Versorgungsausgleich So sicherst Du Deine Rente bei einer Scheidung

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei einer Scheidung werden die Rentenanwartschaften der Eheleute gerecht aufgeteilt: Das nennt sich Versorgungsausgleich.
  • Eheleute können darauf in einem Ehevertrag verzichten. Das ist selbst dann noch möglich, wenn die Scheidung schon läuft.
  • Ist Dein Ex-Partner verstorben, hast Du die Chance, Deine volle Rente wieder zu bekommen.

So gehst Du vor

  • Verzichte nie leichtfertig auf den Versorgungsausgleich – er ist wahrscheinlich ein wichtiger Baustein Deiner Altersvorsorge.
  • Auch wenn Deine Ehe keine drei Jahre gehalten hat, solltest Du prüfen lassen, ob sich für Dich ein Antrag auf Versorgungsausgleich lohnt.
  • Nach dem Tod Deines Ex-Partners musst Du einen Antrag beim Versorgungsträger stellen, um Deine volle Rente zu bekommen. Funktioniert das nicht, lasse Dich anwaltlich beraten.

Bei einer Scheidung geht es oft ums Geld – um Unterhalt und Zugewinnausgleich. An die Rentenansprüche denkt man vielleicht nicht sofort, da keiner direkt an den anderen etwas zahlen muss. Aber eine gerechte Aufteilung der Rentenanwartschaften ist besonders wichtig, um Altersarmut zu verhindern. Dafür gibt es den Versorgungsausgleich.

Was bedeutet Versorgungsausgleich?

Während der Ehe sammeln beide Ehegatten für das Alter sogenannte Rentenanwartschaften. Oft hat derjenige weniger in die Rente eingezahlt, der wegen der Kindererziehung eine gewisse Zeit nicht oder nur Teilzeit gearbeitet hat. Unterschiedlich hohe Anwartschaften entstehen auch, wenn einer von beiden längere Zeit arbeitslos war.

Durch den Versorgungsausgleich sollen diese Unterschiede ausgeglichen werden. Die Grundidee im Versorgungsausgleichsgesetz ist einfach: Jede Rentenanwartschaft, die während der Ehe entstanden ist, wird halbiert und beiden Partnern jeweils zu 50 Prozent gutgeschrieben.

Beispiel zu verschiedenen Anwartschaften

Antonia besitzt bei der Heirat eine gesetzliche Rentenanwartschaft in Höhe von monatlich 150 Euro. Zum Zeit­punkt der Scheidung ist der Anspruch auf künftige Rente auf 650 Euro gestiegen. Zusätzlich hat sie während der Ehe eine Zusatzversorgung abgeschlossen, die mittlerweile einen Stand von 60 Euro hat.

Bernd bringt einen Anspruch auf Beamtenversorgung in Höhe von monatlich 200 Euro mit in die Ehe ein, zum Zeit­punkt der Scheidung beläuft sich der Anspruch auf 900 Euro. Er hat zusätzlich noch eine Riester-Versicherung während der Ehe abgeschlossen, die sich bei der Scheidung auf eine garantierte Rente von monatlich 160 Euro beläuft.

Wer durch den Versorgungsausgleich was bekommt, siehst Du in diesem Schaubild:

  • Antonia bekommt aus den Anwartschaften von Bernd: 350 Euro aus der Beamtenversorgung + 80 Euro aus dem Riester-Vertrag.
  • Bernd bekommt aus den Anwartschaften von Antonia: 250 Euro aus der gesetzlichen Rente + 30 Euro aus der Zusatzversorgung.

Anspruch auf gesetzliche Rente durch Versorgungsausgleich

Beim Versorgungsausgleich wird im Fall der gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung nicht der Geldwert der monatlichen Rente aufgeteilt. Stattdessen findet ein 50-50-Ausgleich der erworbenen Rentenpunkte (Entgeltpunkte) statt. Aus denen errechnet sich die monatliche Rente.

Neben den Rentenpunkten werden auch die Rentenanwartschaftszeiten geteilt. Damit ist die Anzahl der Beitragsjahre gemeint, die Du brauchst, um überhaupt eine gesetzliche Rente zu erhalten. Du benötigst mindestens fünf Jahre Beitragszeit, um Anspruch auf eine gesetzliche Rente zu haben. 

Die Menge der Beitragsmonate errechnet sich über die Anzahl der Rentenpunkte, die Du durch den Versorgungsausgleich erhalten hast. Die Anzahl der Rentenpunkte wird durch den Faktor 0,0313 geteilt und aufgerundet. So kannst Du Deine Beitragsmonate errechnen.

