Pflegegrad 2: Leistungen und Voraussetzungen Wenn der Alltag zur Last wird, hilft Dir Pflegegrad 2
Finanztip-Expertin für Vorsorge und Versicherung
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Ohne Unterstützung geht’s nicht mehr: Menschen mit Pflegegrad 2 brauchen Hilfe im Alltag. Meist sind es bestimmte Tätigkeiten, die sie nicht mehr selbständig bewältigen können - wie etwa der Einkauf im Supermarkt. Aber nicht immer ist eine rein körperliche Einschränkung das Problem sein, das der oder die Pflegebedürftige hat. Auch Altersdemenz oder Alzheimer sind Gründe für Pflegebedürftigkeit. Fällt es Dir zum Beispiel schwer, daran zu denken, Deine notwendigen Arzneimittel zu nehmen? Vergisst Du immer wieder Verabredungen oder andere Termine? Dann kommt Pflegegrad 2 vielleicht für Dich in Frage.
Auch Angehörige sollten achtsam sein: Tut sich ein Familienmitglied zunehmend schwer, den Weg nach Hause zu finden, kann das eins von vielen Warnzeichen sein. Alle wichtigen Infos zu Pflegegrad 2 gibt es in diesem Ratgeber.
Leistungen von der Pflegeversicherung bekommst Du, sobald Du einen Pflegegrad hast. Wie Du ihn beantragst und welche Schritte für Dich folgen, erklären wir Dir ausführlich in unserem Ratgeber Pflegegrad beantragen.
Hast Du bereits Pflegegrad 1, dann kann eine Höherstufung möglich sein, wenn Du mittlerweile mehr Hilfe brauchst. Die beantragst Du bei Deiner Pflegeversicherung. Sind in Pflegegrad 1 noch einzelne Pflegeleistungen ausgeschlossen, steht Dir mit Pflegegrad 2 die gesamte Bandbreite an Pflegeleistungen zur Verfügung. Nur der Höhe nach sind Deine Ansprüche teils noch abgestuft: Bei Pflegegrad 2 bekommst Du beispielsweise 332 Euro Pflegegeld, in Pflegegrad 3 sind es 573 Euro und mit Pflegegrad 5 bekommst Du 947 Euro.
Den Antrag, ganz egal ob auf erstmalige Begutachtung oder auf Höherstufung, stellst Du formlos gegenüber Deiner Pflegeversicherung. Nutze unser Antragsformular zum kostenlosen Herunterladen.
Ergibt Deine Begutachtung bei Dir eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, wird Dir ein Pflegegrad 2 zugeschrieben. Du brauchst wahrscheinlich regelmäßig Unterstützung im Alltag. Meist besteht Deine Hilfsbedürftigkeit aufgrund einzelner Einschränkungen. Aus körperlichen, kognitiven oder auch psychischen Gründen kannst Du Dich nicht mehr gut selbst versorgen und Dein Leben nicht mehr ohne fremde Hilfe gestalten. Lies dazu gerne auch unser fiktives Beispiel.
Pflegegrad 1 hingegen kannst Du bereits bekommen, wenn Du nur eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit hast – das ist der niedrigste von fünf Pflegegraden. Lies dazu unseren Ratgeber zu Pflegegrad 1.
Um Leistungen von Deiner gesetzlichen Pflegeversicherung zu erhalten, muss ein Gutachter oder eine Gutachterin nach Deinem Antrag Deine Pflegebedürftigkeit feststellen.
Dabei beurteilt der Gutachter oder die Gutachterin Deine Selbstständigkeit mithilfe eines Punktesystems, das folgende sechs Kategorien bewertet:
Bist Du gesetzlich versichert, kommt wahrscheinlich ein Gutachter oder eine Gutachterin des Medizinischen Dienstes zu Dir nachhause. Heute MD, früher MDK genannt. Bei Privatversicherten übernimmt das Unternehmen Medicproof die Begutachtung.
