Kindergrundsicherung So sollten Familien ab 2025 unterstützt werden
Finanztip-Expertin für Recht
Aktuell: Der folgende Ratgeber basiert auf Programmen und den aktuellen Reformplänen der amtierenden Bundesregierung. Bitte beachte, dass sich diese Inhalte kurzfristig ändern können, da die Ampel-Koalition gescheitert ist. Dies könnte auch die Umsetzung der geplanten Reformen und Programme beeinträchtigen oder gefährden. Sobald sich etwas ändern sollte, informieren wir Dich in unserem Newsletter, unserer App und in diesem Ratgeber.
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Das Kindergeld und den Kinderzuschlag erhältst Du von der Familienkasse, das Bürgergeld vom Jobcenter, die Sozialhilfe vom Sozialamt und den Unterhaltsvorschuss von der Unterhaltsvorschussstelle – Familien haben es zurzeit nicht leicht, in Deutschland Leistungen für ihre Kinder zu beantragen. Doch mit der Kindergrundsicherung sollte das Behördenchaos ein Ende haben. Daraus wird nichts, nachdem die Bundesregierung im November 2024 auseinandergebrochen ist und Neuwahlen anstehen.
Kindergeld, Kinderzuschlag, Bildungs- und Teilhabepaket oder Kinderfreibetrag – all dies sind familienbezogene Leistungen des Staates, um Familien in Deutschland finanziell zu entlasten. Das Bundesfamilienministerium listet rund 150 einzelne Familienleistungen auf. Doch trotz der Vielzahl an Maßnahmen und staatlichen Ausgaben von Hunderten Milliarden Euro im Jahr ergab eine Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2023, dass jedes fünfte Kind und jeder vierte junge Erwachsene in Deutschland armutsgefährdet ist.
Denn die Maßnahmen haben einen Haken: Sie müssen bei unterschiedlichen Behörden beantragt werden. Eine einheitliche Behörde, die die Anträge aller Leistungen bearbeitet, gibt es nicht. Das ist mühsam und zeitraubend und führt dazu, dass laut Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) nur 30 Prozent der berechtigten Familien alle Leistungen beantragen, die ihnen auch zustehen.
Die Bundesregierung wollte mit der angekündigten Kindergrundsicherung das Problem lösen, indem sie die wesentlichen Leistungen bündelt. Das Ziel war: Durch die Reform sollte das Wirrwarr an Leistungen entflochten werden, damit die Gelder einfacher, einheitlicher und gezielter an bedürftige Familien verteilt werden können.
Die Kindergrundsicherung sollte ab 2025 kommen und mit 2,4 Milliarden Euro zusätzlich zu den bisherigen Leistungen bezuschusst werden. Darauf hatte sich die Bundesregierung Ende August 2023 geeinigt. Der Zuschuss sollte die Kosten für die Zusammenführung der Leistungen und Verwaltung abdecken – Leistungserhöhungen waren laut Regierung nicht vorgesehen.
Es sollte einfacher werden: Die Kindergrundsicherung sollte nur noch aus zwei Leistungen bestehen: aus dem einkommensunabhängigen Garantiebetrag für Kinder und Jugendliche (Kindergarantiebetrag) und dem einkommensabhängigen Zusatzbetrag (Kinderzusatzbetrag).
Unser Podcast
Der Staat bietet derzeit rund 150 Leistungen an, die Familien beantragen können. Im Folgenden werden die bekanntesten Förderungen für Kinder vorgestellt, die dann in der Kindergrundsicherung gebündelt werden sollen.
Die wohl bekannteste Förderung für Kinder in Deutschland ist das Kindergeld. Rund 48 Milliarden Euro zahlte der deutsche Staat nach Angaben der Familienkasse im Jahr 2022 an mehr als 17 Millionen Kinder aus – knapp 400 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Ziel des Staates ist es, mit monatlich 250 Euro pro Kind die grundlegende Versorgung jedes Kindes in Deutschland zu gewährleisten.
Berechtigt sind grundsätzlich alle Eltern mit deutscher Staatsangehörigkeit, die mit ihren Kindern in Deutschland wohnen. Eltern mit ausländischer Staatsangehörigkeit können unter bestimmten Voraussetzungen auch Kindergeld beantragen.
