Nichtabnahmeentschädigung Ausgleich für nicht mehr gewollte Kredite
Finanztip-Experte für Baufinanzierung und Immobilien
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Bevor Bauwillige ihre Unterschrift unter den Vertrag zum Baukredit setzen, führen sie mehr als ein Beratungsgespräch. Die Finanzierung des Hauses begleitet sie schließlich über Jahre hinweg und ist keine Entscheidung, die oft geändert wird.
Kommt es doch dazu, wird es teuer für die Kreditnehmer: Nehmen sie das Darlehen nach Ablauf der Widerrufsfrist nicht ab, müssen sie die sogenannte Nichtabnahmeentschädigung zahlen. Damit entschädigen sie den Kreditgeber, in der Regel eine Bank, für den entgangenen Gewinn.
Dass jemand einen vereinbarten Kredit nicht mehr haben will, hat meist den Grund, dass er sich mit einem Forward-Darlehen oder bei der Anschlussfinanzierung verspekuliert hat. Der Bauherr rechnete mit steigenden Zinsen, doch das Gegenteil trat ein. Das einst so günstige Darlehen wird so zu einem teuren Klotz am Bein, den er nicht mehr loswird. Er ist vertraglich zur Abnahme des Kredites verpflichtet. Dies gilt auch, wenn er den Kredit gar nicht mehr braucht.
Den teuren Kredit mit einem preiswerteren abzulösen und gleichzeitig die Nichtabnahmeentschädigung zu zahlen, lohnt sich in den meisten Fällen nicht. Die Entschädigung fällt in der Regel höher aus als die mögliche Zinsersparnis.
Unwillige Kreditnehmer müssen also versuchen, die Strafe ganz zu vermeiden. Das geht in der Regel aber nur mit professioneller Hilfe.
Als Kunde kommst Du nur schwer aus Baukrediten heraus, meist kannst Du nur Dein gesetzliches Kündigungsrecht nach zehn Jahren nutzen. Dafür musst Du eine sechsmonatige Kündigungsfrist einhalten.
Ansonsten wirst Du einen vereinbarten Kredit nur los, wenn die Bank einen Fehler im Vertrag gemacht hat. So kann zum Beispiel die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sein. In solchen Fällen beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist für Kredite nie. Deshalb kannst Du diese Verträge jederzeit widerrufen; eine Entschädigung musst Du nicht zahlen.
Das gilt auch bei formalen Mängeln im Vertrag. Die Bank muss im Vertrag eine ganze Reihe von vorgeschriebenen Angaben machen, etwa zu den vertraglichen und gesetzlichen Kündigungs- und Rücktrittsrechten (§ 492 Abs. 2 BGB). Fehlt eine solche Pflichtangabe und das Darlehen ist noch nicht ausgezahlt, ist der Vertrag nichtig. So urteilte das Landgericht Mainz am 27. Januar 2015 (Az. 6 O 66/14). Die Auszahlung hätte den Fehler im Vertrag behoben.
Wenn Du als Kreditnehmer nicht aus Deinem Vertrag herauskommst, kannst Du zumindest versuchen, den Schaden kleinzuhalten, indem Du kontrollierst, ob die Nichtabnahmeentschädigung richtig berechnet ist.
Die Banken können die Höhe der Nichtabnahmeentschädigung auf zwei unterschiedliche Arten berechnen: die Aktiv-Aktiv-Methode sowie die Aktiv-Passiv-Methode.
Bei der Aktiv-Aktiv-Methode nutzen die Kreditinstitute die Differenz zwischen den Zinssätzen des nicht angenommenen Darlehens und den Zinsen aktueller Darlehen für die Berechnung. Meist wenden sie jedoch die Aktiv-Passiv-Methode an. Dabei geht es um die Differenz zwischen den entgangenen Zinsen und der möglichen Rendite bei einer Anlage der Darlehenssumme in Hypothekenpfandbriefen (BGH, Urteil vom 7. November 2000, Az. XI ZR 27/00). Tatsächlich anzulegen brauchen die Banken das Geld dabei nicht.
Die Kreditgeber müssen die Entschädigung um die entfallenen Verwaltungs- und Risikokosten kürzen. Es gibt allerdings keine festen Regeln zur Höhe des Risikoabschlags. Dieser muss fallabhängig berechnet werden. Schließlich ziehen die Banken das individuelle Risiko eines Zahlungsausfalls heran. Außerdem müssen sie etwaige Sondertilgungen oder das gesetzliche Kündigungsrecht nach zehn Jahren berücksichtigen.
Zahle nicht vorschnell die geforderte Summe. Prüfe die Berechnung der Bank auf Fehler. Der Verbraucherzentrale Bundesverband stellte in einer Studie fest, dass es durchaus hohe Unterschiede zwischen eigenen Berechnungen und denen der Banken gab. Die Gründe für diese Ergebnisse sind unterschiedlich: Unter Umständen setzt die Bank den Risikoabschlag zu niedrig an, was die Entschädigung dann teurer macht. Auch die Optionen für Sondertilgungen können unterschiedlich in die Berechnung einbezogen werden. Daneben dürfen Banken keine pauschale Gebühr für die Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung verlangen (OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 17. April 2013, Az. 23 U 50/12).
Auch wenn Du bereits eine Nichtabnahmeentschädigung gezahlt hast, solltest Du kontrollieren, ob die Widerberufsbelehrung im Kreditvertrag fehlerhaft war. Denn der sogenannte Widerrufsjoker kann Dir helfen, das gezahlte Geld zurückzubekommen.
Es ist allerdings unklar, ob Du nach einer Vertragsauflösung noch Anrecht auf einen nachträglichen Widerruf hast. Die Gerichtsurteile sind nicht einheitlich bei Klagen von Kreditnehmern, die ihre Vorfälligkeitsentschädigung über den Widerrufsjoker zurückverlangten. Diese funktioniert ähnlich wie die Nichtabnahmeentschädigung und fällt an, falls Du Dein Darlehen frühzeitig zurückzahlst.
Lass Deinen Darlehensvertrag und die Berechnung der Entschädigung nicht nur prüfen, bevor Du eine Entschädigung zahlst, sondern lass ihn auch danach auf mögliche Fehler kontrollieren. Du kannst dafür zu einem Rechtsanwalt oder zu einer der Verbraucherzentralen gehen.
Unter den Verbraucherzentralen taten sich die in Hamburg und Bremen bereits bei der Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen hervor. Sie prüfen auch vorab Widerrufsbelehrungen. Falls Du Dich für einen Anwalt entscheidest: Achte darauf, dass er auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert ist.
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