Altersrückstellungen in der PKV Dein Polster gegen zu hohe Beiträge im Alter
Finanztip-Expertin für Versicherungen
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Mit zunehmendem Alter werden die Arztbesuche häufiger: Vorsorgeunter-suchungen, Medikamente, vielleicht eine Bypass-Operation am Herzen. All das kostet Geld. Die gesetzliche Krankenversicherung finanziert diese Kosten, indem die Jungen für die Älteren mitzahlen. Die private Krankenversicherung (PKV) legt dagegen für jeden einzelnen Versicherten Geld für das Alter zurück. Dieses angesparte Kapital kannst Du aber in vielen Fällen nicht mitnehmen, wenn Du Deinem privaten Krankenversicherer den Rücken kehrst.
Wenn sich im Alter die Arztbesuche häufen, nehmen auch die Kosten für den privaten Krankenversicherer, etwa für Medikamente und Krankenhausaufenthalte, zu. Damit der Krankenversicherer dann die Beiträge nicht stark erhöhen muss, legt er vorsorglich einen Teil des monatlichen Beitrags zurück. Diese Rücklagen sollen helfen, die Versicherungsleistungen auch im Alter zu finanzieren.
Du zahlst also zunächst in jungen Jahren mehr als nötig wäre, um Deine Gesundheitskosten im Alter zu decken. Dafür steigen die Beiträge im Alter nicht ins Unermessliche. Das ist gesetzlich so vorgeschrieben (§ 146 Abs. 1 VAG).
Die Beitragsanteile, die für die höheren Kosten im Alter angespart werden, heißen Alterungsrückstellungen. Der Einfachheit halber wird oft auch der kürzere Begriff Altersrückstellungen verwendet.
Je später Du in die private Krankenversicherung (PKV) wechselst, desto höher muss der Anteil der Rücklagen im Monat sein. Denn es bleibt nur noch wenig Zeit, um für das Alter ein ausreichendes Polster aufzubauen.
Das System der gesetzlichen Kassen kennt dagegen keine Altersrückstellungen, da es nach dem Prinzip der Umlagefinanzierung organisiert ist. Die höheren Krankheitskosten der älteren Kassenmitglieder werden von den jüngeren Versicherten mitfinanziert – eine Generation zahlt für die andere.
Dieser Unterschied zwischen gesetzlicher und privater Versicherung ist übrigens einer der Knackpunkte in der Debatte um eine Bürgerversicherung, die beide Systeme zusammenlegen würde. Wenn die PKV abgeschafft werden würde, käme natürlich die Frage auf, was mit den angesparten Alterungsrückstellungen aller Versicherten passiert. Derzeit gibt es aber keinen politischen Konsens für eine Bürgerversicherung.
Trotz der gebildeten Alterungsrückstellungen steigen die Beiträge aber auch im Alter. Laut dem Verband der privaten Krankenversicherungen sind die Beiträge allein in 2024 um durchschnittlich 7 Prozent gestiegen (§ 203 Abs. 2 VVG).
Der private Krankenversicherer kann die Beiträge immer dann erhöhen, wenn die Versicherungsleistungen in einem Tarif nachweislich höher liegen als ursprünglich geplant. Höhere Kosten ergeben sich beispielsweise dann, wenn Gesundheitskosten teurer werden, etwa durch die Entwicklung neuer Technologien in der Medizin.
Ob es tatsächlich gelingt, höhere Beiträge im Alter zu vermeiden, hängt auch davon ab, wie sich die Zinsen entwickeln. Denn die Versicherer legen die Altersrückstellungen an den Kapitalmärkten an. Das Geld soll dort Zinsen erwirtschaften. Wirft das Geld nur eine niedrige Rendite ab, fallen auch die Rücklagen fürs Alter geringer aus (§ 150 Abs. VAG).
