Beleihungswert So schätzt die Bank den Wert der Immobilie ein

Finanztip-Experte für Baufinanzierung und Immobilien
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Sobald Du Dich ernsthaft mit einer Baufinanzierung beschäftigst, triffst Du auf den Beleihungswert und die Beleihung. Beide sind wichtig, wenn Du die Angebote von Banken vergleichen und die Finanzierung optimal einstellen möchtest.
Bevor die Bank einen Baukredit vergibt, muss sie den Wert des Hauses oder der Wohnung ermitteln. In einem eigenen Ratgeber haben wir übrigens erklärt, wie eine Immobilienbewertung in den Grundzügen funktioniert. Im Rahmen der Beleihungswertermittlung muss die Bank also auf einen Wert kommen, der langfristig gesichert ist, also in den folgenden Jahren erzielt werden kann.
Der Beleihungswert kann sich also deutlich von dem Angebotspreis unterscheiden, den Du als Kaufinteressent auf einem Immobilienportal findest. Auch der Kaufpreis, auf den Du Dich schließlich mit dem Verkäufer einigst, kann deutlich vom Beleihungswert abweichen. Selbst der Verkehrswert, den ein Sachverständiger für die Immobilie ermittelt, dann vom Beleihungswert abweichen.
Solche Abweichungen gibt es immer dann, wenn der Wert oder die genannten Preise von dem Betrag abweichen, den andere Kaufinteressenten zahlen würden.
Ein Beispiel: Du kaufst eine alte Villa in Deiner Heimatstadt, die Du zusätzlich auch noch aufwändig renovieren möchtest. Die Nachfrage nach Immobilien wird aber absehbar in dieser Gegend zurückgehen, weil die Bevölkerung altert und kein Zuzug jüngerer Leute absehbar ist.
Nur der Beleihungswert, den die Bank ermittelt, ist Grundlage für die Kreditentscheidung der Bank.
Der Beleihungswert ist nicht unbedingt der maximale Kreditbetrag, den die Bank Dir gibt. Nur wenige Banken gewähren ein Darlehen über 100 Prozent des Wertes der Immobilie. Wenn sie es doch tun, dann nur unter genauer Prüfung der Bonität der Kunden, die sehr gut sein muss. Ein hohes Einkommen und weitere Sicherheiten sind dafür Pflicht. Dann können Kunden auch ohne Eigenkapital kaufen oder bauen.
Der Beleihungswert ist die Grundlage für die verschiedenen Beleihungsstufen, den die Banken bei der Zinsfestlegung verwenden. Als Beleihungsauslauf bezeichnet dabei das prozentuale Verhältnis zwischen der Darlehenssumme und Beleihungswert.
Ein einfaches Beispiel für den Beleihungsauslauf: Die Bank bewertet die Wohnung, die Du kaufen möchtest, mit 100.000 Euro. Um die Immobilie finanzieren zu können, benötigst Du 80.000 Euro von der Bank: 80 von 100 sind 80 Prozent.
Traditionell gelten 80 Prozent des Beleihungswertes als gesunde Obergrenze für die Beleihung. Den fehlenden Betrag zum Kaufpreis plus der Nebenkosten wie Maklergebühr, Grunderwerbssteuer und Notargebühren musst Du dann aus dem Eigenkapital bezahlen.
Gerade bei der Erstfinanzierung ist es aber schwierig, so viel Eigenkapital einzubringen. Die meisten Banken vergeben also auch Baukredite für einen Beleihungsauslauf über 80 Prozent.
Wie viel Geld die Bank verleiht, wie hoch die Zinsen sind und bis wann das Geld zurückgezahlt werden muss, ist von Kunde zu Kunde unterschiedlich. Grundsätzlich aber gilt: Je höher der Beleihungsauslauf, desto höher der Zins. Diesen Zusammenhang kannst Du auch an der nachfolgenden aktuellen Zinstabelle ablesen.
Beim Beleihungsauslauf gelten 60 Prozent als Untergrenze. Das bedeutet: Liegt der Beleihungsauslauf unter 60 Prozent, bekommst Du in der Regel den besten Zinssatz. Weitere Faktoren für den Zins sind außerdem noch die Zinsbindung und der absolute Darlehensbetrag.
Oberhalb der 60 Prozent steigt der Beleihungsauslauf bei den meisten Banken in 10er-Schritten an: 70 Prozent, 80 Prozent, 90 Prozent. Wenn Du eine dieser Grenzen überschreitest, wird es wieder teurer. Manchmal kannst Du also mit relativ wenig Eigenkapital, dass Du zusätzlich einsetzt, einen günstigeren Zins erzielen.
Ein Beispiel für die Optimierung des Eigenkapitals: Die Bank bewertet die Wohnung, die Du kaufen möchtest, mit 100.000 Euro. Nach Abzug des Eigenkapital benötigst Du noch knapp über 80.000 Euro von der Bank. Schraubst Du Deine Notreserve auf dem Girokonto noch etwas nach unten und setzt zusätzliches Eigenkapital ein, kommst Du unter die 80-Prozent-Grenze und erhältst einen günstigeren Zins.
Wie viel Geld die Bank verleiht, wie hoch die Zinsen sind und bis wann das Geld zurückgezahlt werden muss, ist von Kunde zu Kunde unterschiedlich. Grundsätzlich aber gilt: Je höher der Beleihungsauslauf, desto höher der Zins. Diesen Zusammenhang kannst Du auch an der nachfolgenden aktuellen Zinstabelle ablesen.
