Arbeitsunfähigkeitsversicherung Wer zahlt, wenn Du nicht arbeiten kannst
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Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Ein Herzinfarkt wirft Dich aus der Bahn, eine Operation ist nötig, es folgt die Reha. Wenn sich die Genesung hinzieht und Du im Job ausfällst, kann das neben den gesundheitlichen Einschränkungen auch unangenehme finanzielle Folgen haben. Absichern solltest Du Dich mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Sie zahlt eine monatliche Rente, wenn Du nicht mehr arbeiten kannst. Zusätzlich kannst Du Dich mit einer Arbeitsunfähigkeits-Klausel gegen längere Krankzeiten absichern – in welchen Fällen das sinnvoll ist, erfährst Du in diesem Ratgeber.
Die Begriffe Arbeitsunfähigkeitsversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung werden oft synonym verwendet. Streng genommen ist die Arbeitsunfähigkeitsversicherung aber nur ein Teil der BU-Versicherung und keine eigene Versicherung.
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt, wenn Du aus gesundheitlichen Gründen in Deinem Beruf nicht mehr arbeiten kannst. Dafür musst Du der Versicherung mithilfe von medizinischen Unterlagen nachweisen, dass es Dir dauerhaft nicht mehr möglich ist, Deinen Job auszuüben. Ist die Versicherung von Deiner Berufsunfähigkeit überzeugt, zahlt sie Dir eine monatliche Rente in Höhe einer vorher vereinbarten Summe.
Viele BU-Versicherungen enthalten darüber hinaus eine Arbeitsunfähigkeits-Klausel. Das ist keine eigenständige Versicherung, sondern nur ein optionaler Baustein Deines BU-Vertrags. Der Versicherer zahlt dann auch schon bei längerer Krankschreibung eine monatliche Summe in Höhe der BU-Rente. Die Rente ist aber zeitlich beschränkt, meist zwischen 18 und 36 Monaten. Sobald Du wieder fit bist und arbeiten kannst, endet die Rentenzahlung wieder.
Ob Du arbeitsunfähig oder berufsunfähig bist, macht einen gravierenden Unterschied. Denn während eine Arbeitsunfähigkeit nur ein vorübergehender Zustand ist, besteht eine Berufsunfähigkeit voraussichtlich dauerhaft. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Leistungen, die Du von einer Versicherung erhältst.
Als arbeitsunfähig gilt, wer aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend nicht mehr in der Lage ist, seiner Arbeit nachzugehen. Grund dafür kann eine Grippe, ein Beinbruch oder auch eine schwere Erkrankung sein, die voraussichtlich wieder ausheilen wird. Wichtig ist nur: Ein Arzt muss die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen, Dich also krankschreiben.
Ein wesentliches Merkmal der Arbeitsunfähigkeit ist, dass es sich um keinen Dauerzustand handelt: Wirst Du krankgeschrieben, geht der Arzt davon aus, dass sich in absehbarer Zeit der Zustand durch Behandlungen und Reha-Maßnahmen soweit verbessern lässt, dass Du wieder arbeiten kannst.
Bist Du gesetzlich krankenversichert, bekommst Du von Deinem Arbeitgeber sechs Wochen lang weiter Dein normales Gehalt. Hält Deine Arbeitsunfähigkeit länger an, springt die gesetzliche Krankenkasse ein. Sie zahlt Krankengeld, das maximal 70 Prozent Deines Bruttogehalts beträgt. Krankengeld gibt es für maximal 72 Wochen innerhalb von drei Jahren pro Erkrankung.
Wem das Krankengeld nicht reicht oder wer als Privatversicherter keine Leistungen von der gesetzlichen Krankenkasse bekommt, kann sich mit einer privaten Krankentagegeld-Versicherung absichern.
Berufsunfähig bist Du, wenn Du Deinen letzten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kannst (§ 172 Abs. 2 VVG). Ist das der Fall, zahlt die private Berufsunfähigkeitsversicherung die vereinbarte BU-Rente.
Ob nach einem Unfall oder einer Krankheit dauerhafte Schäden zurückbleiben, ist allerdings oft nicht leicht einzuschätzen. Deshalb gibt es bei guten BU-Tarifen eine Rente, sobald die Berufsunfähigkeit voraussichtlich länger als sechs Monate bestehen wird. Das reicht den Versicherern, um davon auszugehen, dass auf absehbare Zeit keine Besserung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist.
