Patientenverfügung Wie Du im Krankheitsfall selbst über Dein Leben bestimmst
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Hast Du schon mal darüber nachgedacht, was passiert, wenn Du richtig krank wirst, vielleicht im Koma liegst und nicht mehr selbst entscheiden kannst? Wahrscheinlich hast Du eine klare Vorstellung davon, welche medizinische Behandlung Du in einer solchen Situation wünschst – und welche nicht. Es ist sehr sinnvoll, Vorsorge zu treffen. Denn das gewohnte Leben kann schnell aus der Bahn geraten. Wir erklären Dir, wie Du mit einer Patientenverfügung Klarheit für Dich und Deine Angehörigen schaffst.
Jeder Mensch sollte neben einer Vorsorgevollmacht auch eine Patientenverfügung haben. Damit bleibst Du selbstbestimmt, auch wenn Du nicht mehr mitteilen kannst, was Du möchtest. Das kann im Endstadium einer unheilbaren Krankheit sein, bei Gehirnschäden etwa durch Unfall oder Schlaganfall, aber auch bei fortschreitender Demenz.
Du hilfst damit auch Deinen Angehörigen und nimmst ihnen die Last von schweren Entscheidungen ab. Spätestens wenn eine Operation ansteht, solltest Du eine Patientenverfügung aufsetzen.
Mit einer Patientenverfügung legst Du schriftlich fest, welche Maßnahmen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte ergreifen sollen, falls Du zum Beispiel im Koma liegst (§ 1827 BGB). Sie sind an Deine Wünsche gebunden und müssen die Wahl der Behandlung auch von Deinen Heilungschancen abhängig machen. Dabei müssen sich die Ärtinnen und Ärzte immer mit einem Betreuer, einer Betreuerin oder einer bevollmächtigten Person abstimmen, die darüber wacht, dass Dein Wille umgesetzt wird (§ 1828 BGB).
Wichtig: In einem Notfall beachten die Ärzte die Patientenverfügung in aller Regel nicht. Notärztinnen und Ersthelfer treffen die gebotenen Notfallmaßnahmen, da keine Zeit bleibt für die gründliche Prüfung einer Patientenverfügung.
Es gibt einige wichtige Punkte, die in jeder Patientenverfügung enthalten sein sollten:
Lebenserhaltende Maßnahmen - Du kannst bestimmen, dass alles medizinisch Mögliche und Sinnvolle getan werden soll, um Dein Leben zu erhalten. Du kannst aber auch auf lebenserhaltende Maßnahmen verzichten. Was Du wünschst, solltest Du in der Patientenverfügung von der konkreten Behandlungssituation abhängig machen. Möglicherweise möchtest Du bei einem Unfall sehr wohl, dass alles getan wird, damit Du weiter leben kannst, im Endstadium einer Krebserkrankung vielleicht nicht.
Schmerz- und Symptombehandlung - Wie Deine Schmerz- und Symptombehandlung aussehen soll, kannst Du festlegen. Willst Du Morphium oder andere Medikamente, auch wenn dadurch Dein Bewusstsein gedämpft werden sollte oder Mittel, die Dein Leben verkürzen? Auch dann sollte klar sein, in welchen Situationen Du eine solche Schmerzbehandlung wünschst.
Künstliche Ernährung und Beatmung - In der Patientenverfügung kannst Du aufschreiben, ob und vielleicht wann Du künstlich ernährt oder beatmet werden willst.
Wiederbelebung - Auch zu Wiederbelebungsversuchen kannst Du etwas festlegen, zum Beispiel, dass Du solche wünschst oder ablehnst.
Gabe von Antibiotika oder Blutübertragungen - Du kannst bestimmen, ob Du Antibiotika oder Blutübertragungen bekommen willst, falls das Dein Leben verlängern kann oder ob Du die Gabe nur zur Beschwerdelinderung wünschst oder ob Du sie ganz ablehnst.
Ort der Behandlung - Üblich ist auch, dass Patientinnen und Patienten festlegen, ob sie zum Sterben ins Krankenhaus verlegt werden wollen oder, wenn möglich, zuhause oder in einem Hospiz sterben möchten.