Zinsbindung | Bestzins | 80 % Beleihung |
---|---|---|
5 Jahre | 3,4 % | 3,5 % |
10 Jahre | 3,3 % | 3,4 % |
15 Jahre | 3,5 % | 3,6 % |
20 Jahre | 3,6 % | 3,7 % |
25 Jahre | 3,7 % | 3,9 % |
30 Jahre | 3,7 % | 4,0 % |
Der Zinssatz ist objekt- und bonitätsabhängig, kann bei guter Bonität und regional niedriger liegen, Zinssätze effektiv, Bestzins: 60 % Beleihungsauslauf, Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: 13. Februar 2025)
Die Werte für Hypothekenzinsen sind eher vorsichtig angesetzt und gelten für einen Beleihungsauslauf von bis zu 80 Prozent. Liegen Kaufpreis oder Herstellungskosten und Kreditsumme enger beieinander, verlangen die Banken auch mehr Zinsen. Je näher Du an eine 100-Prozent-Finanzierung kommst, desto teurer wird auch Dein Baukredit. Gegenüber einer 80-Prozent-Finanzierung liegt der Zinssatz dann schnell um etwa 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte höher. Eine knappe Finanzierung oder sogar eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital wird also in jedem Fall teurer als eine, bei der Du viel eigenes Geld einsetzt.
Ein Tipp für Deine Baufinanzierung: Wie Du an der Zinstabelle ablesen kannst, ist die Zinskurve leicht invers. Das bedeutet: Für kurze Zinsbindungen wie etwa fünf Jahre verlangen die Banken einen niedrigeren Zinssatz als für längere Fristen wie zehn Jahre.
Bei einer normalen Zinsstruktur steigen die Zinsen an, je länger Du die Zinsen festschreibst. Dann liegt der Fünf-Jahres-Zins unter dem Zehn-Jahres-Zins. Eine inverse Zinskurve deutet darauf hin, dass die Banken auf Sicht der nächsten Jahre mit sinkenden Zinsen rechnen.
Unser Tipp: Über kurz oder lang wird die Zinsstruktur wieder normal werden. Du kannst die unterschiedlichen Zinssätze dann nutzen, indem Du Deinen Baukredit in verschiedene Tranchen aufteilst. Bei einer normalen Zinsstruktur erhältst Du für kürzere Zinsbindungen einen günstigere Zinssatz. Sondertilgungen leistest Du dann für die teurere Tranche.
Grundsätzlich ermitteln die Banken den Beleihungswert für die nächsten 30 Jahre – denn so lange laufen viele Baufinanzierungen. Meistens liegt der Beleihungswert 20 bis 30 Prozent unter dem aktuellen Wert der Immobilie. Der aktuelle Wert wird auch Verkehrswert genannt. Die Differenz gilt als Sicherheitsreserve für die Bank.
Allerdings ermitteln nicht alle Banken den Beleihungswert nach dem gleichen Verfahren und arbeiten auch nicht mit den gleichen Sicherheitsabschlägen. Manche Banken verzichten – zumindest im ersten Schritt bei einer Kreditanfrage – auf einen Sicherheitsabschlag und setzen Verkehrswert und Beleihungswert gleich. Das hat den Vorteil, dass eine 100-Prozent-Finanzierung auch wirklich zu einem Darlehen über die gesamten Kaufpreis führt und nicht nur zu einem Darlehen über einen niedriger liegenden Beleihungswert.
Es gibt verschiedene Verfahren, wie die Kreditinstitute den Beleihungswert berechnen.
Banken verwenden das Sachwertverfahren vor allem bei selbst genutztem Wohneigentum. Der Sachwert setzt sich aus Bau- und Bodenwert zusammen.
Bodenwert - Dabei werden die Quadratmeter mit dem langfristig zu erzielenden Preis pro Quadratmeter multipliziert. Den langfristigen Preis schätzen die Institute, weil sich der aktuelle Preis in den nächsten Jahrzehnten deutlich verändern kann – nach oben wie nach unten.
Bauwert - Das Kreditinstitut rechnet die Baukosten durch ein Indexverfahren hoch, um den Bauwert zu bestimmen. Alternativ wendet es das Abschlagverfahren an. Dabei schätzt es die Baukosten und zieht zu seiner eigenen Sicherheit zwischen 10 Prozent und 30 Prozent davon ab.
Boden- und Sachwert werden addiert, um den Sachwert zu berechnen. Je nachdem, ob die Immobilie in einer strukturschwachen Region oder im Villenviertel einer Großstadt liegt, kann sich der Wert noch nach oben oder unten ändern.
Kreditinstitute nutzen das Ertragswertverfahren, um vor allem bei vermieteten Objekten den Beleihungswert zu berechnen. Als Grundlage dient der nachhaltig erzielbare Nettoertrag. Dieser ergibt sich aus den jährlichen Mieteinnahmen abzüglich sämtlicher Kosten. Er bildet zusammen mit dem Kapitalisierungsfaktor den Beleihungswert.
Der Kapitalisierungsfaktor liegt bei mehreren Jahresmieten. Die Banken berücksichtigen dafür unter anderem Bauzustand, Alter, Nutzung und Größe der Immobilie.
Manche Institute berechnen den Beleihungswert auch aus dem Mittelwert von Ertragswert- und Sachwertverfahren.
Die Bank ermittelt den Verkehrswert der Immobilie. Den Wert vergleicht sie mit ähnlichen Objekten und ermittelt damit den Beleihungswert. Für das Verfahren müssen genügend Vergleichsobjekte zur Verfügung stehen.
Der Beleihungswert ist für die Bank, aber auch für Dich als Kaufinteressenten enorm wichtig, weil davon abhängt, ob und wie viel Kredit Du erhältst. Frage daher im Finanzierungsgespräch, wie die Bank den Wert der Immobilie einschätzt, mit welchem Beleihungswert sie rechnet und bis zu welchem Beleihungsauslauf sie die Finanzierung übernimmt.
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