Überschussbeteiligung Mehr Geld für Dich in der Berufsunfähigkeitsversicherung
Finanztip-Expertin für Versicherungen
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Wenn ein Versicherer für Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU-Versicherungen) weniger Geld ausgegeben hat als er zuvor eingeplant hatte, erwritschaftet er sogenannte Überschüsse. Diese muss er an Dich als versicherte Person weitergeben. Das kann aber auch in die andere Richtung gehen: Sinken die Überschüsse, kann die Versicherung Deine Beiträge unter bestimmten Voraussetzungen anheben.
Es gibt immer wieder Streit darüber, wie Versicherer ihre Beiträge kalkulieren und Überschüsse an die Kunden und Kundinnen weitergeben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 12. Juni 2024 über eine Überschussregelung bei der Dialog Lebensversicherung entschieden. Die Versicherung belohnt ihre Kunden mit höheren Überschüssen, wenn sie regelmäßig Sport machen und zum Arzt gehen. Doch die Klauseln sind laut BGH zum Teil intransparent und benachteiligen die Versicherten. Warum wir von solchen Tarifen grundsätzlich abraten, erfährst Du weiter unten im Text.
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist immer mit einem hohen Kostenrisiko für den Versicherer verbunden. Wird eine versicherte Person berufsunfähig, muss die Versicherung möglicherweise über viele Jahre hinweg Leistungen in Form einer BU-Rente zahlen.
Es gehört daher zum Geschäft einer Versicherung, zu überprüfen, wie sich ihre Einnahmen und Ausgaben in den kommenden Jahren entwickeln werden. Die Versicherung muss sicherstellen, dass sie sowohl die zu erwartenden BU-Renten als auch ihre sonstigen Kosten decken kann (§ 138 VAG). Zudem kalkuliert sie auf dieser Grundlage die Beitragshöhe für versicherte Personen. Dieser Beitrag nennt sich dann im Fachjargon Bruttobeitrag.
Durch die Überschussbeteiligung kann es aber passieren, dass die Versicherung Dir Geld zurückzahlt: Überschüsse entstehen, wenn die Aufwendungen für BU-Renten und die übrigen Kosten niedriger sind als ursprünglich angenommen. Das bedeutet: Werden weniger Menschen berufsunfähig als gedacht, hat die Versicherung niedrigere Ausgaben als geplant. Was bleibt, ist mehr Geld – ein Überschuss. Überschüsse können aber auch dann entstehen, wenn Versicherungen Teile der Versicherungsbeiträge gewinnbringend an Kapitalmärkten anlegen oder wenn ihre Kosten sinken.
Die Versicherung muss diese Überschüsse an Dich weitergeben. Das nennt sich Überschussbeteiligung und ist unter Paragraf 153 im Versicherungsvertragsgesetz geregelt. Dazu muss die Versicherung die Überschüsse ein Mal im Jahr ausrechnen und ihre Kunden und Kundinnen angemessen daran beteiligen – es sei denn, beide Parteien lehnen dies ausdrücklich in einer Vereinbarung ab.
Ob und in welcher Höhe ein Anbieter Überschüsse erwirtschaftet, ist also nicht garantiert und kann sich jährlich verändern. Auf welche Art er die Überschüsse an Dich weitergibt, hängt wiederum von Deinem Vertrag ab.
Die Versicherung darf Dich auf verschiedene Weisen an den Überschüssen beteiligen. Einige BU-Versicherer bieten nur eine Art der Überschussbeteiligung an. In der Regel kannst Du aber zwischen folgenden Arten der Überschussbeteiligung wählen:
Beitragsverrechnung - Alle Kunden und Kundinnen des Versicherungsunternehmens erhalten eine Gutschrift auf ihren Beitrag. Die Überschussanteile werden mit dem kalkulierten Bruttobeitrag verrechnet, sodass sie letztlich eine geringere Prämie zahlen – den sogenannten Nettobeitrag. Sinken die Überschüsse, steigt die zu zahlende Prämie.
