Versichert im Ehrenamt Wie sind freiwillige Helfer unfallversichert?
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So gehst Du vor
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Ehrenamtliche Arbeit ist eine Herzensangelegenheit. Wer sich freiwillig für die Arbeit mit Menschen oder Tieren entscheidet, dem geht es in erster Linie nicht ums Geld. Doch auch im Ehrenamt brauchst Du eine Versicherung, falls es zu einem Unfall während der Tätigkeit kommt. Viele Ehrenamtliche sind automatisch in der gesetzlichen Unfallversicherung. Ist das bei Dir nicht der Fall, solltest Du Dich wenn möglich freiwillig in der gesetzlichen Unfallversicherung versichern. Wir zeigen Dir, wie Du im Ehrenamt versichert bist und welche Versicherungen Du zusätzlich abschließen solltest.
Wenn Du Dich für eine ehrenamtliche Arbeit in Deutschland entscheidest, kommst Du in der Regel in den Genuss der gesetzlichen Unfallversicherung. Wichtig: Besprich mit dem Verein oder Ehrenamtsträger wie Du unfallversichert bist, bevor Du mit der Tätigkeit startest.
Das Gesetz unterscheidet drei Personengruppen: Versicherte, die automatisch per Gesetz in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind, freiwillig Versicherte und Versicherte, die über die Satzung des jeweiligen Bundeslandes versichert sind (§ 6 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) 7).
Wenn Du Dich bei Deiner ehrenamtlichen Tätigkeit oder auf dem Weg dorthin verletzt, übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung im Versicherungsfall die Kosten für medizinische Behandlungen, die Rehabilitation und gegebenenfalls eine Unfallrente. Die Leistungen zahlt dann die zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse. Mehr zu den Leistungen nach einem Unfall erfährst Du im Ratgeber zur gesetzlichen Unfallversicherung.
Ein paar Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Deine Tätigkeit als Ehrenamt gilt: Laut dem Bundesfinanzministerium (BFM) wird das Ehrenamt meist nebenberuflich ausgeübt und dient dem Gemeinwohl der Gesellschaft. Ehrenamtliche werden grundsätzlich auch nicht bezahlt.
Eine Aufwandsentschädigung ist aber erlaubt, solange sie als steuerfrei gilt. Vereine zahlen sie, weil Du auch im Ehrenamt Auslagen hast, etwa für Deine Anfahrt, Kleidung und Verpflegung. Die Ehrenamtspauschale liegt aktuell bei 840 Euro im Jahr (§ 3 Nr. 26a Satz 1 Einkommensteuergesetz (EstG)). Bis zu dieser Höhe musst Du auf die Aufwandsentschädigung weder Steuern noch Sozialabgaben zahlen. Du bekommst das Geld also netto auf Dein Konto überweisen.
Bei einem Großteil der ehrenamtlichen Tätigkeiten bist Du automatisch per Gesetz über die gesetzliche Unfallversicherung versichert. Darunter fallen die folgenden Tätigkeiten (§ 2 SGB 7):
Ehrenamtliche in Rettungsunternehmen - dazu gehören etwa Ehrenamtliche bei der Freiwilligen Feuerwehr, beim Roten Kreuz, beim Technischen Hilfswerk oder bei der Bergwacht.
Ehrenamtliche im Gesundheitswesen - dazu gehören zum Beispiel Ehrenamtliche des Diakonischen Werks, der Arbeiterwohlfahrt, des Caritas-Verbands oder des Roten Kreuzes.
Ehrenamtliche in öffentlich-rechtlichen Einrichtungen - hierzu gehören ehrenamtliche Mitarbeiter eines städtischen Tierheims, ehrenamtliche Stadtratsmitglieder, Mitglieder von Industrie- und Handelskammern, ehrenamtliche Richterinnen und Richter und Betreuerinnen und Betreuer nach dem Betreuungsgesetz.
Ehrenamtliche im Bildungswesen - etwa ehrenamtliche Lehrende und Elternvertretende.
Ehrenamtliche in Kommunen - darunter viele Tätigkeiten aus der sogenannten Bürgerbeteiligung der Kommunen. Darunter fallen zum Beispiel Ehrenämtler bei Vereinen, die im Auftrag oder mit Zustimmung der Kommune handeln.
Ehrenamtliche in Kirchen - etwa Ministrantinnen und Ministranten, die verschiedene Aufgaben im Kirchendienst übernehmen, Mitglieder des Kirchenchores, Mitglieder des Kirchenvorstandes oder des Pfarrgemeinderats, Ehrenamtliche in der Notfallseelsorge. Auch Ehrenamtliche in Vereinen, die sich im Auftrag einer Kirchengemeinde bei der Planung und Durchführung des Pfarrfestes engagieren, sind versichert.
