Verlustausgleich und Verlustabzug
So werden Verluste steuerlich verrechnet

Finanztip-Experte für Steuern
Es kann Jahre geben, in denen die Ausgaben höher sind als die Einnahmen. Wer ein Unternehmen gründet, macht zunächst oft erstmal Verluste. Auch Studierende und Arbeitnehmer haben manchmal Ausgaben, die sie möglicherweise steuerlich mit positiven Einkünften verrechnen können. Dann müssen sie in diesem Jahr weniger oder gar keine Steuern zahlen. Dieser Ratgeber erklärt die Systematik der Verlustverrechnung und des Verlustabzugs.
In der Einkommensteuer gibt es sieben Arten von steuerpflichtigen Einkünften (Einkunftsarten):
Zunächst werden innerhalb einer Einkunftsart alle positiven und negativen Einkünfte miteinander verrechnet (horizontaler Verlustausgleich gemäß § 2 Abs. 3 EStG ). Kapitaleinkünfte, die der Abgeltungssteuer unterliegen, werden nicht in den allgemeinen Verlustausgleich einbezogen.
Beispiel: Ein Steuerzahler hat zwei Wohnungen vermietet. Mit der einen erzielt er 2021 einen Überschuss von 5.000 Euro, mit der anderen einen Verlust von 8.000 Euro. Zusammen ergibt dies im Jahr 2021 bei den Vermietungseinkünften einen Verlust von 3.000 Euro.
Im nächsten Schritt verrechnet das Finanzamt die Einkünfte aus den verschiedenen Einkunftsarten miteinander (sogenannter vertikaler Verlustausgleich).
Beispiel: Ein Steuerzahler erzielt als Arbeitnehmer ein Gehalt von 35.000 Euro. Nebenbei hat er eine Firma gegründet, die im ersten Jahr einen Verlust von 10.000 Euro erzielt. Das Finanzamt verrechnet beide Positionen miteinander, sodass der Gesamtbetrag der Einkünfte nur noch 25.000 Euro beträgt.
Das Finanzamt akzeptiert jedoch nur dann einen Verlust, wenn eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird. Fehlt diese, dann unterstellt es „Liebhaberei“. Die Tätigkeit stuft es dann als private Angelegenheit ein. Weder Verluste noch Gewinne zählen. So können Nutzer einer kleinen Photovoltaikanlage, die ihren Strom verkaufen, beantragen, dass ihre Tätigkeit einkommensteuerlich irrelevant ist. Ab 2023 gilt das generell.
Falls Du hingegen Anlaufverluste hast, aber damit rechnest, dass Du perspektivisch Gewinne erzielen kannst, dann verlangt das Finanzamt möglicherweise eine stichhaltige Prognoserechnung, die aufzeigt, dass Du mit Gewinnabsicht handelst. Möglicherweise wird das Finanzamt Deine Steuerbescheide für einige Jahre offen halten, um etwaige Verluste noch nachträglich streichen zu können.
Die Verlustverrechnung erfolgt zunächst für jeden der zusammen veranlagten Ehegatten separat, dann werden die Ergebnisse miteinander verrechnet. Im Ergebnis spielt es keine Rolle, wer den Verlust erzielt hat.
Auch bei den Arbeitnehmereinkünften kann mal in einem Jahr ein Verlust entstehen. Mögliche Beispiele sind:
Kann der Verlust nicht vollständig mit positiven Einkünften im selben Jahr verrechnet werden, kann der nicht ausgeglichene Betrag von einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte in einem anderen Jahr abgezogen werden.
Für den Verlustabzug (Verlustrücktrag und Verlustvortrag) können Verluste aus allen Einkunftsarten in Betracht kommen, wenn sie im Jahr des Entstehens zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte geführt haben (§ 10 d EStG). Der Verlustabzug gehört zu den Sonderausgaben.