Je nachdem, wie selbstständig Du in den einzelnen Bereichen bist, vergibt der oder die Sachverständige eine Punktzahl. Die einzelnen Kategorien fließen unterschiedlich stark in das Gesamtergebnis ein, die Punkte werden gewichtet nach Paragraf 15 SGB 11. Wie Du Dich am besten auf den Besuch vorbereitest und weshalb Du keine Scheu vor dem Termin haben solltest, verraten wir Dir in unserem Ratgeber Pflegegrad beantragen.
Möglich sind bis zu 100 Punkte im Pflegegutachten – das entspricht dann der höchsten Pflegebedürftigkeit. Die Punkte kommen aus den oben genannten sechs Bereichen des Alltags. Erreichst Du mindestens 27, aber weniger als 47,5 Punkte, wirst Du in Pflegegrad 2 eigestuft. Das zeigt Dir folgende Tabelle.
Selbständigkeit | Punkte | Pflegegrad |
---|---|---|
geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit | 12,5 bis unter 27 | 1 |
erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit | 27 bis unter 47,5 | 2 |
schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit | 47,5 bis unter 70 | 3 |
schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit | 70 bis unter 90 | 4 |
schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit | 90 bis unter 100 | 5 |
Quelle: § 15 Sozialgesetzbuch (SGB) 11 (Stand: Juni 2024)
Im Vergleich zu Pflegegrad 1 kommen mit Pflegegrad 2 neue Ansprüche hinzu: Du bekommst Pflegegeld, Pflegesachleistungen, hast Anspruch auf Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege, Tages- und Nachtpflege, außerdem umfassendere Leistungen für die stationäre Pflege. Die Höhe des Entlastungsbetrags beträgt wie bei Pflegegrad 1 weiterhin 125 Euro.
Wir haben Dir in der folgenden Tabelle aufgelistet, was Dir alles bei Pflegegrad 2 zusteht.
Pflegeleistung | Dein Anspruch seit Januar 2024 |
---|---|
Pflegeberatung (§§ 7a, 7b SGB 11) | ✓ |
Pflegesachleistungen (§§ 36, 38 SGB 11) | 761 Euro im Monat |
Pflegegeld (§§ 37, 38 SGB 11) | 332 Euro im Monat |
Verhinderungspflege (§ 39 SGB 11) | 1.612 Euro im Jahr |
Kurzzeitpflege § 42 SGB 11 | 1.774 Euro im Jahr |
Entlastungsbetrag (§ 45b SGB 11) | 125 Euro im Monat |
teilstationäre Tages- oder Nachtpflege § 41 SGB 11 | 689 Euro im Monat |
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch, § 40 SGB 11 | bis zu 40 Euro im Monat, z.B. für Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel, Mundschutz etc. |
technische Pflegehilfsmittel, § 40 SGB 11 | Pflegekasse stellt z.B. Pflegebett, Waschwagen etc. |
Hausnotruf als technisches Pflegehilfsmittel, § 40 SGB 11 | bis zu 25,50 Euro im Monat + einmalig 10,49 Euro zur Installation |
Wohnraumanpassung, § 40 SGB 11 | bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme |
Pflegekurse für Angehörige, § 45 SGB 11 | ✓ |
Pflegeunterstützungsgeld für Angehörige, §§ 44a SGB 11 | bis zu 10 Arbeitstage je Kalenderjahr |
Wohngruppenzuschuss, § 38a SGB 11 | 214 Euro im Monat |
digitale Pflegeanwendungen, §§ 39a, 40b SGB 11 | Apps und Programme, die z.B. das Gedächtnis stärken oder Online-Kommunikation ermöglichen, bis zu 50 Euro im Monat |
vollstationäre Pflege im Heim, § 43 SGB 11 | 770 Euro im Monat |
Quelle: Finanztip-Recherche, Sozialgesetzbuch (SGB) 11 (Stand: Juni 2024)
Du bekommst als Leistungen aus der Pflegeversicherung zum einen Geld, teils zur Verrechnung. Den Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro im Monat kannst Du unter anderem für Haushaltshilfen ausgeben.