Ehrenamtliche in der Landwirtschaft - Dazu gehören Ehrenamtliche bei Tier- und Pflanzenzuchtverbände oder Unternehmen zur Qualitätskontrolle und für Bodenuntersuchungen. Aber auch Ehrenamtliche in Verbänden sind versichert, darunter Flurbereinigungsverbände, Bauernverbände, Verbände von Landwirtschaftskammern, Landvolk- und Landfrauenverbände, Fischereiverbände und Jagdverbände.
Freiwilligendienste - zum Beispiel bei einem Freiwilligen Sozialen Jahr, einem Freiwilligen Ökologischen Jahr, beim Bundesfreiwilligendienst oder bei entwicklungspolitischen Freiwilligen Diensten und Jugendfreiwilligendiensten.
Ehrenamtliche, die wie Arbeitnehmende tätig sind - Voraussetzung ist hier eine „beschäftigungsähnliche Tätigkeit“, die also theoretisch auch ein Angestellter oder eine Angestellte machen könnte. Dazu gehören zum Beispiel ehrenamtliche Arbeiten in der Telefonseelsorge, ein ehrenamtlicher Sporttrainer oder eine ehrenamtliche Leiterin einer Jugendgruppe. Kurzum: „Beschäftigungsähnliche Tätigkeiten“ müssen regelmäßig stattfinden, eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen und die Ehrenamtlichen müssen weisungsgebunden und im Sinne der vereins- oder trägerinternen Organisation arbeiten. Sogenannte Freundschaftsdienste und Hilfeleistungen in der Familie – zum Beispiel Gassigehen – gehören nicht dazu.
Weitergehende Informationen zu den versicherten Personen im Ehrenamt findest Du in der Broschüre des Arbeitsministeriums oder beim Bundesverband deutscher Vereine und Verbände.
Personen, die nicht kraft Gesetzes unfallversichert sind, können auf Antrag freiwillig versichert werden oder sich selbst freiwillig versichern (§ 6 Abs. 1 SGB 7):
Dazu gehören etwa gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen, zum Beispiel Vereinsvorstände von Natur- und Tierschutzvereinen, Kleingartenvereinen oder Schulfördervereinen.
Gremienmitglieder in Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbänden oder Ehrenamtliche in politischen Parteien können sich ebenfalls freiwillig versichern.
Wenn Du also zu einer der genannten Gruppen gehörst, solltest Du Deine Organisation fragen, ob sie Dich freiwillig versichern kann. Die Kosten für die freiwillige Unfallversicherung werden dann von den gemeinnützigen Organisationen getragen.
Wenn die Organisation keine freiwillige Unfallversicherung für Dich abschließt, solltest Du Dich selbst freiwillig bei der gesetzlichen Unfallversicherung versichern. Der jährliche Beitrag zur freiwilligen Unfallversicherung beträgt 4,95 Euro pro Versicherungsverhältnis. Wenn Du bei mehreren Organisationen tätig bist, musst Du für jedes Ehrenamt einen eigenen Beitrag zahlen.
Mit der freiwilligen Unfallversicherung bekommst Du also einen Versicherungsschutz während der ehrenamtlichen Tätigkeit für vergleichsweise wenig Geld. Zum Vergleich: Gute private Unfallversicherungen bekommst Du nach unserer Recherche für 100 bis 250 Euro im Jahr.
Um die freiwillige Unfallversicherung abzuschließen, musst Du einen Antrag bei der für Dich zuständigen Berufsgenossenschaft stellen. In der Regel ist das die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG). Die freiwillige Unfallversicherung kannst Du einfach online beantragen. Frage aber am besten bei der Organisation nochmal nach, welche Genossenschaft für Dich zuständig ist.
Manche Ehrenamtliche sind weder automatisch per Gesetz unfallversichert noch können sie freiwillig in die gesetzliche Unfallversicherung eintreten. Das gilt zum Beispiel für Bürgerinitiativen – also ein Zusammenschluss von Bürgern und Bürgerinnen zu einem politischen Zweck –, Karnevalsvereine und Ehrenamtliche, die geflüchteten Kindern Deutsch beibringen.
Diese Personen können aber möglicherweise über die Satzung des jeweiligen Bundeslandes in die gesetzliche Unfallversicherung kommen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB 7). Diese Regelungen gibt es dem Bundesarbeitsministerium (BMAS) zufolge in Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Frag bei dem jeweiligen Verein oder der Organisation nach, ob Du über die Satzung unfallversichert bist.
