Ar­beits­un­fähig­keits­ver­si­che­rung Risiken und Fallstricke der Ar­beits­un­fä­hig­keits­klau­sel

Barbara Weber
Finanztip-Expertin für Ver­si­che­rungen

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ar­beits­un­fä­hig­keits­klau­sel zahlt einen vereinbarten monatlichen Betrag, wenn Du längere Zeit krankgeschrieben bist.

  • Sie ist keine eigene Ver­si­che­rung, sondern ein Zusatzbaustein in der Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung (BU). Daher nennt sie sich auch Ar­beits­un­fä­hig­keits­klau­sel (AU-Klausel).

  • Vorsicht: Wenn Du gleichzeitig Geld aus der AU-Klausel und aus einer Krankentagegeld-Versicherung bekommst, kann es sein, dass Du das Krankentagegeld zurückzahlen musst. 
     

So gehst Du vor

  • Informier Dich mithilfe unserer Ratgeber, worauf es bei einer guten Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung ankommt. 

  • Überleg Dir gut, ob Du die AU-Klausel wirklich brauchst. Stattdessen kannst Du auch eine Krankentagegeld-Versicherung abschließen. Die Vorteile gegenüber der AU-Klausel kannst Du in diesem Ratgeber nachlesen.  
     

  • Lass Dich vor Abschluss einer BU beraten und hole Angebote ein. Wir haben geeignete Ver­si­che­rungsvermittler ausgesucht und empfehlen Hoesch & Partner, Buforum24, Zeroprov, Dr. Schlemann unabhängige Finanzberatung sowie Protego.

Ein Herzinfarkt, eine Operation oder eine langwierige Reha können schnell dazu führen, dass Du länger in Deinem Beruf ausfällst. Neben gesundheitlichen Problemen kann das auch finanzielle Belastungen nach sich ziehen. Du solltest Dich daher mit einer Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung (BU) absichern. Sie zahlt eine monatliche Rente, wenn Du nicht mehr arbeiten kannst. Mit der sogenannten Ar­beits­un­fä­hig­keits­klau­sel (AU-Klausel) bekommst Du bereits Geld, wenn Du länger krankgeschrieben bist. 

Doch Vorsicht: Diese Option ist nicht immer eine gute Wahl. Der Zusatzbaustein macht die Ver­si­che­rung teurer. Außerdem kann es zu Problemen kommen, wenn Du gleichzeitig Geld aus einer Krankentagegeld-Versicherung bekommst.

Was ist eine Ar­beits­un­fähig­keits­ver­si­che­rung?

Die Begriffe Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung und Ar­beits­un­fähig­keits­ver­si­che­rung werden oft synonym verwendet. Streng genommen ist die Ar­beits­un­fähig­keits­ver­si­che­rung aber nur ein Teil der BU-Versicherung und keine eigene Ver­si­che­rung. Wir sprechen daher von einer AU-Klausel

Du kannst Dir den Unterschied zwischen AU-Klausel und BU-Versicherung leicht merken: Die BU-Versicherung greift, wenn Du gar nicht mehr arbeiten kannst – also dauerhaft berufsunfähig bist. 

Die AU-Klausel greift dagegen schon dann, wenn Du mehr als sechs Monate lang ununterbrochen krankgeschrieben – also vorübergehend arbeitsunfähig – bist. Bei beiden ist die Voraussetzung, dass Du aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kannst. Wichtig ist nur: Ein Arzt oder eine Ärztin muss Deine Arbeits- oder Be­rufs­un­fä­hig­keit bescheinigen und Dich krankschreiben. 

Für die BU-Rente musst Du der Ver­si­che­rung mithilfe von medizinischen Unterlagen nachweisen, dass Du die Voraussetzungen erfüllst und nicht mehr in Deinem Beruf arbeiten kannst. Das kann dauern: Denn erst, wenn die Ver­si­che­rung von Deiner Be­rufs­un­fä­hig­keit überzeugt ist, zahlt sie Dir eine monatliche BU-Rente in Höhe einer vorher vereinbarten Summe.

Für solche Fälle bieten die Ver­si­che­rungen eine Zusatzleistung: So enthalten viele BU-Versicherungen eine Ar­beits­un­fä­hig­keits­klau­sel, die Du freiwillig als Baustein zu Deinem BU-Vertrag buchen kannst. Die AU-Klausel verspricht ein Überbrückungsgeld, bis Du die Voraussetzungen für die BU-Rente erfüllst und die Ver­si­che­rung Deinen Antrag dafür geprüft hat. 

