Das Wichtigste in Kürze
- Verspätet sich Dein Flieger oder wird Dein Flug gestrichen, steht Dir nach der europäischen Fluggastrechte-Verordnung oft eine Entschädigung von bis zu 600 Euro zu.
- Du kannst die Entschädigung selbst einfordern und falls nötig nach zwei Monaten die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr einschalten.
- Du kannst auch ein Unternehmen beauftragen, das für Dich gegen Honorar Deine Fluggastrechte durchsetzt – einen Fluggasthelfer.
So gehst Du vor
- Überprüfe mit dem Finanztip-Fluggastrechte-Tool, ob und in welcher Höhe Dir eine Entschädigung zusteht.
- Willst Du Deine Entschädigung sofort, empfiehlt Finanztip Ersatz-Pilot und EUFlight. Etwa 30 Prozent der Entschädigung bleiben bei den Sofortentschädigern.
- Bekommst Du dort kein Angebot, empfiehlt Finanztip Fairplane und Flightright. Die verlangen für ihre Arbeit zwischen 35 und 50 Prozent der Entschädigung und zahlen erst, wenn sie das Geld von der Airline bekommen haben.
Klickst Du auf eine Empfehlung mit *, unterstützt das unsere Arbeit. Finanztip bekommt dann eine Vergütung. Empfehlungen sind aufwändig recherchiert und basieren auf den strengen Kriterien der Finanztip-Expertenredaktion. Mehr Infos
Dein Flug hat sich verspätet oder ist ganz ausgefallen? Dann steht Dir oft eine Entschädigung von bis zu 600 Euro zu. Der Weg dahin ist nicht leicht. Entweder Du kümmerst Dich selbst darum oder Du beauftragst einen Rechtsdienstleister, der Deine Fluggastrechte durchsetzt. Finanztip hat die Branche der Fluggasthelfer untersucht und empfiehlt vier Anbieter.
Welche Fluggasthelfer empfiehlt Finanztip?
Finanztip hat die Branche der Fluggasthelfer untersucht, die für Fluggäste Entschädigungsansprüche wegen Flugverspätung oder Flugannullierung durchsetzen. Finanztip empfiehlt Ersatzpilot, EUFlight, Fairplane und Flightright.
Es gibt grundsätzlich zwei unterschiedliche Anbietertypen, an die sich Fluggäste wenden können:
- Sofortentschädiger und
- Inkassodienstleister.
Sofortentschädiger kaufen Entschädigungsforderungen gegen Fluggesellschaften und zahlen dafür an den Fluggast einen Kaufpreis. Der Fluggast bekommt etwa 30 Prozent weniger als die Entschädigung selbst für seine Forderung. Nach Abschluss der Formalitäten und Übergabe der Unterlagen zum Flug überweist ein Sofortentschädiger das Geld sofort. Allerdings kann es sein, dass Sofortentschädiger kein Angebot machen, wenn ihnen das Risiko zu hoch ist.
Inkassodienstleister zahlen an den Fluggast erst, wenn die Airline an das Unternehmen überwiesen hat, manchmal erst nach mehreren Monaten. Sie behalten zwischen 25 und 50 Prozent von der Entschädigung.
Welche Sofortentschädiger empfiehlt Finanztip?
Finanztip empfiehlt als Sofortentschädiger Ersatz-Pilot und EUFlight. Beide Unternehmen haben viel Erfahrung und Expertise.
Die Dienstleistung ist bei beiden Anbietern nicht teurer als bei den Inkassodienstleistern. Der Geld-Sofort-Anbieter Ersatz-Pilot ist mit einem Honorar zwischen 25 und 29 Prozent der Entschädigungssumme sogar besonders günstig.
Welche Inkassodienstleister empfiehlt Finanztip?
Finanztip empfiehlt bei den Inkassodienstleistern Fairplane und Flightright.
Von den fünf Unternehmen, die Finanztip untersucht hat, überzeugte Fairplane besonders. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Wien und einem Servicebüro in Wiesbaden ist eine gute Adresse für Fluggäste. Es ist seit 2011 auf dem Gebiet der Fluggastrechte tätig.
