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Tipps & Tricks

Kann Tausende Euro kosten: Vorsicht vor diesem ETF-Fehler

Du hast lange in ETFs investiert und willst bald die Früchte ernten? Oder möchtest einfach frühzeitig wissen, worauf Du beim Entsparen mal achten musst? Einen Fehler solltest Du unbedingt vermeiden.

Hendrik Buhrs: Autor für Bank und Börse
Hendrik Buhrs
Finanztip-Experte für Bank und Börse
Mann mit Zeitung

Mit Deinem Aktien-ETF willst Du vielleicht mal Deinen Ruhestand finanzieren. Oder die Auszahlphase steht sogar schon an? Dann solltest Du einen großen Fehler kennen und vermeiden: Dein Geld zur Rente von einem thesaurierenden (wiederanlegenden) ETF in einen ausschüttenden umschichten. Das kann Dich viele Tausend Euro kosten.

Woher kommt diese Idee überhaupt?
Oft steckt dahinter der Gedanke, im Ruhestand neben der gesetzlichen Rente von den Ausschüttungen des ETFs zu leben. Und dafür braucht man eben einen Ausschütter. Und das funktioniert prinzipiell auch: Du verkaufst Deinen bisherigen thesaurierenden ETF-Bestand und steckst ihn dann in einen ausschüttenden.

Es geht aber auch anders und vor allem viel cleverer: Denn natürlich – ETF-Profis können den Satz überspringen – brauchst Du keinen Ausschütter, um bequem an Dein Geld zu kommen. Du kannst auch einfach regelmäßig einzelne Anteile aus Deinem Thesaurierer verkaufen und Dir das Umschichten sparen.

Warum ist Umschichten ein Fehler?
Sparen solltest Du es Dir aber vor allem, um – genau – zu sparen! Denn überleg mal, was dieses Umschichten bedeutet: Du verkaufst erstmal Deinen kompletten Thesaurierer – und musst den Erlös auf einen Schlag versteuern. Und zwar mit 18,4625%, wenn wir die Teilfreistellung (30% Deiner ETF-Gewinne bleiben von den 26,375% Abgeltungssteuer inkl. Soli verschont) schon berücksichtigen.

Diese abgezogene Steuer fehlt dann beim Reinvestieren in den Ausschütter, sodass zwei Dinge passieren: Ausschüttungen bekommst Du nur noch auf den Betrag, der übrigbleibt. Und viel schlimmer: Das abgezogene Steuergeld kann sich nicht mehr weitervermehren. Denn auch im Ruhestand bleibt ein Großteil Deines Geldes ja erstmal weiter investiert. Für einen fetten Batzen davon würdest Du also den Zinseszinseffekt verschenken – was auf lange Sicht Einiges ausmachen kann.

Beispiel:
Du hast über 40 Jahre einen Sparplan mit 200€ im Monat durchgehalten. Außerdem rechnen wir mit einer vorsichtigen Rendite von 6% p. a. Dann steht am Ende ein Depotwert von rund 383.500€. 96.000€ davon hast Du eingezahlt, der Rest sind Gewinne.

Jetzt machst Du den Fehler und verkaufst alles, weil Du in einen Ausschütter umschichten willst. Das kostet Dich sofort ca. 53.000€ Steuern. Übrig bleiben dann ca. 330.500€, die Du in den Ausschütter investierst. Gehen wir von einer Ausschüttungsrendite von 2% p. a. aus, würdest Du im ersten Jahr ca. 6.600€ an Ausschüttungen bekommen – die Du aber auch versteuern musst: Dir bleiben ca. 5.400€.

Wenn Du stattdessen beim Thesaurierer geblieben wärst? Und Dir durch Verkäufe netto genauso viel Geld auszahlen willst? Dann müsstest Du Anteile im Wert von ca. 6.600€ verkaufen – wenn Deine Bank für Dich ganz regulär die ältesten Anteile zuerst verkauft (“First in, first out”). Es sind also nicht dieselben 6.600€ wie oben beim Ausschütter, es ist nur zufällig dieselbe gerundete Zahl.

Gerechnet haben wir mit Orderkosten von 10€ pro Monatsauszahlung bzw. Order. Verkaufst Du nur einmal im Jahr oder bist bei einem günstigen Neobroker, können diese Kosten viel geringer ausfallen. Insgesamt zahlst Du an Steuern und Verkaufskosten also ca. 1.200€. Das ist nahezu identisch wie beim Ausschütter.

53.000€, die weiter für Dich arbeiten
Den entscheidenden Unterschied bringt erst der Steuerstundungseffekt: Denn anders als beim Umschichten in den Ausschütter hast Du beim Thesaurierer keine 53.000€ Steuern auf einen Schlag gezahlt. Du versteuerst erst nach und nach beim Verkaufen. So können sich die 53.000€ weiter vermehren: Gehen wir wieder von unseren 6% Rendite p. a. aus, bringt das im ersten Jahr knapp 3.200€ bzw. 2.600€ nach Steuern. Das ist rund das Doppelte Deiner Steuern + Verkaufskosten im ersten Jahr. In anderen Worten: Die Steuerstundung hat Deine gesamten Kosten locker bezahlt.

Das gilt auch für andere Sparraten und Laufzeiten, die wir mal durchgerechnet haben. Hier ein paar Beispiele:

Der Effekt fällt in absoluten Zahlen umso größer aus, je mehr Geld in Deinem Depot steckt. Mit einer Sparrate von 400€ ist Deine Rendite durch die Steuerstundung im ersten Jahr schon fast 3.000€ größer als Deine Steuern + Verkaufskosten.

Wichtig: All das beruht auf der Annahme, dass die aktuellen Steuergesetze weiter gelten. Die Vorabpauschale und Deine 1.000€ Sparerfreibetrag pro Jahr (den könntest Du sowieso sowohl für Ausschüttungen als auch Verkäufe nutzen) haben wir in unserem Vergleich außen vorgelassen, um es einfach zu halten.

Hol noch mehr raus: Mit der Finanztip 3x10-Strategie
Noch nicht berücksichtigt haben wir die Finanztip 3×10-Strategie, die wir Dir 2023 vorgestellt haben. Daran hast Du beim Stichwort Steuerstundung gerade vielleicht schon gedacht. Dabei geht’s darum, wie Du’s schaffst, beim ETF-Verkauf einen Großteil der Steuer erst möglichst spät zu bezahlen und so insgesamt mehr Geld rauszuholen – in unserem Rechenbeispiel von damals stolze 28.000€. Damit kannst Du den Effekt aus unserem Beispiel oben noch verstärken.

Du erinnerst Dich nicht oder hast das verpasst? Dann lies gerne alles dazu in unserem Ratgeber zum ETF-Verkauf nach.

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