Grundfähigkeitsversicherung Abgespeckter Schutz für körperlich Arbeitende
Finanztip-Expertin für Versicherungen
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Sehen, Laufen, Sprechen, Hören – wenn solche grundlegenden Fähigkeiten plötzlich nicht mehr funktionieren, dann hat das auch finanzielle Folgen. Ein Fliesenleger, der nicht mehr knien kann, wird seinen Job vielleicht aufgeben müssen. Eine Grundfähigkeitsversicherung zahlt Dir eine vereinbarte Rente, wenn Du bestimmte körperliche oder geistige Fähigkeiten verlierst. Wer keine bezahlbare Berufsunfähigkeitsversicherung bekommt, ist mit der Grundfähigkeitsversicherung wenigstens etwas abgesichert.
Die Grundfähigkeitsversicherung sichert bestimmte körperliche oder geistige Fähigkeiten ab. Fallen diese Fähigkeiten aus, bekommst Du eine Rente gezahlt. Welche Fähigkeiten im Versicherungsschutz eingeschlossen sind, ist von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich.
Die versicherten Fähigkeiten listet der Anbieter in einem Fähigkeitenkatalog in den Versicherungsbedingungen auf. Elementare Fähigkeiten wie Sehen, Hören, Sprechen versichert in der Regel jeder der Anbieter. Immer mehr Anbieter versichern auch bestimmte psychische Erkrankungen und konkrete Tätigkeiten, wie Bildschirmarbeit oder Tastatur bedienen. Hier ein paar Beispiele für versicherbare Fähigkeiten:
elementare Fähigkeiten | konkrete Tätigkeiten | psychische Erkrankungen |
Hören | Verlust der Fahrerlaubnis | Schizophrenie |
Sprechen | Radfahren | schwere Depressionen |
Stehen | Bildschirmarbeit | Demenz |
Gebrauch einer Hand | Touchscreen bedienen | Störung des Gedächtnisses |
Greifen und Halten | Tastatur bedienen | Einschränkung des Intellekts |
Bücken und Knien | Schreiben | |
Gleichgewicht halten |
Quelle: Finanztip, eigene Darstellung (Stand: Juni 2022)
Bei vielen Versicherern bekommst Du zudem eine Rente, wenn Du pflegebedürftig wirst. Ab welcher Pflegestufe die Versicherung zahlt, variiert jedoch von Anbieter zu Anbieter.
Die Grundfähigkeitsversicherung zahlt, wenn Du eine bestimmte Fähigkeit vollständig verloren hast. Wann eine Fähigkeit als vollständig verloren gilt, ergibt sich aus den Versicherungsbedingungen. Manche Versicherer zahlen auch erst, wenn Du mehrere Fähigkeiten verloren hast.
Im Gegensatz zur Berufsunfähigkeitsversicherung sichert die Grundfähigkeitsversicherung nicht die Arbeitskraft ab, sondern nur bestimmte Fähigkeiten. Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt, wenn Du gesundheitlich so eingeschränkt bist, dass Du Deinen Beruf nicht mehr ausüben kannst. Die Grundfähigkeitsversicherung stellt allein auf den Verlust bestimmter Fähigkeiten ab.
Dazu definiert die Versicherung bestimmte Leistungsfälle in ihren Versicherungsbedingungen. Deine Einschränkung muss genau dieser Beschreibung entsprechen, damit Du eine Rente bekommst.
Beispiel 1: Du bist nicht mehr in der Lage, fünf Minuten frei auf einer dreistufigen Haushaltsleiter zu stehen.
Beispiel 2: Du kannst keine 20 Minuten mehr auf einem Stuhl mit Lehne sitzen.
Beispiel 3: Deine Restsehstärke liegt unter 5 Prozent oder Dein Gesichtsfeld liegt unter 15 Grad.
Manche Versicherer zahlen erst dann, wenn Du mehrere Fähigkeiten verlierst. Dann wird es umso schwieriger für Dich, eine Rente zu bekommen. Von solchen Tarifen solltest Du daher besser die Finger lassen.