Der Anbieter kommt ohne Zusatzgebühren aus und ist deshalb vergleichsweise günstig. Die meisten unserer Kriterien hat das Unternehmen sehr gut erfüllt.
Du kannst Dich auch an Flightright wenden. Dieses Unternehmen hat als eines der ersten Legal-Tech-Unternehmen Fluggästen bei der Durchsetzung ihrer Rechte Unterstützung angeboten. Es ist sehr erfahren. Flighright verlangt einen Zuschlag von 14 Prozent, falls es Deinen Fall an eine Rechtsanwaltskanzlei übergeben muss. Einen Einfluss darauf hast Du nicht.
Was kosten Fluggasthelfer?
In der folgenden Tabelle findest Du die Kosten inklusive Mehrwertsteuer der Finanztip-Empfehlungen für einen Beispielfall mit einer Entschädigung von 250 Euro.
Preisvergleich der Finanztip-Empfehlungen | ||
---|---|---|
Anbieter | Kosten mit MwSt. | Kosten im Beispielfall1 |
Ersatzpilot | zw. 25 % -29 % | zw. 62,50 € und 72,50 € |
EUFlight | 33,32 % | 83,30 € |
Fairplane | zw. 24 % - 35 % | zw. 60 € und 87,50 € |
Flightright | zw. 24 % - 52 %2 | zw. 60 € und 130 € |
1 Bei dem Beispielfall geht es um eine Entschädigung von 250 Euro für einen verspäteten Flug außerhalb Deutschlands.
2 Der mögliche Zuschlag von 14 Prozent zzgl. MwSt. ist im Höchstbetrag bereits inbegriffen, falls Flightright Partneranwälte einschalten muss.
Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: September 2025)
Wie kannst Du Deine Rechte selbst durchsetzen?
Du kannst auch versuchen, Deine Entschädigung selbst einzufordern. Nutze den Finanztip-Fluggast-Rechner, um einschätzen zu können, was Dir zusteht, wenn Dein Flug gestrichen wurde oder erst mit großer Verspätung angekommen ist. Am Ende bekommst Du einen Überblick, welche Ansprüche Du wahrscheinlich hast. Du kannst Dir ein PDF-Dokument mit dem ausführlichen Ergebnis und einem angepassten Musterschreiben herunterladen.
Berechne Deine Ansprüche mit dem Finanztip-Fluggastrechner
Wann hilft die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr?
Willst Du Dich selbst um Deine Entschädigung kümmern und kommst bei der Airline nicht weiter, dann ist die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr eine gute Anlaufstelle. Sie prüft nochmal, ob Dein Anspruch besteht und macht einen Schlichtungsvorschlag. Für Dich entstehen dadurch keine Kosten.
Aber zurück zu den Fluggasthelfern:
Wie arbeiten Sofortentschädiger?
Sofortentschädiger prüfen anhand von Wetter- und Flugdaten sowie der aktuellen Rechtsprechung zunächst die Erfolgsaussichten Deines Falles nach der europäischen Fluggastrechte-Verordnung.
Nur wenn sie zu einem positiven Ergebnis kommen, bekommst Du ein Angebot: Geld für Deine Forderung. Sieht das Unternehmen zu große Risiken, die Entschädigung durchzusetzen, kann es sein, dass Du kein Angebot bekommst.
Nimmst Du das Angebot an, verkaufst Du Deine Entschädigungsforderung an das Unternehmen. Du überträgst die Forderung an den Sofortentschädiger und solltest innerhalb von zwei Bankarbeitstagen das Geld auf Deinem Konto haben. Damit ist die Angelegenheit für Dich erledigt. Es kann Dir egal sein, ob die Airline zahlt oder nicht. Das Geld, das Du bekommen hast, kannst Du in jedem Fall behalten.
Noch vor einigen Jahren waren die Sofortentschädiger teurer als die anderen Fluggast-Portale. Da galt die Devise: Lieber sofort die Entschädigung zu einem höheren Preis, als etwas mehr Entschädigung, aber womöglich erst nach mehreren Monaten. Die Finanztip-Untersuchung hat ergeben, dass sich das mittlerweile verändert hat.
