Verlustausgleich und Verlustabzug So werden Verluste steuerlich verrechnet
Finanztip-Experte für Steuern
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Es kann Jahre geben, in denen die Ausgaben höher sind als die Einnahmen. Wer ein Unternehmen gründet, macht zunächst oft erstmal Verluste. Auch Studierende und Arbeitnehmer haben manchmal Ausgaben, die sie möglicherweise steuerlich mit positiven Einkünften verrechnen können. Dann müssen sie in diesem Jahr weniger oder gar keine Steuern zahlen. Dieser Ratgeber erklärt die Systematik der Verlustverrechnung und des Verlustabzugs.
In der Einkommensteuer gibt es sieben Arten von steuerpflichtigen Einkünften (ausführlicher im Ratgeber Einkunftsarten):
Zunächst werden innerhalb einer Einkunftsart alle positiven und negativen Einkünfte miteinander verrechnet (horizontaler Verlustausgleich gemäß Paragraf 2 Abs. 3 EStG ). Kapitaleinkünfte, die der Abgeltungssteuer unterliegen, werden nicht in den allgemeinen Verlustausgleich einbezogen.
Beispiel: Christiane hat zwei Wohnungen vermietet. Mit der einen erzielt sie 2023 einen Überschuss von 5.000 Euro, mit der anderen einen Verlust von 8.000 Euro. Zusammen ergibt das im Jahr 2023 bei den Vermietungseinkünften einen Verlust von 3.000 Euro.
Im nächsten Schritt verrechnet das Finanzamt die Einkünfte aus den verschiedenen Einkunftsarten miteinander (sogenannter vertikaler Verlustausgleich).
Beispiel: John erzielt als Arbeitnehmer ein Gehalt von 35.000 Euro. Nebenbei hat er eine Firma gegründet, die im ersten Jahr einen Verlust von 10.000 Euro erzielt. Das Finanzamt verrechnet beide Positionen miteinander, sodass der Gesamtbetrag der Einkünfte nur noch 25.000 Euro beträgt.
Das Finanzamt akzeptiert jedoch nur dann einen Verlust, wenn eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird. Fehlt diese, dann unterstellt es „Liebhaberei“. Die Tätigkeit stuft es dann als private Angelegenheit ein. Weder Verluste noch Gewinne zählen.
Falls Du hingegen Anlaufverluste hast, aber damit rechnest, dass Du perspektivisch Gewinne erzielen kannst, dann verlangt das Finanzamt möglicherweise eine stichhaltige Prognoserechnung, die aufzeigt, dass Du mit Gewinnabsicht handelst. Möglicherweise wird das Finanzamt Deine Steuerbescheide für einige Jahre offen halten, um etwaige Verluste noch nachträglich streichen zu können.
Die Verlustverrechnung erfolgt zunächst für jeden der zusammen veranlagten Ehegatten separat, dann werden die Ergebnisse miteinander verrechnet. Im Ergebnis spielt es keine Rolle, wer den Verlust erzielt hat.
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Auch bei den Arbeitnehmereinkünften kann mal in einem Jahr ein Verlust entstehen. Mögliche Beispiele sind:
Kann der Verlust nicht vollständig mit positiven Einkünften im selben Jahr verrechnet werden, kann der nicht ausgeglichene Betrag von einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte in einem anderen Jahr abgezogen werden.
Für den Verlustabzug (Verlustrücktrag und Verlustvortrag) können Verluste aus allen Einkunftsarten in Betracht kommen, wenn sie im Jahr des Entstehens zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte geführt haben (§ 10d EStG). Der Verlustabzug gehört zu den Sonderausgaben.
Paragraf 10d EStG durchbricht das Grundprinzip, wonach die Summe aller positiven und negativen Einkünfte für jedes Steuerjahr (Veranlagungszeitraum) gesondert der Einkommensteuer unterliegt. Die periodengerechte Besteuerung wird insoweit außer Kraft gesetzt, indem der Paragraf 10d EStG erlaubt, dass der nicht ausgeglichene Verlust aus einem Veranlagungszeitraum im vorangegangenen Veranlagungszeitraum als Verlustrücktrag oder in einem der folgenden Veranlagungszeiträume als Verlustvortrag abgezogen wird.
Beispiel: Das Corona-Jahr 2020 hatte Sarah als Unternehmerin wirtschaftlich zugesetzt. 2019 hatte sie noch einen Gewinn versteuert, 2020 erzielte sie aber einen Verlust. Mit einem Verlustrücktrag wurde aus ihrem Verlust aus dem Jahr 2020 ihr bereits versteuerter Gewinn 2019 gegengerechnet. Der Verlust reduzierte ihr zu versteuerndes Einkommen. Das Finanzamt änderte den Steuerbescheid für 2019 und Sarah bekam eine Steuererstattung.
Generell hast Du ein Wahlrecht zwischen dem Verlustrücktrag in das Vorjahr und dem Verlustvortrag in die Folgejahre.
