Finanztip App
Alle Inhalte in der App
App laden

News

Spieler vs. Tipico: Streit um unerlaubte Sportwetten geht zum EuGH

Glücksspielanbieter boten vor 2020 jahrelang Sportwetten an, ohne die erforderliche Lizenz zu haben. Ob Spieler ihre Wettverluste zurückfordern können, soll der BGH entscheiden. Dieser wendet sich jetzt sogar an den Europäischen Gerichtshof.

Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

In Deutschland boten mehrere Glücksspiel- und Wettanbieter (u. a. Tipico) bis 2020 Sportwetten an, ohne die erforderliche Erlaubnis dafür zu haben. Dies führte im Nachhinein zu Klagen von Spielern, die ihre Verluste zurückfordern wollen. Ihrer Ansicht nach waren die Sportwetten unzulässig und die Wettverträge unwirksam, weil die Anbieter schon Wetten annahmen, obwohl sie die Lizenz dazu bei den Behörden nur beantragt hatten. 

Um das Ganze besser zu verstehen, hier eine kurze Einordnung:   

Wieso hatten die Anbieter eigentlich keine Lizenzen?  

Sportwetten waren bis Mitte 2012 fast ausschließlich staatlichen Anbietern erlaubt. Um den Schwarzmarkt einzudämmen, wurde der Glücksspielmarkt 2021 aber auch privaten Anbietern geöffnet. Das Problem: Über acht Jahre erhielt keiner dieser Anbieter eine offizielle Konzession, sodass sie sich jahrelang in einem rechtlichen Schwebezustand befanden. Erst 2020 bekamen die ersten eine offizielle Erlaubnis.  

Worum geht es im aktuellen BGH-Fall?  

Im aktuellen Verfahren geht es um die Klage eines Mannes gegen den Wettanbieter Tipico mit Sitz in Malta (Az. I ZR 90/23). Er fordert seine Verluste in Höhe von 3.700€ zurück. Das Amtsgericht Geislingen und das Landgericht Ulm urteilten, dass die Wettverträge trotz des Verstoßes wirksam sind und Verluste nicht zurückgefordert können.  

Der Kläger ging in die nächste Instanz zum Bundesgerichtshof und hoffte auf ein für ihn positives Urteil. Das höchste deutsche Zivilgericht hat das Verfahren jedoch ausgesetzt und den Fall jetzt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt – mit der Frage, ob Sportwettverträge für nichtig erklärt werden können, obwohl der Anbieter aus einem europäischen Mitgliedsstaat eine deutsche Lizenz beantragt hatte, diese aber nur aufgrund eines intransparenten, fehlerhaften Konzessionsverfahrens nicht erhalten hat. Darüber, ob das mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist, muss der EuGH nun entscheiden.  

Wie könnte das Verfahren ausgehen?  

Fest steht: Unabhängig vom Ausgang wird die Entscheidung des BGH ein Grundsatzurteil sein, das auch künftige Fälle beeinflussen wird. Wettanbieter wie Tipico und der Deutsche Sportwettenverband hoffen darauf, dass der EuGH ihre Position stärkt und Klagen von glücklosen Spielern ebenso erfolglos bleiben.

Der BGH neigt hingegen dazu, Sportwettverträge ohne Konzession als nichtig anzusehen, auch wenn bereits eine Lizenz beantragt wurde. Die Begründung: Verbraucherschutz im Rechtsverkehr. Das ergibt sich aus einem Hinweisbeschluss vom März diesen Jahres in einem ähnlichen Verfahren (Az. I ZR 88/23). 

Ein ver­brau­cher­freund­liches Urteil würde vermutlich eine Klagewelle auslösen – zusätzlich zu den mehreren tausend Verfahren, die bereits an deutschen Gerichten laufen. Aber bis zu einer endgültigen Entscheidung kann es noch Jahre dauern. 

Speichere Deine Artikel für später ab!

Die passenden ETFs, praktische Steuertipps oder die besten Kredit­karten-Anbieter: In der Merkliste Deiner Finanztip App kannst Du Dir alles für später abspeichern.

Hol Dir die App

* Was der Stern bedeutet:

Finanztip ist kein gewöhnliches Unternehmen, sondern gehört zu 100 Prozent zur gemeinnützigen Finanztip Stiftung. Die hat den Auftrag, die Finanzbildung in Deutschland zu fördern. Alle Gewinne, die Finanztip ausschüttet, gehen an die Stiftung und werden dort für gemeinnützige Projekte verwendet – wie etwa unsere Bildungsinitiative Finanztip Schule.

Wir wollen mit unseren Emp­feh­lungen möglichst vielen Menschen helfen, eigenständig die für sie richtigen Finanzentscheidungen zu treffen. Daher sind unsere Inhalte kostenlos im Netz verfügbar. Wir finanzieren unsere aufwändige Arbeit mit sogenannten Affiliate Links. Diese Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen (*).

Bei Finanztip handhaben wir Affiliate Links jedoch anders als andere Websites. Wir verlinken ausschließlich auf Produkte, die vorher von unserer unabhängigen Experten-Redaktion ausführlich analysiert und emp­foh­len wurden. Nur dann kann der entsprechende Anbieter einen Link zu diesem Angebot setzen lassen. Geld bekommen wir, wenn Du auf einen solchen Link klickst oder beim Anbieter einen Vertrag abschließt.

Für uns als gemeinwohlorientiertes Unternehmen hat es natürlich keinen Einfluss auf die Emp­feh­lungen, ob und in welcher Höhe uns ein Anbieter vergütet. Was Dir unsere Experten empfehlen, hängt allein davon ab, ob ein Angebot gut für Dich als Verbraucher ist.

Mehr Informationen über unsere Arbeitsweise findest Du auf unserer Über-uns-Seite.