Zuzahlungsbefreiung Medikamente Wann Du Deine Arzneimittel gratis bekommst

Barbara Weber
Finanztip-Expertin für Ver­si­che­rungen

Das Wichtigste in Kürze

  • Gesetzlich Krankenversicherte müssen zu ihren Gesundheitskosten etwas zuzahlen, etwa zu verschreibungspflichtigen Medikamenten.
  • Eine Befreiung von diesen Zuzahlungen ist möglich, wenn die individuelle Belastungsgrenze überschritten ist. Diese liegt bei 2 Prozent des Familien-Bruttoeinkommens, für chronisch Kranke bei 1 Prozent.
  • Empfänger bestimmter staatlicher Leistungen müssen weniger zuzahlen.

So gehst Du vor

  • Sammle alle Belege für Kran­ken­haus­be­hand­lung­en, Me­di­ka­ment­en­zu­zahl­ung­en oder medizinische Hilfsmittel eines Jahres.
  • Stelle bei Deiner Kran­ken­kas­se einen Antrag auf Befreiung von Zuzahlungen. Das geht bis zu vier Jahre rückwirkend.
  • Bei einigen Kassen kannst Du bereits vorab einen Betrag in Höhe Deiner persönlichen Zuzahlungsgrenze einzahlen. Dann brauchst Du während des Jahres keine Quittungen zu sammeln.

Wer gesetzlich krankenversichert ist, muss bei bestimmten Leistungen der Kran­ken­kas­se etwas aus eigener Tasche zuzahlen, etwa bei einem Krankenhausaufenthalt oder für Hilfsmittel und Medikamente. Damit die Zuzahlungen niemanden finanziell überfordern, gibt es eine individuelle Belastungsgrenze. Sie beträgt 2 Prozent des jährlichen Familien-Bruttoeinkommens. Für chronisch Kranke liegt sie bei 1 Prozent. Hast Du die Belastungsgrenze erreicht, kannst Du Dich von weiteren Zuzahlungen befreien lassen. Dafür musst Du aber selbst aktiv werden.

Wie hoch ist die Zuzahlung bei Medikamenten und Co.?

Gesetzlich Krankenversicherte müssen bei verschreibungspflichtigen Medikamenten grundsätzlich 10 Prozent der Kosten selbst tragen – mindestens 5 Euro, höchstens 10 Euro (§ 61 SGB V). Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind von allen Arzneimittelzuzahlungen befreit.  (§ 31 Abs. 3 SGB V)

Es gibt aber auch mehrere Tausend Medikamente, für die Patienten nichts dazu zahlen müssen. Eine Liste der zuzahlungsfreien Medikamente findest Du beim Spitzenverband der Kran­ken­kas­sen.

Rezeptfreie Arzneimittel erstatten die Kran­ken­kas­sen in der Regel nicht. Für Kinder unter zwölf Jahren sowie Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr übernimmt die Kasse grundsätzlich auch alle nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB V).

Bei stationären Behandlungen müssen Patienten je Kalendertag 10 Euro zuzahlen, maximal für 28 Tage (§ 39 Abs. 4 SGB, § 61 Satz 1 SGB V). Für Physio-, Ergo- oder Sprachtherapie sowie andere sogenannte Heilmittel und häusliche Krankenpflege beträgt die Zuzahlung 10 Prozent der Kosten sowie 10 Euro je Verordnung (§ 61 Satz 3 SGB V​​​​​​​). Ansprechpartner für alle Fragen zu Zuzahlungen ist Deine Kran­ken­kas­se.

Mehr dazu im Ratgeber Gesetzliche Kran­ken­ver­si­che­rung

  • Bei Service, Zusatzleistungen und Beitrag gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Kran­ken­kas­sen.

  • Von uns emp­foh­lene Anbieter sind: HKK, TK, Audi BKK, HEK, Energie-BKK und Big direkt gesund

Ausführliche Informationen findest Du in unserem passenden Ratgeber.

Wann kannst Du Dich von der Zuzahlung befreien lassen?

Du kannst Dich von der gesetzlichen Zuzahlung befreien lassen, wenn Du die individuelle Belastungsgrenze erreicht hast (§ 62 SGB V). Deine persönliche Belastungsgrenze beträgt 2 Prozent des jährlichen Familien-Bruttoeinkommens. Für chronisch Kranke gilt 1 Prozent der Bruttoeinnahmen. Bei Empfängern von Sozialleistungen gibt es eine besondere Belastungsgrenze

Das bedeutet also: Liegen Deine Ausgaben für Arzneimittel, stationäre Behandlungen, Heil- und Hilfsmittel oder häusliche Krankenpflege über dieser Belastungsgrenze, musst Du für den Rest des Jahres keine weiteren Zuzahlungen mehr leisten. 