Zum Teil sind die Sofortentschädiger sogar deutlich günstiger. Das kann allerdings nur funktionieren, wenn sie das Risiko der Ansprüche sehr gut einschätzen und rechtlich komplizierte Fälle eher nicht annehmen.
Was sind die Vorteile bei einer Sofortentschädigung?
Sofortentschädiger bieten für Fluggäste einige Vorteile:
- Schnell: Du bekommst sofort Geld, wenn Dein Flug verspätet war oder ausgefallen ist. Du musst nicht erst abwarten, ob die Airline Deine Entschädigung zahlt.
- Kein Papierkram: Du sparst Dir den ganzen Papierkram mit einem Sofortentschädiger.
- Kein Prozessrisiko: Es kann Dir egal sein, ob der Sofortentschädiger gegen die Airline klagen muss und ob er damit Erfolg hat. Du trägst kein Prozessrisiko.
- Kein Insolvenzrisiko: Sofortentschädiger bieten Dir zudem den Vorteil, dass Du selbst bei finanziellen Schwierigkeiten oder einer drohenden Insolvenz der Airline Dein Geld bekommst. Denn es ist allein das Risiko des Sofortentschädigers, ob er Deine Entschädigungsforderung durchsetzen kann.
Was sind die Nachteile bei einer Sofortentschädigung?
Das sind die Nachteile, wenn Du Dich für einen Sofortentschädiger entscheidest:
- Kein Angebot: Nicht alle Fluggäste bekommen ein Angebot von einem Sofortentschädiger.
- Verzicht auf weitere Ansprüche: Bei der Geld-sofort-Variante verzichtest Du eventuell auf Geld, weil die Sofortentschädiger nur die Entschädigung zwischen 250 Euro und 600 Euro abkaufen. Sind Dir zusätzlich zum Beispiel noch Taxikosten entstanden, werden diese Kosten nicht berücksichtigt.
Wie arbeiten die Inkassodienstleister?
Anbieter, die im Inkasso-Modell Deine Fluggastrechte durchsetzen, arbeiten so: Als Passagier eines verspäteten oder ausgefallenen Fluges gibst Du Deine Flugdaten auf der Website des Anbieters ein. Dann stellst Du dem Unternehmen eine Vollmacht aus oder trittst Deine Forderung ab, damit es in Deinem Namen tätig werden darf.
Das Fluggastrechte-Portal prüft Deine Ansprüche anhand von Rechtsprechung, Wetterdaten und Informationen der Flughäfen. Hat der Fall nach Einschätzung des Anbieters Aussicht auf Erfolg, bekommst Du ein Angebot. Nimmst Du das Angebot an, versucht er Deine Entschädigung wie ein Inkassounternehmen durchzusetzen. Die Fluggasthelfer schreiben die Airline an und fordern Deine Entschädigung. Zahlt die Fluggesellschaft nicht, schalten sie eine externe Anwaltskanzlei ein. Die erstreitet den Anspruch notfalls vor Gericht.
Es kann unterschiedlich lange dauern, bis ein Fall entschieden ist: Mal sind es wenige Wochen, bis Du Dein Geld bekommst, manchmal können Monate vergehen. Geht der Fall vor Gericht, kann es Jahre dauern.
Erst wenn der Flugrechte-Dienst Deinen Fall erfolgreich abschließt, zahlst Du für dessen Arbeit. Wenn der Fluggasthelfer die Entschädigung von der Airline erhält, zieht er seine Erfolgsprovision ab und überweist Dir den Rest.
Die Preise variieren sehr: von 24 Prozent bis zu fast 50 Prozent der Entschädigung. Konnte der Fluggasthelfer zum Beispiel Deine Entschädigung von 600 Euro durchsetzen, bekommst Du zwischen 456 Euro und 306 Euro ausgezahlt.
Wie hat Finanztip Fluggastrechte-Portale untersucht?
