Streupflicht bei erstem Wintereinbruch. Erst bei Glättegefahr musst Du streuen (BGH, 12.06.2012, Az. VI ZR 138/11; OLG München, 07.12.2012, Az. 1 U 3512/12). Ist zum Beispiel zu erwarten, dass sich über Nacht Glatteis bildet, musst Du auch vorbeugend streuen (OLG Frankfurt, 26.11.2003, Az. 21 U 38/03). Fußgänger können aber keinen lückenlosen Schutz erwarten, sondern müssen immer mit Streulücken rechnen (BGH, 20.06.2013, Az. III ZR 326/12).
Auch wenn Du als Eigentümerin oder Eigentümer den Bürgersteig vor Deinem Haus nicht räumen musst, bist Du für die Sicherheit auf dem Grundstück verantwortlich. Stürzt jemand auf dem öffentlichen Gehweg, den die Stadt räumen muss, haftest Du nicht (BGH, 21.02.2018, Az. VIII ZR 255/16).
Wir haben für Dich die wichtigsten Sonderfälle beim Winterdienst zusammengestellt.
Eckgrundstücke - Grenzt Deine Immobilie an mehrere Straßen, bist Du für alle Gehwege rund um Dein Haus verantwortlich. Du kannst Dich nicht darauf berufen, die Räumpflicht würde nur für die Grundstücksseite gelten, von der man das Grundstück betreten oder befahren kann (OLG Brandenburg, 19.03.2008, Az. 4 U 55/07).
Tiefgarage - Du bist auch für die Sicherheit einer privaten Tiefgarage auf Deinem Grundstück verantwortlich (OLG Karlsruhe, 30.12.2008, Az. 14 U 107/07).
Privatwege - Private Wege oder Plätze, die Passanten oder Mietende nur benutzen, um den eigentlichen Weg abzukürzen, musst Du in der Regel nicht räumen oder streuen (OLG Hamm, 16.05.2013, Az. 6 U 178/12).
Jeder, der trotz Warnschild einen Privatweg nutzt und stürzt, riskiert eine Mitschuld. So erging es einer Mutter, die auf einem teilweise geräumten Privatweg stürzte. Ihr Mitverschulden beim Sturz lag nach Auffassung des Landgerichts Coburg bei 100 Prozent (13.05.2014, Az. 41 O 675/13).
Anders ist es, wenn ein Privatweg der einzige Zugang zu einem bestimmten Grundstück ist. Die Räum- und Streupflicht kannst Du als Hauseigentümerin oder -eigentümer dann nicht durch Warnschilder umgehen, zum Beispiel mit dem Hinweis „Privatweg – Betreten verboten“. Trotz eines Hinweisschildes bleibt es bei der Verkehrssicherungspflicht. Stürzt jemand, muss der Eigentümer für die Kosten aufkommen (OLG Saarbrücken, 20.07.2004, Az. 4 U 644/03-116).
Dachlawinen - Gehört Dir eine Immobilie in einer besonders schneereichen Gegend, kann es passieren, dass Du auch das Dach des Hauses von Schnee befreien musst. Das soll gefährliche Dachlawinen verhindern, die auf den Gehweg stürzen können. Aber auch die Schneelast ist nicht zu unterschätzen. Wird die Schneelast zu groß, trägt die Statik nicht mehr, sodass das Dach einstürzen kann – wie 2006 bei der Eislaufhalle in Bad Reichenhall. In schneereichen Gegenden können Städte und Gemeinden im Einzelfall vorschreiben, dass Schneefanggitter anzubringen sind.
Rechtlich gesehen haften Hauseigentümer für Schäden, die durch Dachlawinen entstehen. Ein Hinweisschild mit der Aufschrift „Vorsicht Dachlawinen“ führt dazu, dass Fußgänger oder Autofahrer, die ihre Fahrzeuge dort abstellen, zumeist keinen Schadensersatz verlangen können. Parkt jemand trotz eines Warnschildes vor dem Haus, hat er das Nachsehen, falls die Dachlawine tatsächlich auf sein Auto kracht. Aber bei solchen Schäden kommt es immer auf den Einzelfall an.
Parkplätze - Bei Parkplätzen reicht es, wenn für einen sicherer Zugang zu den abgestellten Fahrzeugen gesorgt ist. Parkplätze müssen anders als Gehwege nicht komplett geräumt werden. Wer auf einem Parkplatz stürzt, weil er dort sein Fahrrad abgestellt hat, bekommt nicht ohne Weiteres seinen Schaden ersetzt. So erging es einer Postbotin, die ihr E-Bike auf einem Parkplatz abgestellt hatte, der teilweise nicht geräumt war (AG Augsburg, 05.09.2018, Az. 74 C 1611/18).