Um eine Berufsunfähigkeitsrente zu erhalten, musst Du aber nicht vollkommen berufsunfähig sein, sondern lediglich einen BU-Grad von 50 Prozent erreichen. Das bedeutet, Du hast mindestens die Hälfte Deiner Leistungsfähigkeit eingebüßt und kannst zum Beispiel für Deinen Beruf wichtige Tätigkeiten nicht mehr verrichten.
Ob Du als berufsunfähig giltst, entscheidet aber nicht wie bei einer Krankschreibung der behandelnde Arzt. Vielmehr prüft das Versicherungsunternehmen anhand der medizinischen Unterlagen und einer genauen Tätigkeitsbeschreibung, ob es den notwenigen Berufsunfähigkeits-Grad für erfüllt hält.
Die staatliche Erwerbsminderungsrente reicht nicht aus, eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für fast jeden sinnvoll.
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Eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung zahlt, wenn Du über mehrere Monate arbeitsunfähig bist. Geld gibt es aber nur nachträglich: Du musst bereits seit sechs Monaten krankgeschrieben sein. Den vereinbarten monatlichen Betrag erhältst Du rückwirkend ab dem Zeitpunkt Deiner Arbeitsunfähigkeit. Manchmal zahlen die Anbieter auch schon nach vier Monaten Arbeitsunfähigkeit, wenn Dir ein Arzt bescheinigt, dass Du voraussichtlich weitere zwei Monate krankgeschrieben bist.
Die Höhe der AU-Leistung entspricht der vereinbarten BU-Rente. Hast Du also beispielsweise eine BU-Rente in Höhe von 1.500 Euro vereinbart, bekommst Du das Geld auch im Falle einer Krankschreibung von mindestens sechs Monaten. Die Zahlung ist allerdings zeitlich begrenzt – meist auf 18 oder 36 Monate.
Um die Arbeitsunfähigkeits-Rente zu beantragen, verlangen manche Versicherer nur die Krankschreibung vom Arzt und die Diagnose. So spart Du Dir die Mühe für den aufwendigen Antragsprozess der BU. Beachte allerdings: Sollte Deine Arbeitsunfähigkeit in einer Berufsunfähigkeit münden, musst Du dennoch den Antragsprozess für eine BU-Rente durchlaufen.
Im Gegensatz zur Berufsunfähigkeitsversicherung ist die AU-Klausel kein Muss: Wer privat versichert oder selbstständig ist, ist mit einer zusätzlichen Krankentagegeldversicherung besser geschützt. Das Gleiche gilt für gesetzlich Krankenversicherte, denen das Krankengeld nicht ausreicht.
Bist Du angestellt und gesetzlich versichert? Dann bekommst Du im Krankheitsfall sechs Wochen lang noch Lohn von Deiner Arbeitgeberin, die sogenannte Lohnfortzahlung. Danach gibt es Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse: Das sind 70 Prozent Deines letzten Bruttoeinkommens. Die Höhe des Krankengeldes ist allerdings begrenzt: 2022 gibt es höchstens 2.793 Euro netto im Monat.
Wenn Du mehr verdienst und Dir das Krankengeld nicht ausreicht, dann könnte eine zusätzliche Krankentagegeld-Versicherung sinnvoll sein. Die Krankentagegeld-Versicherung springt bereits nach den ersten sechs Wochen Lohnfortzahlung durch Deinen Arbeitgeber ein. Damit bist Du besser geschützt als mit einer Arbeitsunfähigkeitsversicherung – die zahlt zwar ab dem sechsten Monat Arbeitsunfähigkeit rückwirkend, allerdings musst Du die ersten Monate mit Deinem Ersparten überbrücken.