Paragraf 10 d EStG durchbricht das Grundprinzip, wonach die Summe aller positiven und negativen Einkünfte für jedes Steuerjahr (Veranlagungszeitraum) gesondert der Einkommensteuer unterliegt. Die periodengerechte Besteuerung wird insoweit außer Kraft gesetzt, indem der Paragraf 10d EStG erlaubt, dass der nicht ausgeglichene Verlust aus einem Veranlagungszeitraum im vorangegangenen Veranlagungszeitraum als Verlustrücktrag oder in einem der folgenden Veranlagungszeiträume als Verlustvortrag abgezogen wird.
Beispiel: Das Corona-Jahr 2020 hat Dir als Unternehmer wirtschaftlich zugesetzt. 2019 hattest Du noch einen Gewinn versteuert, 2020 erzielst Du aber einen Verlust. Mit einem Verlustrücktrag wird Dein Verlust aus dem Jahr 2020 Deinem bereits versteuerten Gewinn 2019 gegengerechnet. Der Verlust reduziert Dein zu versteuerndes Einkommen. Das Finanzamt ändert den Steuerbescheid für 2019 und Du bekommst eine Steuererstattung.
Hierbei hast Du ein Wahlrecht zwischen dem Verlustrücktrag in das Vorjahr und den Verlustvortrag in die Folgejahre. Du kannst einen Verlust also teilweise rück- und vortragen. Einen Verlustrücktrag kannst Du beschränken, sodass Du zusätzlich vom steuerfreien Grundfreibetrag profitierst. Den gewünschten Betrag trägst Du in Zeile 8 (Steuererklärung 2021) der Anlage Sonstiges in Deiner Steuererklärung ein. Willst Du komplett darauf verzichten, trägst Du eine Null ein. Ohne Eintrag wird das Finanzamt immer vorrangig einen Verlustrücktrag in voller Höhe ansetzen und einen verbleibenden Verlust vortragen.
Grundsätzlich ist der Verlustrücktrag auf 1 Million Euro begrenzt, bei zusammen veranlagten Ehepaaren gilt der doppelte Betrag. Wegen der Corona-Pandemie ist der Höchstbetrag in den Steuerjahren 2020/2021 auf 10 Millionen Euro (20 Millionen Euro bei Verheirateten) deutlich erhöht worden.
Der rückgetragene Verlust wird vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres abgezogen. Andere Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen des Vorjahres und andere Abzugspositionen werden nachrangig abgezogen.
Mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz vom 19. Juni 2022 bleibt es auch in den Steuerjahren 2022 und 2023 bei 10 beziehungsweise 20 Millionen Euro als maximalen Verlustrücktrag. Zudem macht es das Gesetz möglich, Verluste nicht nur in das Vorjahr, sondern sogar in die vorangegangenen beiden Jahre zurückzutragen.
Dein Verlust wird so lange Jahr für Jahr vorgetragen, bis er komplett mit positiven Einkünften verrechnet ist. Begrenzen kannst Du ihn nicht. Du beantragst ihn auf der ersten Seite im Hauptvordruck Deiner Steuererklärung (Kreuz bei „Erklärung zur Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags“).
Der Verlustvortrag muss vom Finanzamt in einem Verlustfeststellungsbescheid gesondert festgestellt werden. Wurde vom Finanzamt ein noch verbleibender Verlustvortrag festgestellt, musst Du im Folgejahr eine Steuererklärung abgeben (samt Anlage Sonstiges). Falls im Folgejahr der Verlust nicht vollständig verrechnet wird, fließt er in den Verlustfeststellungsbescheid dieses Jahres.
Nicht ausgeglichene negative Einkünfte (Verluste) können in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt und darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abgezogen werden (§ 10d EStG).
Beispiel: Gesamtbetrag der Einkünfte im laufenden Jahr 2 Millionen Euro. Berechnung: 1 Million plus 60 Prozent des darüberliegenden Betrages, macht zusammen 1,6 Millionen maximal im Veranlagungszeitraum verrechenbarer Verlust.