Bevollmächtigter - In der Patientenverfügung solltest Du darauf hinweisen, wenn Du zusätzlich eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung aufgesetzt hast. Der oder die Bevollmächtigte ist dann auch die Ansprechperson für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte und stellt sicher, dass Dein Wille entsprechend der Verfügung beachtet wird.
Wichtig: Seit 1. Januar 2023 haben Eheleute für sechs Monate in Angelegenheiten der Gesundheitssorge ein sogenanntes Notvertretungsrecht (§ 1358 BGB). Beide können sich so gegenseitig beistehen und schnell die notwendigen Hilfen in die Wege leiten. Wir empfehlen Dir zusätzlich eine Vorsorgevollmacht aufzusetzen.
Ärztliche Schweigepflicht - Ärztinnen und Ärzte dürfen gegenüber Dritten nichts über den Gesundheitszustand ihrer Patienten preisgeben. Es empfiehlt sich daher, Deinen Arzt oder Deine Ärztin gegenüber der bevollmächtigten Person von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden.
Organspende - In der Patientenverfügung kannst Du auch Deine Zustimmung zur Organspende erklären. Die ist wirksam, auch wenn Du keinen Organspende-Ausweis hast. Das ist aber keine Pflicht und steht nicht in direktem Zusammenhang mit der Patientenverfügung. Wegen der niedrigen Spenderzahlen soll die gesetzliche Grundlage für Organspenden so bald wie möglich verändert werden.
Der Bundesrat fordert die Einführung des Widerspruchsmodells, das zum Beispiel in Österreich gilt: Solange Du nicht widersprichst, erklärst Du Dich zur Organspende bereit. Sollte eine neue Regelung kommen, kannst Du in der Patientenverfügung Deine Wünsche zur Organspende festlegen – und auch widersprechen, falls Du Deine Organe nicht spenden möchtest.
Du hast verschiedene Möglichkeiten, eine Patientenverfügung zu erstellen.
Es gibt viele Muster und Vorlagen für Patientenverfügungen, bei denen Du Deine Wünsche im Wesentlichen durch Ankreuzen festhältst. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehen ältere Muster für Patientenverfügungen unter Generalverdacht, im Zweifel doch nicht zu helfen, da sie zu allgemein formuliert sind.
Wir empfehlen Dir das Muster des Justizministeriums. Es enthält Textbausteine, mit denen Du Deine eigene Verfügung als Word-Dokument erstellen kannst. In dem Dokument findest Du verschiedene Varianten, zwischen denen Du Dich entscheiden kannst. Die Erklärung musst Du eigenhändig unterschreiben (§ 1827 BGB).
Du kannst Deine Patientenverfügung mit Deiner Hausärztin oder dem Hausarzt besprechen und das Dokument von ihm oder ihr unterschreiben lassen. Das dient der Bestätigung, dass Du in vollem Umfang einwilligungsfähig warst, als Du Deine Wünsche schriftlich festgehalten hast.
Die Verbraucherzentralen stellen mit den Textbausteinen des Ministeriums ein Online-Tool bereit, mit dem Du Schritt für Schritt Deine Patientenverfügung erstellen kannst. Der Service Selbstbestimmt – die Online-Patientenverfügung enthält zusätzliche Erläuterungen, die Dir die Tragweite getroffener Entscheidungen verdeutlichen. Das ist eine gute, kostenlose Möglichkeit.
Registrieren lassen - Im Zentralen Vorsorgeregister kannst Du Deine Patientenverfügung zusammen mit einer Vorsorgevollmacht registrieren lassen; eine Pflicht dazu gibt es nicht. Ärzte können auf das Register zugreifen, um zu erfahren, ob es Verfügungen gibt und mit der dort eingetragenen Vertrauensperson in Kontakt zu treten. Den Inhalt der Patientenverfügung erfährt man aus dem Register nicht, denn die Original-Dokumente sind dort nicht hinterlegt und nicht abrufbar. Anders ist das bei einem digitalen Abruf, bei dem die Behandelnden sofort auf die Dokumente zugreifen können. Einen solchen bieten derzeit nur einige Rechtsdienstleister an.