Das zeigt also: Die Altersrückstellungen in der privaten Krankenversicherung verhindern in der Regel keine Beitragserhöhungen. Die Erhöhungen werden höchstens etwas abgemildert. Du solltest Dir daher vor Abschluss einer privaten Krankenversicherung sicher sein, dass Du Dir die Beiträge auch noch im Alter leisten kannst. Wann eine PKV für Dich infrage kommt und wann Du besser die Finger davon lässt, erfährst Du in unserem Ratgeber zum Wechsel in die private Krankenversicherung.
Nicht nur in der PKV, auch in der privaten Pflegepflichtversicherung werden Altersrückstellungen gebildet. Dasselbe gilt für einige Krankenzusatzversicherungen wie Zahn- oder Krankenhaus-Zusatzversicherungen. Dabei hast Du oft die Wahl zwischen Tarifen mit und ohne Altersrückstellungen. Tarife mit Rückstellungen haben meist einen konstanteren Beitrag. Sie lohnen sich aber nur, wenn Du die Zusatzversicherung langfristig behalten willst. Denn wenn Du die Versicherung vor der Rente kündigst, hast Du das Polster fürs Alter umsonst angespart.
Die Höhe der Altersrückstellungen ist gesetzlich festgelegt. Vom 21. Bis 60. Lebensjahr zahlst Du zusätzlich mindestens 10 Prozent zum Monatsbeitrag als Altersrückstellung (§ 149 VAG). Die Altersrückstellungen können aber auch höher ausfallen, vor allem dann, wenn Du erst spät in die private Krankenversicherung einsteigst und dadurch weniger Zeit hast, Rückstellungen anzusparen.
Die zusätzlichen Beitragsanteile müssen die Unternehmen verzinst anlegen und dafür verwenden, Beitragserhöhungen nach dem 65. Lebensjahr aufzufangen. Das hat der Gesetzgeber so festgelegt (§ 150 VAG).
Die Versicherer kalkulieren grundsätzlich mit einem Rechnungszins von 3,5 Prozent (§ 4 KVAV). Erwirtschaftet das Unternehmen mehr als den Rechnungszins, muss es die Überzinsen zu 90 Prozent für zusätzliche Beitragsentlastungen im Alter nutzen (§ 150 Abs. 1 VAG).
Ab dem 60. Lebensjahr fällt dann der 10-Prozent-Zuschlag weg, Du musst also keine Altersrückstellungen mehr zahlen. Ab dem Alter von 65 werden dann die angesparten Altersrückstellungen und Zinsen dafür verwendet, Deinen Monatsbeitrag zu stabilisieren und Beitragserhöhungen möglichst gering zu halten.
Mit Erreichen des 80. Lebensjahrs muss Deine Versicherung alle nicht verbrauchten Altersrückstellungen dafür einsetzen, Deine Beiträge zu senken (§ 150 Abs. 3 VAG). Auf eine Beitragssenkung solltest Du Dich allerdings nicht verlassen. Denn im Durchschnitt sind die Beiträge in der privaten Krankenversicherung in den letzten zehn Jahren um 3,2 Prozent pro Jahr gestiegen. Das ergibt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der privaten Krankenversicherung.
Wenn Du Deine private Krankenversicherung wechseln willst, etwa weil Du mit dem Service unzufrieden bist oder Dir die Beiträge zu teuer sind, hat das Auswirkungen auf Deine Altersrückstellungen. Beim Wechsel zu einem anderen Anbieter verlierst Du nämlich alle oder zumindest einen Teil der angesparten Rücklagen (§ 204 Abs. 1 VVG).
Daher solltest Du zunächst prüfen, ob ein Tarifwechsel bei Deinem Versicherer infrage kommt. So kannst Du Deine Altersrückstellungen vollständig mitnehmen (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 VVG). Mehr dazu erfährst Du im nächsten Kapitel.
Steht in Deinem Vertrag ein Versicherungsbeginn vor dem 1. Januar 2009, verlierst Du Deine Altersrückstellungen vollständig, wenn Du zu einem anderen Versicherer wechselst. Das Geld bleibt bei Deinem bisherigen Versicherer und kommt Deinen Mitversicherten zugute (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 a VVG).