Fluggasthelfer-Test 2024/25
Es gibt rund 15 Unternehmen, die als Fluggasthelfer in Deutschland ihre Dienste anbieten. Sie gehören zur großen Gruppe der Legal-Tech-Anbieter. Mit Legal Tech ist eine digitalisierte Rechtsberatung gemeint: Software oder Algorithmen erledigen Aufgaben, die sonst eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt übernommen hätte.
Finanztip hat zwei Arten von Anbietern im Zeitraum vom 26. Juli bis zum 12. September 2024 untersucht: Sofortentschädiger und Inkassodienstleister. Dabei beschränkte sich Finanztip auf die Unternehmen, die bei einer Google-Suche am 25. Juli 2024 jeweils unter den ersten 30 Ergebnissen zu den Begriffen „Flugverspätung Entschädigung“, „Flugannullierung Entschädigung“, „Fluggastrechte EU-Verordnung“, „Fluggasthelfer“ und „Fluggastrechte Portale“ angezeigt wurden.
Einige Rechtsanwaltskanzleien tauchten bei unserer Google-Suche auf, die sich auf Fluggastrechte spezialisiert haben. Fluggäste können sich auch an eine Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt wenden. So kann man sich bei Erfolg die Provision der Portale sparen. In dieser Untersuchung hat sich Finanztip allerdings auf die Legal-Tech-Unternehmen beschränkt, um den Umfang des Tests nicht zu sehr auszuweiten. Rechtsanwaltskanzleien, Schlichtungsstellen und Verbraucherzentralen wurden deshalb nicht in die Untersuchung einbezogen.
Was war bei den Sofortentschädigern wichtig?
Bei den Sofortentschädigern hat Finanztip drei Unternehmen berücksichtigt, die Kunden Entschädigungsforderungen abkaufen. Dazu gehören: Compensation2go, Ersatz-Pilot und EUFlight. Diese Unternehmen bieten kein Inkasso-Modell an – auch nicht in Kooperation mit einem anderen Unternehmen. Sie haben sich ausschließlich auf Sofortentschädigung spezialisiert.
Finanztip hat den Anbietern Fragen zu folgenden Themen gestellt: zum Unternehmen, zur Anzahl der Mitarbeiter und der im ersten Halbjahr 2024 ausgezahlten Entschädigungen, zu erstrittenen Urteilen sowie zu den Kosten. Zudem baten wir die Unternehmen, drei Beispielfälle zu beurteilen, die auf realen Sachverhalten und Urteilen beruhten. Wir wollten jeweils wissen, wie sie die Rechtslage bewerten, ob das Unternehmen den Fall übernehmen würde und welche Summe es an den Fluggast zahlen würde.
Wichtige Kriterien bei der Sofortentschädigung sind: Preis, Preistransparenz, Erfahrung, aber auch die Frage, ob sich das Unternehmen nur die Rosinen herauspickt oder auch Fälle mit kalkuliertem Risiko übernimmt. Diese Aspekte haben wir deshalb berücksichtigt und mit Punkten bewertet. Anbieter konnten eine Gesamtpunktzahl von 110 Punkten erzielen.
Klarer Preis - Wir bewerteten es positiv, wenn das Unternehmen einen einheitlichen Preis für alle Fluggäste anbot (5 Punkte). Fluggasthelfer, die jedem Fluggast einen individuellen Preis innerhalb von Preisspannen anbieten – je nachdem, wie aussichtsreich der Fall ist, konnten Finanztip nicht überzeugen. Es ist nicht nachvollziehbar, wie viele Fluggäste ein günstiges Angebot bekommen und welche Kriterien die Preisfindung beeinflussen.
Die Höhe der Kosten für die Dienstleistung haben wir abgefragt und überprüft, dafür aber keine gesonderten Punkte vergeben.
Preistransparenz auf der Website - Die Kosten mussten für den Verbraucher transparent auf der ersten Seite des Internetauftritts zu finden sein (5 Punkte). Nach der Mitteilung der EU-Kommission soll das Unternehmen das Honorar inklusive Mehrwertsteuer angeben (5 Punkte). Gut fanden wir, wenn das Unternehmen anhand von Beispielen ausrechnet und in einem Eurobetrag angibt, was die Dienstleistung tatsächlich kostet (5 Punkte). Wichtig war uns auch, dass die Anbieter nicht irreführend werben und Ausgleichszahlungen in Aussicht stellen, die die Fluggäste bei Verkauf der Forderung tatsächlich nie bekommen können (10 Punkte).