Bis zum Steuerjahr 2021 konntest Du einen Verlust sogar teilweise rücktragen. Damit ließ sich der steuerfreie Grundfreibetrag ausnutzen. Den gewünschten Betrag musstest Du in Zeile 8 (Steuererklärung 2021) der Anlage Sonstiges in Deiner Steuererklärung eintragen.
Wichtig: Ab dem Steuerjahr 2022 ist dieser begrenzte Verlustrücktrag nicht mehr möglich.
Grundsätzlich ist der Verlustrücktrag auf 1 Million Euro begrenzt, bei zusammen veranlagten Ehepaaren gilt der doppelte Betrag. Wegen der Corona-Pandemie wurde der Höchstbetrag zuerst in den Steuerjahren 2020 und 2021 auf 10 Millionen Euro (20 Millionen Euro bei Verheirateten) deutlich erhöht. Mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz vom 19. Juni 2022 bleibt es auch in den Steuerjahren 2022 und 2023 bei 10 beziehungsweise 20 Millionen Euro als maximalen Verlustrücktrag. Zudem macht es das Gesetz möglich, Verluste nicht nur in das Vorjahr, sondern sogar in die vorangegangenen beiden Jahre zurückzutragen. Dafür gibt es aber, wie eben beschrieben, ab dem Steuerjahr 2022 nicht mehr die Möglichkeit, den Verlustrücktrag zu begrenzen.
Der rückgetragene Verlust wird vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres abgezogen. Andere Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen des Vorjahres und andere Abzugspositionen werden nachrangig abgezogen.
Dein Verlust wird so lange Jahr für Jahr vorgetragen, bis er komplett mit positiven Einkünften verrechnet ist. Begrenzen kannst Du ihn nicht. Du beantragst ihn auf der ersten Seite im Hauptvordruck Deiner Steuererklärung (Kreuz bei „Erklärung zur Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags“).
Der Verlustvortrag muss vom Finanzamt in einem Verlustfeststellungsbescheid gesondert festgestellt werden. Wurde vom Finanzamt ein noch verbleibender Verlustvortrag festgestellt, musst Du im Folgejahr eine Steuererklärung abgeben (samt Anlage Sonstiges). Falls im Folgejahr der Verlust nicht vollständig verrechnet wird, fließt er in den Verlustfeststellungsbescheid dieses Jahres.
Nicht ausgeglichene negative Einkünfte (Verluste) können in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt und darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abgezogen werden (§ 10d EStG).
Beispiel: Gesamtbetrag der Einkünfte im laufenden Jahr 2 Millionen Euro. Berechnung: 1 Million plus 60 Prozent des darüberliegenden Betrages, macht zusammen 1,6 Millionen maximal im Veranlagungszeitraum verrechenbarer Verlust.
Die steuerfreien Einnahmen sind im Paragrafen 3 EStG aufgezählt. Sie mindern nicht den ausgleichsfähigen Verlust (BFH, Urteil vom 28. Juli 1959, BStBl. III S. 366). Auch steuerfreie Veräußerungsgewinne mindern nicht den ausgleichsfähigen Verlust (BFH, Urteil vom 16. Dezember 1975, BStBl. 76 II S. 360). Zwar wird im Veranlagungsverfahren der Paragraf 10d EStG von Amts wegen angewendet. Hat aber ein Arbeitnehmer Anspruch auf Verlustausgleich und wird er nicht von Amts wegen veranlagt (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG), so werden die negativen Einkünfte nur berücksichtigt, wenn der Arbeitnehmer eine Veranlagung beantragt (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Über die Höhe des Verlustabzugs ergeht vom Finanzamt eine gesonderte Feststellung.
Mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 (GrS 2/04, BStBl II 2008, 608) hat der Große Senat des BFH die Vererblichkeit des Verlustvortrags des Erben beseitigt. Danach kann der Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustvortrag nicht mehr zur Minderung seiner eigenen Einkommensteuer geltend machen. Eine Vererblichkeit des Verlustvortrags würde dem Grundsatz der Individualbesteuerung und dem Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit widersprechen.
Das Einkommensteuerrecht enthält an einigen Stellen Verlustabzugsbeschränkungen. So dürfen zum Beispiel nach Paragraf 15b EStG Steuerpflichtige im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell entstandene Verluste weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgleichen. Diese Verluste dürfen auch nicht nach Paragraf 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Diese Verluste gehen mithin nicht unbedingt verloren, denn sie dürfen mit positiven Ergebnissen – soweit vorhanden – aus derselben Einkunftsquelle in Folgejahren verrechnet werden.
Weitere Verlustabzugsbeschränkungen können sich ergeben aus
Für die Verlustverrechnung bei Kapitalerträgen gelten folgende sieben Regeln:
Ausführliche Informationen haben wir für Dich im Ratgeber zur Anlage KAP zusammengestellt.
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