Ver­si­che­rungs­om­buds­mann So bekommst Du Hilfe bei Streit mit der Ver­si­che­rung

Kathrin Gotthold
Finanztip-Expertin für Vorsorge und Ver­si­che­rung

Das Wichtigste in Kürze

  • Hast Du ein Problem mit einer Ver­si­che­rung oder einem Ver­si­che­rungsvermittler, kannst Du Dich kostenlos an den Ver­si­che­rungs­om­buds­mann wenden. Fast alle Versicherer in Deutschland nehmen an diesem Schlich­tungs­ver­fahr­en teil.

  • Geht es bei dem Streit um weniger als 10.000 Euro, muss sich die Ver­si­che­rung an die Entscheidung des Ombudsmannes halten. Bei höheren Beträgen ist seine rechtliche Einschätzung nicht bindend.

  • In etwa der Hälfte der Fälle kann der Ver­si­che­rungs­om­buds­mann eine Lösung zugunsten der Verbraucher erreichen.

  • Für andere Lebensbereiche gibt es branchenspezifische Ombudsleute sowie eine allgemeine Schlichtungsstelle.

So gehst Du vor

  • Du bist mit einer Entscheidung Deiner Ver­si­che­rung nicht einverstanden? Versuch zunächst, das Problem direkt mit dem Unternehmen aus der Welt zu schaffen.
  • Hilft das nicht, wende Dich an den Ver­si­che­rungs­om­buds­mann. Er informiert die Ver­si­che­rung über die Beschwerde und fordert sie zur Stellungnahme auf.
  • Bleibt die Ver­si­che­rung bei ihrer Meinung, prüft der Ombudsmann die Streitfrage. Je nach Streitwert trifft er direkt eine Entscheidung oder spricht eine Emp­feh­lung aus.

Der Ver­si­che­rungs­om­buds­mann ist ein wichtiger Ansprechpartner, wenn Du in einem Schadensfall anderer Meinung bist als Deine Ver­si­che­rung oder Du Dich von Deinem Ver­si­che­rungsvermittler falsch beraten fühlst. Der Wortsteil Ombud bedeutet so viel wie "Auftrag" oder "Vollmacht" - eine Ombudsperson soll die Interessen einer bestimmten Gruppe berücksichtigen. Der Ver­si­che­rungs­om­buds­mann die von Versicherten.    

Nutzt Du das Ombudsverfahren richtig, bekommst Du von der Schlichtungsstelle kostenlos eine unabhängige Einschätzung Deiner Angelegenheit. Und im besten Fall sogar eine Entscheidung in Deinem Sinne – ohne einen riskanten und kostspieligen Gerichtsprozess.

Wofür ist der Ombudsmann zuständig?

Am Ombudsmann-Verfahren nehmen fast alle Ver­si­che­rungskonzerne teil. Im Jahr 2022 landeten rund 16.000 Beschwerden bei der Schlichtungsstelle, davon waren rund 12.000 zulässig.

Entscheiden darf der Ombudsmanns in Angelegenheiten, die die Privatversicherung betreffen (im Gegensatz zur gesetzlichen Ver­si­che­rung) und rund um alle Ver­si­che­rungen, die nicht in den Bereich Kran­ken­ver­si­che­rung gehören – also Lebens-, Sach- und Haft­pflicht­ver­si­che­rungen.

Bei Beschwerden an den Ombudsmann geht es immer um das Verhältnis von Ver­si­che­rungskunden und Versicherer. Achtung: Der Ombudsmann ist kein Rechtsbeistand im Schadensfall.

Wenn Du Ärger mit einem Ver­si­che­rungsvermittler hast, dann kannst Du Dich auch darüber beim Ver­si­che­rungs­om­buds­mann beschweren. Das gilt bereits für die Anbahnung, also bevor der Ver­si­che­rungsvertrag abgeschlossen ist. Der Ver­si­che­rungsvermittler ​​muss sich zwar nicht an die Entscheidung des Schlichters halten. Du bekommst aber in jedem Fall eine kompetente Prüfung und eine verständliche Begründung.

Für die private Kran­ken­ver­si­che­rung gibt es einen eigenen Ombudsmann.

Worüber Du Dich beschweren kannst

Egal ob in der Rechtsschutz-, Hausrat- oder Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung – in der Regel geht es beim Ver­si­che­rungs­om­buds­mann darum, dass die Ver­si­che­rung nicht zahlen will.