Nach 18 bis 36 Monaten endet die Zahlung – oder dann, wenn Du wieder fit bist und zurück in Deinen Job kannst. Steht dagegen Deine Be­rufs­un­fä­hig­keit fest, wird die Arbeitsunfähigkeitsrente in eine Be­rufs­un­fä­hig­keits­rente umgewandelt. Das Geld aus der AU-Klausel musst Du nicht zurückzahlen. Dabei ist es egal, ob Du am Ende als dauerhaft berufsunfähig giltst oder Deine Arbeit wieder aufnimmst.

Wann zahlt die Ar­beits­un­fähig­keits­ver­si­che­rung?

Eine BU-Versicherung zahlt nur dann bei Arbeitsunfähigkeit, wenn Du in Deinem Vertrag eine AU-Klausel eingeschlossen hast. Außerdem musst Du mehr als sechs Monate lang ohne Unterbrechung krankgeschrieben sein. Geld gibt es aber nur nachträglich: Den monatlichen Betrag, den Du vorher mit Deinem BU-Versicherer festgelegt hast, erhältst Du rückwirkend ab dem Zeit­punkt Deiner Arbeitsunfähigkeit. Du bekommst das Geld dann also im Nachhinein auf einen Schlag ausgezahlt. Danach zahlt die Ver­si­che­rung monatlich das Geld aus. 

Manchmal zahlen die Ver­si­che­rungen auch schon das erste Mal nach vier Monaten, wenn Dir ein Arzt oder eine Ärztin bescheinigt, dass Du zwei weitere Monate lang krank sein wirst.

Quelle: Finanztip, eigene Darstellung (April 2022)

Die Höhe der AU-Leistung entspricht der vereinbarten BU-Rente aus Deinem Vertrag. Hast Du also beispielsweise eine monatliche BU-Rente in Höhe von 1.500 Euro vereinbart und einer AU-Klausel zugestimmt, bekommst Du bei einer Krankschreibung von mindestens sechs Monaten fast 9.000 Euro im Nachhinein ausbezahlt. 

Wie sinnvoll ist eine AU-Klausel?

Wir halten die AU-Klausel für wenig sinnvoll. Mit dem Geld kannst Du zwar die Zeit überbrücken, bis die Ver­si­che­rung über Deinen Antrag auf eine Be­rufs­un­fä­hig­keits­rente entschieden hat. Eine Krankentagegeld-Versicherung bietet aber aus unserer Sicht besseren Schutz. Achtung: Beides zusammen kann teuer werden. Möglicherweise musst Du das Geld aus der Krankentagegeld-Versicherung später zurückzahlen, wenn Du gleichzeitig Geld aus der AU-Klausel bekommen hast. Mehr Infos dazu liest Du im nächsten Kapitel.

Der große Vorteil der AU-Klausel ist, dass Du das Geld aus der AU-Klausel früher und einfacher erhältst als die Be­rufs­un­fä­hig­keits­rente. Denn Du musst weniger Belege einreichen als beim Antrag für Die BU-Rente. So verlangen manche Versicherer nur eine ärztliche Krankschreibung und eine Diagnose, bevor sie Dir das monatliche Überbrückungsgeld zahlen. 

Aber Achtung: Eine AU-Klausel befreit Dich nicht vom Antrag für die BU-Rente. Sollte aus Deiner vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit eine dauerhafte Be­rufs­un­fä­hig­keit werden, musst Du den Antragsprozess dennoch regulär durchlaufen. Außerdem zahlen manche Ver­si­che­rungen erst dann das Geld aus, wenn Du bereits einen Antrag auf eine BU-Rente gestellt hast. 

Wie viel kostet die AU-Klausel?

Die zusätzliche Absicherung hat auch ihren Preis. Nach unserer Recherche zahlst Du mit der AU-Klausel 5 bis 10 Prozent mehr im Monat für Deine BU. 

Wird Dir die AU-Klausel mit der Zeit zu teuer, kannst Du sie aber nicht mehr so einfach aus Deinem BU-Versicherungsvertrag entfernen. Du müsstest dann schon eine neue BU-Versicherung abschließen.

Die AU-Klausel macht die BU aber nicht nur teurer. Es gibt auch bessere Absicherungen, wenn Angestellte oder Selbstständige erkranken. Denn der größte Nachteil ist die lange Wartezeit, bis die Ver­si­che­rung zahlt. Wer keine hohen Ersparnisse hat, um die sechs Monate bis zur rückwirkenden Auszahlung des Geldes zu überbrücken, riskiert finanzielle Notlagen.