Forderung von weiteren Kosten - Besonders positiv hat Finanztip es bewertet, wenn der Fluggasthelfer neben den reinen Entschädigungen auch weitere Ansprüche prüft und einfordert. Bei einer Flugannullierung kann sich der Fluggast zum Beispiel zusätzlich den Ticketpreis erstatten lassen, wenn er keinen Ersatzflug genommen hat. (10 Punkte).
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Die AGB der Anbieter haben wir uns angeschaut und vier Einzelaspekte bewertet, etwa ob Klauseln überraschend waren, weil dort zum Beispiel zusätzliche Gebühren auftauchten. Wir bewerteten auch, ob der Anbieter einen Hinweis auf die Schlichtungsstelle in die AGB aufgenommen hat und ob das Unternehmen sich zu einem Schlichtungsverfahren bereit erklärt (20 Punkte).
Kundenbewertungen - Nach dem Preis sind die Bewertungen durch andere Kunden oft das zweitwichtigste Kriterium für Verbraucher bei der Entscheidung für ein Unternehmen oder eine Dienstleistung. Wir haben die Bewertungen bei Trustpilot und auf unserer eigene Finanztip-Seite für Erfahrungen mit Anbietern ausgewertet und entsprechende Punkte dafür vergeben (bis zu 15 Punkte).
Fallbeispiele - Wir ließen die Anbieter drei realistische Fälle beurteilen und legten dabei besonderen Wert auf eine umfassende rechtliche Analyse. Davon versprechen wir uns zumindest einen Hinweis auf die Annahmequote, aber auch auf die Qualität der rechtlichen Bewertung. Die Ausführungen haben wir mit der aktuellen Rechtsprechung verglichen und bewertet (bis zu 30 Punkte). Zudem baten wir um die Übermittlung von zwei Urteilen aus dem Jahr 2024, die der Anbieter erstritten hat (5 Punkte).
Der Anbieter Ersatz-Pilot erfüllte zum Zeitpunkt unserer Untersuchung unsere Kriterien am besten (79 Punkte). EUFlight ist ebenfalls eine Empfehlung. Der Anbieter bekam nur etwas weniger Punkte, verfügt aber über sehr viel Erfahrung (66 Punkte). Wir empfehlen beide Sofortentschädiger.
Was war bei den Inkassodienstleistern wichtig?
Von den Inkassodienstleistern haben wir elf Unternehmen angeschrieben. Sechs Anbieter haben nicht geantwortet. Alle anderen Dienstleister haben wir in unsere Untersuchung einbezogen: Aviclaim, Fairplane, Flightright, flug-verspaetet.de und Passengers Friend.
Wir stellten den Anbietern Fragen zu folgenden Themen: zum Unternehmen, zur Anzahl der Mitarbeiter und der im ersten Halbjahr 2024 angenommenen Fälle, zur Anzahl der im ersten Halbjahr 2024 ausgezahlten Entschädigungen, zu erstrittenen Urteilen, zum Umgang mit Verzugszinsen, Vergleichen und weiteren Forderungen, ob der Fluggast den Vertrag auch wieder beenden kann und ob er die Forderung abtreten muss sowie zu den Kosten. Schließlich haben wir die Unternehmen ebenfalls gebeten, drei Beispielfälle zu beurteilen, die auf realen Sachverhalten beruhten. Wir wollten jeweils wissen, wie das Unternehmen die Rechtslage bewertet, ob es den Fall übernehmen würde, was es einfordern würde und welche Summe es auszahlen würde.
Die folgenden elf Kriterien bewerteten wir mit einzelnen Punkten. Anbieter konnten eine Gesamtpunktzahl von 130 Punkten erzielen. Wir empfehlen zwei Inkasso-Portale, die am besten abgeschnitten haben.