In der Kfz-Haftpflichtversicherung dreht sich der Streit häufig darum, dass sich ein Kunde entweder nicht in die richtige Scha­den­frei­heits­klas­se eingestuft fühlt oder dass er nicht damit einverstanden ist, wie die Ver­si­che­rung einen Schaden reguliert.

Der Ver­si­che­rungs­om­buds­mann ist aber auch der passende Ansprechpartner, wenn ein Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men den Widerruf Deiner Le­bens­ver­si­che­rung nicht anerkennen will, Du Dich beim Abschluss einer Ver­si­che­rung falsch beraten fühlst oder ein Anbieter Deine Kündigung nicht akzeptiert.

Wofür der Ver­si­che­rungs­om­buds­mann nicht zuständig ist

Der Ombudsmann ist nicht der richtige Adressat, wenn es um Deine Ansprüche gegen die Ver­si­che­rung eines anderen geht, zum Beispiel gegen die Kfz-Versicherung Deines Unfallgegners. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Themen, die ebenfalls nicht in seine Zuständigkeit fallen. Das sind:

  • Beschwerden, bei denen es um Ansprüche aus einem Kranken-, Pflege- oder Kre­dit­ver­si­che­rungs­ver­trag geht. Dafür sind andere Schlichtungsstellen zuständig;
  • Beschwerden, die sich auf die bei der ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­schen Berechnung angewandten Methoden oder Formeln beziehen;
  • Ansprüche eines Dritten auf die Ver­si­che­rungsleistung;
  • Streitigkeiten, die vor einem Gericht, Schiedsgericht, einer Streit­schlich­tungs­ein­rich­tung oder der Ver­si­che­rungsaufsicht anhängig sind oder bereits abschließend behandelt wurden;
  • Beschwerden, die offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben sowie
  • Beschwerden, bei denen der Anspruch bereits verjährt ist und der Beschwerdegegner sich auf die Verjährung beruft.

Warum solltest Du den Ombudsmann im Streitfall nutzen?

Wenn Du den Ver­si­che­rungs­om­buds­mann kontaktierst, hast Du die Chance, den Streit mit Deiner Ver­si­che­rung in einem geordneten Verfahren zu klären. Dazu solltest Du im ersten Schritt Deine Unterlagen zusammensuchen, damit Du zügig reagieren und Dokumente nachreichen kannst. Bring in Deiner Beschwerde auf den Punkt, warum Du mit der Entscheidung Deines Versicherers nicht einverstanden bist. Vielleicht kannst Du auch angeben, an welcher Stelle die Argumentation Deines Versicherers Deiner Meinung nach nicht passt oder was er unberücksichtigt gelassen hat.

Als Lohn für Deine Mühe erhältst Du von der Schlichtungsstelle eine unabhängige und kompetente Zweitmeinung zu Deinem Fall. Der Ombudsmann prüft Deine Beschwerde nach Recht und Gesetz und legt damit den gleichen Maßstab an wie ein Gericht. Dabei verfolgt er keine eigenen wirtschaftlichen Interessen und steht auch nicht auf der Seite der Versicherer.

Im besten Fall bewegt bereits die Anfrage des Ombudsmanns den Versicherer, sich kulanter zu zeigen als im ersten Anlauf. Außerdem erhältst Du womöglich Erklärungen zu Deinem Fall, die Dir der Versicherer nicht geben konnte oder wollte.

In den allermeisten Fällen ist der Streitfall nach der Entscheidung des Ombudsmanns beendet: Bis zu einem Streitwert von 10.000 Euro ist der Schlichterspruch für den Versicherer bindend. Du kannst hingegen vor Gericht ziehen, wenn Du mit der Entscheidung des Ombudsmanns nicht einverstanden bist. Für Ansprüche bis 100.000 Euro erhältst Du immerhin eine Einschätzung des Sachverhalts und kannst besser absehen, ob sich der Weg über ein Gericht lohnt.

Selbst wenn Du mit Deiner Beschwerde keinen Erfolg hast, ist das Verfahren über den Ombudsmann eine Gelegenheit, Deinen Ver­si­che­rungs­schutz noch einmal kritisch zu hinterfragen und eventuell zu ergänzen. Du weißt danach vielleicht viel besser, worauf es Dir wirklich ankommt.

Wie arbeitet der Ombudsmann?

Damit die Schlichtungsstelle tätig wird, musst Du Deine Beschwerde kurz und knapp, aber verständlich und belegbar begründen. Zuvor musst Du Deinen Anspruch gegenüber der Ver­si­che­rung geltend gemacht und dem Unternehmen sechs Wochen Zeit gegeben haben, sich abschließend zu äußern.

