Karenzzeit in der BU-Versicherung Die Wartezeit, die Du bei Berufsunfähigkeit besser meidest

Nathanael Häfner
Nathanael Häfner
Experte BU und Unfallversicherung

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung kannst Du eine Karenzzeit vereinbaren, in der Du keinen Anspruch auf Leistungen hast.
  • Die Karenzzeit beginnt mit der Berufsunfähigkeit und kann etwa sechs bis 24 Monate andauern.
  • Damit senkst Du zwar Deinen Beitrag, das finanzielle Risiko für Dich steigt aber.

So gehst Du vor

  • Informiere Dich zur BU mit unserer Checkliste.

Zur BU-Checkliste

Klickst Du auf eine Empfehlung mit *, unterstützt das unsere Arbeit. Finanztip bekommt dann eine Vergütung. Empfehlungen sind aufwändig recherchiert und basieren auf den strengen Kriterien der Finanztip-Expertenredaktion. Mehr Infos

Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) gehört zu den wichtigsten Versicherungen überhaupt, kostet Dich aber viel Geld. Damit Du monatlich weniger Beitrag zahlst, empfehlen Dir Versicherungsvermittler manchmal, im Vertrag eine sogenannte Karenzzeit zu vereinbaren. Die Versicherung zahlt dann nicht sofort, sobald die Berufsunfähigkeit festgestellt wird, sondern erst nach der vereinbarten Wartezeit. Warum Finanztip Dir von einer Karenzzeit bei der Berufsunfähigkeitsversicherung abrät, erfährst Du in diesem Ratgeber. 

Was ist eine Karenzzeit?

Die Karenzzeit ist eine vertragliche Wartezeit. Sie bestimmt, wie lange Du warten musst, bis die Versicherung Dir Geld zahlt. Während der Karenzzeit bekommst Du kein Geld von der Versicherung, obwohl Du ohne schon dazu berechtigt wärst. Wie lange die Karenzzeit läuft, steht im Vertrag. Du kannst sie meist nicht mehr nachträglich ändern. 

Entscheidest Du Dich für eine Karenzzeit, kannst Du Dir die Dauer aussuchen. Übliche Karenzzeiten betragen drei, sechs, zwölf, 18 oder 24 Monate. Generell gilt: Je länger die Karenzzeit, desto niedriger die Versicherungsbeiträge.

Mit einer Karenzzeit kannst Du bei den Versicherungsbeiträgen also Geld sparen. Auch die Versicherung selbst spart durch diese Vereinbarung im Leistungsfall: Sie zahlt Dir erst später, und damit also insgesamt weniger Geld. 

Aber Achtung: Falls Du über keine großen finanziellen Reserven verfügst, solltest Du Karenzzeiten vermeiden. Denn erst nach Ende der Karenzzeit zahlt die Versicherung ihre Leistungen. Du musst die Zeit daher mit eigenen finanziellen Mitteln überbrücken.

Wann beginnt eine Karenzzeit in der BU?

Die Karenzzeit bei der BU beginnt, wenn eine Ärztin Deine Berufsunfähigkeit feststellt. In dieser Zeit zahlt Dir die Versicherung noch keine monatliche Berufsunfähigkeitsrente (BU-Rente). Erst wenn die Karenzzeit abgelaufen ist, Du in dieser Zeit ohne Unterbrechung dauerhaft berufsunfähig warst und es aller Voraussicht nach auch danach bleiben wirst, zahlt die Versicherung. Eine rückwirkende Zahlung der Leistungen aus der Karenzzeit gibt es nicht.

Was heißt das für Dich?

Bis dahin musst Du  laufende Kosten wie Miete, Energiekosten, Versicherungen und Lebensmittel weiterhin zahlen. Dazu kommen unter Umständen auch noch die Beiträge für die BU. In einigen Tarifen musst Du diese nämlich auch während der Karenzzeit weiterzahlen. Andere Versicherungen wie eine Kfz-Versicherung oder eine Zahnzusatzversicherung laufen ebenfalls weiter. 

Welche Vorteile hat die Karenzzeit bei der BU?