Wichtig: Bist Du der Ehepartner, der Rentenpunkte abgibt, verringern sich Deine Beitragsjahre dadurch nicht.

Beispiel: Christoph hat im Versorgungsausgleich fünf Entgeltpunkte an Doro abgegeben. Sie bekommt deswegen rund 160 Monate und damit gut 13 Jahre und vier Monate Wartezeit gutgeschrieben. Damit hat Doro die Mindestversicherungszeit für den Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente erfüllt.

Für die Übertragung von Rentenzeiten durch Versorgungsausgleich gilt eine Höchstgrenze: Die Beitragsmonate aus dem Versorgungsausgleich dürfen zusammen mit selbst erworbenen Beitragsmonaten die Dauer der Ehe nicht überschreiten.

Beispiel: Esin und Frederick waren exakt 17 Jahre verheiratet. Frederick war während der Ehe sechs Jahre als Arbeitnehmer angestellt und hat dementsprechend Beiträge in die gesetzliche Ren­ten­ver­si­che­rung gezahlt. Er hat zudem sechs Beitragsjahre gesammelt. Zusammen mit den 13 Jahren und vier Monaten Wartezeit aus dem Versorgungsausgleich kommt er auf eine Gesamtzeit von 19 Jahren und vier Monaten. Das sind zwei Jahre und vier Monate mehr als die Ehezeit von 17 Jahren. Frederick bekommt aus dem Versorgungsausgleich nur eine Wartezeit von elf Jahren gutgeschrieben.

Welche Ver­si­che­rungen fallen in den Versorgungsausgleich?

Welche Anrechte bei der Scheidung aufgeteilt werden, steht im Gesetz (§ 2 VersAusglG). Die Anwartschaften in der gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung werden ebenso erfasst wie solche in berufsständischen Versorgungseinrichtungen. Zum Beispiel die Architektenversorgung oder das Versorgungswerk für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Auch bei der Beamtenversorgung findet ein Ausgleich statt.

Schließlich fallen in den Versorgungsausgleich Verträge von Versicherern, die später eine Rente zahlen. Manche privaten Ren­ten­ver­si­che­rungen oder Betriebsrenten sehen vor, dass man zwischen einer Einmalzahlung und einer monatlichen Rente wählen kann. Sieht das Vertragsmodell grundsätzlich eine Rentenzahlung vor, kann man später stattdessen eine Einmalzahlung wählen. Ein solcher Vertrag fällt in den Versorgungsausgleich, solange keine Einmalzahlung gewählt wurde.

Sieht der Vertrag umgekehrt grundsätzlich eine Einmalzahlung vor, so fällt der Vertrag in den Zugewinnausgleich, solange der Versicherte keine Rentenzahlung gewählt hat.

Hier findest Du eine Übersicht zu Rentenanwartschaften im Versorgungsausgleich.

Verträge mit und ohne Versorgungsausgleich

Versorgungen mit AusgleichVersorgungen ohne Ausgleich
gesetzliche Ren­ten­ver­si­che­rung (Entgeltpunkte und Beitragszeiten)

Ka­pi­tal­le­bens­ver­si­che­rung

Anwartschaften von berufsständischen Versorgungswerken (Ärzte, Anwälte, Architekten, Apotheker)

Ri­si­ko­le­bens­ver­si­che­rung

private Ren­ten­ver­si­che­rung, die zwingend in eine Rente mündet oder bei der das Rentenwahlrecht bereits unwiderruflich ausgeübt wurdeRenten, die nichts mit dem Alter oder einer Erwerbsunfähigkeit zu tun haben (Opferrente, Rente der Berufsgenossenschaft, private Unfallrente)
Betriebsrente (betriebliche Altersversorgung) 
Zusatzversorgung öffentlicher Dienst (Versorgungspunkte) 
Riester-Rente, Rürup-Rente (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusGlG) 
Er­werbs­un­fäh­ig­keits­ren­te 

Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: März 2023)

Es kann zulässig sein, wenn ein Noch-Ehepartner kurz nach der Trennung seine Riester-Versicherung auflöst. Auch wenn sie dadurch nicht in den Versorgungsausgleich fällt. Es ging in dem Fall allerdings nur um einen Ausgleich von 3.300 Euro (OLG Nürnberg, 19.05.2021, Az. 9 UF 812/20).