Hast Du Deinen Vertrag 2009 oder später abgeschlossen, kannst Du einen Teil Deiner Rückstellungen mitnehmen, und zwar in Höhe der Rückstellungen, die Du angesammelt hättest, wenn Du die ganze Zeit im Basistarif versichert gewesen wärst (§ 204 Abs. 1 Nr. 2 a VVG). Das gilt unabhängig davon, in welchem Tarif Du bei Deinem bisherigen Anbieter versichert warst. Auch welchen Tarif Du beim neuen Anbieter wählst, spielt keine Rolle. Der Basistarif ist ein Sozialtarif der PKV, in den Versicherte wechseln können, die sich die Beiträge ihres regulären Tarifs nicht mehr leisten können. Die Leistungen des Basistarifs sind in etwa vergleichbar mit denen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Der Anteil der Altersrückstellungen, den Du mitnehmen kannst, nennt sich Übertragungswert. Wie hoch er ist, hängt ganz von Deinem individuellen Vertrag ab. Nicht übertragbar sind Rückstellungen, die aus Beitragsanteilen gebildet wurden, mit denen Du für bessere Leistungen als im Basistarif gezahlt hast, etwa für die Chefarztbehandlung oder den Heilpraktiker.
Das heißt, je leistungsstärker Dein PKV-Tarif ist, desto größer ist der Anteil der Altersrückstellungen, die Du bei einer Kündigung verlierst. Hast Du einen günstigen Tarif mit sehr wenig Leistungen, die denen im Basistarif ähneln, hast Du vermutlich nur geringe Altersrückstellungen gebildet, kannst diese aber zu einem Großteil mitnehmen.
Unser Tipp: Wie hoch der Übertragungswert Deines Vertrags ist, muss Dir die Versicherung einmal im Jahr mitteilen. Wenn Du überlegst, Deinen PKV-Anbieter zu wechseln, solltest Du Deine Versicherung nach einer aktuellen Aufstellung der Gesamthöhe Deiner angesammelten Altersrückstellungen sowie dem aktuellen Übertragungswert fragen. So weißt Du genau, wie viel Geld Du durch eine Kündigung beim Versicherer lassen würdest.
Egal wie Du es anstellst: Ein Teil Deines angesparten Geldes geht verloren, wenn Du Deine private Krankenversicherung kündigst. Ein Anbieterwechsel ist dadurch meistens wenig attraktiv. Er kann sich unter Umständen aber lohnen, wenn Dein Vertrag noch nicht lange läuft oder Du in einem sehr leistungsschwachen Tarif steckst.
Beim Abschluss einer neuen privaten Krankenversicherung solltest Du Dich von einem erfahrenen Versicherungsmakler beraten lassen. Wir haben in einer Ausschreibung nach Maklern gesucht und diese nach formalen Kriterien wie Erfahrung und Anzahl der beratenden Personen ausgewählt und deren Beratungsdokumentation geprüft.
Idealerweise solltest Du Dir vor Abschluss einer neuen PKV intensiv Gedanken darüber machen, welche Leistungen Du unbedingt brauchst. Dabei hilft Dir unsere Übersicht über die wichtigsten Leistungen und unser Ratgeber zur privaten Krankenversicherung.
Nimm unsere Übersicht über wichtige Leistungen mit in die Beratung. Darauf kannst Du vermerken, was ein Tarif in den einzelnen Bereichen leistet.
Auch in der privaten Pflegepflichtversicherung werden Altersrückstellungen gebildet. Anders als bei der Krankenversicherung kannst Du diese vollständig zu einem neuen Anbieter mitnehmen (§ 148 VAG).
Jeder privat Krankenversicherte hat das Recht, bei seinem Versicherer kostenlos in einen anderen Tarif zu wechseln (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 VVG). Eine erneute Gesundheitsprüfung ist nicht nötig, wenn Du in einen gleich guten oder schlechteren Tarif wechselst.
Auch die Altersrückstellungen kannst Du bei einem solchen internen Tarifwechsel ohne Probleme mitnehmen. Das Tarifwechselrecht verpflichtet den Versicherer dazu, den Wechsel in einen gleichartigen Tarif zu ermöglichen – und zwar unter Anrechnung der aus dem bestehenden Vertrag erworbenen Alterungsrückstellungen.