Aber: Der Versicherungsschutz über die Satzung gilt nicht, wenn sich die Ehrenamtlichen freiwillig versichern lassen können. Der Schutz über die Satzung gilt also nur für diejenigen, die weder kraft Gesetzes versichert sind, noch freiwillig versichert werden können.
Viele Vereine bieten auch Gruppenversicherungen für eine private Unfallversicherung an. Wenn Du für die Organisation ehrenamtlich tätig wirst, kannst Du automatisch von der privaten Unfallversicherung Deiner Organisation profitieren. Frage also am besten bei der Organisation nach, ob eine solche private Unfallversicherung besteht.
Darüber hinaus kannst Du auch für Dich persönlich eine private Unfallversicherung abschließen. Sie zahlt grundsätzlich bei Unfällen in allen Lebensbereichen – und das weltweit, sofern es infolge des Unfalls zu einem dauerhaften Gesundheitsschaden kommt. Sie greift daher auch bei Unfällen, die während des Ehrenamts passieren.
Zudem bietet eine private Unfallversicherung zusätzliche Optionen wie eine Einmalzahlung, die sogenannte Invaliditätsleistung, ein Krankenhaustagegeld, wenn Du im Krankenhaus stationär behandelt werden musst oder Krankentagegeld, wenn Du wegen des Unfalls nicht arbeiten kannst.
Bei schweren körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen zahlt die Unfallversicherung auch eine Unfallrente. Allerdings resultiert die große Mehrheit dieser Beeinträchtigungen nicht aus Unfällen. Laut dem Statistischen Bundesamt sind nur 1 Prozent aller Behinderungen auf einen Unfall zurückzuführen, die große Mehrheit ist auf Krankheiten zurückzuführen und in solchen Fällen zahlt eine Unfallversicherung nicht.
Wir sagen daher: Nur wenn Du ein erhöhtes Unfallrisiko hast, zum Beispiel weil Du auf der Arbeit großen Gefahren ausgesetzt bist, kann der Abschluss einer Unfallversicherung sinnvoll sein. Zuerst solltest Du Dich aber um den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung kümmern. Denn diese zahlt Dir eine monatliche Rente, wenn Du aus gesundheitlichen Gründen in Deinem Beruf nicht mehr arbeiten kannst. Sie sichert daher Deinen Lebensunterhalt ab.
Die staatliche Erwerbsminderungsrente reicht nicht aus, eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für fast jeden sinnvoll.
Von uns empfohlene Makler: Hoesch & Partner, Buforum24, Zeroprov, Dr. Schlemann unabhängige Finanzberatung, P&F (früh-gewinnt.de).
Auch bei alltäglichen Erkrankungen ist der Versicherungsschutz im Ehrenamt wichtig: Die Krankenversicherung gehört im Gegensatz zur gesetzlichen Unfallversicherung aber nicht zum Versicherungsschutz im Ehrenamt. Bist Du in Deiner Freizeit ehrenamtlich tätig, ist also weiterhin Deine reguläre gesetzliche Krankenkasse oder private Krankenversicherung für Dich verantwortlich.
Für mögliche Schäden gegenüber anderen Personen brauchst Du eine private Haftpflichtversicherung. Sie übernimmt die Kosten, wenn Du etwas kaputt machst oder jemanden verletzt. Da die Haftpflichtversicherung zu den wichtigsten privaten Versicherungen gehört, solltest Du in jedem Fall eine solche abschließen.
Allerdings solltest Du mit Deiner privaten Versicherung vor Beginn Deiner ehrenamtlichen Tätigkeit abklären, ob der Versicherungsschutz auch bei Deinem spezifischen Ehrenamt greift. Eine gute private Haftpflichtversicherung zahlt auch für Schäden, die im Ehrenamt entstanden sind. Unsere Empfehlungen liest Du in unserem Ratgeber zur privaten Haftpflichtversicherung.
In vielen Fällen hat der Verein für solche Fälle aber ohnehin eine Vereinshaftpflichtversicherung. Grundsätzlich sollten alle Vereine eine solche haben, wenn sie mit Freiwilligen zusammenarbeiten. Bei kommunalen Diensten, also etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr, trägt die Kommune die Kosten, falls Dritte zu Schaden kommen. Auch hier solltest Du allerdings auf Nummer sicher gehen und bei der Organisation nachfragen.
Wichtig ist in jedem Fall: Wenn Du etwas im Ehrenamt kaputt machst oder jemanden verletzt, solltest Du das sofort der Organisation melden. Sofern kein Haftpflichtschutz über die Organisation besteht, solltest Du Dich schnellstmöglich mit Deiner Haftpflichtversicherung in Verbindung setzen und den Schaden melden.