Wahltarife in der GKV Besser abgesichert in der gesetzlichen Krankenkasse
Finanztip-Expertin für Versicherungen
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So gehst Du vor
Gesetzliche Krankenkassen konkurrieren untereinander um Kunden, haben aber nur wenige Möglichkeiten, sich voneinander zu unterscheiden. Denn ein Großteil ihrer Leistungen ist vom Staat festgelegt. Im Rahmen der Gesundheitsreform im Jahr 2007 hat die Bundesregierung deshalb Wahltarife eingeführt, die den Versicherten spezielle Leistungen oder Beitragsermäßigungen ermöglichen. Sie sollen zusammen mit den unterschiedlichen Zusatzbeiträgen und -leistungen den Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Kassen (GKV) ankurbeln.
Allerdings erfreuen sich die teilweise kostenpflichtigen Wahltarife bisher nur geringer Beliebtheit. Während an Versorgungsprogrammen für chronisch Kranke 2016 laut der Gesundheitsberichterstattung des Bundes weniger als ein Fünftel der Versicherten teilnahmen, waren es bei anderen Wahltarifen insgesamt nur 2 Prozent der GKV-Mitglieder.
Es gibt vier Wahltarife, die alle Krankenkassen anbieten müssen (§ 53 SGB V). Ob und wie die Teilnahme an dem Angebot belohnt wird, hängt aber von der jeweiligen Krankenkasse ab. Den Umfang des Tarifs und die Höhe der Prämien kannst Du in der Satzung Deiner Kasse nachlesen.
Für viele Wahltarife gilt eine Bindungsfrist von einem Jahr, in dem der Versicherte die Kasse nicht wechseln kann – es sei denn, diese erhöht den Zusatzbeitrag. Bei einigen Tarifen sind es sogar drei Jahre. Kündigt der Versicherte nicht zwei Wochen vor Ablauf der Bindungsfrist, verlängert sich der Tarif automatisch.
Folgende Optionen bieten alle Krankenkassen an:
Hausarztversorgung - Versicherte verpflichten sich für mindestens ein Jahr, bei Beschwerden immer zuerst ihren Hausarzt aufzusuchen und nicht ohne Überweisung zu Fachärzten zu gehen. Im Gegenzug kann die Versicherung ihnen Vergünstigungen wie Beitragserstattung oder geringere Zuzahlungen zu bestimmten Leistungen gewähren. Allerdings nehmen nicht alle Hausärzte an solchen Programmen teil.
Krankengeld für Selbstständige - Gesetzlich versicherte Selbstständige bekommen von ihrer Kasse wie ein Arbeitnehmer Krankengeld, wenn sie statt des ermäßigten Beitrags von 14 Prozent plus Zusatzbeitrag den regulären Beitragssatz von 14,6 Prozent plus Zusatzbeitrag zahlen. Allerdings beginnt die Krankengeldzahlung erst ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit.
Wer schon früher Unterstützung braucht, kann einen Wahltarif abschließen und sich so Krankengeld schon ab der zweiten oder dritten Krankheitswoche sichern. Dafür verlangen die Krankenkassen einen höheren Beitrag. Die Entscheidung für diese Option sollte jedoch wohl überlegt sein, denn an den Krankengeldtarif ist der Versicherte drei Jahre lang gebunden. Das Krankengeld ist außerdem der einzige Wahltarif, bei dem es kein Sonderkündigungsrecht gibt, falls der Zusatzbeitrag steigt. Alternativ kommt eventuell ein Krankentagegeld als private Zusatzversicherung infrage.
Integrierte Versorgung - Die Kassen bieten an, die Behandlung bestimmter Krankheiten über Netzwerke aus Haus- und Fachärzten, Kliniken und Reha-Einrichtungen zu koordinieren. So wollen sie Doppeluntersuchungen und lange Wartezeiten auf Termine bei Fachärzten für ihre Versicherten vermeiden. Diese sogenannte integrierte Versorgung bietet sich bei Herzerkrankungen, Knie- und Hüftgelenks-Ersatz oder Krebs an.
Strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch Kranke - Wer an Diabetes mellitus, Herzerkrankungen, Brustkrebs, Asthma oder anderen chronischen Lungenerkrankungen leidet, kann sich für die Teilnahme an einem sogenannten Disease-Management-Programm (DMP) entscheiden. In diesen Programmen arbeiten Ärzte verschiedener Fachrichtungen zusammen, stimmen die Behandlungsschritte ab und führen regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch. So sollen chronisch Kranke besser und koordinierter versorgt werden.