Wechselst Du in einen Tarif, der mehr Leistungen bietet, kann das Versicherungsunternehmen eine erneute Gesundheitsprüfung verlangen. Bei Vorerkrankungen musst Du unter Umständen einen Risikozuschlag zahlen und Dich auf eine Wartezeit bei den neuen Leistungen einstellen. Beides kannst Du vermeiden, indem Du beim Wechsel in den neuen Tarif auf die besseren Leistungen verzichtest.
Deine Versicherung ist gesetzlich dazu verpflichtet, Dich kostenlos zum Tarifwechsel zu beraten und dabei auf Deine Wünsche und Bedürfnisse einzugehen (§ 6 VVG). Nicht immer gibt es einen gleichwertigen Tarif, der günstiger ist. Damit Du nicht versehentlich auf wichtige Leistungen verzichtest, solltest Du Deinen bisherigen Tarif und alle angebotenen Alternativen genau vergleichen. Wie Du dabei vorgehst und wer Dich beim Tarifwechsel unterstützen kann, erklären wir in unserem Ratgeber zum PKV-Tarifwechsel.
Wenn Du der PKV den Rücken kehrst und in die gesetzliche Krankenversicherung wechselst, musst Du Dich auch von Deinen Altersrückstellungen verabschieden. Sie bleiben in der Kasse Deines privaten Krankenversicherers und kommen dort den übrigen Versicherten zugute. Du kannst sie Dir auch nicht auszahlen lassen.
Kündigst Du jetzt Deine PKV, solltest Du wissen, dass einige private Krankenversicherer es ihren ehemaligen Versicherten ermöglichen, die Rückstellungen weiterhin zu nutzen. Nämlich dann, wenn Du bei Deinem Anbieter einen Krankenzusatztarif abschließt, um die Leistungen der gesetzlichen Kassen aufzustocken. Altersrückstellungen können beispielsweise auf eine Zahn- oder Krankenhaus-Zusatzversicherung angerechnet werden. Diese Möglichkeit gibt es allerdings nur, wenn sie ausdrücklich in den Versicherungsbedingungen erwähnt ist. Schau also in Deinem Vertrag nach, bevor Du kündigst.
Die gesetzliche Krankenversicherung kannst Du durch private Zusatzversicherungen ergänzen, doch nicht alle sind sinnvoll.
Weiterführende Links: Reisekrankenversicherung, Krankentagegeld, Krankenhauszusatz, Zahnzusatz, ambulante Zusatz
Falls Du nicht dauerhaft in der gesetzlichen Versicherung bleiben möchtest, sondern Dich in Zukunft wieder privat versichern willst, kannst Du über eine Anwartschaftsversicherung nachdenken. Dann wird Deine Versicherung nicht aufgelöst, sondern nur unterbrochen und Du kannst zu einem späteren Zeitpunkt wieder eintreten. Je nachdem für welches Modell der Anwartschaftsversicherung Du Dich entscheidest, bleiben Deine Altersrückstellungen so erhalten.
Mit einer kleinen Anwartschaft kannst Du Deinen Gesundheitszustand „einfrieren“ lassen. Das heißt also, dass Du keine erneute Gesundheitsprüfung machen musst, wenn Du die private Versicherung wiederaufleben lassen möchtest. Dadurch musst Du Dir keine Sorgen machen, nach einer Erkrankung von der privaten Krankenversicherung abgelehnt zu werden oder einen Risikozuschlag zahlen zu müssen.
Bei einer großen Anwartschaft bleiben sogar Deine bisherigen Altersrückstellungen erhalten. Mit Wiedereintritt in die private Krankenversicherung sind die Beiträge dann in aller Regel niedriger als bei einem Neuabschluss. Die Anwartschaftsversicherung gibt es aber nicht umsonst. Mit welchen Kosten Du rechnen musst und wann diese Investition für Dich sinnvoll ist, erfährst Du im Ratgeber zur Anwartschaftsversicherung.
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