Auf welchen Zeitraum bezieht sich der Ausgleich?

Alle Anwartschaften, die die Eheleute während der Ehe erworben haben, werden geteilt. Als Ehezeit gilt die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen wurde, bis zum Ende des Monats, der der Zustellung des Scheidungsantrags vorausgeht (§ 3 Abs. 1 VersAusglG).

Ebenfalls in den Versorgungsausgleich fallen die Rentenanwartschaften, die Eheleute während der Trennungszeit erworben haben. Bei ungewöhnlich langer Trennungszeit kann es sinnvoll sein, den Versorgungsausgleich auf den Zeitraum von der Eheschließung bis zur Trennung der Parteien zu beschränken (BGH, 29.03.2006, Az. XII ZB 2/02; OLG Celle, 25.07.2000, Az. 17 U F 88/00).

Möglich ist bei sehr langer Trennungszeit auch, nur die Anwartschaftszeiten auszugleichen, die bis zum 18. Lebensjahr des gemeinsamen Kindes entstanden sind (OLG Dresden, 17.12.2020, Az. 18 UF 371/20).

Wann ist ein Ausgleich ausgeschlossen?

Das Familiengericht teilt Rentenansprüche dann nicht, wenn ein Ausgleich grob unbillig wäre (§ 27 VersAusglG). Zum Beispiel weil der eine Ehepartner den anderen massiv bedroht und verletzt hat (OLG Oldenburg, 17.11.2016, Az. 3 UF 146/16).

Hat die Ehe höchstens drei Jahre gedauert, wird kein Versorgungsausgleich durchgeführt – es sei denn, einer der beiden Ex-Partner besteht darauf (§ 3 Abs. 3 VersAusglG). Maßgeblich ist die Ehezeit, die mit dem ersten Tag des Monats beginnt, in dem das Paar geheiratet hat; sie endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags. Wann die Trennung erfolgte, spielt keine Rolle.

Ein Beispiel: Das Ehepaar Glück hat am 20. August 2019 geheiratet. Der Scheidungsantrag wird am 1. Juli 2022 zugestellt. Die Ehezeit beginnt am 1. August 2019 und endet am 30. Juni 2022. Da die Ehe weniger als drei Jahre dauerte, führt das Gericht keinen Versorgungsausgleich durch.

Tipp: Auch wenn Deine Ehe keine drei Jahre gehalten hat, solltest Du überlegen, ob sich für Dich nicht doch ein Antrag auf Versorgungsausgleich lohnt. Das kann der Fall sein, wenn Dein Ex-Mann oder Deine Ex-Frau während der Ehe viel verdient und dadurch Versorgungsanwartschaften von Wert gebildet hat.

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Wie läuft der Versorgungsausgleich in der Praxis?

Der Versorgungsausgleich wird bei einer Scheidung immer automatisch mitgeregelt. Wie sich der Versorgunsgausgleich auf die Scheidungskosten auswirkt und wie teuer Eure Scheidung werden kann, erfahrt Ihr im Ratgeber Scheidungskosten.

  1. Fragebogen an Eheleute: Das Gericht schickt beiden Eheleuten Fragebögen zu, in denen sie angeben müssen, welche Ver­si­che­rungen und Anwartschaften bestehen, die Ver­si­che­rungsnummern und ob eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich besteht. Diese Formulare müssen die Eheleute dem Gericht zurückschicken. Reicht einer der Ehegatten die Formulare nicht ein und verzögert dadurch den Scheidungsprozess, kann das Gericht ein Zwangsgeld verhängen.
  2. Auskünfte der Versorgungsträger: Mit den Angaben des Ehepaars wendet sich das Familiengericht an die Versorgungsträger und lässt sich die Höhe der jeweiligen Rentenanwartschaften mitteilen. Eine solche Auskunft kann dauern.
  3. Prüfung durch Ehepaar: Das Gericht leitet die Mitteilungen der Versorgungsträger den Eheleuten weiter, damit diese sie prüfen und Stellung nehmen können. Wichtig: Es kann bei den Versorgungsträgern zu Fehlern kommen, die Dich bares Geld kosten. Deshalb solltest Du die Angaben am besten von einem Rentenberater oder einem Ver­si­che­rungsmathematiker überprüfen lassen. Die Anwaltskanzlei Hauß & Nießalla bietet einen kostenlosen Rechner an, mit dem Du die Berechnung überprüfen kannst. Verzögert sich die Scheidung wegen fehlender Auskünfte und läuft das Verfahren bereits seit drei Monaten, kann das Gericht den Versorgungsausgleich abtrennen (§ 140 FamFG). Der Ausgleich wird dann nach der Scheidung nachgeholt, sobald alle Rentenberechnungen vorliegen.
  4. Ausgleich: Im Scheidungstermin beziehungsweise später wird dann der Versorgungsausgleich zugesprochen.

