Krankmeldung im Job
In der Arbeit krankmelden: So machst Du es richtig

Finanztip-Expertin für Recht
Wer nicht fit genug für die Arbeit ist, muss zuhause bleiben. 2021 waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland durchschnittlich 11,2 Arbeitstage krankgemeldet. Aber ab wann musst Du zum Arzt? Wie funktioniert die elektronische Krankschreibung? Und musst Du während der Krankmeldung auf jeden Fall das Bett hüten?
Durch den Arbeitsvertrag hast Du Dich verpflichtet, für Deinen Arbeitgeber zu arbeiten. Es gilt der Grundsatz: Ohne Arbeit keinen Lohn. Anders ist das, wenn Du krank bist. Dann verlangt niemand von Dir, bei der Arbeit zu erscheinen – Gehalt bekommst Du aber trotzdem. Eine soziale Errungenschaft, die im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt ist. Es gibt aber ein paar Spielregeln, die Du beachten musst.
Deinem Arbeitgeber musst Du Dein Fehlen und die voraussichtliche Dauer unverzüglich mitteilen, also so schnell es geht. Das steht so entweder in Deinem Arbeitsvertrag, in dem für Dich relevanten Tarifvertrag und auch im Gesetz (§ 5 Abs. 1 EntgFG). Auf welchem Weg Du Dich am besten krankmeldest, solltest Du mit Deinem Chef klären. Im Gesetz ist keine besondere Form für die Mitteilung festgelegt. Ein Anruf zu Beginn des Arbeitstages ist der schnellste und üblichste Weg. Wenn Du Deine Krankmeldung per E-Mail verschickst, hast Du einen Beleg dafür, dass Du rechtzeitig in der Firma Bescheid gegeben hast. Es ist auch möglich, dass ein Dritter den Arbeitgeber informiert – etwa jemand aus der Familie oder Dein Lebenspartner. Geht dabei etwas schief, fällt das aber auf Dich zurück. Du riskierst eine Abmahnung.
An was genau Du leidest, musst Du grundsätzlich nicht erklären. Etwas anderes kann sich aus Deinem Arbeitsvertrag ergeben, wenn Du am Arbeitsplatz mit besonderen Ansteckungsgefahren zu tun hast: Arbeit im Gesundheitswesen, in der Pflege, Pharmaproduktion, Gastronomie oder in der Kinderbetreuung.
Falls die Erkrankung als Folge von betrieblichen Abläufen aufgetreten ist, musst Du zum Schutz der übrigen Belegschaft darauf hinweisen. Gegenüber dem Arbeitgeber besteht immer eine Anzeigepflicht, wenn ein Infektionsrisiko für Kollegen besteht. Warst Du während der Erkrankung zum Beispiel im Homeoffice und hattest daher keinen Kontakt zu anderen Beschäftigten, musst Du die Art der Erkrankung auch nicht gegenüber dem Arbeitgeber anzeigen.
Ab wann Du ein Attest benötigst, hängt von Deinem Arbeitsvertrag ab. Ist darin nichts zur Krankmeldung geregelt, gilt das Gesetz: Wenn Du länger als drei Kalendertage nicht arbeiten kannst, musst Du am darauffolgenden Arbeitstag ein Attest vorlegen – also meist am vierten Tag der Krankheit (§ 5 Abs. 1 EntgFG).
Bist Du Montagmorgen krank, musst Du die ärztliche Bescheinigung am Donnerstag ausstellen lassen; bist Du seit Donnerstag krank, wäre der vierte Tag der Sonntag. Wenn Du Sonntag normalerweise nicht arbeitest, dann reicht es laut Gesetz, das Attest am Montag zu bekommen, denn dann ist der nächste Arbeitstag entscheidend (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EntgFG).
Bei kurzen Erkrankungen musst Du deshalb in aller Regel nicht zum Arzt. Dein Arbeitgeber kann von Dir jedoch auch verlangen, früher zum Arzt gehen. Das kann er vom Einzelfall abhängig machen oder schon in den Vertrag schreiben. Hältst Du Dich nicht an die Absprache, muss Dein Arbeitgeber das Gehalt für die Krankheitszeit nicht zahlen (§ 7 EntFG), kann Dich abmahnen und unter Umständen sogar kündigen.
Du solltest also sicherheitshalber in Deinem Vertrag nachschauen, wann Du ein Attest benötigst. Hier ein Beispiel für eine Klausel, wonach der Arbeitnehmer bereits am dritten Krankheitstag ein Attest vorlegen muss:
„Im Falle der Arbeitsunfähigkeit infolge einer Erkrankung ist der Mitarbeiter verpflichtet, spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen.“
Arbeitnehmer mit einer solchen Regelung müssen also schon am dritten Krankheitstag einen Arzt aufsuchen.
