Mobilitätsprämie für Geringverdiener So holst Du Dir Geld für Deinen Weg zur Arbeit zurück

Jörg Leine
Finanztip-Experte für Steuern

Das Wichtigste in Kürze

  • Wer keine Steuern zahlen muss, kann auch nichts absetzen.

  • Ein langer Weg zur Arbeit führt deshalb auch nicht zu einer Steuerersparnis.

  • Die 2021 eingeführte Mobilitätsprämie kann aber auch solchen Geringverdienern mit langem Weg zur Arbeit eine Entlastung bringen.

So gehst Du vor

  • Um die Mobilitätsprämie zu erhalten, musst Du eine Steu­er­er­klä­rung abgeben.

  • Die Steu­er­er­klä­rung machst Du am besten mit einem Steuerprogramm oder einer Steuer-App.
  • Wir empfehlen für alle Fälle Wiso Steuer 2024 und Steuersparerklärung (Steuerjahr 2023)ohne Photovoltaik. Wenn Du nicht selbstständig bist, reicht meist unser Preis-Leistungs-Tipp Tax 2024.
  • Für sehr einfache Fälle bieten sich auch die Steuer-Apps Steuerbot, Wiso Steuer und Taxfix an, die uns in unserem ausführlichen Test besonders überzeugt haben.

Wer mehr als 20 Kilometer zur Arbeit fährt, profitiert seit 2021 von einer erhöhten Ent­fer­nungs­pau­scha­le ab dem 21. Kilometer. Für die ersten 20 Kilometer sind es weiterhin 30 Cent pro Kilometer zum Absetzen, aber für jeden weiteren Kilometer waren das im Jahr 2021 35 Cent und seit 2022 sogar 38 Cent. Damit sollten und sollen die wegen der CO2-Abgabe gestiegenen Spritpreise etwas abgefedert werden. Leer gehen dabei aber normalerweise Geringverdiener aus, die keine Steuern zahlen müssen, etwa Auszubildende. Die Lösung des Gesetzgebers ist die Mobilitätsprämie, die in den Paragrafen 101 ff. Einkommensteuergesetz EStG geregelt ist.

Wer kann die Mobilitätsprämie bekommen?

Warum können lediglich Geringverdiener von der Mobilitätsprämie profitieren? Hier spielt der Grundfreibetrag die entscheidende Rolle. Denn bis zu diesem, auch Existenzminimum genannten, Wert sind keine Steuern fällig. Ist also Dein zu versteuerndes Einkommen maximal so hoch wie der Grundfreibetrag, hast Du die Chance auf die Mobilitätsprämie. Damit stellen sich die nächsten beiden Fragen: Wie hoch ist der Grundfreibetrag und was ist das zu versteuernde Einkommen?

Wie hoch ist der Grundfreibetrag?

Der Grundfreibetrag wird jedes Jahr neu festgelegt und ist in den vergangenen Jahren recht kräftig gestiegen. Er beträgt:

  • 9.744 Euro im Jahr 2021

  • 10.347 Euro im Jahr 2022

  • 10.908 Euro im Jahr 2023 und

  • 11.784 Euro im Jahr 2024

Was ist das zu versteuernde Einkommen?

Wir wollen an dieser Stelle nicht ausführlich erklären, was das ist. Nur so viel: Das zu versteuernde Einkommen (zvE) ist nicht das Bruttoeinkommen. Denn davon werden, um auf das zvE zu kommen, noch Werbungskosten, Vorsorgeaufwendungen, Sonderausgaben und einiges mehr abgezogen. Du kannst aber sehr einfach erkennen, dass Du mit Deinem zu versteuernden Einkommen unter dem Grundfreibetrag liegst. Das ist bei Angestellten sicher der Fall, wenn auf dem Gehaltszettel bei der Lohnsteuer 0 Euro steht. Zahlst Du monatlich sehr wenig Lohnsteuer, kannst Du eventuell auch mit Werbungskosten und/oder anderen Ausgaben mit Deinem zvE unter den Grundfreibetrag kommen.

Willst Du mehr über das zvE wissen, schau einfach im Ratgeber Zu versteuerndes Einkommen vorbei. 

In der Praxis dürften davon zum Beispiel Auszubildende betroffen sein, die meist mit ihrem Einkommen unter dem Grundfreibetrag liegen, aber durchaus einen längeren Weg zu ihrer Ausbildungsstätte haben können. 