Deine Beiträge werden zehn bis 20 Prozent günstiger. Bei längeren Karenzzeiten – zum Beispiel von 24 Monaten – sind die Beiträge deutlich günstiger als bei Verträgen ohne Karenzzeit. Bei einem monatlichen Beitrag von 80 Euro wären das also acht bis 16 Euro, die Du im Monat sparen kannst.  

Davon rät dir Finanztip aber ab. 

Was sind die Risiken einer Karenzzeit bei der BU?

Das größte Risiko bei der Karenzzeit in der BU-Versicherung sind finanzielle Notlagen. Du bekommst in dieser Zeit kein Geld von Deiner Versicherung. Vermeide daher eine Karenzzeit.

Das Problem: Nur weil Du vorübergehend arbeitsunfähig bist, muss das noch nicht bedeuten, dass Du dauerhaft in Deinem letzten Beruf nicht mehr arbeiten kannst. Dazu unterscheiden sich Fälle. Angenommen, Dein Knochenbruch verläuft zunächst günstig. Weil er sich aber nach einigen Monaten verschlimmert, bist Du nicht mehr nur krankgeschrieben, sondern kannst nicht mehr als Paketbote arbeiten. Oder Du bist derart vom Job ausgebrannt, dass ein Monat Pause von der Arbeit nicht reicht. Stattdessen hilft Dir nur ein dreimonatiger Aufenthalt in einer Tagesklinik. Heißt also: Wenn Du erst später festgestellt wird, dass Du berufsunfähig bist, könnte Dein Krankengeld bald auslaufen oder nicht mehr reichen. Und zusätzlich stehst Du in dem Fall wegen der Karenzzeit ohne BU-Rente da. 

Nathanael Häfner

Im Ernstfall stehst Du mit Karenzzeit ohne Geld da – überlege gut, ob Dir das die Ersparnis wert ist.

Nathanael Häfner
Unser Finanztip-Experte für BU und Unfallversicherung

Angenommen, Du hast laufende Kosten von 1.500 Euro für Miete, Fahrrad und Essen. Hast Du keinen Anspruch mehr auf Krankengeld, bist aber noch in der Karenzzeit, fehlt Dir dieses Geld jeden Monat. Dafür braucht es einen ordentlichen Notgroschen, vom dem Du womöglich schon gezehrt hast, als Du krank wurdest. Mit einer BU-Rente von 2.000 Euro wie im folgenden Beispiel deckst Du die laufenden Kosten hingegen, und kannst noch etwas sparen. 

Wer angestellt ist, hat bei Arbeitsunfähigkeit zwar Anspruch auf Leistungen wie die Lohnfortzahlung oder Krankengeld. Angestellte erhalten bis zu sechs Wochen lang eine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin, wenn sie krank sind (§ 3 EntgFG). Bist Du auch über die sechs Wochen hinaus arbeitsunfähig erkrankt, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse das Krankengeld. Das Krankengeld kannst Du insgesamt bis zu 78 Wochen – also rund 18 Monate – lang beziehen, die sechs Wochen Lohnfortzahlung zählt die Krankenkasse dabei mit (§ 44 SGB V).

Insgesamt hast Du zwar einige staatliche Gelder und Optionen für Deine BU, mit der Du in der Karenzzeit an Geld kommst. Selbst mit all diesen bleibt das finanzielle Risiko aber hoch für Dich, wenn Du eine Karenzzeit in der BU hast.

Reicht Dir die Lohnfortzahlung?

Nein, die Dauer der Lohnfortzahlung ist zu kurz, um die Karenzzeit bei der BU-Versicherung zu überbrücken. Auch das Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse hilft Dir nicht unbedingt über die ganze Karenzzeit hinweg. Normalerweise hast Du zwar auch während einer festgestellten Berufsunfähigkeit noch Anspruch auf ein Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse. Das Problem: Wird eine Berufsunfähigkeit erst nach vielen Monaten Deiner Arbeitsunfähigkeit festgestellt, läuft Dein Krankengeld möglicherweise während der Karenzzeit aus. Du stehst ohne Geld da.

Was bringt Dir eine Arbeitsunfähigkeitsklausel? 

