Selbstbehalt-Tarife in der PKV Lohnt sich die Selbstbeteiligung für Privatversicherte?

Julia Rieder
Finanztip-Expertin für Ver­si­che­rungen

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit einer Selbstbeteiligung kannst Du den Beitrag für Deine private Kran­ken­ver­si­che­rung (PKV) senken.
  • Das kann sich insbesondere für Freiberufler und Selbstständige lohnen. Für Angestellte ist eine Selbstbeteiligung weniger attraktiv.
  • Aber Vorsicht: Den Selbstbehalt wieder zu senken, ist oft schwierig. Und Du solltest damit rechnen, dass Du im Alter häufiger zum Arzt musst.

So gehst Du vor

  • Informiere Dich bei Deinem Versicherer, wie sich verschiedene Selbstbehalt-Varianten auf die Höhe des Beitrags auswirken.
  • Prüfe dann, in welcher Höhe eine Selbstbeteiligung eine nennenswerte Beitragsersparnis bringt und ob Du alleine von der Ersparnis profitierst oder diese mit Deinem Arbeitgeber teilst.
  • Überlege, ob Du den Selbstbehalt regelmäßig ausschöpfst und ob Du damit wirklich günstiger fährst.

Übernimmst Du im Fall der Fälle einen Teil der Kosten selbst, dann bekommst Du die Ver­si­che­rung günstiger – dieses Prinzip kennen viele von der Auto- oder Haft­pflicht­ver­si­che­rung. Auch private Kran­ken­ver­si­che­rungen bieten Tarife mit Selbstbeteiligung an. Du zahlst dann einen Teil Deiner Arztrechnungen selbst, dafür reduziert die Ver­si­che­rung den Monatsbeitrag. Doch dieser Deal lohnt sich nicht in jedem Fall.

Wie funktioniert eine Selbstbeteiligung in der PKV?

Viele Tarife privater Krankenversicherer enthalten eine Selbstbeteiligung. Entscheidest Du Dich für ein solches Angebot, dann begleichst Du Rechnungen, etwa für Arztbesuche, Medikamente oder Zahnersatz bis zu einem vereinbarten Betrag selbst. Im Gegenzug ist Dein Kran­ken­ver­si­che­rungsbeitrag niedriger als bei einem Tarif ohne Selbstbehalt. Oft fällt die Beitragsersparnis aufs Jahr gerechnet höher aus als der vereinbarte Eigenanteil. Musst Du in einem Jahr nicht zum Arzt, hast Du Glück gehabt: Du profitierst von der Beitragsersparnis, musst aber keinen Selbstbehalt zahlen. Ein Tarif mit Selbstbeteiligung kann also durchaus finanziell attraktiv sein. Ein paar Nachteile hat der Selbstbehalt allerdings auch. Die erklären wir Dir weiter unten im Text.

Für die Versicherer reduzieren Tarife mit Selbstbehalt den Verwaltungsaufwand und die Kosten: Wenn die Versicherten erst nach einem bestimmten Eigenanteil Geld von der PKV bekommen, reichen sie kleine Rechnungen nicht mehr ein. Außerdem überlegen Patienten häufig genauer, welche medizinischen Leistungen sie in Anspruch nehmen wollen, wenn sie einen Teil der Kosten aus dem eigenen Geldbeutel bestreiten müssen. Die daraus resultierenden Einsparungen geben die Versicherer an ihre Kunden weiter.

Mehr dazu im Ratgeber Private Kran­ken­ver­si­che­rung

Zum Ratgeber

Welche Varianten des Selbstbehalts gibt es?

Abhängig vom Anbieter können Privatversicherte zwischen verschiedenen Varianten einer Selbstbeteiligung wählen. Meist gilt jedoch: Je höher der Eigenbehalt ist, desto größer fällt auch die monatliche Ersparnis aus. Gleichzeitig steigt aber auch Dein Kostenrisiko. Deshalb darf die Selbstbeteiligung für ambulante und stationäre Leistungen zusammen höchstens 5.000 Euro im Jahr betragen. Meist ist aber ein deutlich niedrigerer Selbstbehalt empfehlenswert. Private Kran­ken­ver­si­che­rungen bieten normalerweise verschiedene Selbstbehalt-Stufen an.

Die folgenden Modelle der Selbstbeteiligung sind gängig:

Absolute Selbstbeteiligung

Viele PKV-Tarife enthalten einen absoluten Selbstbehalt. Das bedeutet, es wird im Vertrag ein Betrag festgelegt, bis zu dem Du als Versicherter Deine Krankheitskosten selbst trägst. Das können zum Beispiel 400 Euro im Jahr sein. Erst wenn die Rechnungen sich auf mehr als 400 Euro summieren, würde in diesem Beispiel die Ver­si­che­rung einspringen und alle weiteren Kosten im betreffenden Jahr übernehmen.

Eine solche absolute Eigenbeteiligung gilt oft für alle Leistungsbereiche der Kran­ken­ver­si­che­rung, also ambulante und stationäre Behandlungen sowie zahnärztliche Leistungen. Teilweise verzichten die Versicherer aber bei Vorsorgeuntersuchungen auf den Selbstbehalt.

Prozentuale Selbstbeteiligung

Bei dieser Variante zahlst Du als Versicherter immer einen bestimmten Prozentsatz der Kosten selbst – bis zu einer festgelegten Höchstgrenze. Die Ver­si­che­rung kann also beispielsweise mit Dir vereinbaren, dass Du 20 Prozent der Kosten für ambulante und stationäre medizinische Leistungen selbst trägst, bis zu einem Höchstbetrag von 400 Euro im Kalenderjahr. Anders als beim absoluten Selbstbehalt beteiligt sich die PKV bei diesem Modell ab der ersten Rechnung an den Kosten.