Die steuerfreien Einnahmen sind im Paragrafen 3 EStG aufgezählt. Sie mindern nicht den ausgleichsfähigen Verlust (BFH, Urteil vom 28. Juli 1959, BStBl. III S. 366). Auch steuerfreie Veräußerungsgewinne mindern nicht den ausgleichsfähigen Verlust (BFH, Urteil vom 16. Dezember 1975, BStBl. 76 II S. 360). Zwar wird im Veranlagungsverfahren der Paragraf 10d EStG von Amts wegen angewendet. Hat aber ein Arbeitnehmer Anspruch auf Verlustausgleich und wird er nicht von Amts wegen veranlagt (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG), so werden die negativen Einkünfte nur berücksichtigt, wenn der Arbeitnehmer eine Veranlagung beantragt (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Über die Höhe des Verlustabzugs ergeht vom Finanzamt eine gesonderte Feststellung.
Mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 (GrS 2/04, BStBl II 2008, 608) hat der Große Senat des BFH die Vererblichkeit des Verlustvortrags des Erben beseitigt. Danach kann der Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustvortrag nicht mehr zur Minderung seiner eigenen Einkommensteuer geltend machen. Eine Vererblichkeit des Verlustvortrags würde dem Grundsatz der Individualbesteuerung und dem Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit widersprechen.
Das Einkommensteuerrecht enthält an einigen Stellen Verlustabzugsbeschränkungen. So dürfen zum Beispiel nach Paragraf 15b EStG Steuerpflichtige im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell entstandene Verluste weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgleichen. Diese Verluste dürfen auch nicht nach Paragraf 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Diese Verluste gehen mithin nicht unbedingt verloren, denn sie dürfen mit positiven Ergebnissen – soweit vorhanden – aus derselben Einkunftsquelle in Folgejahren verrechnet werden.
Weitere Verlustabzugsbeschränkungen können sich ergeben aus
Für die Verlustverrechnung bei Kapitalerträgen gelten folgende sieben Regeln:
Ausführliche Informationen haben wir für Dich im Ratgeber zur Anlage KAP zusammengestellt.
Finanztip gehört zu 100 Prozent der gemeinnützigen Finanztip Stiftung. Die hat den Auftrag, die Finanzbildung in Deutschland zu fördern. Alle Gewinne, die Finanztip ausschüttet, gehen an die Stiftung und werden dort für gemeinnützige Projekte verwendet – wie etwa unsere Bildungsinitiative Finanztip Schule.
Wir wollen mit unseren Empfehlungen möglichst vielen Menschen helfen, ihre Finanzen selber zu machen. Daher sind unsere Inhalte kostenlos im Netz verfügbar. Wir finanzieren unsere aufwändige Arbeit mit sogenannten Affiliate Links. Diese Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen (*).
Bei Finanztip handhaben wir Affiliate Links aber anders als andere Websites. Wir verlinken ausschließlich auf Produkte, die vorher von unserer unabhängigen Experten-Redaktion empfohlen wurden. Nur dann kann der entsprechende Anbieter einen Link zu diesem Angebot setzen lassen. Geld bekommen wir, wenn Du auf einen solchen Link klickst oder beim Anbieter einen Vertrag abschließt.
Ob und in welcher Höhe uns ein Anbieter vergütet, hat keinerlei Einfluss auf unsere Empfehlungen. Was Dir unsere Experten empfehlen, hängt allein davon ab, ob ein Angebot gut für Verbraucher ist.
Mehr Informationen über unsere Arbeitsweise findest Du auf unserer Über-uns-Seite.
Klickst Du auf eine Empfehlung mit *, unterstützt das unsere Arbeit. Finanztip bekommt dann eine Vergütung. Empfehlungen geben wir immer nur redaktionell unabhängig und nach strengen Finanztip-Kriterien. Mehr Infos