Es gibt einige Unternehmen, die online ein Frage-Antwort-Tool zur Erstellung von Vorsorgedokumenten entwickelt haben. Der Dialog orientiert sich an einem Anwaltsgespräch; er enthält über die reinen Fragen und Antworten hinaus viele Hinweise und Erklärungen, die Dir die Entscheidung leichter machen. Anhand Deiner Wünsche erstellt der Anbieter dann eine für Dich passende Patientenverfügung. Die musst Du nur noch ausdrucken und unterschreiben.
Das Besondere an den Dienstleistern ist der Notfallabruf. Damit ist sichergestellt, dass die Angehörigen und die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Patientenverfügung auch finden und beachten können. Denn eine Patientenverfügung, die erst zuhause in den Ordnern oder auf dem Schreibtisch gesucht werden muss und vielleicht nicht mehr auftaucht, ist nutzlos. Das ist der entscheidende Vorteil im Vergleich zum kostenlosen Tool der Verbraucherzentralen oder auch zu den Dokumenten, die einmalig nach einer Vorlage erstellt wurden.
Wir haben fünf solcher Anbieter untersucht. Besonders überzeugt hat uns PatientenverfügungPlus. Das Online-Portal bietet alle Aspekte der Vorsorge – von der Patientenverfügung über die Vorsorgevollmacht bis zur Sorgerechtsverfügung. Der Online-Dialog ist einfach und gut verständlich. Der Preis von insgesamt 19,90 Euro für Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Sorgerechtsverfügung ist im Vergleich fair und angemessen.
Für den Notfallabruf bietet PatientenverfügungPlus einen Aufkleber für die Gesundheitskarte sowie einen Notfallpass. Damit lassen sich die unterschriebenen und hinterlegten Dokumente im Notfall sehr einfach auch vom medizinischen Personal abrufen. Um diesen Service nutzen zu können, reicht die einmalige Erstellung der Dokumente nicht aus. Ein Abo-Modell mit Aktualisierungsmöglichkeit, Abruffunktion und Erinnerungsservice ist aus unserer Sicht zu empfehlen.
Möchtest Du eine rechtliche Beratung, dann bist Du bei einer Rechtsanwältin oder einem Notar gut aufgehoben. Das ist zwar teurer als ein Rechtsdienstleister, bietet aber die Gewissheit, dass die Verfügung keine Unklarheiten enthält und Du alle Fragen stellen kannst, die Dich bewegen. Die Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister wird im Regelfall automatisch veranlasst. Du solltest Dich auf jeden Fall vorher erkundigen, mit welchen Kosten Du rechnen musst. Anwälte können nach Stundensätzen, pauschal oder nach dem Geschäftswert abrechnen. Kosten für die Erstellung einer Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sollten unter 300 Euro liegen.
Einige Rechtsschutzversicherungen bieten Beratung bei der Erstellung von Vorsorgedokumenten. Falls Du rechtsschutzversichert bist, solltest Du Dich bei Deiner Versicherung erkundigen, welche Beratungsleistungen zu Vorsorgedokumenten abgedeckt sind. Weitere Informationen zu den von uns empfohlenen Tarifen für eine gute Absicherung findest Du im Ratgeber zur Rechtsschutzversicherung.
Damit Deine Patientenverfügung formell rechtsgültig ist, musst Du sie eigenhändig unterschreiben. Eine Beglaubigung im Notariat oder durch eine Behörde ist möglich, aber nicht vorgeschrieben.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine Patientenverfügung inhaltlich bestimmt und konkret sein, damit sie wirksam ist. Wichtig ist deshalb, dass Du zum einen genau beschreibst, in welchen Behandlungssituationen die Verfügung gelten soll. Zum anderen solltest Du die ärztlichen Maßnahmen genau bezeichnen, die Du möchtest oder ablehnst (§ 1827 BGB).