Interne Teilung

Beim Versorgungsausgleich fließt kein Geld. Das Familiengericht überträgt vielmehr ein eigenes Anrecht mit vergleichbarer Wertentwicklung sowie mit vergleichbarem Risikoschutz – und zwar jeweils die Hälfte der Anwartschaft des Ex-Partners (§§ 10 bis 13 VersAusglG).

Wer also eine eigene Rentenanwartschaft bei der gesetzlichen Ren­ten­ver­si­che­rung hat, der bekommt eine Aufstockung um die Hälfte der erworbenen Ansprüche des Ex-Partners. Anderenfalls wird für ihn ein neues Konto eingerichtet, auch wenn er dort selbst bisher überhaupt keine Anwartschaft hatte. Das passiert auch bei privaten Verträgen zur Altersvorsorge.

Kosten bei interner Teilung - Die Teilung der Anwartschaften kostet Geld. Es muss meist ein neues Ver­si­che­rungskonto eingerichtet und geführt werden. Das darf der Versorgungsträger in Rechnung stellen (§ 13 VersAusglG). Dabei trägt jeder Ehegatte die Hälfte der Kosten. Meist zieht der Versorgungsträger die eine Hälfte direkt vom Ausgleichswert ab, die andere Hälfte verrechnet er mit dem verbliebenen Anrecht. In der Praxis berechnen die Versorgungsträger meist 2 bis 3 Prozent vom Wert des zu teilenden Anrechts. Ist die Anwartschaft viel wert, können sich die Kosten auf mehrere Tausend Euro belaufen.

Ermessen bei Bagatellgrenze - Geringe Anwartschaften muss das Familiengericht nicht ausgleichen. Die Mindestgrenze für den Ausgleich liegt 2023 bei einem Kapitalwert von 4.074 Euro in den alten und bei 3.948 Euro in den neuen Bundesländern. Wird der Ausgleichswert als monatliche Rente angegeben, dann ist er geringfügig, wenn er sich auf nicht mehr als 1 Prozent der monatlichen Bezugsgröße beläuft. Das entspricht im Jahr 2023 einer monatlichen Rente von 33,95 Euro/West und 32,90 Euro/Ost (§ 18 Abs. 3 VersAusglG in Verbindung mit § 18 SGB IV).

Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Bagatellgrenze in verschiedenen Beschlüssen beschäftigt (BGH, 12.10.2016, Az. XII ZB 372/16; 28.09.2016, Az. XII ZB 325/16). Danach kann ein Ausgleich unterbleiben, wenn

  • der Wert des Anrechts bedeutungslos ist,
  • er erkennbar unter den entstehenden Verwaltungskosten liegt,
  • der Ausgleichsberechtigte nicht auf den Bagatellbetrag angewiesen ist und
  • die Teilung sich als insgesamt unwirtschaftlich darstellt.

Wichtig: Fallen für die Teilung eines Anrechts hohe Kosten an, solltet Ihr überlegen, ob Ihr die einzelnen Anrechte nicht durch eine gesonderte Vereinbarung verrechnen wollt. So spart Ihr Euch die Teilungskosten.

Externe Teilung

Es gibt auch Anwartschaften, die das Familiengericht ausnahmsweise extern teilt. Das bedeutet: Der ausgleichsberechtigte Partner bekommt keine eigene Anwartschaft bei demselben Versorgungsträger. Stattdessen wird ein Ausgleichsbetrag an einen anderen Versorgungsträger überwiesen (§§ 14 ff. VersAusglG). Das ist nur möglich, wenn eine besondere Vereinbarung vorliegt oder der Versorgungsträger das wünscht und eine Mindesthöhe nicht überschritten wird. Im Versorgungsausgleich liegt die Obergrenze für dieses einseitige Abfindungsrecht bei 67,90 Euro monatliche Rente und bei 8.148 Euro Kapitalwert (§ 14 Abs. 2 VersAusglG, Stand: 2023).

Betriebsrenten fair aufteilen

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Familiengerichte bei den Betriebsrenten künftig genau hinschauen und finanzielle Nachteile ausgleichen müssen (Az. 1 BvL 5/18).