Wann zahlt die Krankentagegeld-Versicherung?

Die Krankentagegeld-Versicherung zahlt dagegen schon viel früher. Gute Ver­si­che­rungen zahlen bereits ab dem 43. Tag Deiner Krankschreibung, also nach sechs Wochen. Zur Erinnerung: Die AU-Klausel greift erst nach vier bis sechs Monaten. 

Als Angestellter bekommst Du bei Krankheit in den ersten sechs Wochen Deinen Lohn von Deinem Arbeitgeber oder Deiner Arbeitgeberin (§ 3 im EntgFG). Ab der siebten Woche gibt es dann Krankengeld von der gesetzlichen Kran­ken­kas­se. Du solltest eine Krankentagegeld-Versicherung abschließen, wenn das gesetzliche Krankengeld für Dich nicht ausreicht.

Denn das gesetzliche Krankengeld fällt niedriger als Dein Gehalt aus. Es beträgt 70 Prozent Deines letzten Bruttoeinkommens (§ 47 SGB 5). Das heißt also: Die Höhe Deines Krankengeldes ist begrenzt. 2024 gibt es höchstens 120,75 Euro am Tag und 3.622,50 Euro netto im Monat. Wenn das Krankengeld also niedriger ausfällt als Dein gewohntes Netto-Einkommen, solltest Du eine private Krankentagegeld-Versicherung abschließen.

Was gilt für Selbstständige und Privatversicherte?

Bist Du privat krankenversichert oder selbstständig, bekommst Du nicht automatisch Krankengeld von der gesetzlichen Kran­ken­kas­se. Daher benötigst Du in jedem Fall eine private Krankentagegeld-Versicherung. Als Selbstständige kannst Du auch mit der gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rung vereinbaren, dass Du bei Krankheit ein Krankengeld bekommst. Eine zusätzliche Absicherung über die AU-Klausel brauchst Du aber nicht unbedingt. 

Erkrankst Du als privat versicherter Angestellter, bekommst Du in den ersten sechs Wochen die gesetzliche Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Danach erhältst Du die vereinbarten Leistungen aus der Krankentagegeld-Versicherung. 

Wirst Du als selbstständige Person krank, bekommst Du keine Lohnfortzahlung. Auch eine Krankentagegeld-Versicherung zahlt meist erst ab dem 43. Tag der Krankschreibung. Du solltest daher prüfen, ob Du die ersten Wochen ohne Krankentagegeld überbrücken kannst. Andernfalls kannst Du auch eine Ver­si­che­rung abschließen, die bereits ab dem ersten Tag der Krankschreibung zahlt. 

Alternativ kannst Du auch eine solche Vereinbarung mit Deiner gesetzlichen Kran­ken­kas­se vereinbaren. Wie sich Selbstständige bei Krankheit absichern sollten, erfährst Du im Ratgeber Krankengeld für Selbstständige.

Krankentagegeld und BU-Rente: Geht das zusammen?

Aufpassen musst Du, wenn Du bereits eine Krankentagegeld-Versicherung hast und zusätzlich eine Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung mit AU-Klausel abschließen oder in Anspruch nehmen möchtest. Unter Umständen musst Du das Geld aus der Krankentagegeld-Versicherung später wieder zurückzahlen. 

Das Problem ist nicht die BU-Versicherung an sich: Die Krankentagegeld-Versicherung endet in der Regel, sobald die Be­rufs­un­fä­hig­keit festgestellt wird. Ab dann erhältst Du die BU-Rente.

Schwierigkeiten kann es aber mit der AU-Klausel geben, falls Du rückwirkend eine Rente für den Zeitraum bekommst, in dem Du Krankentagegeld bezogen hast. Dann ist es möglich, dass die Krankentagegeld-Versicherung ihr Geld von Dir zurückfordert – allerdings nur, wenn das ausdrücklich in Deinem Vertrag steht. Das wird zum Problem, wenn das Krankentagegeld höher ist als die versicherte Be­rufs­un­fä­hig­keits­rente.

Ein Beispiel: Du bist seit sechs Monaten krankgeschrieben und bekommst ein Krankentagegeld in Höhe von 2.000 Euro im Monat. Nach sechs Monaten hat sich Dein gesundheitlicher Zustand nicht gebessert und Du stellst einen Antrag auf eine Be­rufs­un­fä­hig­keits­rente. Dein Antrag wird genehmigt und Du erhältst eine BU-Rente in Höhe von 1.500 Euro pro Monat. Dein Krankentagegeld endet damit. Doch mit der vereinbarten AU-Klausel zahlt Dir der BU-Versicherer rückwirkend eine BU-Rente für die ersten sechs Monate, in denen Du krankgeschrieben warst.