Natürlich kannst Du nicht alle Krankheiten und Krankheitsverläufe voraussehen. Daher dürfen die Anforderungen an die konkreten Formulierungen auch nicht überspannt werden (BGH, 08.02.2017, Az. XII ZB 604/15). Es reicht, wenn Du bestimmte Lebens- und Behandlungssituationen umschreibst (vergleiche auch BGH, 14.11.2018, Az. XII ZB 107/18).
Klar ist aber: Nur zu sagen, dass man keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht, reicht nicht (BGH, 06.07.2016, Az. XII ZB 61/16). Auch allgemeine Anweisungen sind nicht bestimmt genug, etwa die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist (BGH, 08.02.2017, Az. XII ZB 604/15). Daraus ist nicht ohne weiteres der Wille zu entnehmen, dass Du zum Beispiel keine künstliche Ernährung wünschst.
Hast Du eine wirksame Patientenverfügung erstellt, dann muss kein Gericht zum Beispiel den Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen genehmigen. Die Verfügung müssen alle akzeptieren (BGH, 14.11.2018, Az. XII ZB 107/18).
Du kannst Deine Verfügung jederzeit ändern oder widerrufen. Manchmal ist das notwendig. Zum Beispiel, wenn sich Eheleute gegenseitig als Bevollmächtigte eingesetzt haben und etwa die Frau so krank geworden ist, dass sie sich nicht mehr um ihren Mann kümmern kann. Auch wenn nichts Besonderes geschehen ist, ist es sinnvoll, etwa alle zwei Jahre die Verfügung nochmal kritisch zu lesen und dann mit einer neuen Unterschrift zu bestätigen oder eben abzuändern.
Hast Du Deine Wünsche mit dem Rechtsdienstleister PatientenverfügungPlus. erstellt, wirst Du automatisch alle zwei Jahre daran erinnert, Deine Dokumente kurz zu überprüfen und falls nötig, etwas abzuändern.
Im Zeitraum vom 29. März bis 4. Juli 2023 untersuchten wir Rechtsdienstleister, die mithilfe eines Frage-Antwort-Tools individuelle Vorsorgedokumente wie Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung erstellen können. Dabei beschränkten wir uns auf acht Unternehmen, die bei einer Google-Suche am 29. März 2023 jeweils auf den ersten drei Ergebnisseiten zu den Begriffen „Vorsorgedokumente“, „Patientenverfügung“ und „Vorsorgevollmacht“ angezeigt wurden.
An diese Unternehmen schickten wir Anfang Mai einen umfangreichen Fragebogen zu den angebotenen Dienstleistungen, zur Preisgestaltung, zum Datenschutz und weiteren Aspekten. Drei Anbieter antworteten nicht. Alle anderen Dienstleister haben wir in unsere Untersuchung einbezogen: Afilio – Gesellschaft für Vorsorge GmbH, DG Vorsorge GmbH, Hildebrandt Holding GmbH, Plusrecht GmbH und Prevago Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Wir werteten die Antworten aus, untersuchten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Datenschutzerklärung. Um die Nutzerfreundlichkeit und die Dokumente miteinander vergleichen zu können, testeten wir auch die Frage-Antwort-Tools anhand eines Beispielfalls und erstellten entsprechende Vorsorgedokumente.
Die folgenden sechs Kriterien bewerteten wir mit einzelnen Punkten. Die Anbieter konnten insgesamt 130 Punkte erzielen.
Wir empfehlen den Anbieter PatientenverfügungPlus. Von den möglichen 130 Punkten erreichte das Unternehmen 125 Punkte. Die anderen Anbieter erzielten in der Summe deutlich weniger Punkte, zum Beispiel wegen Mängeln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zudem waren sie preislich nicht wesentlich günstiger, sondern teilweise sogar teurer, so dass wir uns dazu entschlossen haben, unseren Lesern nur einen Anbieter zu empfehlen. Jede Untersuchung ist eine Momentaufnahme. Wir werden die Untersuchung regelmäßig aktualisieren; voraussichtlich das nächste Mal zum Dezember 2024.
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