Bonusrente - Beim Bonussystem erhöht sich die garantierte Berufsunfähigkeitsrente entsprechend der zu verrechnenden Überschussbeteiligung. Davon profitieren aber nur die Versicherten, die tatsächlich berufsunfähig werden und deshalb Anspruch auf eine Rente haben.
Schlussüberschuss - Die gesamte Summe wird bei Vertragsende an den Versicherungskunden ausgezahlt – wie bei einem Sparvertrag. Solche Sparverträge solltest Du aber besser meiden. Denn kündigst Du eines Tages Deine BU-Versicherung und wechselst zu einem anderen Versicherer, kannst Du Deinen Schlussüberschuss verlieren.
Wir empfehlen Dir, die Beitragsverrechnung zu nutzen. Nur so profitierst Du schon bei der nächsten fälligen Prämienzahlung von den Überschüssen Deines Anbieters. Steigen die Überschüsse, sinken Deine Beiträge für die BU-Versicherung. Das bedeutet aber auch im Umkehrschluss: Hat Deine Versicherung keine oder weniger hohe Überschüsse, kann auch Dein Versicherungsbeitrag steigen.
In der Vergangenheit gab es immer wieder Diskussionen darüber, dass BU-Versicherer ihre Nettoprämien zu niedrig ansetzen, wodurch Versicherte zu einem späteren Zeitpunkt mit Preiserhöhungen rechnen mussten. Damit Du keine bösen Überraschungen erlebst, solltest Du daher bei der Wahl der Versicherung immer auf den Bruttobeitrag schauen. Bis zu dieser Höhe kann der Versicherer den Beitrag maximal erhöhen (§ 163 VVG).
Abstand nehmen solltest Du allerdings von sogenannten Telematik-Tarifen in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Solche Tarife belohnen Dich mit einer höheren Überschussbeteiligung, wenn Du Dich gesundheitsbewusst verhältst. So einen Tarif bietet zum Beispiel die Dialog Lebensversicherung, eine Gesellschaft des Generali-Konzerns an. Der Tarif heißt SBU-professional Vitality.
Im Bereich der Kfz-Versicherung gibt es Telematik-Tarife schon länger. Je umsichtiger und risikoärmer Du fährst, desto niedriger fallen Deine Beiträge aus. Ähnlich funktioniert das im Tarif der Dialog Lebensversicherung. Je nachdem, wie oft Du Sport treibst oder an Vorsorgeuntersuchungen teilnimmst, wirst Du von der Versicherung in den Status Bronze, Silber, Gold oder Platin eingestuft. Deine Aktivitäten musst Du eigenständig über eine App an die Versicherung übermitteln. Je höher Dein Vitality Status, desto mehr Überschüsse werden Dir gutgeschrieben, wodurch Du beim Versicherungsbeitrag sparen kannst.
Doch laut einem BGH-Urteil vom 12. Juni 2024 (Az. IV ZR 437/22) enthält dieser Tarif unwirksame Klauseln. Zum einen seien Versicherte durch die Informationsklausel unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 S.1. BGB). Denn die Versicherten tragen allein das Risiko, ihr gesundheitsbewusstes Verhalten an die Versicherung zu melden. Das würde die Versicherten benachteiligen, da sie dann auch das Risiko für den Fall tragen, wenn die Versicherung für das Ausbleiben der Meldung verantwortlich ist, heißt es. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn die Daten aus technischen Gründen nicht übermittelt werden können.
Zum anderen sei es für Versicherte schwer durchschaubar, wie sich welches Verhalten genau auf den Beitrag auswirke. Die Klausel verstoße daher gegen das Transparenzgebot nach Paragraf 307 Abs. 1 S. 2 BGB, urteilte der BGH. Die Generali hat auf Nachfrage von Finanztip geäußert, dass sie Ihre Versicherungsbedingungen entsprechend anpassen werde. Davon sind laut Angaben der Versicherung rund hundert Kunden betroffen.