Du hast verschiedene Möglichkeiten, zum Ombudsmann Kontakt aufzunehmen. Neben dem klassischen Brief oder Fax erreichst Du ihn auch direkt über die Homepage der Schlichtungsstelle.

Der Ombudsmann prüft, ob die eingereichte Beschwerde zulässig ist und in einer angemessenen Zeit bearbeitet werden kann. Der Versicherer bekommt dann drei Wochen Zeit, ihm seine Entscheidung zu erklären. Bei besonderen Fällen kann die Schlichtungsstelle die Antwortfrist um bis zu einen Monat verlängern.

Danach trifft der Ombudsmann seine Entscheidung auf Grundlage der Informationen, die ihm zu dem Zeit­punkt vorliegen. Hat die Ver­si­che­rung nicht reagiert, wird ihre Ansicht gar nicht berücksichtigt. Verzögert sie mit ihren Ausführungen das Verfahren, kostet sie das mindestens 500 Euro, im Wiederholungsfall sogar 1.000 Euro. Anschließend hat der Ombudsmann 90 Tage Zeit, das Verfahren zum Abschluss zu bringen.

Aus dem aktuellen Jahresbericht des Ver­si­che­rungs­om­buds­manns geht hervor, dass Verbraucher sich im Jahr 2022 mit rund 15.000 Beschwerden an die Schlichtungsstelle gewandt haben. Knapp 12.000 dieser Beschwerden waren zulässig, so dass sich der Ombudsmann mit ihr befasst hat. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Verbraucherbeschwerden um knapp 16 Prozent zurückgegangen.

Die Bearbeitung dauerte im Schnitt fast zweieinhalb Monate. Die meisten Beschwerden über Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men betrafen Le­bens­ver­si­che­rung­en, sowie Rechts­schutz­ver­si­che­rungen, gefolgt von Autoversicherungen (Kfz-Haftpflicht und Kasko-Versicherungen).

Lässt man den Bereich Le­bens­ver­si­che­rung außen vor, ging fast die Hälfte der Beschwerden (48,5 Prozent) über Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men zugunsten der Verbraucher aus. Beschwerden in der Lebensersicherung haben mit einer Quote von 34 Prozent geringere Aussichten auf Erfolg. Das liegt dem Ombudsmann zufolge daran, dass es in vielen Fällen Missverständnisse auf Seiten der Kunden gibt. Diese entstehen beispielsweise, wenn Schreiben vom Versicherer für Laien schwer verständlich sind; solche Fälle kann der Ombudsmann oft aufklären. Damit ist dann häufig auch die Beschwerde erledigt.

Auf der Website des Ver­si­che­rungs­om­buds­manns findest Du eine Datenbank mit Entscheidungen einschließlich Erklärungen.

Weitere Schlichtungsstellen für Ver­si­che­rungen

Als Ver­si­che­rungskunde kannst Du Dich auch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) über die Ver­si­che­rung beschweren. Die Bafin ist jedoch keine Schiedsstelle und kann einzelne Streitfälle nicht verbindlich entscheiden. Aber im Einzelfall kann sie deutlich mehr Druck erzeugen, weil sie zugleich die Aufsichtsbehörde der Ver­si­che­rungsbranche ist. Der Weg über den Ombudsmann ist jedoch unkomplizierter und führt zu greifbareren Ergebnissen für den Einzelnen.

Geht es um Beschwerden zur privaten Kran­ken­ver­si­che­rung (PKV) und zur privaten Pfle­ge­ver­si­che­rung, ist der PKV-Ombudsmann der richtige Ansprechpartner. Er ist der außergerichtliche Streitschlichter für die private Kranken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung und nicht mit dem Ver­si­che­rungs­om­buds­mann zu verwechseln. So darf der PKV-Ombudsmann keine bindenden Entscheidungen treffen, sondern kann nur vermitteln und Emp­feh­lungen aussprechen.

Seit 2016 gibt es flächendeckend weitere offizielle Schlichtungsstellen in Deutschland. Sie sollen Streitigkeiten über Mängel an Produkten oder Dienstleistungen jeglicher Art zwischen Verbrauchern und Unternehmen außergerichtlich beilegen. Sie ergänzen die bisher vorhandenen Ombudsstellen für Finanzdienstleistungen, die Energieversorgung und im Personenverkehr.

Autoren
Julia Rieder

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