Klarer Preis - Einige Unternehmen bieten ihre Inkassokeistungen zu unterschiedlichen Preisen an – der variiert nach interner Risikoeinschätzung. Zu welchem Preis der Anbieter den Fall übernimmt, erfährt der Fluggast erst, nachdem das Unternehmen den Sachverhalt vorgeprüft hat. Wir bewerteten es positiv, wenn das Unternehmen einen einheitlichen Preis für alle Fluggäste anbietet. Wichtig war uns auch, dass zur ausgewiesenen Provision keine weiteren Kosten hinzukommen, etwa wenn eine externe Anwaltskanzlei eingeschaltet wird oder der Fall vor Gericht geht (5 Punkte).
Preistransparenz auf der Website - Die Kosten müssen für den Verbraucher transparent auf der ersten Seite des Internetauftritts zu finden sein (5 Punkte). Nach der Mitteilung der EU-Kommission soll das Honorar inklusive Mehrwertsteuer angegeben werden (5 Punkte). Besonders transparent ist es aus unserer Sicht, wenn das Unternehmen anhand von Beispielen ausrechnet und in einem Eurobetrag angibt, was die Dienstleistung für den Verbraucher tatsächlich kostet (5 Punkte). Wichtig war uns auch, dass die Anbieter nicht irreführend werben und Ausgleichszahlungen in Aussicht stellen, die die Fluggäste bei Verkauf der Forderung tatsächlich nie bekommen können (10 Punkte).
Allgemeine Geschäftsbedingungen - Wir haben uns auch die AGB der Anbieter angesehen. Sind die Regelungen klar, verbraucherfreundlich und transparent, ohne Überraschungen wie Schadensersatzpauschalen oder Zusatzkosten, haben wir das positiv bewertet. Hat ein Unternehmen sich die Forderung abtreten lassen, sollte beim Widerruf oder bei der Kündigung auch etwas zur Rückübertragung der Forderung stehen. Für den Verbraucher von Vorteil ist es auch, wenn sich das Unternehmen bereit erklärt, an einer Streitschlichtung teilzunehmen und darauf in den AGB verweist (20 Punkte).
Kundenbewertungen - Nahezu alle untersuchten Inkassodienstleister arbeiten mit dem Bewertungsportal Trustpilot zusammen. Wir haben die Bewertungen dort ausgewertet und entsprechende Punkte dafür vergeben (bis zu 10 Punkte). Auch die Anbieterbewertungen bei Finanztip zur Fluggasthilfe haben wir gesondert bewertet (bis zu 5 Punkte).
Fallprüfungen - Wir haben den Unternehmen drei Fallbeispiele vorgelegt, die wir anhand von realen Flügen und Urteilen nachgebildet haben. Wir baten den Dienstleister, die Rechtslage zu bewerten und zu erklären, ob er den Fall übernehmen und welchen Betrag er einfordern würde, und mit welcher Auszahlung der Fluggast rechnen kann. Die Qualität der rechtlichen Einschätzung unter Berücksichtigung der rechtlichen Grundlagen und der Rechtsprechung war uns wichtig, da sie die Grundvoraussetzung dafür ist, dass der Fluggast tatsächlich zu seinem Recht kommt und nicht zu wenig eingefordert wird (30 Punkte). Zudem baten wir um die Übermittlung von zwei Urteilen aus dem Jahr 2024 (5 Punkte).
Keine Abtretung im Inkasso-Modell - Einige Inkassodienstleister lassen sich wie die Sofortentschädiger die Entschädigungsforderung abtreten. Wir finden es besser, wenn der Fluggast Inhaber seiner Forderung bleibt. Es gibt aus unserer Sicht keinen nachvollziehbaren Grund, warum der Fluggast im Inkasso-Modell seine Forderung gegen die Airline abtreten und damit gewissermaßen in Vorleistung gehen sollte.