Selbstbehalt nur in einem Ver­si­che­rungsbereich

Ein sogenannter modularer Selbstbehalt beschränkt den Eigenanteil nur auf einen Leistungsbereich. Oft sind das ambulante Behandlungen. Hast Du einen solchen Vertrag, dann musst Du Dich bei einem Klinikaufenthalt oder einer Zahnbehandlung nicht an den Kosten beteiligen.

Für wen lohnt sich der Selbstbehalt?

Privatversicherte, die wie Unternehmer oder Selbstständige ihre Kran­ken­ver­si­che­rungsbeiträge komplett selbst bezahlen, profitieren am meisten von einem Selbstbehalt-Tarif.

Für privatversicherte Arbeitnehmer lohnt sich eine Selbstbeteiligung dagegen deutlich weniger, weil der Arbeitgeber ihnen jeden Monat einen Zuschuss zur Kran­ken­ver­si­che­rung zahlt. Der Arbeitgeber übernimmt dabei bis zu 50 Prozent des Beitrags. Dementsprechend teilen sich Angestellte auch die Beitragsersparnis, die Selbstbehalt-Tarife bringen, mit ihrem Arbeitgeber. Du verzichtest also auf einen Teil des Zuschusses von der Firma, am Selbstbehalt beteiligt sich der Arbeitgeber aber nicht. So kann ein Tarif mit Eigenbeteiligung für Dich schlimmstenfalls zum Minusgeschäft werden. Du solltest deshalb genau rechnen, wie viel Ersparnis Dir bleibt, wenn Du den vollen Eigenanteil zahlen musst.

PKV-Tarife für Beamte enthalten in der Regel keine Selbstbeteiligung, denn sie decken ohnehin nur den Teil der Kosten ab, die die Beihilfe nicht übernimmt.

Übrigens: Auch für gesetzlich Krankenversicherte gibt es Wahltarife mit einer Selbstbeteiligung.

Rechne vorsichtig

Musst Du selten zum Arzt und schöpfst deshalb die Selbstbeteiligung nicht aus, lohnt sich ein Tarif mit Eigenanteil besonders. Schließlich profitierst Du vom Nachlass auf den Kran­ken­ver­si­che­rungsbeitrag, hast aber selbst nur geringe Kosten für Behandlungen.

Sei Dir aber bewusst, dass sich der Zustand Deiner Gesundheit schnell ändern kann – durch einen Unfall oder eine Krankheit. Mit zunehmendem Alter werden die Arztbesuche ohnehin häufiger, womöglich brauchst Du regelmäßig Medikamente oder Physiotherapie. Wenn Du ausrechnest, wie viel Ersparnis Dir ein Selbstbehalt-Tarif bringt, solltest Du deshalb immer davon ausgehen, dass Du den vollen Eigenanteil zahlen musst. Achte darauf, dass Dir dann immer noch eine Ersparnis bleibt. Sonst lohnt sich die Eigenbeteiligung langfristig wahrscheinlich nicht.

Lass Dich nicht zu einer besonders hohen Selbstbeteiligung verführen, nur weil Du momentan gesund bist. Erhöhen kannst Du den Selbstbehalt meist problemlos. Ihn wieder zu senken, ist aber nur nach einer erneuten Gesundheitsprüfung möglich. Das kann Dich in finanzielle Schwierigkeiten bringen, wenn Du irgendwann weniger Geld zur Verfügung hast, etwa weil Du arbeitslos oder in Rente bist. Fünf weitere Möglichkeiten, die Kosten für die private Kran­ken­ver­si­che­rung zu reduzieren, erklären wir in unserem Ratgeber PKV-Beitrag senken.

Wie wirkt sich ein Selbstbehalt steuerlich aus?

Du kannst Beiträge für eine private Kranken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung bis zur Höhe des Basisschutzes bei Deiner Einkommenssteuererklärung voll als Sonderausgaben absetzen. Die Kosten für die Basisversorgung gibst Du in der Anlage Vorsorgeaufwand an.

PKV-Tarife mit Selbstbeteiligung haben dabei folgenden Nachteil: Der Selbstbehalt verringert den monatlichen Kran­ken­ver­si­che­rungsbeitrag und schmälert damit die Steuerersparnis. Gleichzeitig gelten Deine Kosten für die Selbstbeteiligung nicht als Sonderausgaben (Bundesfinanzhof-Urteil vom 1. Juni 2016, Az. X R 43/14).

Du kannst Deine Krankheitskosten höchstens als außergewöhnliche Belastung absetzen – allerdings nur dann, wenn sie Deine individuelle zumutbare Belastung übersteigen. Wie Du Deine persönliche Belastungsgrenze berechnest, erklären wir in unserem Ratgeber zu Krankheitskosten.

Lässt sich die Selbstbeteiligung reduzieren?

Es ist in der Regel problemlos möglich, einen Tarif auf eine höhere Selbstbeteiligung umzustellen. Der umgekehrte Weg ist jedoch nicht ganz so einfach: Wenn Du den Selbstbehalt streichen lassen oder reduzieren willst, fordert die private Kran­ken­ver­si­che­rung eine erneute Gesundheitsprüfung. Hat sich Dein Gesundheitszustand seit dem Abschluss der PKV verschlechtert, kann es passieren, dass Du deutlich mehr Beitrag zahlen sollst oder der Krankenversicherer Dir den Zugang zu einem Tarif mit geringerem Selbstbehalt verweigert.

Mehr dazu im Ratgeber Interner Tarifwechsel

  • Jeder privat Krankenversicherte hat das Recht, bei seinem Anbieter in einen günstigeren Tarif zu wechseln.
  • Unser Mus­ter­schrei­ben für den Tarifwechsel: Mus­ter­schrei­ben

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Autor
Julia Rieder

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