Widerrufsrecht So kannst Du einen Vertrag widerrufen

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Unterschriebene Verträge müssen eingehalten werden – es gibt aber Ausnahmen.
  • Wenn Du etwa online etwas kaufst, hast Du ein gesetzliches Widerrufsrecht. Darüber muss Dich der Verkäufer mit einer Widerrufsbelehrung informieren.
  • Auch Bauverträge, Kreditverträge, Verträge mit Ratenlieferung und Ver­si­che­rungs­ver­träge kannst Du widerrufen.

So gehst Du vor

  • Du kannst in der Regel innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss den Vertrag widerrufen.
  • Informiere Deinen Vertragspartner rechtzeitig. In der Widerrufsbelehrung des Vertrages steht, an wen Du Dich wenden musst.
  • Einen Grund für den Widerruf musst Du nicht angeben.

Hast Du online schon mal etwas gekauft, was Dir dann nicht gefallen oder nicht gepasst hat? Damit Du nicht auf Deinem Fehlkauf sitzen bleibst, gibt es für solche Fälle das gesetzliche Widerrufsrecht. Alles geht retour: Ware und Geld. Wir erklären Dir, wann und wie lange Du einen Vertrag widerrufen kannst.

Welche Verträge kannst Du widerrufen?

Einmal unterschriebene Verträge müssen eigentlich eingehalten werden. Dieser Grundsatz lautet in lateinischer Sprache „pacta sunt servanda.“ Er schafft Vertrauen zwischen den Vertragsparteien. Von dieser Regel gibt es Ausnahmen. Die wichtigste Ausnahme ist das Widerrufsrecht.

Das Widerrufsrecht beschränkt sich nicht nur auf den Kauf von Waren. Es gibt viele andere Verträge, die Verbraucher widerrufen können.

Fernabsatzverträge - Dazu gehören Verträge, die Du über das Internet, Telefon oder sogar per Brief schließt. Online-Shopping fällt in diese Kategorie. Bedingung ist, dass der Verkäufer sein Geschäft regelmäßig per Fernabsatz betreibt. Bei Versandhändlern ist das der Fall (§ 312g BGB). Bei diesen Verträgen sollen Verbraucher deshalb widerrufen können, weil sie das, was sie kaufen, nur nach der Beschreibung kaufen und nicht, nachdem sie es zum Beispiel anprobiert haben.

Haustürgeschäfte - Kaufst Du außerhalb von Geschäftsräumen etwas, kannst Du den Vertrag wieder rückgängig machen (§ 312g BGB). Das gilt etwa für Haustürgeschäfte, Geschäfte in der Fußgängerzone oder bei Dir auf der Arbeit. Das Widerrufsrecht soll verhindern, dass ein Verkäufer oder eine Verkäuferin Dich überrumpelt. Ein Beispiel für Haustürgeschäfte: Du nimmst an einer „Tupper-Party“ bei Freunden teil und erwirbst dort ein Sortiment Plastikboxen. Gefallen sie Dir später doch nicht, kannst Du den Kaufvertrag widerrufen und die Boxen wieder zurückgeben. Auch wenn Du im Rahmen einer Kaffeefahrt etwas kaufst, hast Du ein Widerrufsrecht.

Bauverträge - Gemeint sind Verbraucherbauverträge, also wenn Du jemanden beauftragst, Dein Haus zu bauen oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude vorzunehmen, zum Beispiel, wenn Du Dein Haus altersgerecht umbauen lässt. Seit 2018 können Verbraucherinnen und Verbraucher solche Verträge widerrufen (§ 650l BGB).

Ratenlieferung - Wenn Du im Vertrag eine Lieferung in Raten vereinbart hast, kannst Du den Vertrag auch dann widerrufen, wenn Du den Vertrag nicht online oder als sogenanntes Haustürgeschäft abgeschlossen hast (§ 356c BGB). Als Ratenlieferung gilt zum Beispiel ein Zeitungsabonnement. Oder wenn der Vertrag, etwa mit einem Buchclub, vorsieht, dass Du regelmäßig Ware abnehmen musst. Ein anderer Fall wäre, wenn zusammengehörende Sachen, wie die Bände eines Lexikons, nach und nach geliefert und ratenweise bezahlt werden sollen.