Das bedeutet konkret, dass Du in den ersten sechs Monaten Deiner Krankheit insgesamt 12.000 Euro Krankentagegeld erhalten hast. Da die BU-Versicherung jedoch rückwirkend ab dem Beginn Deiner Erkrankung leistet, erhältst Du stattdessen eine BU-Rente von insgesamt 9.000 Euro für denselben Zeitraum. Das bereits erhaltene Krankentagegeld von 12.000 Euro musst Du nun zurückzahlen. Da die BU-Rente für die ersten sechs Monate nur 9.000 Euro beträgt, musst Du die restlichen 3.000 Euro aus eigener Tasche an die Ver­si­che­rung zurückzahlen. 

Wer ein Krankentagegeld abschließt, sollte deshalb darauf achten, dass die Ver­si­che­rung in ihren Bedingungen auf einen solchen Rück­for­de­rungsanspruch verzichtet

Wie Du eine gute Krankentagegeld-Versicherung bekommst und worauf Du bei den Bedingungen achten musst, erklären wir Dir im Ratgeber zum Krankentagegeld.

Mehr dazu im Ratgeber Krankentagegeld-Versicherung

  1. Für Selbstständige und manche Angestellte ist ein Krankentagegeld bei langer Krankheit sinnvoll.

  2. Von uns emp­foh­lenes Portal für den Tarifvergleich: Acio

Zum Ratgeber

Die wichtigsten Fragen zusammengefasst

Wie lange wird die Rente aus der Ar­beits­un­fähig­keits­ver­si­che­rung gezahlt?

Je nach Ver­si­che­rungsvertrag zahlen die Anbieter eine Rente für einen Zeitraum von 18 bis 36 Monaten.

Wie musst Du die Arbeitsunfähigkeit nachweisen?

Du benötigst eine Ar­beits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung von Deinem behandelnden Arzt. Dein Arzt muss Dich insgesamt für mindestens sechs Monate am Stück krankschreiben.

Wann bekommst Du das Geld aus der Ar­beits­un­fähig­keits­ver­si­che­rung?

Das Geld bekommst Du in der Regel frühestens nach vier Monaten Arbeitsunfähigkeit, wenn Du nachweisen kannst, dass Du weitere zwei Monate krankgeschrieben bist.

Ist die AU-Klausel sinnvoll?

Sinnvoll ist die AU-Klausel nur, wenn Dein Krankengeld im Falle einer längeren Arbeitsunfähigkeit nicht ausreichen würde und Du keine zusätzliche Krankentagegeld-Versicherung hast. Selbstständige und privat Versicherte benötigen ohnehin eine Krankentagegeld-Versicherung und können daher auf eine zusätzliche AU-Klausel verzichten. Die Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung ist dagegen für fast jeden sinnvoll!

Welche Leistungen in der BU sind wichtig?

  • Keine abstrakte Verweisung: Abstrakte Verweisung bedeutet, dass Dein Versicherer keine BU-Rente zahlt, solange Du noch in einem anderen Beruf arbeiten kannst. Achte darauf, dass Dein Versicherer auf diese Regelung verzichtet.
  • Nach­ver­si­che­rungs­ga­ran­tie: Bei Ereignissen wie Heirat, Nachwuchs oder Hauskauf solltest Du die Möglichkeit haben, die BU-Rente zu erhöhen.
  • Beitragsdynamik: Vereinbare eine Beitragsdynamik, um Deine BU-Rente der Inflation anzupassen. Dadurch steigen jährlich die Beiträge, aber auch die zu erwartende Rente im Falle einer Be­rufs­un­fä­hig­keit.
  • Pauschalregelung: Mit einer Pauschalregelung bekommst Du die volle BU-Rente, auch wenn Du nur zu 50 Prozent berufsunfähig bist.
  • Keine Anzeigepflicht nach Vertragsschluss: Der Anbieter sollte darauf verzichten, dass Du ihn nach Vertragsschluss über einen Jobwechsel oder ein neues, risikoreiches Hobby informierst.

Das solltest Du noch beachten

Kannst Du die BU bei der Steuer absetzen?

Ja, die Beiträge zur BU kannst Du als Vorsorgeaufwendungen in der Steu­er­er­klä­rung angeben. Als Vorsorgeaufwendungen können Angestellte bis zu 1.900 Euro und Selbstständige bis zu 2.800 Euro steuerlich absetzen (Stand: September 2024).

Autoren
Julia Rieder

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