Mit einer Bevollmächtigung kann ein Portal die Ansprüche ebenfalls effektiv durchsetzen, denn auch ein Rechtsanwalt lässt sich regelmäßig nur bevollmächtigen. Der Kunde verliert durch die Abtretung seinen „Vermögenswert“, er kann dem Portal nicht mehr so leicht kündigen. Zudem wird es dem Fluggast oft gar nicht klar, dass er nach der Beauftragung eines Fluggastrechte-Portals nicht mehr Inhaber seiner Forderung ist. Positiv bewertet haben wir deshalb, wenn ein Anbieter sich die Ansprüche nicht abtreten lässt (5 Punkte).
Weitere Ansprüche - Viele Portale haben sich ausschließlich auf die Durchsetzung der Ausgleichszahlungen konzentriert. Wir haben es positiv bewertet, wenn der Anbieter über die Entschädigung hinaus auch weitere Ansprüche geltend macht, die dem Fluggast zustehen. Das können zum Beispiel Ticketkosten, Taxi- oder Übernachtungskosten sein, aber auch Schmerzensgeld, weil die Airline den Fluggast nicht ordentlich betreut und mit Getränken versorgt hat (10 Punkte).
Zinsen und Vergleich - Einige Anbieter fordern zwar Zinsen auf die Entschädigungssumme, behalten diese aber als eine Art Zusatzprovision. Auch das halten wir nicht für verbraucherfreundlich. Wer die Zinsen an den Kunden weitergibt, den haben wir positiv bewertet (5 Punkte). Wir haben es auch positiv bewertet, wenn der Fluggast um Zustimmung gebeten wird, wenn das Unternehmen einen Vergleich abschließen will (5 Punkte).
Unsere beiden Empfehlungen haben unsere Kriterien gut erfüllt. Fairplane erzielte 79 Punkte, Flightright schnitt etwas schlechter ab, hat aber ebenfalls sehr viel Erfahrung bei der Durchsetzung von Fluggastrechten vor deutschen Gerichten und gute Kundenbewertungen (59 Punkte).
Im Sommer 2025 startete Finanztip keine neue Untersuchung. Die Daten der Finanztip-Empfehlungen wurden allerdings aktualisiert. Dazu sendeten wir einen umfangreichen Fragebogen an die Fluggasthelfer mit Fragen zum Unternehmen, zum Geschäftsjahr 2025 und zur Statistik. Wichtig war für Finanztip auch die Einschätzung der Fluggasthelfer zur Reform der europäischen Fluggastrechte, die durch die Entscheidung des Rats der Europäischen Union vom Juni 2025 weiter vorangetrieben wurde.
* Was der Stern bedeutet:
Finanztip ist kein gewöhnliches Unternehmen, sondern gehört zu 100 Prozent zur gemeinnützigen Finanztip Stiftung. Die hat den Auftrag, die Finanzbildung in Deutschland zu fördern. Alle Gewinne, die Finanztip ausschüttet, gehen an die Stiftung und werden dort für gemeinnützige Projekte verwendet – wie etwa unsere Bildungsinitiative Finanztip Schule.
Wir wollen mit unseren Empfehlungen möglichst vielen Menschen helfen, eigenständig die für sie richtigen Finanzentscheidungen zu treffen. Daher sind unsere Inhalte kostenlos im Netz verfügbar. Wir finanzieren unsere aufwändige Arbeit mit sogenannten Affiliate Links. Diese Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen (*).
Bei Finanztip handhaben wir Affiliate Links jedoch anders als andere Websites. Wir verlinken ausschließlich auf Produkte, die vorher von unserer unabhängigen Experten-Redaktion ausführlich analysiert und empfohlen wurden. Nur dann kann der entsprechende Anbieter einen Link zu diesem Angebot setzen lassen. Geld bekommen wir, wenn Du auf einen solchen Link klickst oder beim Anbieter einen Vertrag abschließt.
Für uns als gemeinwohlorientiertes Unternehmen hat es natürlich keinen Einfluss auf die Empfehlungen, ob und in welcher Höhe uns ein Anbieter vergütet. Was Dir unsere Experten empfehlen, hängt allein davon ab, ob ein Angebot gut für Dich als Verbraucher ist.
Mehr Informationen über unsere Arbeitsweise findest Du auf unserer Über-uns-Seite.