Handy-Rechnung nicht bezahlt Mobilfunkanbieter darf Handy nicht ohne Vorwarnung sperren
Finanztip-Experte für Digitales
Das Wichtigste in Kürze
Wer mit der Bezahlung seiner Handyrechnungen im Verzug ist, dem darf der Mobilfunkanbieter nur mit vorheriger Ankündigung das Handy sperren. Das hat der Bundesgerichtshof am 17. Februar 2011 entschieden (Az. III ZR 35/10) und damit die Rechte der Telefonkunden gestärkt.
Viele Menschen haben heute keinen Festnetzanschluss mehr. Das Mobiltelefon ist für sie zur einzigen Telefonverbindung geworden. Das BGH-Urteil erklärt: Das Handy wird nicht mehr nur als Zusatz zum Festnetz angesehen. Eine Sperre der SIM-Karte wegen eines kleineren Zahlungsrückstandes gilt deshalb als eine sehr drastische, unangemessene Reaktion. Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Mobilfunkanbieter, die eine automatische SIM-Kartensperre vorsehen, sind demnach unzulässig.
Viele Kunden haben laut BGH einen schlechten Überblick über die Kosten ihres Handyvertrags. Das liege an der Vielzahl der unübersichtlichen Tarife der Mobilfunkanbieter. Das BGH-Urteil von 2011 verwirft daher die Wirksamkeit von Sperrklauseln in den AGB. Die entsprechende Passage aus der Urteilsbegründung lautet:
„[Wird die Sperre bei Überschreiten des Kreditlimits sofort und ohne Ankündigung vollzogen], ist es möglich, dass der Vertragspartner ohne eigene Nachlässigkeit von der Sperre überrascht wird. Angesichts der Vielzahl der möglichen Tarife [...] ist dem durchschnittlichen Kunden eine auch nur halbwegs zuverlässige Übersicht, wann die eingeräumte Kreditlinie erreicht wird, oftmals nicht möglich.
Wird [der Kunde] nicht rechtzeitig, etwa durch eine automatische Ansage, hiervor gewarnt, kann er deshalb mit der nach der Klausel ohne Ankündigung möglichen Sperre unerwartet konfrontiert und von der Telekommunikation abgeschnitten werden, zumal [der Mobilfunkanbieter] auch die Befugnis für sich in Anspruch nimmt, nachträglich ein Kreditlimit einzuführen oder herabzusetzen.
Dem Kunden wird hierdurch die Möglichkeit genommen, dies, etwa durch sparsameres Telefonierverhalten oder durch Rückführung des in Anspruch genommenen Kredits, zu verhindern. Dies aber gefährdet den Vertragszweck, dem Kunden im Rahmen des vereinbarten Vertragsumfangs einen verlässlichen Zugang zu den Fernkommunikationsdienstleistungen [des Anbieters] zu verschaffen.“
Im konkreten Fall untersuchte der BGH diese Klausel: „Ist der Kunde mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe von mindestens 15,50 Euro in Verzug, kann [der Anbieter] den Mobilfunkanschluss auf Kosten des Kunden sperren.“
Diese Klausel verwirft der BGH in seinem Urteil, weil sie den Verbraucher in unangemessener Weise benachteiligt. Wird der Anschluss des Kunden gesperrt, übt der Mobilfunkanbieter das sogenannte Zurückbehaltungsrecht aus. Dem Anbieter steht dieser Schritt jedoch nicht zu, solange nur ein „verhältnismäßig geringfügiger Teil der Gegenleistung“ aussteht.
Festnetzanbieter dürfen einen Anschluss erst sperren, wenn der Kunde 75 Euro oder mehr im Rückstand ist (§ 45k Abs. 2 Satz 1 TKG). Der Paragraf lässt sich auf Mobilfunkdienstleistungen übertragen, hat der BGH entschieden.
Das Urteil schützt Kunden zwar vor der unangekündigten Sperrung des Handys – es ist aber kein Freibrief, ausstehende Telefongebühren verspätet oder gar nicht zu zahlen. Ab 75 Euro Rückstand kann der Mobilfunkanbieter das Handy stilllegen, sofern er den Kunden vorher gewarnt hat.
Ebenfalls klärt das Urteil des BGH, wer zahlen muss, wenn das Handy verloren geht und der Dieb damit telefoniert. Im konkreten Fall besagten die AGB zur „Nutzung durch Dritte“, dass der Kunde die Kosten tragen muss, die durch die „unbefugte Nutzung“ Dritter entstehen, sofern er dies nicht verhindern konnte. Bei einem Verlust der SIM-Karte muss der Kunde nur für diejenigen Kosten aufkommen, die „bis zum Eingang der Meldung über den Verlust der Karte [...] angefallen sind“.
Diese Bestimmung haben die Richter nicht beanstandet. Denn der Telefonkunde muss nur dann für die Gebühren aufkommen, wenn er den Verlust selbst verschuldet hat. Das Mobilfunkunternehmen muss dem Kunden die Schuld an dem Verlust nachweisen können, um eine Zahlung einzufordern.
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