Neben diesen vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Optionen bieten viele Krankenkassen freiwillig weitere Wahltarife an. Die gängigsten sind:
Selbstbehalt - Versicherte zahlen im Krankheitsfall einen Teil ihrer Behandlungskosten selbst. Dafür belohnt die Kasse sie mit einer Geldprämie von maximal 600 Euro pro Jahr. Bei Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen müssen Versicherte nichts zuzahlen. Der Selbstbehalt ist immer höher als der mögliche Bonus. Ein solcher Tarif lohnt sich deshalb nur für gesunde Menschen mit geringen Behandlungskosten. Im schlechtesten Fall machen Versicherte einen Verlust.
Beispiel: Du wählst einen Tarif mit 400 Euro Prämie bei 600 Euro Selbstbehalt. Brauchst Du im Jahr nur kleinere medizinische Behandlungen, für die Du 200 Euro zahlst, sparst Du 200 Euro. Kosten Deine Behandlungen jedoch 600 Euro oder mehr, bekommst Du zwar die 400 Euro Prämie von der Kasse. Unterm Strich zahlst Du aber 200 Euro mehr als nötig.
Die mögliche Selbstbeteiligung hängt bei vielen Kassen von der Höhe des Einkommens ab. Vorsicht: An einen Selbstbehalt-Tarif ist der Versicherte drei Jahre lang gebunden.
Beitragsrückerstattung - Wer ein Jahr lang nicht zum Arzt geht, bekommt von einigen Krankenkassen maximal einen Monatsbeitrag zurückerstattet. Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchen zählen nicht mit. Im Gegensatz zum Selbstbehalt gehen Versicherte bei diesem Modell kein finanzielles Risiko ein, können aber dennoch sparen. Allerdings gewähren einige Kassen Familienversicherten nur dann eine Rückerstattung, wenn auch alle mitversicherten Angehörigen keine Behandlung gebraucht haben. Dann lohnt sich der Tarif kaum.
Kostenerstattung - Dieses Modell verspricht gesetzlich Versicherten eine ähnliche Versorgung wie Privatpatienten. Die Versicherten zahlen einen Zuschlag auf ihre Krankenkassenbeiträge, dafür können Ärzte höhere Honorare abrechnen als normalerweise bei der gesetzlichen Krankenversicherung üblich. Wie Privatpatienten müssen die Versicherten die Rechnung zunächst selbst begleichen und dann bei ihrer Krankenkasse einreichen. Doch Vorsicht: Nicht immer übernimmt die Kasse die vollen Behandlungskosten. Den Rest müssen Patienten dann aus eigener Tasche bezahlen. Einige Kassen ermöglichen es, die Kostenerstattung auf bestimmte Bereiche wie Zahnbehandlungen oder Krankenhausaufenthalte zu begrenzen.
Besondere Arzneimittel - Gegen eine monatliche Zusatzgebühr übernimmt die Krankenkasse die Kosten für homöopathische, anthroposophische und pflanzliche Arzneimittel. Prüfe jedoch genau, ob sich ein solcher Tarif lohnt. Denn viele Kassen bieten die Übernahme von alternativen Heilmethoden mittlerweile als kostenfreie Zusatzleistung an.
Ob sich Wahltarife lohnen, hängt vor allem von Deinem Gesundheitszustand und Deinen persönlichen Bedürfnissen ab. Als chronisch Kranker kannst Du von speziellen Versorgungsmodellen profitieren und dafür eventuell sogar finanzielle Vergünstigungen erhalten.
Wer selten zum Arzt geht, kann sparen, wenn er eine Beitragsrückerstattung vereinbart. Allerdings besteht die Gefahr, dass Versicherte auf Arztbesuche verzichten und Krankheiten verschleppen, um ihre Prämie nicht zu verlieren.
Vor dem Abschluss eines Wahltarifs ist es sinnvoll, Angebote und Bedingungen verschiedener Versicherungen zu vergleichen. Prüfe, welche Leistungen die Kasse genau übernimmt und welches finanzielle Risiko entsteht. Außerdem gilt es abzuwägen, ob Du Dich wirklich für die Mindestlaufzeit des Tarifs an die jeweilige Kasse binden willst.
Bei Service, Zusatzleistungen und Beitrag gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Krankenkassen.
Von uns empfohlene Anbieter sind: HKK, TK, Audi BKK, HEK, Energie-BKK und Big direkt gesund.
Ausführliche Informationen zur gesetzlichen Krankenversicherung findest Du in unserem Ratgeber. Mehr zur privaten Krankenversicherung kannst Du hier nachlesen.
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