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Deutschlands günstigster Stromtarif? Enpal-Versprechen im Werbecheck

Enpal wirbt offensiv damit, den günstigsten Stromtarif Deutschlands anzubieten. Der Finanztip-Werbecheck deckt auf, was an diesem Versprechen wirklich dran ist.

Benjamin_Weigl
Benjamin Weigl
Finanztip-Experte für Energie
Deutschlands günstigster Stromtarif? Enpal-Versprechen im Werbecheck

„Deutschlands günstigster Stromtarif“ – mit diesem Versprechen wirbt der für seine Photovoltaik-Lösungen bekannte Anbieter Enpal. Der Tarif „Enpal.One+“ soll aber nicht nur unschlagbar günstig, sondern auch „transparent und preissicher“ sein:

Enpal - Deutschlands günstigster Stromtarif

Die Rede ist von einem Strompreis „ab 16 ct/kWh“ (Kilowattstunde). Das wäre gerade einmal rund die Hälfte der günstigsten Tarife in unserem Finanztip-Stromvergleich (enthält Werbelinks).

Wie kann das sein?

Durch unsere Recherche im Kleingedruckten und Nachfragen bei Enpal ist klar: Es handelt sich um eine ziemlich dreiste Werbekampagne. Und hier die Gründe:

1. Die Abhängigkeiten

In erster Linie installiert Enpal Photovoltaikanlagen und ist kein reiner Anbieter für Stromtarife. Deshalb bekommst Du den beworbenen Stromtarif nur in Verbindung mit einer gekauften oder gemieteten PV-Anlage inkl. Stromspeicher von Enpal. Dafür musst Du erstmal Tausende Euro investieren.

Dann musst Du weitere Verträge mit Enpal abschließen: Du musst den Anbieter etwa zu Deinem Messstellenbetreiber machen und bekommst einen intelligenten Stromzähler (Smart Meter) von Enpal. Die laufenden Kosten für das Gerät sind im Strompreis noch nicht enthalten.

Außerdem gehört zum Komplettpaket der Energiemanager „One+”, für den Du ebenfalls einen Vertrag abschließen musst. Der erlaubt Enpal, überschüssigen Solarstrom von Deinem Dach und aus dem Stromspeicher am Strommarkt zu handeln.

2. Der schöngerechnete Preis

So günstig wie es Enpal mit „ab 16 ct/kWh“ bewirbt, ist der Strompreis bei genauem Hinsehen gar nicht.

Erstens ist der Arbeitspreis nicht in jeder Region gleich. Im bundesweiten Mittel liegt der Arbeitspreis laut Auskunft von Enpal aktuell bei 21 ct/kWh.

Zweitens: Wenn Du, wie von Enpal angeboten, einen Stromspeicher oder eine Wärmepumpe bei Dir zuhause einbaust, ist das eine sogenannte steuerbare Verbrauchseinrichtung. Damit hast Du Anspruch auf reduzierte Netzentgelte. Je nach Region bringt Dir das einen pauschalen Rabatt von 110-190€/Jahr auf Deine Stromrechnung.

Der Rabatt wird normalerweise separat auf der Stromrechnung abgezogen. Enpal rechnet den Rabatt aber schon in den beworbenen Arbeitspreis ein. Deshalb wirkt der Tarif günstiger als er eigentlich ist. Denn der Rabatt steht Dir auch in anderen Stromtarifen zu. Das macht bei einem mittleren Rabatt von 150€ und einem Jahresverbrauch von 3.000 kWh genau 5 ct/kWh aus.

Wer einen Kilowattstundenpreis ausrechnen möchte, der sich mit anderen Stromanbieter vergleichen lässt, muss auf den Enpal-Durchschnittspreis von 21 ct/kWh also diese 5 ct/kWh draufrechnen. Damit liegt der Arbeitspreis im Mittel bei 26 ct/kWh – 10 ct mehr als beworben. Rechnen wir jetzt noch den recht hohen, durchschnittlichen Grundpreis von 15,50€/Monat ein, kommen wir bei 3.000 kWh Verbrauch unter diesen Voraussetzungen auf einen Strompreis von 32,2 ct/kWh. Verbrauchst Du weniger, liegt Dein Durchschnittspreis noch höher.