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), oft auch „gelber Schein“ oder Krankschreibung genannt, stellt Dir ein Hausarzt, Facharzt oder Zahnarzt aus. Er greift dabei auf die Muster der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zurück. Ein Arzt darf Dir die Bescheinigung nur geben, wenn er Dich persönlich untersucht hat. Dazu musst Du in der Regel in die Praxis.
Eine Telefondiagnose reicht bei leichten Atemwegserkrankungen. Dein Arzt kann Dich für bis zu sieben Tage krankschreiben, ohne dass Du in die Praxis musst. Bist Du nach sieben Tagen noch nicht wieder gesund, kann er die Krankschreibung um weitere sieben Tage verlängern. Diese Corona-Sonderregel wurde mehrfach verlängert; sie gilt bis zum 31. März 2023. Möglich ist auch eine Krankschreibung nach einer Videosprechstunde, wenn Dein Arzt dies anbietet. Dann darf er Dich höchstens für sieben Tage für arbeitsunfähig erklären.
Eine Bescheinigung rückwirkend zu erhalten, ist schwierig, da der Arzt auf Deinen Gesundheitszustand in der Vergangenheit schließen muss. Krankschreiben soll der Mediziner Dich höchstens für drei Tage in der Vergangenheit, so steht es in den Richtlinien der gesetzlichen Kassen (§ 5 Abs. 3 AU-RL).
Es gibt keine Höchstgrenze für die Dauer der Krankschreibung. In der Regel schreiben Dich Ärzte für eine oder zwei Wochen krank. Bist Du danach noch nicht gesund, kannst Du Dich erneut krankschreiben lassen. Dazu musst Du vor dem Ende der ersten Krankschreibung nochmal zum Arzt und Dir eine Folgebescheinigung ausstellen lassen.
Ärzte müssen die zuständige Krankenkasse über die Arbeitsunfähigkeit bestimmter Versicherter elektronisch informieren. Das gilt nur bei gesetzlich versicherten Patienten, die als Arbeitnehmer beschäftigt sind. Seit 1. Januar 2023 müssen Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsdaten ihrer Angestellten elektronisch bei den Krankenkassen abrufen - das nennt sich verkürzt: eAU-Verfahren.
Das bedeutet für Dich: Weniger Arbeit und weniger Papierkram, wenn Du krank und gesetzlich versichert bist. Du musst den gelben Schein nicht mehr an Deinen Arbeitgeber und die Krankenkasse weiterleiten. Arbeitgeber müssen bei gesetzlich Krankenversicherten selbst aktiv werden, um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu bekommen – aus einer Bringschuld des Arbeitnehmers wird eine Holschuld des Arbeitgebers.
Du musst nur noch zu dem im Vertrag oder im Gesetz genannten Zeitpunkt zum Arzt gehen, damit der Deine Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellt. In der Arztpraxis lässt Du Dir eine schriftliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für Deine Unterlagen aushändigen (§ 5 Abs. 1a EntgFG). Mit dieser kannst Du Deine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer nachweisen, falls es bei dem Abruf zwischen Arztpraxen, Krankenkassen und Arbeitgebern zu technischen Fehlern kommt.
Wichtig: Ist in Deinem Arbeitsvertrag festgelegt, dass Du die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Deinem Arbeitgeber vorlegen musst, so steht diese Klausel seit 1. Januar 2023 im Widerspruch zum Gesetz. Eine solche Regelung muss im Hinblick auf die neue gesetzliche Abrufpflicht des Arbeitgebers ausgelegt werden. Wenn Du das Attest nicht mehr vorlegst, hältst Du Dich ans Gesetz und verletzt nicht Deine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Du musst nur spätestens an dem Tag einen Arzt aufsuchen und Deine Arbeitsunfähigkeit feststellen lassen, an dem laut Arbeits- oder Tarifvertrag die Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber bestand.
Bei Privatversicherten bleibt es bei der alten Regelung: Sie müssen das Attest in Papierform dem Arbeitgeber vorlegen.
Viele Ärzte verwenden den Vordruck für Kassenpatienten. Das ist allerdings nicht verpflichtend, eine Bescheinigung des Arztes würde ausreichen. Wenn die Krankschreibung für den Anspruch auf Krankentagegeld irrelevant ist, müssen Privatversicherte ihre Versicherung gar nicht informieren. Dennoch sind auch Privatversicherte, insbesondere Freiberufler, gut beraten, eine Arbeitsunfähigkeit möglichst frühzeitig ärztlich attestieren zu lassen – für den Fall, dass die Krankheit länger andauert und damit doch ein Anspruch auf Krankentagegeld entsteht.