Bei solchen Tarifen werden die Fähigkeiten oft in zwei Gruppen eingeteilt. Unter den sogenannten Fähigkeitskatalog A fallen meist Sehen, Sprechen und der Einsatz der Hände. Verlierst Du eine dieser Fähigkeiten, bekommst Du die vereinbarte Rente.
Alternativ zahlt die Versicherung, wenn drei Fähigkeiten aus dem Katalog B wegfallen. Dazu gehören in der Regel Hören, Gehen, Treppen steigen, Sitzen, Knien oder Bücken, Stehen, Arme bewegen, Heben und Tragen oder Auto fahren. Wer also nicht mehr gehen, dafür aber noch sitzen kann, bekommt bei solchen Versicherungen kein Geld.
Die meisten Versicherer verlangen, dass die betroffene Fähigkeit voraussichtlich mindestens sechs bis zwölf Monate ausfällt. Das nennt sich Prognosezeitraum. Je kürzer der Prognosezeitraum, desto wahrscheinlicher ist eine Rentenzahlung.
Die Grundfähigkeitsversicherung ist nicht die beste Wahl, um die eigene Arbeitskraft abzusichern. Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) bietet besseren Schutz, denn sie versichert alle gesundheitlichen Ursachen für den Wegfall der Arbeitsfähigkeit. Wer keine BU bekommt oder sich die Versicherung nicht leisten kann, für denjenigen ist die Grundfähigkeitsversicherung eine Alternative.
Die Hürden für die Versicherungsleistung sind in vielen Fällen sehr hoch. Du musst die versicherten Fähigkeiten vollständig verloren haben, damit die Versicherung zahlt. Die Gefahr ist hoch, dass Du trotz Berufsunfähigkeit keine Leistungen der Grundfähigkeitsversicherung erhältst.
Angenommen, Dein Gleichgewicht ist wegen eines Schlaganfalls eingeschränkt und Du darfst deswegen nicht mehr auf dem Bau arbeiten. Die Grundfähigkeitsversicherung zahlt Dir aber erst eine Rente, wenn Du auf der dreistufigen Haushaltsleiter nicht mehr stehen kannst. Ein Gerüst von mehreren Metern Höhe darfst Du auf ärztliche Empfehlung hin nicht mehr besteigen, die dreistufige Haushaltsleiter hingegen schon. Obwohl Du berufsunfähig bist, bekommst Du hier keine Rente gezahlt.
Ein anderes Beispiel: Damit die Fähigkeit „Sprache“ als verloren gilt, darfst Du in der Regel kein verständliches Wort mehr sagen können. Schwierigkeiten bei der Artikulation führen zwar unter Umständen dazu, dass jemand einen Beruf mit Kundenkontakt nicht mehr ausüben kann. Für eine Leistung aus der Grundfähigkeitsversicherung reicht das aber nicht aus.
Erkrankungen der Psyche gehören zu den häufigsten Ursache für Berufsunfähigkeit. Die Grundfähigkeitsversicherung versichert aber nur sehr schwere psychische Erkrankungen wie schwere Depressionen oder Schizophrenie.
Auch bei geistigen Fähigkeiten wie Gedächtnis und Konzentration ist der Schutz nur sehr eingeschränkt. In der Regel verlangen die Versicherer, dass Du alltägliche Aufgaben nicht mehr bewältigen kannst, beispielsweise Essen zubereiten oder Termine vereinbaren. Deine Berufsfähigkeit verlierst Du vermutlich schon zu einem viel früheren Stadium. Ein Beispiel: Du kannst als Mathematiklehrer eines Gymnasiums keine komplexen Rechenaufgaben mehr lösen, weil Deine Konzentrationsfähigkeit wegen eines Schlaganfalls eingeschränkt ist. In diesem Fall bist Du vermutlich berufsunfähig. Die Rente aus der Grundfähigkeitsversicherung bekommst Du allerdings nicht, wenn Du Deinen Alltag noch bewältigen kannst.