Der Kinderzuschlag ist eine Ergänzung zum Kindergeld und soll Eltern mit geringem Einkommen zusätzlich unterstützen. Hierfür zahlte der Staat laut den Familienkassen 2022 knapp 1,3 Milliarden Euro an Familien aus – 20 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Das Problem: Nur etwa ein Drittel der berechtigten Haushalte in Deutschland beantragen aktuell tatsächlich diese Sozialleistung. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken aus dem Februar 2023 hervor. Berechtigte sollten daher unbedingt einen Antrag bei der zuständigen Familienkasse stellen. Mehr Informationen zu den Voraussetzungen findest Du schnell und einfach in unserem Ratgeber zum Kinderzuschlag.
Die Höhe des Kinderzuschlages kann im Jahr 2024 bis zu 292 Euro monatlich betragen und hängt vom monatlichen Durchschnittseinkommen der letzten sechs Monate ab. Um den Kinderzuschlag zu erhalten, darf die Mindesteinkommensgrenze von 900 Euro brutto für Elternpaare und 600 Euro brutto für Alleinerziehende nicht unterschritten werden. Ansonsten gibt es Bürgergeld. Berechtigt sind hier unter bestimmten Voraussetzungen alle Kinder bis zum 25. Lebensjahr.
Das Bildungs- und Teilhabepaket ist eine weitere Förderung, um Familien mit geringem Einkommen finanziell unter die Arme zu greifen. Durch die zusätzlichen Leistungen des Staates können Kinder Schul- und Freizeitangebote nutzen, für die das Geld ansonsten nicht reichen würde.
Beispielsweise übernimmt der Staat entstehende Kosten bei Klassenfahrten und Ausflügen oder zahlt einen Teil der Mitgliedsgebühren des Sportvereins. Auch Kosten für Schulmaterialien, das Schulessen oder Nachhilfe werden vom Staat erstattet. Eigene zusätzliche Leistungen bieten auch Gemeinden an.
Der Antrag für das Bildungs- und Teilhabepaket kann bei der Behörde gestellt werden, die bisher schon andere Sozialleistungen gewährt hat oder bei der schon Leistungen beantragt wurden. Nähere Informationen findest Du auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Das Bürgergeld (SGB II) ist eine staatliche Leistung für bedürftige Menschen, die zwar arbeiten können, aber keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Es wurde im Januar 2023 eingeführt und löste das bisherige Arbeitslosengeld II, auch Hartz IV-Leistungen ab.
Um das Bürgergeld vom Jobcenter zu erhalten, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Der Antragsteller muss erwerbsfähig und bedürftig sein sowie in Deutschland wohnen. Wichtig: Stehen dem Antragsteller andere Sozialleistungen zu, dann müssen diese zuerst beantragt werden. Erst wenn alle möglichen Leistungen ausgeschöpft sind, gibt es Bürgergeld.
Für Kinder von null bis fünf Jahren liegt der Regelbedarf im Jahr 2024 bei 357 Euro, für Kinder von sechs bis 13 Jahren bei 390 Euro und für Jugendliche von 14 bis 17 Jahren bei 471 Euro. Nicht erwerbstätige Erwachsene unter 25 Jahren, die noch im Haushalt ihrer Eltern wohnen, erhalten 451 Euro.
In Deutschland lebten im Sommer 2022 rund 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche in Haushalten, die zu diesem Zeitpunkt in einer Bedarfsgemeinschaft Sozialleistungen erhielten. Das hat die Bertelsmann-Stiftung in einer Studie festgestellt. Betroffen waren 13,4 Prozent der jungen Menschen in Westdeutschland und 16 Prozent in Ostdeutschland.
Sozialhilfe (SGB XII) ist eine bedarfsorientierte Sozialleistung und dient der Mindestsicherung. Sie kann erst beantragt werden, wenn alle anderen Möglichkeiten, inklusive Bürgergeld, ausgeschöpft sind. Das heißt: Das Vermögen der Eltern muss größtenteils aufgebraucht sowie Unterhaltsansprüche gegenüber Verwandten oder Leistungen aus der Kranken-, Renten- oder Pflegeversicherung ausgereizt sein.