Kauf auf Kredit - Auch wenn Du zusammen mit einem Kaufvertrag einen Kreditvertrag abgeschlossen hast, etwa um die neue Küche oder den Fernseher auf Kredit zu kaufen, kannst Du beide Verträge widerrufen. Solche verbundenen Verträge werden oft beim Möbelkauf oder bei Unterhaltungselektronik angeboten. Dasselbe gilt, wenn der Verkäufer einen Zahlungsaufschub oder eine Ratenzahlung gewährt. 

Verbraucherkreditverträge - Wenn Du einen Kredit ausschließlich für private Zwecke (§ 13 BGB) nutzt, steht Dir ein Widerrufsrecht zu. Darunter fallen Autokredite und Baufinanzierungsdarlehen. Wie Du solche Kreditverträge rückgängig machst, erklären wir im Ratgeber zum Widerrufsrecht zum Verbraucherdarlehen

Ver­si­che­rungs­ver­träge - Auch Ver­si­che­rungs­ver­träge kannst Du innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss widerrufen (§ 8 VVG). Le­bens­ver­si­che­rung­en kannst Du sogar 30 Tage lang widerrufen (§ 152 VVG). Wer zwischen dem 29. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 eine Lebens- oder Ren­ten­ver­si­che­rung abgeschlossen hat, kann diese vielleicht noch rückabwickeln. Wie das funktioniert, liest Du im Ratgeber Le­bens­ver­si­che­rung widerrufen.

Wie funktioniert ein Widerruf?

Alle oben genannten Verträge können Verbraucherinnen und Verbraucher rückgängig machen. Dafür musst Du lediglich gegenüber Deinem Vertragspartner den Widerruf des Vertrags erklären, einen Grund musst Du nicht nennen. Du kannst ein vom Händler mitgeliefertes Formular oder dieses gesetzliche Muster für den Widerruf nutzen. Schaue dafür in die Widerrufsbelehrung in Deinem Vertrag, dort steht, an wen Du Dich wenden musst.

Wie lange kannst Du Verträge widerrufen?

Die Widerrufsfrist beträgt mindestens 14 Tage. Ist keine längere Frist im Vertrag vereinbart, kannst Du innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss widerrufen (§ 355 Abs. 2 BGB). Die Frist beginnt, sobald Du über Dein Widerrufsrecht informiert wurdest. Meist passiert das bei Vertragsschluss, die Widerrufsbelehrung liegt dem Vertrag bei. Hast Du etwas bestellt, das geliefert werden muss, beginnt die Frist aber erst, wenn Du die Ware erhalten hast (§ 356 Abs. 2 BGB). 

Das Widerrufsrecht erlischt spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsabschluss (§ 356 Abs. 3 Satz 2 BGB). Die Frist kann nicht an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen enden, in so einem Fall gilt der darauffolgende Werktag als Fristende.

Bei Dienstleistern wie Handwerkern kann das Widerrufsrecht ausgesetzt werden. Das geht aber nur, wenn Du ausdrücklich zustimmst, dass die Dienstleistung bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen werden darf. Außerdem muss Dein Vertragspartner Dich informiert haben, dass Dein Widerrufsrecht erlischt, wenn das Unternehmen seine Leistungen vor Ende der Frist bereits vollständig erbracht hat (§ 356 Abs. 4 BGB).

Kaufverträge: Was passiert nach dem Widerruf?

Dein Vertragspartner darf für den Widerruf keine Bearbeitungsgebühr oder Entschädigung verlangen, allerdings steht ihm unter Umständen ein Wertersatz zu (§ 357 BGB).