Den Antrag kannst Du auch bis zu vier Jahre rückwirkend stellen (§ 25 Abs. 1 SGB IV). Du kannst daher jetzt noch prüfen, ob Du in den letzten vier Jahren berechtigt warst, eine Zuzahlungsbefreiung zu beantragen. 

Ob Du die Belastungsgrenze erreicht hast, kannst Du Dir ganz einfach ausrechnen. Dazu musst Du zunächst das Familien-Bruttoeinkommen berechnen. Davon gehen zu Deinen Gunsten noch Freibeträge ab. Überschreiten die Ausgaben für Deine Gesundheit 2 Prozent dieser Grenze, kannst Du Dich für den Rest des Jahres von der gesetzlichen Zuzahlung befreien lassen. Wie das im Detail funktioniert, erklären wir Dir im nachfolgenden Text. 

Wichtig: Du wirst nicht automatisch von der gesetzlichen Zuzahlung befreit, sondern musst die Befreiung selbst bei Deiner Kran­ken­kas­se beantragen. Wie das geht, erklären wir Dir im nächsten Kapitel. 

Wie wird das Familieneinkommen berechnet? 

Die Belastungsgrenze richtet sich nach dem Familien-Bruttoeinkommen der Personen, die in einem Haushalt zusammenleben. Zur Berechnung der Belastungsgrenze wird Dein Einkommen, das Deines Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners und das Deiner minderjährigen Kinder herangezogen. Das Einkommen familienversicherter Kinder wird auch noch über das 18. Lebensjahr hinaus berücksichtigt. 

Sind die Kinder also im Studium oder in der Ausbildung selbst versichert, bleiben deren Einkommen und Zuzahlungen für den Familienhaushalt unberücksichtigt, selbst wenn sie im Haushalt der Eltern leben.

Auch unverheiratete Paare werden bei der Berechnung getrennt betrachtet und zählen nicht als gemeinsamer Haushalt, selbst wenn sie zusammenwohnen.

Andere Angehörige als Kinder oder Partner kann die Kasse nach einer Einzelfallprüfung in die Berechnung des Familieneinkommens einbeziehen, sofern diese ihren gesamten Lebensunterhalt gemeinsam mit der Familie bestreiten. Dann sind sowohl deren Einnahmen als auch deren geleistete Zuzahlungen zu berücksichtigen.

Was gilt als Einkommen?

Zum Einkommen gehören grundsätzlich alle Einnahmen, unabhängig davon, wie sie steuerlich zu behandeln sind:

  • Arbeitsentgelt und Abfindungen,
  • Renten und Versorgungsbezüge,
  • Einkünfte, die ein Unternehmer aus seinem Betrieb für sich und seine Familie erzielt oder entnimmt,
  • Einkünfte aus Kapitalvermögen,
  • Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie
  • Ar­beits­lo­sen­geld I und Bürgergeld,
  • Krankengeld.

Nicht zum Einkommen zählen hingegen Kindergeld, Kinderzulage, Wohngeld, Bafög, Pflegegeld, Elterngeld bis 300 Euro und eine Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. 

Du musst der Kran­ken­kas­se Dein Bruttoeinkommen anhand geeigneter Belege wie Verdienstbescheinigungen, Rentenbescheide oder Bescheide der Agentur für Arbeit nachweisen.

Welche Freibeträge gibt es?

Für Ehegatten und Lebenspartner gilt ein Freibetrag in Höhe von 15 Prozent der jährlichen Bezugsgröße. Als Bezugsgröße gilt das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung im vorvergangenen Kalenderjahr (§ 18 SGB IV). Für die Kranken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung beträgt diese 42.420 Euro in 2024 (§ 62 Abs. 2 SGB V). Damit beläuft sich der Freibetrag für Eheleute und Lebenspartner auf 6.363 Euro im Jahr

Für minderjährige oder familienversicherte Kinder gilt ein Freibetrag in Höhe von 9.312 Euro (§ 32 Abs. 6 S. 2 EstG). Lebt das Kind nur bei einem der Partner, dann wird der Kinderfreibetrag nur bei dem Elternteil berücksichtigt, bei dem das Kind wohnt. 