Wichtig: Eine der Voraussetzungen für Sozialhilfe ist die Arbeitsunfähigkeit. Sollte der Antragsteller also noch arbeiten können, dann muss dieser zuerst Bürgergeld beantragen oder Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) – Sozialhilfe ist hierfür nicht vorgesehen.
Berechtigte können dann Geld- oder Sachleistungen erhalten wie Möbel, Kleidung oder Spielzeuge fürs Kind. Um diese Leistungen zu bekommen, muss ein Antrag beim Sozialamt vor Ort gestellt werden.
Ziel der Kindergrundsicherungs-Reform war es, das Kindergeld, den Kinderzuschlag, Bürgergeld und Sozialhilfe für Kinder sowie Teile des Bildungs- und Teilhabepakets zu bündeln, damit der Beantragungsprozess für Familien einfacher und übersichtlicher ist. Dementsprechend sollte es ab 2025 nur noch zwei Leistungen geben: den einkommensunabhängigen Garantiebetrag und den einkommensabhängigen Zusatzbetrag.
Der Garantiebetrag sollte das derzeitige Kindergeld ersetzen und wird demgemäß monatlich 250 Euro für jedes Kind betragen. Dieser soll auf Grundlage des Existenzminimumberichts der Bundesregierung alle zwei Jahre angepasst werden. Dieser Betrag ist „garantiert“, das heißt bereits erhaltene Sozialleistungen wie das Bürgergeld der Eltern können mit dem Garantiebetrag nicht verrechnet werden.
Wichtig: Der Garantiebetrag steht – wie das bisherige Kindergeld auch – jedem Kind zu, unabhängig vom Einkommen der Eltern.
Der Zusatzbetrag sollte die restlichen Leistungen ersetzen und eine zusätzliche Unterstützung für Familien mit niedrigem Einkommen sein. Dementsprechend hängt die Höhe des Betrags vom Einkommen der Eltern ab.
Außerdem sollte der Zusatzbetrag nach Alter gestaffelt werden und aus einer Pauschale für Bildung und Teilhabe von derzeit 15 Euro sowie Kinderwohnkostenpauschale von derzeit 150 Euro bestehen. Für Alleinerziehende sollten Unterhaltszahlungen nur noch zu 45 Prozent als Einkommen in die Berechnung des Zusatzbetrags einfließen – vorher waren es 100 Prozent. Insgesamt sollte die Kindergrundsicherung aus Garantie- und Zusatzbetrag laut Familienministerin Lisa Paus folgende Höchstsätze haben:
Die Leistungen der Kindergrundsicherung sollten grundsätzlich alle Kinder bis zum 18. Lebensjahr erhalten. Junge Erwachsene, die eine Ausbildung machen oder studieren, sollten bis zum 25. Lebensjahr weiterhin unterstützt werden.
Außerdem war eine Kindergrundsicherungsstelle geplant, die mit den Berufs- und Hochschulen kooperiert. Mithilfe der Schuldaten sollte die Kindergrundsicherungsstelle den volljährigen Kindern, die nicht mehr zuhause wohnen, den Betrag direkt überweisen.
Durch die Reform sollte es nur noch eine Anlaufstelle für familienbezogene Leistungen geben. Geplant war ein Onlineportal der Kindergrundsicherungsstelle. Einkommensnachweise sollten nicht mehr erforderlich sein, da die Kindergrundsicherungsstelle mit den Finanzämtern zusammenarbeiten sollte. Zuständig für die Kindergrundsicherungsstelle sollte der Familienservice der Bundesagentur für Arbeit sein.
Das Projekt der Bundesregierung ist gescheitert und erstmal vom Tisch. Ob nach den Neuwahlen eine neue Regierung dieses Reform-Vorhaben weiter verfolgt, ist eher unwahrscheinlich.
Die Bundesregierung hatte im November 2023 einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung in den Bundestag eingebracht. Der Bundesrat hat bereits Stellung dazu genommen und Kritik geäußert. Das Gesetz ist im parlamentarische Gesetzgebungsverfahren stecken geblieben, bevor es beschlossen und ausgefertigt werden konnte. Die Kindergrundsicherung sollte 2025 erstmals ausgezahlt werden.
Weitere Themen