Bist Du Privat-Versicherter oder selbstständig, bekommst Du hingegen kein gesetzliches Krankengeld. Als Selbstständiger erhältst Du auch keine Lohnfortzahlung durch einen Arbeitgeber. Daher benötigst Du in jedem Fall eine private Krankentagegeld-Versicherung. Erkranken privat versicherte Angestellte, bekommen sie in den ersten sechs Wochen Lohnfortzahlung und erhalten danach die Leistungen aus der Krankentagegeld-Versicherung. Selbstständige müssen bereits ab dem ersten Tag ihrer Erkrankung privat abgesichert sein. Daneben ist aber in aller Regel keine weitere Absicherung über eine AU-Klausel notwendig. Beides zusammen kann sogar zu Problemen führen.
Doch eine AU-Klausel hat auch durchaus ihre Vorteile: Die Beantragung der BU-Rente ist meist mit einem sehr langen Antragsprozess verbunden, der sich über mehrere Monate hinstrecken kann. Wer dann schon eine Rente aus der AU-Klausel bekommt, kann die Zeit bis zur BU gut überbrücken und muss seine ärztlichen Dokumente auch nur einmal bei derselben Versicherung einreichen. Dann solltest Du aber darauf achten, dass die Versicherung im Fall einer Arbeitsunfähigkeit nur eine ärztliche Bescheinigung und die Diagnose verlangt. Wenn sie darüber hinaus den ausgefüllten BU-Antrag fordert, läuft der Vorteil der AU-Klausel ins Leere.
Wir empfehlen Dir dennoch: Sichere eine Berufsunfähigkeit getrennt von einer Arbeitsunfähigkeit ab. Die AU-Klausel macht die Berufsunfähigkeitsversicherung teurer. Das Geld solltest Du besser in eine eigenständige Krankentagegeld-Versicherung investieren.
Der Vorteil von zwei eigenständigen Versicherungen: Möchtest Du irgendwann die AU-Klausel aus der BU-Versicherung streichen, weil sie Dir zu teuer ist, dann funktioniert das nicht so einfach. In der Regel musst Du die gesamte BU-Versicherung kündigen und eine neue abschließen. Eine neue BU-Versicherung wird aber mit zunehmendem Alter teurer.
Aufpassen musst Du, wenn Du bereits eine Krankentagegeld-Versicherung hast und zusätzlich eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit AU-Klausel abschließen möchtest.
Das Problem ist nicht die BU-Versicherung an sich: Die Krankentagegeld-Versicherung endet in der Regel, sobald die Berufsunfähigkeit festgestellt wird. Ab dann erhältst Du die BU-Rente.
Schwierigkeiten kann es aber mit der AU-Klausel geben, falls Du rückwirkend eine Rente für den Zeitraum bekommst, in dem Du Krankentagegeld bezogen hast. Dann ist es möglich, dass der Krankentagegeld-Versicherer sein Geld von Dir zurückfordern kann – allerdings nur, wenn das ausdrücklich in Deinem Vertrag steht. Das wird zum Problem, wenn das Krankentagegeld höher ist als die versicherte Berufsunfähigkeitsrente.
Ein Beispiel: Du bist seit sechs Monaten krankgeschrieben und bekommst ein Krankentagegeld in Höhe von 2.000 Euro im Monat. Nach sechs Monaten hat sich Dein gesundheitlicher Zustand nicht gebessert und Du stellst einen Antrag auf Berufsunfähigkeit. Dein Antrag wird genehmigt und Du erhältst eine BU-Rente in Höhe von 1.500 Euro. Dein Krankentagegeld endet damit. Doch mit der vereinbarten AU-Klausel zahlt Dir der BU-Versicherer rückwirkend eine BU-Rente für die ersten sechs Monate, in denen Du krankgeschrieben warst. Das bereits erhaltende Krankentagegeld musst Du nun zurückzahlen, weil Deine BU-Versicherung rückwirkend ab dem Beginn Deiner Erkrankung leistet. So stehst Du trotz der Anerkennung Deiner Berufsunfähigkeit plötzlich mit 3.000 Euro Schulden da.
Wer ein Krankentagegeld abschließt, sollte deshalb darauf achten, dass die Versicherung in ihren Bedingungen auf einen solchen Rückforderungsanspruch verzichtet. Außerdem ist es sinnvoll, sich beim Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsrente von einem Versicherungsvermittler unterstützen zu lassen. Mehr dazu liest Du in unserem Ratgeber BU-Rente beantragen.
Die staatliche Erwerbsminderungsrente reicht nicht aus, eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für fast jeden sinnvoll.
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