Als Hauseigentümerin oder -eigentümer haftest Du für Unfälle, wenn Du Deine Verpflichtung nicht einhältst und deshalb zum Beispiel jemand auf dem Gehweg stürzt. Neben Schadensersatzansprüchen können Verletzte auch Schmerzensgeld verlangen. Es kann sogar sein, dass Du Dich etwa wegen fahrlässiger Körperverletzung in einem Strafverfahren verantworten musst, weil Du den Gehweg nicht geräumt hast.
Zudem riskierst Du auch ein Bußgeld, wenn Du keinen Winterdienst machst – unabhängig davon, ob jemand zu Schaden gekommen ist. Die Risiken sind also groß.
Dein Hauseigentümer kann die Räum- und Streupflicht auf Dich übertragen. Hältst Du Dich nicht daran, riskierst Du eine Abmahnung. Klappt der Winterdienst auch dann nicht, kann Dein Vermieter ein Unternehmen beauftragen, das Du dann bezahlen musst. Er darf aber nicht den teuersten Anbieter für den Schneeräumdienst auswählen.
Gebrechliche Seniorinnen und Senioren müssen keinen Winterdienst leisten, auch wenn sie laut Mietvertrag dazu verpflichtet sind.
Es gibt keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage, wer Arbeitsgeräte und Streumaterial bezahlen muss. Ohne Regelung im Mietvertrag muss der Vermieter oder die Vermieterin dafür aufkommen.
Bei Glätte musst Du die Gehwege mit nachhaltig abstumpfenden Mitteln, zum Beispiel Splitt, Sand oder Sägespänen ausreichend streuen. Hobelspäne, die sich mit Feuchtigkeit vollsaugen können, sind als Streumittel ungeeignet (OLG Hamm, 24.11.2014, Az. 6 U 92/12).
Streusalz ist in den meisten Gemeinden aus ökologischen Gründen verboten. Eine Ausnahme kann für Treppen, starke Steigungen sowie bei Glatteis infolge von Eisregen bestehen. Dann darfst Du höchstens 25 Prozent Streusalz beimischen – aber auch das gilt nicht für alle Kommunen. Erkundige Dich am besten bei Deiner Stadt oder Gemeinde.
Wenn Du jemanden mit dem Schneeräumen beauftragst, weil Du diese Arbeiten nicht selbst erledigen kannst oder willst, kannst Du einen Teil der Kosten bei Deiner Einkommenssteuererklärung geltend machen. Es handelt sich beim Schneedienst um haushaltsnahe Dienstleistungen (FG Berlin-Brandenburg, 23.08.2012, Az. 13 K 13287/10). Insgesamt darfst Du pro Jahr maximal 20.000 Euro der Lohn- und Anfahrtskosten solcher haushaltsnahen Dienstleistungen in der Steuererklärung geltend machen. 20 Prozent davon, also maximal 4.000 Euro, werden dann direkt von Deiner Steuerschuld abgezogen.
Das gilt auch beim Schneeräumen auf öffentlichen Gehwegen. Obwohl diese nicht zum Grundstück gehören, ist die Dienstleistung dennoch haushaltsnah (BFH, 20.03.2014, Az. VI R 55/12). Weitere Tipps findest Du im Ratgeber Winterdienst von der Steuer absetzen.
Wenn Du ein Einfamilienhaus bewohnst, bist Du durch Deine Privathaftpflichtversicherung gegen Schadensersatzansprüche abgesichert, falls eine Person auf Deinem Gehweg stürzt und zu Schaden kommt. Glatteisunfälle vor Mietshäusern sind Sache der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung des Eigentümers.
Auch Mietende, die den Schneeräumdienst übernehmen müssen, sollten eine private Haftpflichtversicherung haben, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Der Versicherer übernimmt entweder den Schaden oder wehrt unberechtigte Ansprüche stellvertretend für Dich ab.
Die private Haftpflichtversicherung ist unverzichtbar – sie kümmert sich um Schäden, die Du verursachst. Bei großen Schäden kann sie Dich vor dem finanziellen Ruin bewahren.
Von uns empfohlene Tarife sind Friday „Relax“ mit günstigen Beiträgen für alle, der Tarif „Einfach Besser“ der Haftpflichtkasse, besonders auch für Familien, und der Degenia-Tarif „T23-Optimum“, vor allem auch für Alleinerziehende.
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