Berufsunfähigkeitsversicherung kündigen Warum Du Deine BU besser nicht kündigst
Finanztip-Expertin für Versicherungen
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Du solltest Deine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) nur im absoluten Notfall kündigen. Also wenn Du Dir die Beiträge wirklich und dauerhaft nicht mehr leisten kannst. Wechselst Du zu einer anderen Versicherung, solltest Du erst dann kündigen, wenn Du einen besseren Vertrag in den Händen hältst. Denn die BU-Versicherung gehört zu den wichtigsten Versicherungen: Sie garantiert Deinen Lebensunterhalt, wenn Du krank wirst und nicht mehr arbeiten kannst.
Die Kündigung Deiner BU-Versicherung solltest Du Dir gut überlegen. Die Berufsunfähigkeitsversicherung rettet Dich im Notfall vor der finanziellen Pleite, wenn Du zu krank zum Arbeiten bist. Wirst Du ohne BU-Versicherung dauerhaft arbeitsunfähig, bist Du möglicherweise nicht ausreichend finanziell abgesichert. Kündigen solltest Du die BU daher nur in absoluten Ausnahmefällen.
Zwar gibt es in Deutschland finanzielle Hilfen für Menschen ohne BU-Versicherung. Diese reichen allerdings meist nicht aus, um Deinen gewohnten Lebensstandard zu decken. Wenn Du erkrankst, erhältst Du zunächst eine sechswöchige Lohnfortzahlung von Deinem Arbeitgeber (§ 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz). Danach gibt es von der gesetzlichen Krankenkasse Krankengeld, das 70 Prozent Deines letztens Bruttoeinkommens beträgt – allerdings für höchstens 72 Wochen (§ 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) 5).
Bist Du erwerbsunfähig, kannst Du zwar eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Die volle Erwerbsminderungsrente bekommst Du aber erst dann, wenn Du täglich weniger als drei Stunden lang irgendeiner Arbeit nachgehen kannst (§ 43 SGB 5). Zum Vergleich: Die Berufsunfähigkeitsrente bekommst Du bereits, wenn Du die Hälfte Deiner Arbeitskraft verloren hast. Arbeitest Du 40 Stunden in der Woche, würde das bedeuten, dass Du eine BU-Rente bekommst, wenn Du nur noch 20 Stunden arbeiten kannst. Für eine Erwerbsminderungsrente würde das aber noch nicht ausreichen.
Die Erwerbsminderungsrente ist außerdem in der Regel deutlich niedriger als Dein Einkommen. 2022 lag sie laut der Deutschen Rentenversicherung im Schnitt bei gerade einmal 950 Euro im Monat. Das dürfte den Wenigsten ausreichen, um damit ihren gewohnten Lebensstandard halten zu können.
Du siehst: Eine BU-Versicherung ist durch staatliche Hilfen nicht zu ersetzen. Wir raten Dir daher dringend, die BU-Versicherung nur in Ausnahmefällen zu kündigen.
Es gibt bestimmte Situationen, in denen Du über eine Kündigung Deiner BU nachdenken kannst. Vor allem dann, wenn Du in einem schlechten oder überteuerten Tarif steckst. Dann solltest Du aber nicht einfach kündigen, sondern zu einem besseren Tarif wechseln. Wie der Wechsel funktioniert, liest Du in Kapitel drei.
Besserer Tarif: Bei einem deutlich günstigeren oder leistungsstärkeren BU-Tarif kann ein Wechsel sinnvoll sein. Du solltest allerdings erst prüfen, ob Du wechseln kannst. Kündige den alten Vertrag erst dann, wenn Du den neuen Vertrag abgeschlossen hast.
Schlechte Tarifbedingungen: Wenn Dein Vertrag wichtige Krankheiten ausschließt oder Klauseln wie eine sogenannte abstrakte Verweisung enthält, solltest Du ebenfalls in einen besseren Tarif wechseln. Bei so einer Klausel könnte Dich die Versicherung im Falle einer Berufsunfähigkeit auf einen anderen Beruf verweisen, den Du noch ausüben kannst.