Freibeträge von 2020 bis 2024

 2020

2021

202220232024
für Ehepartner5.733 €5.922 €5.922 €6.111 €6.363 €
für jedes Kind7.812 €8.388 €8.548 €8.952 €9.312€

Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: 11. April 2024)

Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft die Belastungsgrenze für die Zuzahlungsbefreiung, die ein Ehepaar mit zwei Kindern und einem Gesamteinkommen von 60.000 Euro brutto im Jahr 2024 hätte.

Beispiel für das Jahr 2024

Jahresbruttoeinkommen Ehefrau40.000 €
Jahresbruttoeinkommen Ehemann20.000 €
Jahresbruttoeinkommen gesamt60.000 €
- Freibetrag Ehegatte- 6.363 €
- Freibetrag 2 Kinder-18.624 €
= zu berücksichtigendes Familieneinkommen35.013 €
Belastungsgrenze 2 %700 €

Werte gerundet
Quelle: Finanztip-Berechnung (Stand: 11. April 2024)

Die Beispielfamilie muss also im Jahr 2024 zusammen höchstens rund 700 Euro zuzahlen. Ist ein Familienmitglied chronisch krank, liegt der Höchstbeitrag mit rund 350 Euro bei der Hälfte.

Welche Zuzahlungen werden berücksichtigt?

Bei der Berechnung der Belastungsgrenze addierst Du grundsätzlich alle Zuzahlungen, also auch Zuzahlungen bei einem Krankenhausaufenthalt oder bei stationären Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen. Daher solltest Du alle Zuzahlungsbelege sammeln. Wichtig ist, dass auf den Belegen folgende Angaben stehen:

  • Vor- und Nachname,
  • Art der Leistung (etwa Arzneimittel oder Heilmittel),
  • Zuzahlungsbetrag,
  • Datum der Abgabe und
  • die abgebende Stelle (also zum Beispiel der Stempel der Apotheke).

Bei Medikamenten wird immer nur die gesetzliche Zuzahlung von maximal 10 Euro pro Arzneimittel als Zuzahlung gewertet. Kosten, die keine „echten“ Zuzahlungen sind, kannst Du Dir daher nicht anrechnen lassen, etwa wenn Dein Arzt ein teures Medikament verschrieben hat, das die Kasse nicht übernimmt. Da die Preise der Präparate trotz des gleichen Wirkstoffs oft sehr unterschiedlich sind, haben die Kran­ken­kas­sen festgelegt, welchen Höchstbetrag sie für eine Gruppe von vergleichbaren Medikamenten übernehmen.

Verschreibt der Arzt ein Medikament, das teurer ist als der Festbetrag, musst Du als Patient die Differenz zwischen dem tatsächlichen Preis und dem Festbetrag selbst tragen. Dieser Aufpreis wird nicht als Zuzahlung gewertet. Ärzte müssen über solche Mehrkosten informieren.

Folgende Aufwendungen kannst Du ebenfalls nicht abziehen, da sie nicht unter die gesetzlichen Zuzahlungen nach § 61 SGB V fallen: 

  • Kosten, die Kran­ken­kas­sen grundsätzlich nicht übernehmen, etwa die Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung ohne vorherige Genehmigung;
  • Eigenanteile für Hilfsmittel, die auch Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind wie orthopädische Schuhe;
  • Eigenanteile für Zahnersatz;
  • Kosten für private Ge­sund­heits­leis­tung­en (sogenannte IGeL) sowie
  • Eigenanteile bei Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung,
  • Eigenanteile zur Ostheopathie oder
  • Eigenanteile zu Präventionskursen.

Wie lässt Du Dich von der Zuzahlungspflicht befreien?

Sobald Du die Belastungsgrenze innerhalb eines Kalenderjahrs erreicht hast, kannst Du bei Deiner Kran­ken­kas­se eine Befreiung beantragen. Einen entsprechenden Vordruck bekommst Du von Deiner Kasse. Genehmigt die Kasse den Antrag, ist Deine gesamte im gemeinsamen Haushalt lebende Familie von Zuzahlungen befreit.

Einige Kassen bieten als Service auf ihren Websites an, dass Du mithilfe eines Rechners Deine individuelle Belastungsgrenze bestimmst und elektronisch Deine bereits geleisteten Zuzahlungen dokumentieren kannst. Diese Nachweise kannst Du zusammen mit dem Antrag bei Deiner Kran­ken­kas­se einreichen.