Wie die erhöhte Ent­fer­nungs­pau­scha­le ist auch die Mobilitätsprämie auf die Jahre 2021 bis 2026 befristet. Das Bundesfinanzministerium geht davon aus, dass mit der Mobilitätsprämie rund 250.000 Pendler entlastet werden können.

Weitere Voraussetzungen für die Mobilitätsprämie

Um die Mobilitätsprämie erhalten zu können, solltest Du also recht wenig verdienen. Außerdem muss Dein einfacher Arbeitsweg mindestens 21 Kilometer lang sein.

Tipp: Du kannst diesen Weg nicht nur in Deinem eigenen Auto zurücklegen, jedes Verkehrsmittel ist erlaubt. Das gilt sogar, wenn Du im Auto einer anderen Person mitfährst und im besten Fall dafür nichts bezahlst. Als Beispiel sei der Sohn genannt, der jeden Tag bei seiner Mutter im Auto mitfährt: sie zur Arbeit, er zur Ausbildung. Auch jede andere Fahrgemeinschaft zählt. Zudem gilt die Mobilitätsprämie auch für Familienheimfahrten bei einer doppelten Haus­halts­füh­rung.

Und schließlich muss die Mobilitätsprämie mindestens 10 Euro betragen. Geringere Beträge zahlt das Finanzamt nicht aus.

Was ist die Festsetzung der Mobilitätsprämie?

Es gibt nur exakt einen Weg, der Dich zu Deiner Mobilitätsprämie führt. Du musst eine Steu­er­er­klä­rung machen und dabei mit der Anlage Mobilitätsprämie das Geld beantragen. Das nennt sich dann „Antrag auf Festsetzung der Mobilitätsprämie“

Die Anlage Mobilitätsprämie kannst Du zum Beispiel im Formular-Management-System des Bundesfinanzministeriums finden.

Bist Du angestellt, musst Du in dem Dokument nur in den Zeilen 4 und 5 jeweils eine „1“ eintragen. Die Angaben zu Deinem Fahrtweg gehören in diesem Fall in die Anlage N.

Nutzt Du eine Steuersoftware oder eine Steuer-App, brauchst Du Dich um diese Details aber nicht kümmern. Denn die Programme und Apps befüllen die Formulare im Hintergrund für Dich.

Für welche Jahre kannst Du die Mobilitätsprämie beantragen?

Da Du als Geringverdiener in der Regel keine Steu­er­er­klä­rung machen musst, hast Du dafür bis zu vier Jahre anch dem jeweiligen Steuerjahr Zeit. Deshalb kannst Du die Mobilitätsprämie nicht nur im Rahmen Deiner Steu­er­er­klä­rung für 2023 beantragen, sondern auch für die zurückliegenden Jahre 2022 und 2021. Im Jahr 2020 gab es die Mobilitätsprämie noch nicht.

Mobilitätsprämie in fünf Schritten berechnen

Du weißt nun, in welchen Fällen Du Anspruch auf die Mobilitätsprämie hast. Doch wie viel bringt das? Wie immer hängt alles von Deinen persönlichen Umständen ab. Wichtig ist vor allem, wie viel Du verdienst und wie lang Dein Fahrweg ist. Du kannst einfach Deine Steu­er­er­klä­rung machen und im Bescheid sehen, wie viel Du vom Staat als Erstattung bekommst. Hilfreicher ist es aber, wenn Du vorher schon weißt, mit viel Geld Du rechnen kannst.

Und hier kommt die schlechte Nachricht: Die Ermittlung der Mobilitätsprämie ist sehr kompliziert. Denn im Grunde muss berechnet werden, wie sich die erhöhte Pendlerpauschale auswirken würde, wenn Du Steuern zahlen müsstest.

Allgemein gesprochen bestimmt sich die Mobilitätsprämie nach der erhöhten Ent­fer­nungs­pau­scha­le ab dem 21. Entfernungskilometer, soweit diese den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.230 Euro im Jahr 2023 übersteigt. Davor war dieser Pauschbetrag bei 1.200 Euro im Jahr 2022 und bei 1.000 Euro im Jahr 2021 angesetzt. Die erhöhte Ent­fer­nungs­pau­scha­le ist dann die Bemessungsgrundlage. Die Zulage, also Deine Erstattung, beträgt 14 Prozent davon. Das entspricht dem Eingangssteuersatz bei der Einkommensteuer.