Eine Anrechnung des Entlastungsbetrages in Pflegegrad 2 ist möglich für:
Wie Du den Entlastungsbetrag abrechnest, findest Du ausführlich im Ratgeber zum Entlastungsbetrag.
Dir steht zudem eine Pauschale für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch zu. Darunter fallen Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel oder beispielsweise Mundschutz. Außerdem stellt Dir die Pflegekasse Hilfen wie Pflegebett oder einen Waschwagen. Sie bezuschusst zudem einen Hausnotruf und unterstützt Dich beim altersgerechten Umbau Deiner Wohnung.
Pflegegeld ist die einzige Pflegeleistung, bei der Du Geld bekommst, ohne einen Kostennachweis führen zu müssen. Du bekommst 332 Euro pro Monat. Du musst allerdings einmal pro Halbjahr an einem Beratungseinsatz oder Qualitätssicherungsbesuch nach Paragraf 37 Absatz 3 SGB 11 teilnehmen. Der Beratungstermin ist für Dich kostenfrei.
Weitere Voraussetzungen sind, dass die Pflege zuhause stattfindet und dass sie selbst organisiert wird. Deshalb ist das in der Regel die richtige Option, wenn Du ganz oder teilweise von Angehörigen gepflegt wirst.
Pflegesachleistungen sind eine Ergänzung zur häuslichen Pflege durch professionelle Pflegekräfte. Der Pflegedienst rechnet direkt mit Deiner Kasse ab – Du bekommst entsprechend weniger Pflegegeld, wenn Du sie in Anspruch nimmst. In aller Regel sind das Dienstleistungen von einem ambulanten Pflegedienst – etwa Essenslieferungen oder auch Einkaufs- und Haushaltshilfen.
Mit Pflegegrad 2 hast Du Anspruch auf 761 Euro pro Monat an Pflegesachleistungen. Es besteht die Möglichkeit der Kombination: Du kannst anteilig Pflegegeld und Pflegesachleistungen beziehen. Denk vor allem an diese Möglichkeit, wenn Du mit einer ambulanten Pflege nicht den Gesamtbetrag für Sachleistungen ausschöpfst. Denn dann bekommst Du anteilig Pflegegeld überwiesen.
Ein fiktives Beispiel: Astrid Palomba hat Pflegegrad 2. Zu ihr kommt jeden Morgen ein ambulanter Pflegedienst, der ihr beim Start in den Tag behilflich ist. Waschen, Duschen und Anziehen. Der Träger rechnet für diese ambulanten Maßnahmen die 15 bis 30 Minuten direkt mit der Pflegekasse ab. Am Wochenende und an Feiertagen kommt niemand vom Pflegedienst. Abends und an Feiertagen hilft ihr Mann, falls es nötig ist. Je nachdem, an wie vielen Tagen der Pflegedienst kommt, kann anteilig Pflegegeld übrig bleiben. Das wird dann auf das Konto von Astrids Mann überwiesen.
Anspruch auf Verhinderungspflege hast Du ebenfalls ab Pflegegrad 2. Die Verhinderungspflege soll die Pflegeperson stunden- oder tageweise entlasten und vertreten. Insgesamt hast Du Anspruch auf bis zu 42 Tage oder sechs Wochen Verhinderungspflege pro Kalenderjahr.
Dafür gibt es 1.612 Euro pro Jahr. Mit dem Geld kannst Du entweder einen ambulanten Pflegedienst organisieren oder einer anderen als der Person, die Dich sonst pflegt, eine Aufwandsentschädigung zahlen. Bleibt dabei Geld über, kannst Du es teils für Kurzzeitpflege nutzen.
Kurzzeitpflege ist nötig, wenn Du eigentlich zuhause gepflegt wirst, aber vorübergehend stationäre Pflege brauchst. Dafür gibt’s 1.774 Euro pro Jahr, für bis zu 56 Tage oder acht Wochen pro Kalenderjahr. Auch hier gilt: Bleibt Geld über, kannst Du es für die Verhinderungspflege nutzen.