Berufswechsel: Bei einem Berufswechsel kann es sinnvoll sein, in einen günstigeren Tarif zu wechseln. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Du aus einem risikoreichen Beruf, etwa als Dachdecker, in einen risikoärmeren Beruf, zum Beispiel als Büroangestellter, wechselst. Durch den Wechsel zu einer anderen Versicherung kannst Du möglicherweise viel Geld sparen. Vorher solltest Du aber bei der Versicherung nachfragen, ob sie Dir durch den Berufswechsel günstigere Beiträge für Deine Versicherung anbieten kann.
Dauerhafte Zahlungsunfähigkeit: Kannst Du Dir die Beiträge für Deine BU-Versicherung dauerhaft nicht mehr leisten, kommst Du manchmal um eine Kündigung der BU nicht herum. Prüfe aber zuerst, ob Du Dir stattdessen eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung oder eine Grundfähigkeitsversicherung leisten kannst. Diese Alternativen sind oft günstiger als eine BU.
Wichtig: Kündigst Du jetzt Deine BU-Versicherung und schließt eine neue BU-Versicherung ab, musst Du oft höhere Beiträge zahlen. Warst Du in der Zwischenzeit krank oder hast beispielsweise eine Psychotherapie begonnen, kann es außerdem schwierig werden, überhaupt eine neue BU-Versicherung zu bekommen.
Bei einer vorübergehenden finanziellen Klemme gibt es daher andere Möglichkeiten, die BU-Kosten zeitweise zu verringern, zum Beispiel durch eine Stundung der Beiträge. Wie Du sonst noch bei Deiner BU sparen kannst, erfährst Du im vierten Kapitel.
Zahlst Du die Beiträge zur BU monatlich, viertel- oder halbjährlich, kannst Du zu dem jeweiligen Zahlungstermin kündigen. Zahlst Du Deine Beiträge einmal im Jahr, kannst Du Deine BU zum Ende des Versicherungsjahres kündigen.
Achtung: Kündige erst, wenn Du bereits eine neue BU abgeschlossen hast. Die BU rettet Dich vor der finanziellen Pleite, wenn Du nicht mehr arbeiten kannst. Auf diesen Schutz solltest Du nicht verzichten.
Du musst außerdem die Kündigungsfrist einhalten. Je nach Vertrag muss die Kündigung ein bis drei Monate vor dem Kündigungsdatum bei der Versicherung sein (§ 11 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)). Die genaue Frist findest Du in Deinem Vertrag. Als Beispiel: Jessica zahlt ihre Beiträge monatlich. Sie möchte daher ihre BU zum 30. April kündigen. Ihre Kündigungsfrist beträgt einen Monat. Die Kündigung muss daher spätestens am 31. März bei der Versicherung eingehen.
Wichtig: Die Kündigung muss nachweisbar beim Versicherungsunternehmen eingehen. Nutze dazu unser Musterschreiben und schicke die Kündigung als Einwurf-Einschreiben an Dein Versicherungsunternehmen.
Nutze unser Musterschreiben, um Deine Berufsunfähigkeitsversicherung zu kündigen.
Bevor Du Deine BU kündigst, solltest Du Dich um eine neue BU kümmern. Wende Dich dazu zunächst an einen spezialisierten BU-Makler oder eine spezialisierte BU-Maklerin und lass Dich zu einer neuen BU-Versicherung beraten. Möglicherweise kannst Du auch bei der Versicherung bleiben und in einen anderen Tarif wechseln. Das solltest Du alles mit Deinem Makler oder Deiner Maklerin besprechen. Wir raten Dir aber davon ab, eigenständig die Versicherung zu wechseln. Das Risiko ist zu hoch, dass Du später in einem schlechteren Tarif steckst. Worauf Du sonst noch bei einem Wechsel achten musst und wie Du dabei vorgehst, liest Du in unserem Ratgeber zum BU-Wechsel.
Ist Dir die das neue Angebot immer noch zu teuer, gibt es ein paar Tricks, wie Du die Kosten senken kannst. Du kannst zum Beispiel im neuen Vertrag die Versicherungslaufzeit kürzen. Dann endet Dein Vertrag schon ein paar Jahre, bevor Du in Rente gehst. Oder Du verzichtest auf eine garantierte Rentensteigerung. Dann bleibt während einer Berufsunfähigkeit die Berufsunfähigkeitsrente immer gleich hoch. Das bedeutet aber, dass Deine BU-Rente durch die Inflation mit den Jahren an Wert verliert. Wie Du sonst noch bei einer neuen BU Geld sparen kann, erklären wir Dir im Ratgeber zu BU-Kosten.