Wir erklären Dir an einem Beispiel die fünf Schritte für die Berechnung.

Im Jahr 2023 fährt Robin an 210 Arbeitstagen zum Arbeitsplatz. Die einfache Strecke beträgt 40 Kilometer. Er hat noch 100 Euro weitere Werbungskosten und kommt auf ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 9.400 Euro.

Schritt 1: Werbungskosten berechnen

Zuerst wird die Ent­fer­nungs­pau­scha­le für die ersten 20 Kilometer berechnet. Das sind: 210 Tage x 20 km x 0,30 Euro = 1.260 Euro.

Nun kommt die Ent­fer­nungs­pau­scha­le ab dem 21. Kilometer, das sind zusätzlich 20 Kilometer: 210 Tage x 20 km x 0,38 Euro = 1.596 Euro – die erhöhte Ent­fernungspauschale.

Hinzu kommen weitere 100 Euro Werbungskosten, das ergibt in Summe 2.956 Euro – die gesamten Werbungskosten.

Schritt 2: Welcher Anteil entfällt auf die erhöhte Ent­fer­nungs­pau­scha­le?

Robin steht 2023 eine Wer­bungs­kos­ten­pau­scha­le von 1.230 Euro zu. Nur die übersteigenden beruflichen Ausgaben dürfen bei der Berechnung der Mobilitätsprämie berücksichtigt werden.

Wir rechnen: 2.956 Euro – 1.230 Euro = 1.726 Euro.

Folglich wird der Ar­beit­neh­mer­pausch­be­trag um 1.726 Euro überschritten. Davon entfallen 1.596 Euro auf die erhöhte Ent­fer­nungs­pau­scha­le.

Schritt 3: Vom Grundfreibetrag das zu versteuernde Einkommen abziehen

Jetzt muss berechnet werden, inwiefern Robin den Grundfreibetrag unterschreitet.
10.908 Euro – 9.400 Euro ergibt 1.508 Euro.

Schritt 4: Vergleich wegen Höchstbetragsbegrenzung

Im nächsten Schritt müssen zwei Beträge miteinander verglichen werden: Auf der einen Seite der Betrag, um den der Grundfreibetrag unterschritten wird, also 1.508 Euro. Auf der anderen Seite die erhöhte Ent­fer­nungs­pau­scha­le, also 1.596 Euro. Der kleinere Betrag wird für die Berechnung der Mobilitätsprämie berücksichtigt, in diesem Fall 1.508 Euro. Denn nur dieser hat keine steuerliche Entlastung gebracht.

Schritt 5: Mobilitätsprämie berechnen

Nun sind wir auf der Zielgeraden: Wir müssen nur 14 Prozent von den eben ermittelten 1.508 Euro berechnen: 1.508 Euro x 14 Prozent = 211,12 Euro.

Robin beantragt in seiner Steu­er­er­klä­rung 2023 die Mobilitätsprämie. Das Finanzamt setzt in einem Steuerbescheid 211,12 Euro als Zulage fest und zahlt sie aus.

Abgewandeltes Beispiel 1

Nehmen wir jetzt an, Robin hätte ein geringeres zvE von 8.500 Euro und 100 Euro weitere Werbungskosten. Es bleibt aber bei einem Fahrtweg von 40 Kilometern und 210 Arbeitstagen. In diesem Fall kämen in Schritt 3 sogar 2.408 Euro heraus, also 10.908 – 8.500. Dann wären in Schritt 4 die 1.596 Euro der geringere Betrag, Robin würde desahlb – bei gleichem Fahrweg – etwas mehr bekommen, 14 Prozent von 1.596 Euro = 223,44 Euro.

Abgewandeltes Beispiel 2

Wir belassen alles gleich bei Robin, allerdings liegt sein zu versteuerndes Einkommen jetzt bei 10.500 Euro. Dann wären es in Schritt 3 nur noch 10.908 - 10.500 = 408 Euro. Dann würde er – wieder bei gleichem Fahrweg – nur 57,12 Euro Erstattung bekommen.

Fazit der Beispiele

Je näher das zvE am Grundfreibetrag liegt, desto weniger Zuschlag erhältst Du, ganz egal, wie lang Dein Fahrweg ist. Am meisten kannst Du also bei der Mobilitätsprämie profitieren, wenn Du sehr wenig verdienst und zudem einen langen Fahrweg hast.

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