Mit Pflegegrad 2 bekommst Du für Tagespflege oder Nachtpflege 689 Euro pro Monat. Die Höhe zeigt schon: Für eine tägliche Nutzung dieser Einrichtungen reicht es nicht. Doch Du kannst immerhin einige Tage teilstationäre Pflege im Monat in Anspruch nehmen. Egal ob tagsüber oder nachts. Diese Möglichkeit ist eine gute Ergänzung für die häusliche Pflege – sie entlastet den zu Pflegenden ebenso wie den Pflegenden.
Apropos Pflegende: Es gibt Pflegekurse für Angehörige. Darin lernen Pflegepersonen oder Menschen, die es werden wollen, alles über praktische Pflege. Von Ankleiden bis Zuhören oder Zubettbringen – kostenfrei.
Ebenfalls für Pflegende ist Pflegeunterstützungsgeld. Die Kasse springt dann in einem Pflege-Notfall fürs Gehalt ein, wenn der Pflegende nicht mehr (voll) arbeiten kann. Das Geld ist eine Lohnfortzahlung.
Auch ohne Notsituation kann die Pflegeversicherung die Sozialversicherungsbeiträge für pflegende Familienmitglieder übernehmen. Wie viel und unter welchen Voraussetzungen unterscheidet sich je nach Renten-, Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung.
Entscheidest Du Dich für eine Pflege im Heim, hast Du mit Pflegegrad 2 Anspruch auf 770 Euro pro Monat.
Wichtig: Einige Pflegeheime bieten Dir erst einen Platz an, wenn Du mindestens Pflegegrad 2 hast.
Die Pflegekasse bezuschusst zudem Deinen monatlichen Eigenanteil an den Pflegekosten. Der Zuschuss ist gestaffelt danach, wie lange Du in stationärer Pflege bist. Wie viel Geld Du zahlen musst, was Du bekommst und wie Du Dich gegebenenfalls gegen zu hohe Rechnungen wehrst, liest Du in unserem Ratgeber zu Pflegeheim-Kosten.
Um Dir zu veranschaulichen, wann Du Dich für Pflegegrad 2 qualifizierst, folgendes fiktives Beispiel.
Serena ist Typ-2-Diabetikerin. Körperliche Einschränkungen hat sie dank Medikamenten kaum. Bislang. Denn aufgrund einer beginnenden Demenz vergisst sie regelmäßig, ihr Insulin zu nehmen. Auch an andere wichtige Dinge im Alltag denkt sie nicht mehr. Gesprächen kann sie teils nicht mehr folgen, was vor allem problematisch ist, wenn es um ihre Arztbesuche geht. Diese kann sie daher nicht mehr alleine wahrnehmen. Kurzum: Serena ist mehr und mehr auf das Gedächtnis und damit die Hilfe ihres Mannes angewiesen.
Ein Termin des Pflegegutachters zeigt vor allem Einschränkungen im Bereich „kognitive und kommunikative“ Fähigkeiten sowie bei der „Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte“.
Beim Pflegegutachten kommt der Sachverständige auf etwas mehr als 30 Punkte. Damit bekommt Serena den Pflegegrad 2.
Ein Sachverständiger hat Dich in Pflegegrad 2 eingestuft, Du bist jedoch der Meinung, das passt nicht? Gegen die Einstufung kannst Du Widerspruch innerhalb von vier Wochen ab dem Datum des Bescheids bei der zuständigen Pflegekasse einlegen. Reiche eine Begründung notfalls nach. Du solltest Argumente nennen für Deine Zweifel daran, dass Deine aktuelle Pflegesituation vom Sachverständigen im Gutachten korrekt abgebildet wird. Nutze unsere Vorlage für Deinen Widerspruch.
Hast Du die Vier-Wochen-Frist für einen Widerspruch verpasst? Oder hat sich Dein Zustand verschlechtert? Dann stelle einen weiteren Antrag auf Begutachtung. Wie das geht und was Du berücksichtigen solltest, liest Du im Ratgeber Pflegegrad beantragen.