Wenn Du einen finanziellen Engpass hast, musst Du Deine BU nicht sofort kündigen. Es gibt Möglichkeiten, bei Deiner aktuellen BU zu sparen: Du kannst Deinen Vertrag anpassen und so Geld sparen. Als Übergangslösungen eignen sich auch eine Beitragsfreistellung und eine Beitragsstundung.
Willst Du bei der BU-Versicherung sparen, weil Du allgemein in Geldnöten bist, solltest Du vorher noch andere Möglichkeiten überprüfen. Oft kannst Du bei anderen Versicherungen und im Alltag an anderen Stellen Geld sparen: Passende Ratgeber findest Du auf unserer Themenseite Sparen im Alltag.
Möchtest Du bei Deiner aktuellen Versicherung bleiben, kannst Du Deinen Vertrag auch anpassen. So kannst Du etwa die Beitragsdynamik mehrmals pausieren. Die Beitragsdynamik ist ein monatlicher Aufschlag auf Deine Beiträge von 3 Prozent oder mehr. Du kannst Dich jedes Versicherungsjahr neu entscheiden, ob Du diese Beitragsdynamik für das kommende Jahr mitnimmst oder nicht. Einmal im Jahr schickt Dir die Versicherung eine Information über die anstehende Dynamik. Du kannst dieser Dynamik widersprechen. Dann wird die Dynamik im darauffolgenden Versicherungsjahr nicht erhoben. Schau in Deinen Vertrag, wie lange Du Zeit hast für einen Widerspruch. In der Regel reicht der Versicherung eine kurze Mitteilung per E-Mail, dass Du auf Deine Beitragsdynamik im neuen Versicherungsjahr verzichtest.
Schau auch in Deinem Vertrag, wie oft Du die Dynamik pausieren kannst. Viele Versicherer regeln, dass nach der dritten Pausierung keine Dynamik mehr erhoben werden kann.
Zur Not kannst Du auch die Höhe der BU-Rente herabsetzen, um bei den Beiträgen zu sparen. Dadurch erhältst Du im Falle einer Berufsunfähigkeit aber entsprechend weniger Geld. Daher ist das nur eine absolute Notfalllösung.
Bei einem kurzfristigen finanziellen Engpass kannst Du Beiträge auch zinslos stunden. Das bedeutet, dass Du die Zahlung der Beiträge für eine bestimmte Zeit aussetzen kannst, ohne dass Zinsen anfallen. Meistens handelt es sich dabei um einen Zeitraum von zwölf bis 18 Monaten. Dein Versicherungsschutz läuft in dieser Zeit weiter. Die ausgesetzten Beiträge musst Du nach Ablauf der Stundungszeit auf einen Schlag zurückzahlen.
Indem Du die aufgestauten Beiträge wieder zurückzahlst, bekommst Du in der Regel auch wieder den Versicherungsschutz in voller Höhe. Deine vereinbarte Rentenhöhe bleibt also gleich hoch.
Wichtig: Wirst Du während der Stundung berufsunfähig, erhältst Du nur eine stark reduzierte Berufsunfähigkeitsrente. Möchtest Du die volle BU-Rente erhalten, solltest Du die aufgestauten Beiträge schnellstmöglich an den Versicherer zurückzahlen.
Als absolute Notlösung bietet sich noch die sogenannte Beitragsfreistellung an. Du zahlst dann vorerst keine Beiträge mehr. Die Beiträge musst Du anders als bei einer Stundung auch nicht zurückzahlen. Je nach Versicherung ist das für einen Zeitraum von sechs bis 18 Monate möglich. Schau dazu einfach in die Versicherungsbedingungen Deines Vertrags oder frage direkt bei der Versicherung nach. Meist reicht es, wenn Du dazu ein formloses Schreiben an die Versicherung schickst und mitteilst, für welchen Zeitraum Du eine Beitragsfreistellung wünschst.
Achtung: Wirst Du nach der Beitragsfreistellung berufsunfähig, erhältst Du ebenfalls nur eine stark verringerte Berufsunfähigkeitsrente. Frag daher vorher bei Deinem Versicherer nach, wie hoch Deine BU-Rente nach der Beitragsfreistellung ausfällt.