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung bietet daher besseren Schutz. Sie zahlt eine Rente, wenn Du aus gesundheitlichen Gründen Deinem aktuellen Beruf nicht mehr uneingeschränkt nachgehen kannst. Das prüft sie anhand ärztlicher Unterlagen. Im Gegensatz zur Grundfähigkeitsversicherung fordert sie eben nicht, dass spezielle körperliche oder psychische Fähigkeiten wegfallen. Allein entscheidend ist die Fähigkeit, Deinen konkreten Beruf auszuüben.
Die staatliche Erwerbsminderungsrente reicht nicht aus, eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für fast jeden sinnvoll.
Von uns empfohlene Makler: Hoesch & Partner, Buforum24, Zeroprov, Dr. Schlemann unabhängige Finanzberatung, P&F (früh-gewinnt.de).
Um einen Mindestschutz bei der Grundfähigkeitsversicherung zu erhalten, solltest Du Dir im Vertrag genau durchlesen, welche Grundfähigkeiten abgesichert werden. Wähle zudem eine Rentenhöhe, mit der Du Deinen Lebensstandard finanzieren könntest.
Wie sind die Grundfähigkeiten definiert? - Wichtig ist nicht nur, welche und wie viele Fähigkeiten versichert sind. Achte auch darauf, wie genau der Verlust der einzelnen Grundfähigkeiten definiert ist. Es gibt in dieser Hinsicht erhebliche Unterschiede zwischen den Versicherungsunternehmen.
Ein Beispiel: Den Verlust der Fähigkeit, seine Hände zu gebrauchen, sieht ein Versicherer als gegeben an, wenn die versicherte Person weder mit der linken noch der rechten Hand eine Schere richtig benutzen kann. Andere zahlen die Rente schon, sofern der Versicherte mit einer seiner Hände nicht mehr in Lage ist, den Schraubverschluss einer Flasche zu öffnen. Wieder andere prüfen, ob es noch gelingt, einen Schraubenzieher zu benutzen.
Sind die für Deinen Beruf wichtigen Fähigkeiten abgesichert? - Überlege unbedingt vor Abschluss einer Police, welche Fähigkeiten für Deinen Beruf besonders wichtig sind. Vergleiche dann mit Hilfe eines Versicherungsmaklers oder -beraters, welcher Anbieter genau diese Fähigkeiten möglichst vorteilhaft definiert.
Konzentriere Dich dabei auf die wirklich wichtigen Fähigkeiten. Bei einem körperlich anspruchsvollen Beruf solltest Du genau prüfen, wann die Versicherung bei Erkrankungen des Rückens, der Beine, der Hände und Arme zahlt. Verzichte auf Zusatzbausteine wie die Fähigkeit der Bildschirmarbeit, wenn Du ohnehin keinen Bürojob hast. Andere Zusatzbausteine wie „Fahrrad fahren“ oder „öffentliche Verkehrsmittel nutzen“ machen die Versicherung teuer und helfen Dir nicht weiter, wenn Du eine bestimmte Fähigkeit für Deinen Beruf verlierst.
Reicht die Rentenhöhe aus? - Achte darauf, dass die versicherte Rente hoch genug ist, um die Kosten für Deinen Lebensunterhalt und die Altersvorsorge zu decken. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente reicht dafür in der Regel nicht aus. Als Faustformel für die Versicherungssumme gelten drei Viertel Deines Nettoeinkommens.
Hat der Tarif eine gute Bewertung? - Die Versicherungs-Ratingagentur Franke & Bornberg vergleicht regelmäßig die Bedingungen verschiedener Anbieter. Schließe einen Tarif ab, der die höchstmögliche Bewertung „FFF+“ erhalten hat. Das Rating findest Du hier.
Lass Dich am besten von einem qualifizierten Honorarberater oder Versicherungsmakler unterstützen. In der Beratung kannst Du auch klären, ob es nicht sinnvoller ist, doch eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine der anderen BU-Alternativen zur Absicherung der Arbeitskraft abzuschließen. Außerdem sollte der Fachmann Dir helfen, die Definitionen der Grundfähigkeiten bei verschiedenen Anbietern zu vergleichen.
Folgende Makler können wir für die Beratung zur Arbeitskraftabsicherung empfehlen:
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