Sobald die Kran­ken­kas­se Deine Angaben geprüft hat, bekommst Du einen Bescheid darüber, dass Du für den Rest des Kalenderjahrs von Zuzahlungen befreit bist. Das bedeutet, dass sämtliche Zuzahlungen bis zum nächsten Jahr entfallen. Den Befreiungsbescheid kannst Du dann vorzeigen, wenn Du zum Beispiel in der Apotheke ein weiteres zuzahlungspflichtiges Medikament kaufst.

Reichst Du den Antrag erst am Ende des Jahres ein oder hast Du bereits mehr gezahlt, als Dir zumutbar war, erstattet Dir die Kran­ken­kas­se den entsprechenden Betrag. Das geht auch noch rückwirkend für die letzten vier Jahre. Die jeweiligen Belastungsgrenzen haben wir Dir im zweiten Kapitel aufgelistet. Bedenke aber, dass Du alle Rechnungsbelege aus diesen Jahren bei Deiner Kasse vorweisen musst. 

Kannst Du die Zuzahlungsgrenze vorauszahlen? 

Bei einigen Kran­ken­kas­sen kannst Du den Betrag in Höhe Deiner Zuzahlungsgrenze im Voraus einzahlen. Die Kran­ken­kas­se befreit Dich dann sofort von weiteren Zuzahlungen. Dadurch ersparst Du Dir das Sammeln der Belege.

Vorsicht: Solltest Du doch weniger für Medikamente ausgeben als geplant, bekommst Du die geleistete Vorauszahlung in aller Regel nicht zurück. Du solltest Dir also schon sicher sein, dass die Zuzahlungen anfallen, etwa wenn Du dauerhaft bestimmte Medikamente benötigst. 

Wenn Du Dich im laufenden Kalenderjahr von Zuzahlungen befreien lässt, dann gilt diese Befreiung zunächst nur vorläufig. Sollte sich während des Rests des Jahres etwas Wesentliches an Deinem Einkommen oder Deinen persönlichen Verhältnissen ändern, kann die Kran­ken­ver­si­che­rung Deine Belastungsgrenze neu berechnen (§ 48 SGB X). Das kann zum Beispiel passieren, wenn Du heiratest, nach Arbeitslosigkeit einen Job findest oder von Teilzeit in Vollzeit wechselst mit einem deutlich höheren Gehalt. Steigt Deine Belastungsgrenze dadurch, dann musst Du gegebenenfalls nachzahlen. Und zwar den Differenzbetrag zur neu errechneten Belastungsgrenze – unabhängig davon, wie häufig Du die Zuzahlungsbefreiung in der Zwischenzeit überhaupt genutzt hast.

Willst Du auf Nummer sicher gehen, dass Du nicht nachzahlen musst, dann warte bis zum Jahresende, bevor Du den Antrag auf die Zuzahlungsbefreiung stellst. Die Kran­ken­kas­se erstattet Dir dann zu viel gezahltes Geld zurück. Der Nachteil ist, dass Du das Geld zunächst vorstrecken und über das gesamte Jahr Belege für Deine geleisteten Zuzahlungen sammeln musst.

Lassen sich die Zuzahlungen von der Steuer absetzen? 

Zuzahlungen zu verschreibungspflichtigen Medikamenten und andere selbst übernommene Krankheitskosten kannst Du unter Umständen als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen. Die Kosten erkennt das Finanzamt allerdings nur dann an, wenn sie die zumutbare Eigenbelastung überschreiten. Diese zumutbare Eigenbelastung hängt von Deinem Einkommen und der Anzahl Deiner Kinder ab. Mehr dazu liest Du in unserem Ratgeber zu außergewöhnlichen Belastungen.

Wann werden chronisch Kranke von Zuzahlungen befreit?

Für Versicherte, die wegen derselben Krankheit in Dauerbehandlung sind, gilt eine geringere Belastungsgrenze von nur 1 Prozent des jährlichen Familien-Bruttoeinkommens (§ 62 Abs. 1 S. 2 SGB V). Wann jemand als chronisch erkrankt gilt, regelt die Chroniker-Richtlinie

  • Pflegebedürftigkeit des Pflegegrades 3, 4 oder 5,
  • Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 Prozent,
  • kontinuierliche medizinische Versorgung, Arzneimitteltherapie, Behandlungspflege, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln erforderlich, ohne die nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist.