Betriebsrenten dürfen im Fall der Scheidung erst geteilt und dann auf eine andere Ren­ten­ver­si­che­rung ausgelagert werden (§ 17 VersAusglG). Für den Arbeitgeber ist das positiv, da er keine Personen in sein Versorgungssystem aufnehmen muss, die gar nicht bei ihm gearbeitet haben.

Wegen der Niedrigzins-Phase kam es bei der Übertragung aber häufig zu Verlusten. Derjenige, der in die Betriebsrente einzahlt, verliert zwar die Hälfte seines Rentenanspruchs, beim anderen kommt aber davon sehr viel weniger an. Um das zu verhindern, müssen die Familiengerichte einen Ausgleichswert festlegen, falls durch die Übertragung Verluste von mehr als 10 Prozent entstehen.

Bei Betriebsrenten aus Direktzusagen oder Unterstützungskassen beträgt die Obergrenze für den Ausgleichswert 87.600 Euro (§ 17 VersAusglG, Stand: 2023). Werden diese Grenzen überschritten, muss intern geteilt werden.

Kommt es zur externen Teilung, kann der Ausgleichsberechtigte wählen, wohin das Geld fließen soll, zum Beispiel in die gesetzliche Ren­ten­ver­si­che­rung, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung.

Ohne Wahl wird die gesetzliche Ren­ten­ver­si­che­rung automatisch zum Zielversorgungsträger oder bei externer Teilung betrieblicher Anrechte die Versorgungsausgleichskasse (§ 15 Abs. 5 S. 2 VersAusglG). Dabei handelt es sich um eine Pensionskasse, die von 38 Lebensversicherern gegründet wurde. Auch die Zahlung eines Abfindungsbetrags zum Ausgleich einer betrieblichen Altersversorgung kann in die Versorgungsausgleichskasse erfolgen, wenn keine Zielversorgung benannt wird (OLG Bamberg, 11.04.2022, Az. 2 UF 37/21).

Wann entfällt der Versorgungsausgleich?

Ihr könnt den Versorgungsausgleich auch einvernehmlich regeln. Das kann sinnvoll sein, wenn die Teilungskosten sehr hoch sind, der Ausgleich zu einem unfairen Ergebnis käme oder Ihr keinen Ausgleich wollt. Statt Anwartschaften zu übertragen, könnt Ihr Euch auf einen Ausgleichsbetrag oder eine andere Gegenleistung einigen.

Diese Ausgleichszahlung zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs ist nicht steuerfrei. Die Zahlung muss als sonstige Einkünfte in der Steu­er­er­klä­rung eingetragen werden. Dafür ist die Ausgleichssumme als Sonderausgabe von der Steuer absetzbar.

Wer einen Ehevertrag abgeschlossen hat, hat meist auch den Versorgungsausgleich geregelt, ihn vielleicht ausgeschlossen – zum Beispiel bei einer Doppelverdiener-Ehe oder bei später Heirat (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG). Dann entscheidet im Fall der Scheidung das Gericht nicht über den Versorgungsausgleich.

Notarielle Beurkundung oder gerichtlicher Vergleich - Eine solche Vereinbarung muss allerdings notariell beurkundet werden (§ 7 VersAusglG). Die Parteien können auch noch im Scheidungstermin auf den Versorgungsausgleich verzichten. Das geht aber nur, wenn beide Eheleute einen eigenen Anwalt zum Termin mitbringen. Dies ist zum Schutz der schwächeren Partei so vorgeschrieben. Da bei einer einvernehmlichen Scheidung allerdings oft nur die Antragstellerseite anwaltlich vertreten ist, muss zumindest für die Protokollierung ein zweiter Anwalt beauftragt werden, wenn auf den Versorgungsausgleich verzichtet wird.

Gerichtliche Kontrolle - In einigen Konstellationen kann ein Verzicht unfair sein, wenn einer der Eheleute dadurch stark benachteiligt wird. Etwa derjenige, der während der Ehe nicht berufstätig war, weil er die gemeinsamen Kinder großgezogen hat (§ 8 VersAusglG).

Wann kann der Versorgungsausgleich angepasst werden?