Grundsätzlich solltest Du vorsichtig damit sein, sensible Gesundheitsdaten herauszugeben. Angaben zu Deinem Gesundheitszustand musst Du nur im Rahmen einer Gesundheitsprüfung des Versicherers und bei der Beantragung der Berufsunfähigkeitsrente machen.
Du musst keinen Antrag für Deine Teilnahme an der Überschussbeteiligung stellen. Die Versicherung teilt Dir jedes Jahr schriftlich in einer sogenannten Überschussdeklaration mit, welche Überschüsse Dir zustehen. Deinen Bonus erhältst Du dann über eine der drei Arten der Überschussbeteiligung.
Hast Du Dich für die Beitragsverrechnung entschieden, werden die Überschüsse mit Deinem Bruttobeitrag verrechnet. Nach Erhalt der Überschussdeklaration werden dann also Deine Bruttobeiträge entweder nach oben oder nach unten hin angepasst, je nachdem ob die Versicherung weniger oder mehr Überschüsse als im letzten Jahr erwirtschaftet hat.
Die Bonusrente wird Dir zusätzlich zur versicherten Berufsunfähigkeitsrente ausbezahlt, wenn Du mal berufsunfähig werden solltest und über Deinen Versicherer eine Rente beziehst.
Ein Schlussbonus wird erst mit Beendigung des Vertrags, also in aller Regel mit Eintritt des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf Dein Konto ausbezahlt.
Versicherungen mit Überschussbeteiligungen gibt es vor allem bei Altersvorsorgeprodukten wie der Lebensversicherung, der privaten Rentenversicherung oder der Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Überschussbeteiligung bei der BU-Versicherung unterscheidet sich allerdings in einigen Punkten von der Überschussbeteiligung bei Lebens- und privaten Rentenversicherungen.
Die Überschussbeteiligungen bei Lebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen funktionieren etwas anders als bei der BU-Versicherung: Versicherte bekommen die Überschüsse zum einen jährlich zusammen mit dem Garantiezins ausgezahlt.
Lässt Du die Versicherung bis zum Vertragsende laufen, bekommst Du außerdem einen Schlussüberschuss überwiesen. Dabei zahlt die Versicherung also das Geld mit dem Ende der Lebensversicherung aus – oder dem Beginn der Rente bei Rentenversicherungen.
Zum Ersparten kommen auch noch Zinsen hinzu. Die Versicherung muss das Ersparte verzinsen, und zwar immer mindestens zum Garantiezins. Dieser Zinssatz wird Dir bei Abschluss der Versicherung für die gesamte Vertragslaufzeit zugesichert. Im April kündigte das Bundesfinanzministerium an, den Garantiezins erstmals seit 30 Jahren zu erhöhen: von aktuell 0,25 Prozent auf 1 Prozent ab 2025.
Bei Lebens- und Rentenversicherungen spielen erfolgreiche Kapitalanlagen außerdem eine größere Rolle für die Überschussgenerierung. Die BU-Versicherung kalkuliert ihre Überschüsse eher über Kosteneinsparungen und ausbleibende Berufsunfähigkeiten.
Mehr Infos zu der Überschussbeteiligung bei der Lebensversicherung oder bei der Rentenversicherung findest Du in unserem Ratgeber.
Bei der Wahl Deiner BU-Versicherung solltest Du Dich von einem Versicherungsmakler unterstützen lassen. Nicht jede Versicherung passt zu jedem Versicherten. Welcher Versicherer und welcher Tarif zu Dir passt, hängt unter anderem von Deinem Alter, Deinem Beruf und Deinem Gesundheitszustand ab. Eine individuelle Beratung beim Thema BU-Versicherung ist daher in aller Regel notwendig. In einem Vergleich haben wir Versicherungsmakler untersucht. Folgende Vermittler halten wir für empfehlenswert:
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