Beispiel: Der Arzt schreibt Dich zunächst für eine Woche krank, Anspruch auf Krankentagegeld hast Du laut Krankenversicherungsvertrag aber erst ab dem elften Krankheitstag – dann musst Du dieses erste Attest nicht unmittelbar einreichen, sondern gegebenenfalls erst zusammen mit der Folgekrankschreibung.
Falls Du im Urlaub krank wirst, kannst Du Deine Urlaubstage retten. Dazu musst Du Deinem Arbeitgeber aber auch ein ärztliches Attest vorlegen – und zwar ab dem ersten Tag. Mehr dazu liest Du im Ratgeber Krank im Urlaub.
Selbst wenn Dein Arbeitgeber glauben sollte, dass Du eigentlich gar nicht krank bist, kann Dir nicht viel passieren – sofern Du rechtzeitig bei einem Arzt warst, der Dich krankgeschrieben hat. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist eine Urkunde und hat einen großen Beweiswert. Es ist das gesetzlich vorgesehene Beweismittel, das Du auch in einem Gerichtsverfahren vorlegen kannst, wenn Dein Arbeitgeber Deinen Lohn während der Krankheit nicht weiterzahlen sollte.
Bezweifelt der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer krank ist, dann muss er dafür tatsächliche Umstände darlegen, die Grund für ernsthafte Zweifel sind. Nur in solchen Fällen kann die Beweiskraft des ärztlichen Attests erschüttert werden – so nennen das die Juristen. Möglich ist das, wenn der Arbeitnehmer schon angekündigt hatte, dass er „krankfeiern werde“ oder wenn nach der Kündigung unmittelbar die Krankschreibung folgt (BAG, 08.09.2021, Az. 5 AZR 149/21).
Beispiel: Ein Arbeitnehmer kündigt seinen Arbeitsvertrag und meldet sich noch am selben Tag krank. Ein Arzt bestätigt die Arbeitsunfähigkeit für die Zeit bis zum Ende der Kündigungsfrist. Bezweifelt der Arbeitgeber dann, dass der Arbeitnehmer wirklich krank ist, sind diese Zweifel berechtigt. Er darf die Entgeltfortzahlung zunächst einstellen. Um dennoch weiter Geld zu bekommen, muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit dann zusätzlich anders nachweisen, etwa durch die Aussage des behandelnden Arztes. Dazu muss der Arbeitnehmer ihn von seiner Schweigepflicht entbinden.
In den ersten sechs Wochen, in denen Angestellte wegen einer Krankheit entschuldigt sind, zahlt der Arbeitgeber das Gehalt weiter (Entgeltfortzahlung). Bist Du gesetzlich krankenversichert, kannst Du nach den sechs Wochen Krankengeld bekommen. Das ist allerdings weniger als Dein Gehalt, in der Regel 70 Prozent Deines Bruttogehalts. Wie sich das genau berechnet und weitere Tipps rund um die Leistung der Krankenkasse haben wir für Dich im Ratgeber Krankengeld zusammengestellt.
Als privat Krankenversicherter hast Du vielleicht Anspruch auf Krankentagegeld, wenn Du es mitversichert hast.
Du kannst alles tun, was sich nicht negativ auf den Heilungsprozess auswirkt. Einkaufen, spazieren und ein Kinobesuch sind erlaubt. Strikt verboten ist es allerdings, anderen entgeltlichen Nebentätigkeiten nachzugehen. Dafür kann es eine Abmahnung und im Wiederholungsfall sogar die Kündigung geben.
Du darfst auch verreisen. Bei Bronchitis und Asthma kann ein Trip ans Meer sogar förderlich sein. Du musst darüber grundsätzlich weder Deinen Chef noch die Krankenkasse informieren. Um möglichen Ärger zu vermeiden, solltest Du sicherheitshalber Deinen Arzt fragen und Dir die Reise von ihm genehmigen lassen. Eine Ausnahme ist ein Auslandsaufenthalt, während Du Krankengeld beziehst – hier brauchst Du die Zustimmung der Kasse, um das Geld weiter zu erhalten.
Arbeiten ist trotz Krankschreibung möglich. Dein Krankenschein ist kein „Arbeitsverbot“, sondern eine Art Prognose für die Krankheitsdauer. Grundsätzlich entscheidest Du selbst, ob Du arbeitsfähig bist. Dein Arbeitgeber kann Dich jedoch nach Hause schicken, um seiner Fürsorgepflicht gegenüber Dir und Deinen Kollegen gerecht zu werden. Versicherungsrechtlich ergeben sich keine Bedenken, Du bist trotz Krankschreibung unfallversichert. Passiert Dir zum Beispiel ein Unfall auf dem Weg zur Arbeit, leistet die Unfallversicherung, auch wenn Du krankgeschrieben warst. Weitere Infos findest Du im Ratgeber Unfallversicherung.
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