Bedeutet der Versorgungsausgleich für Dich eine Kürzung Deiner Rente, kannst Du in besonderen Situationen eine Anpassung beantragen. Das nennt sich Rückausgleich. Hast Du mit dem Antrag Erfolg, bekommst Du wieder Deine ungekürzte Rente. In drei Fällen ist eine Anpassung zum Ausgleich von Härten möglich:

  1.  Anpassung, weil die Ex-Frau oder der Ex-Mann bereits verstorben ist
  2.  Anpassung wegen Unterhalt
  3. Anpassung, weil Du invalide oder wegen einer besonderen Altersgrenze früher in Rente gegangen bist

Private Renten oder Betriebsrenten können nachträglich nicht angepasst werden.

Neu: Das Formular, mit dem Du eine Anpassung des bereits durchgeführten Versorgungsausgleichs beantragen kannst, findest Du bei der Deutschen Ren­ten­ver­si­che­rung (R4100)

Tod der Ex-Partnerin oder des Ex-Partners

Das ist der häufigste Fall, wegen dessen der Versorgungsausgleich angepasst wird: Verstirbt Dein Ex-Partner oder Ex-Partnerin, auf die die Hälfte Deiner Rentenanwartschaften übertragen wurde, dann hast Du die Chance, Deine volle Rente zu bekommen.

Das funktioniert nur, wenn die geschiedene Person nicht länger als 36 Monate Rente aus den übertragenen Anwartschaften bezogen hat. Dann wird Deine Rente angepasst (§§ 37, 38 VersAusglG). Ab Antragstellung bekommst Du Deine Rente ungekürzt. Eine Aufstockung für die Vergangenheit ab Tod des Ex-Partner gibt es nicht. Wer nicht handelt, verschenkt deshalb Geld.

Wichtig: Du solltest daran denken, dass Du gleichzeitig auch keine Rente mehr aus den selbst im Versorgungsausgleich erworbenen Entgeltpunkten erhältst. Eine Anpassung wegen Tod ist deshalb nur dann sinnvoll, wenn sie sich insgesamt zu Deinen Gunsten auswirkt. Du solltest Dich auch bei anderen Versorgungsträgern über die Auswirkung der Anpassung informieren.

Wird Dein Antrag abgelehnt, weil Dein Ex-Partner länger als 36 Monate Rente bekommen hat, wird es schwierig. Es gibt noch die Möglichkeit, den Versorgungsausgleich vom Familiengericht neu berechnen zu lassen (siehe BGH, 16.05.2018, Az. XII ZB 466/16). Dazu benötigst Du aber anwaltliche Unterstützung.

Und wie ist es, wenn Du eine Witwen- oder Witwerrente bekommst, die niedriger ausfällt, weil Dein verstorbener Partner vor Eurer Ehe Rentenpunkte nach einer Scheidung abgegeben hat? Das Recht auf Anpassung steht Hinterbliebenen nicht zu. Auch wenn der Ehegatte Deines verstorbenen Partners aus erster Ehe verstirbt, musst Du eine Minderung der Witwenrente durch den Versorgungsausgleich grundsätzlich hinnehmen.

Anpassung wegen Unterhalt

Zahlst Du Deinem früheren Ehemann oder Deiner früheren Ehefrau noch Unterhalt und ist er oder sie noch nicht in Rente, dann kann die Kürzung Deiner Rentenansprüche bis zur Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs entfallen (§ 33 VersAusglG). Für die Anpassung musst Du Dich an das zuständige Familiengericht wenden. Das löst Anwalts- und Gerichtskosten aus.

Anpassung wegen besonderer Altersgrenze oder Invalidität

Wurde Euer Versorgungsausgleich nach dem 1. September 2009 durchgeführt, dann kannst Du unter Umständen eine Anpassung verlangen. Das setzt voraus, dass Du entweder wegen Invalidität in Rente bist oder wegen einer besonderen Altersgrenze frühzeitig Rentenleistungen beziehst. Deine Rente ist gekürzt, weil Du im Versorgungsausgleich Anrechte abgeben musstest.

Gleichzeitig bekommst Du aber keine Leistungen aus den erworbenen Anrechten Deines Ex-Partners oder Partnerin, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. In diesem Fall wird Deine Rente auf Antrag nicht oder nur teilweise gekürzt. Dies gilt so lange, bis Du aus den erworbenen Anrechten eine Leistung beziehen kannst (§ 35 VersAusglG).

Die wichtigsten Fragen für Dich zusammengefasst

Was versteht man unter Versorgungsausgleich?

Welche Ver­si­che­rungen sind vom Versorgungsausgleich erfasst?

Auf welchen Zeitraum bezieht sich der Ausgleich?

Wann ist ein Ausgleich ausgeschlossen?

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