Um als chronisch krank eingestuft zu werden, musst Du der Kran­ken­kas­se eine Bescheinigung von Deiner Ärztin oder Deinem Arzt vorlegen. Den entsprechenden Vordruck, auch Muster 55 genannt, sollte die Arztpraxis parat haben. Ob Deine Erkrankung als schwerwiegend und chronisch anerkannt wird, entscheidet dann aber die Kran­ken­kas­se.

Die Sonderregelung für Chroniker gilt erst, nachdem die chronische Krankheit mindestens ein Jahr lang behandelt wurde. Die reduzierte Zuzahlungsgrenze tritt dann ab dem 1. Januar des Kalenderjahres in Kraft, in dem die ersten zwölf Monate der Behandlung vorbei sind.

Ein Beispiel: Du befindest Dich seit 31. März 2022 wegen Diabetes in Behandlung. Warst Du bis zum 30. März 2023 wenigstens einmal im Quartal deswegen in ärztlicher Behandlung, liegt eine Dauerbehandlung vor. Die individuelle Belastungsgrenze von 1 Prozent gilt dann rückwirkend ab dem 1. Januar 2023.

Musst Du regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen gehen? 

Die niedrigere Belastungsgrenze für chronisch Kranke gilt für Menschen, die nach dem 1. April 1972 geboren sind, nur dann, wenn sie vor ihrer Erkrankung regelmäßig an den gesetzlich vorgesehenen Gesundheits- und Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen haben, etwa an der Krebsfrüherkennung. Ansonsten liegt die Grenze bei 2 Prozent (§ 62 Abs. 1 S. 3 SGB V).

Kannst Du die Vorsorgeuntersuchungen nicht nachweisen, dann gilt für Dich die niedrigere Belastungsgrenze nur, wenn Du an einem sogenannten strukturierten Behandlungsprogramm für Deine chronische Erkrankung teilnimmst (§ 62 Abs. 1 S. 4 SGB V). Mehr Informationen zu diesen Programmen bekommst Du bei Deiner Kran­ken­kas­se.

Eine Ausnahme von der Pflicht zur Teilnahme an Gesundheits- und Krebs­früh­er­kenn­ungsun­ter­su­chungen gibt es: Frauen, die nach dem 1. April 1987 geboren sind und Männer mit Geburtstag nach dem 1. April 1962, müssen sich einmal ärztlich zu Chancen und Risiken von Früherkennungsuntersuchungen für Brust- und Gebärmutterhalskrebs beziehungsweise Darmkrebs beraten lassen.

Die Beratung muss innerhalb von zwei Jahren stattfinden, nachdem das Anspruchsalter für die Untersuchung erreicht ist. Für einige Jahrgänge ist diese Chance jedoch bereits vertan, denn die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs wird ab dem Alter von 20 emp­foh­len, das Mammografie-Screening ab 50 Jahren und eine Darmspiegelung ab 55 Jahren für Frauen und ab 50 Jahren für Männer. Die Beratung muss in einem Präventionspass dokumentiert werden, den Du in der Arztpraxis einfordern kannst. Weitere Details und Ausnahmen sind in der Chroniker-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses geregelt.

Welche Besonderheiten gelten für So­zi­al­hil­fe­em­pfän­ger?

Für Empfänger von Sozialleistungen wie Bürgergeld, Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter und Er­werbs­min­de­rungs­ren­te gilt eine besondere Belastungsgrenze (§ 62 Abs. 2 Satz 4 ff. SGB V). Sie beträgt 135,12 Euro und bei chronisch Kranken 67,56 Euro. Die Belastungsgrenze wird auf Basis des Regelsatzes der Regelbedarfsstufe 1 ermittelt. Dieser liegt 2024 bei 563 Euro monatlich, also 6.756 Euro jährlich (Anlage zu § 28 SGB XII).

Empfänger von Sozialhilfe können mit den Sozialhilfeträgern vereinbaren, dass diese die Zuzahlungen an die Kasse wie ein Darlehen übernehmen. Der zuständige Sozialhilfeträger überweist also den Höchstbetrag der Belastungsgrenze vorab an die Kran­ken­kas­se. Der Betrag wird dann in monatlichen Raten von dem jeweiligen Regelsatz abgezogen (§ 37 Abs. 3 und 4 SGB XII). 

Autoren
Julia Rieder

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