3. Die fragwürdige Preissicherheit

Außerdem handelt es sich um einen Pakettarif. Heißt: Der Preis gilt nur für max. 3.000 kWh Jahresverbrauch. Für jede kWh, die Du mehr verbrauchst, zahlst Du einen stolzen Aufpreis von 11 ct/kWh extra. Kaufst Du neben der Solaranlage auch eine Wärmepumpe von Enpal, steigt Dein Paket auf 5.000 kWh.

Obwohl der selbst verbrauchte Strom aus der Solaranlage dazu führt, dass Du deutlich weniger Strom aus dem Netz brauchst, werden die Verbrauchspakete für einige Haushalte nicht ausreichen. Deshalb finden wir sie zu knapp bemessen.

Und: Die Preisgarantie gilt nur für zwölf Monate. Heißt: Nach einem Jahr kann Enpal den günstigen Preis erhöhen. Ob Du dann zu einem günstigeren Anbieter wechseln würdest? Das wäre jedenfalls sehr aufwändig, weil Du doch ziemlich eng an Enpal gebunden bist.

Das Unternehmen hat uns geschrieben, dass der Enpal-Stromtarif eine Voraussetzung für den Enpal-Energiemanager ist, der Deinen Solarstrom intelligent im Haushalt verteilt und überschüssigen Strom vermarktet. Wenn Du den Stromvertrag kündigst, kannst Du das Gerät zwar behalten, müsstest Dir aber ein anderes Unternehmen suchen, das Deinen überschüssigen Strom gut vermarktet – oder Du nimmst die Einspeisevergütung.

Außerdem hätte Enpal Dir auch seinen Stromzähler eingebaut. Der dazugehörige Messstellenbetriebsvertrag könnte auch nach der Kündigung des Stromtarifs weiterlaufen. Falls Du oder Enpal selbst aber den Vertrag kündigen möchten, müsste der örtliche Netzbetreiber den Enpal-Stromzähler ausbauen und Dir einen anderen Stromzähler einbauen, so die Auskunft von Enpal.

Das günstige erste Jahr wirkt also wie ein Lockmittel, um Dich samt hoher Investitionen langfristig an Enpal zu binden.

Fazit: Günstigster Stromtarif ab 16 ct/kWh?

Insgesamt zahlst Du oft mehr als doppelt so viel pro kWh, als die Werbung suggeriert – und liegst damit in einem Preisbereich, den auch andere Stromanbieter schaffen:

Außerdem riskierst Du den nochmal 11 ct/kWh höheren Arbeitspreis, falls Du mehr als Dein Kontingent verbrauchst – und eine Preiserhöhung nach einem Jahr, der Du durch Deine enge Bindung an Enpal längst nicht mehr so bequem wie bei einem üblichen Stromanbieterwechsel entgehen kannst.

Günstiger Stromtarif oder PV-Anlage gesucht?

Die günstigsten Tarife von zuverlässigen Anbietern in Deiner Region findest Du in unserem Stromvergleich (enthält Werbelinks). Warum Du Verträge mit Laufzeiten von mehr als zwölf Monaten aktuell meiden solltest, liest Du in diesem Text.

Suchst Du nach einer PV-Anlage, dann starte mit dem Vergleichsportal Selfmade-Energy. Als Ergänzung empfehlen wir Photovoltaik-Angebotsvergleich oder Solaranlagen-Portal.

Fehler bei Enpal-Artikel

In der vergangenen Woche haben wir im Newsletter über eine Werbekampagne der Solarfirma Enpal berichtet, die wir überzogen finden. Dabei sind uns zwei Fehler unterlaufen, auf die uns Enpal hingewiesen hat und die wir hier natürlich korrigieren.

Erstens müsste der von Enpal eingebaute Stromzähler nicht zwingend wieder ausgebaut werden, falls Du den Stromtarif kündigst. Sondern lediglich, falls Du auch den Messstellenbetriebsvertrag mit Enpal kündigen willst. Die Bindewirkung der Verträge ist also niedriger. Zweitens haben wir geschrieben: "Insgesamt zahlst Du mehr als doppelt so viel pro kWh, als die Werbung suggeriert (...)". Richtig wäre gewesen: "Insgesamt zahlst Du oft mehr als doppelt so viel pro kWh, als die Werbung suggeriert (...)".

Wir entschuldigen uns bei Dir und natürlich auch bei Enpal für die Fehler.

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