Wenn Du die Ware schon erhalten hast - Falls der Verkäufer es von Dir verlangt, musst Du die Kosten für die Rücksendung der Waren zahlen, das Risiko, dass die Ware dann auch bei ihm ankommt, trägt aber er. Das bedeuet: Wird das Päckchen auf dem Postweg verbummelt, ist das nicht Dein Problem. Hast Du große Gegenstände wie einen sperrigen Staubsauger an der Haustür gekauft und der Vertreter lässt das Gerät gleich bei Dir, dann muss der Verkäufer den Sauger im Falle eines Widerrufs auf eigene Kosten bei Dir auch wieder abholen.

Wenn Du die Ware schon bezahlt hast - Erst wenn Du nachweist, dass Du die Ware abgeschickt hast oder die Ware beim Händler eingetroffen ist, muss dieser Dir Dein Geld zurückzahlen (§ 357 Abs. 4 BGB). Wenn Du Kosten für den Hinversand getragen hast, muss der Verkäufer auch diese erstatten – allerdings nur in Höhe der Standardlieferung (§ 357 Abs. 2 BGB). 

Wenn Du die Ware schon benutzt hast - Falls Du die Ware beschädigt oder so genutzt hast, dass sie an Wert verloren hat, kann der Verkäufer Wertersatz verlangen (§ 357 Abs. 7 BGB). Das bedeutet: Für den Wertverlust darf der Händler etwas vom Kaufpreis abziehen, den er Dir erstatten muss. Das gilt jedoch nicht, wenn die Nutzung zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren notwendig war. Du darfst Ware also auspacken und ausprobieren: Auf Matratzen darfst Du probeschlafen und Kleidung anprobieren. 

Wertersatz darf ein Händler aber grundsätzlich nur verlangen, sofern er Dich davor richtig über Dein Widerrufsrecht informiert hat. Bei digitalen Inhalten, die per Download und nicht auf CD oder einem USB-Stick zur Verfügung gestellt werden, musst Du keinen Wertersatz leisten (§ 357a Abs. 3 BGB).

Dienstleistungen: Was passiert nach dem Widerruf?

Hat ein Unternehmer bereits angefangen, die im Vertrag vereinbarte Leistung zu erbringen, musst Du ihm Wertersatz leisten (§ 357d BGB und § 357 Abs. 8 BGB). Voraussetzung ist, dass Du richtig über das Widerrufsrecht unterrichtet wurdest.

Der Wertersatz wird anteilig vom vereinbarten Gesamtpreis berechnet. Wenn dieser überteuert ist, gilt der Marktwert der Leistung. Hast Du vereinbart, dass ein Handwerker für 1.000 Euro den gesamten Badezimmerboden fliest und er ist zum Zeit­punkt Deines Widerrufs zur Hälfte fertig, dann musst Du ihm 500 Euro zahlen. Hinzu kommen Materialkosten. Materialkosten zahlst Du aber nur, wenn das Material bereits verbaut ist, der Handwerker es also nicht mehr mitnehmen kann. 

Wann ist das Widerrufsrecht ausgeschlossen?

Es gibt laut Gesetz Ausnahmen vom Widerrufsrecht (§ 312g Abs. 2 und 3 BGB). Das Widerrufsrecht ist dementsprechend ausgeschlossen, wenn nichts anderes im Vertrag vereinbart wurde. Du kannst folgende Verträge zum Beispiel nicht widerrufen:

  • Kauf von Waren, die individuell auf Dich abgestimmt sind oder über deren konkrete Herstellung Du bestimmen konntest, zum Beispiel Maßanzüge;
  • Kauf von Lebensmitteln und allem, was schnell verderben kann;
  • Kauf von Waren, die aus hygienischen Gründen versiegelt waren, die Du geöffnet hast;
  • Kauf von Ton- oder Videoaufnahmen und Computersoftware in einer versiegelten Packung, deren Versiegelung Du entfernt hast;
  • Kauf von Waren und Dienstleistungen, deren Preise von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängen, wie Wertpapiere, Devisen und Derivate;
  • notariell beurkundete Verträge.
Autoren
Pauline Faust
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