Frage auch nach, was im Falle einer Beitragsfreistellung mit dem Vertrag passiert. Wenn du Deine BU-Versicherung beitragsfrei stellst, kann die versicherte BU-Rente nämlich unter einen bestimmten Mindestbetrag fallen. Der kann sich von Versicherung zu Versicherung unterscheiden. Passieren kann Dir das vor allem dann, wenn Du noch nicht lange in den Vertrag eingezahlt hast. Unterschreitest Du diesen Mindestbetrag, kann die Versicherung den Vertrag komplett auflösen. Du verlierst dann Deinen gesamten Versicherungsschutz und hast keine BU-Absicherung mehr.
Lass Dir von Deinem Versicherer schriftlich bestätigen, dass er auf eine erneute Gesundheitsprüfung verzichtet, wenn der Vertrag wieder normal weiterläuft. Solltest Du in der Zwischenzeit erkranken, könnte eine erneute Gesundheitsprüfung unter Umständen zu höheren Beiträgen führen.
Hast Du Deine BU-Versicherung beitragsfrei gestellt und willst sie wieder aufnehmen, bieten die Versicherungsunternehmen in der Regel zwei Optionen an: Entweder wird die versicherte Rente wegen der fehlenden Beiträge gesenkt oder Du zahlst künftig höhere Beiträge, um weiter auf dem ursprünglich vereinbarten Niveau abgesichert zu sein.
Ist die Berufsunfähigkeitsversicherung als Zusatz an eine Renten- oder Kapitallebensversicherung gekoppelt, solltest Du den Anbieter fragen, ob Du statt der BU-Zusatzversicherung auch die Hauptversicherung beitragsfrei stellen kannst. So bleibt der BU-Schutz erhalten, der Beitrag verringert sich aber deutlich. Generell empfehlen wir Dir aber, eine Berufsunfähigkeitsversicherung unabhängig von einer Renten- oder Lebensversicherung abzuschließen. Denn möchtest Du irgendwann die Lebensversicherung kündigen, musst Du Dich meist auch von der Berufsunfähigkeitsversicherung verabschieden.
Wenn Du den Vertrag erst vor Kurzem abgeschlossen hast, kannst Du möglicherweise noch widerrufen. Nach Vertragsschluss kannst Du den Vertrag innerhalb von 30 Tagen widerrufen (§ 152 Abs. 1 VVG) Die Frist beginnt, wenn der Versicherer Dir alle notwendigen Unterlagen übergeben hat. Dazu gehören der Versicherungsschein, die Vertragsbestimmungen, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen, das Produktinformationsblatt und die Widerrufsbelehrung. Du musst bei Deinem Widerruf keine Gründe angeben.
Im Normalfall bekommst Du kein Geld zurück, wenn Du eine BU kündigst. Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist wie die Haftpflichtversicherung eine reine Risikoversicherung. Du sparst also kein Geld an, sondern sicherst Dich nur gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit ab.
Geld zurück gibt es oftmals, wenn Du eine private Rentenversicherung oder einer Riester-Rente kündigst. Du bekommst dann den sogenannten Rückkaufswert bezahlt. Dieser Wert steht auf der jährlichen Standmitteilung der privaten Lebens- oder Rentenversicherung. Bei der BU-Versicherung gibt es dagegen keinen Rückkaufswert, wenn Du sie kündigst.
Anders ist es, wenn Du die BU-Versicherung als kombinierte Versicherung abgeschlossen hast – beispielsweise zusammen mit einer privaten Rentenversicherung. In dem Fall bekommst Du bei Deiner Kündigung auch den Rückkaufswert der Rentenversicherung zurück.
Aber: Bei einer Kombination aus BU-Versicherung und Risikolebensversicherung gibt es wiederum keine Auszahlung bei Kündigung. Die Risikolebensversicherung ist wie die BU-Versicherung eine Risikoversicherung und hat keinen Rückkaufswert.
Auf einen Rückkaufswert kommt es bei der Berufsunfähigkeitsversicherung aber auch nicht an. Den wirklichen Wert dieser Versicherung stellst Du dann fest, wenn Du mal berufsunfähig bist. Dann ist diese Versicherung durch nichts zu ersetzen.
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