Eine sogenannte Arbeitsunfähigkeitsklausel (AU-Klausel) in der BU-Versicherung hilft Dir nicht weiter. Damit überbrückst Du nur die Zeit der Arbeitsunfähigkeit. Sobald eine Berufsunfähigkeit feststeht, endet die Zahlung aus der AU-Klausel. Außerdem verteuerst Du damit deine BU.  

Kannst Du BU-Rente und Krankentagegeld bekommen?

Nein, BU-Rente und Krankentagegeld gleichzeitig geht nicht. (LG Cottbus, 09.01.2020 - 6 O 444/18; OLG Saarbrücken, 14.03.2017 - 5 U 37/17). Du darfst keine Leistungen aus einer privaten Krankentagegeld-Versicherung beziehen, wenn Deine Berufsunfähigkeit bereits festgestellt wurde. Denn diese zahlt nur bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit. Sobald die dauerhafte Berufsunfähigkeit festgestellt wird, stellt die Krankentagegeld-Versicherung ihre Leistungen ein.

Hilft Dir die Erwerbsminderungsrente in der Karenzzeit? 

Eine Erwerbsminderungsrente (EMR) reicht kaum, um die Karenzzeit zu überbrücken. Die EMR zu beantragen ist aufwendig, die Hürden dafür sind hoch, und es dauert meist Monate, bis die Deutsche Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente bewilligt. 

Du bräuchtest also hohe finanzielle Rücklagen, um die Karenzzeit bis zur BU-Rentenzahlung zu überbrücken. Und gerade, wenn Du berufsunfähig bist, ist ein angesparter Notgroschen wichtig. Schließlich fällt eine BU-Rente niedriger als das aktuelle Nettoeinkommen aus. 

Gleichzeitig solltest Du keine Kredite aufnehmen, um die Karenzzeit zu überbrücken. Eine Karenzzeit bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ist daher in den meisten Fällen nicht sinnvoll. 

Welche Versicherungen haben eine Karenzzeit?

Neben der Berufsunfähigkeitsversicherung ist die Karenzzeit vor allem bei der Restschuldversicherung üblich.

Restschuldversicherungen unterstützen Dich scheinbar, wenn Du einen Kredit für ein Haus abbezahlst, ihn aber nicht mehr bezahlen kannst. Weil Du etwa arbeitslos oder berufsunfähig wirst. Hast Du eine Karenzzeit bei der Restschuldversicherung vereinbart, zahlt die Versicherung erst dann die Raten weiter, wenn Du zum Beispiel drei Monate lang arbeitslos bist. 

Tatsächlich verdienen die Versicherer mit einer Restschuldversicherung viel Geld mit Dir. Sie ist bei Rahmenkrediten nie und auch bei Immobilienkrediten meist keine gute Wahl. Mehr dazu erfährst Du in unserem Ratgeber für Restschuldversicherungen.

Wie unterscheiden sich Karenzzeit und Wartezeit?

Bei der Wartezeit musst Du eine bestimmte Zeit versichert sein, bevor Du Leistungen erhältst. Typisch sind solche Wartezeiten für Zahnzusatzversicherungen, Rechtsschutzversicherungen und Krankenhaus-Zusatzversicherungen

Die Karenzzeit hingegen bestimmt, nach welcher Zeit Du Deine BU-Rente erhältst, nachdem Du berufsunfähig geworden bist. 

Ein Beispiel: Carola schließt eine Zahnzusatzversicherung mit einer allgemeinen Wartezeit von sechs Monaten ab, hat aber bereits zwei Monate nach Vertragsabschluss eine teure Zahnbehandlung. In diesem Fall ist Carolas Versicherungsschutz noch nicht aktiv: Die Zahnzusatzversicherung zahlt ihr keine Leistungen aus. 

Hat Deine BU eine Wartezeit? 

Die meisten BU-Versicherungen haben keine Wartezeiten. In der Regel zahlen sie bereits dann, wenn die Berufsunfähigkeit kurz nach Vertragsabschluss eintritt – sofern Du Dich nicht für eine Karenzzeit entschieden hast. Prüfe das zur Sicherheit nochmal in Deinem Tarif. 

* Was der Stern bedeutet:

Finanztip ist kein gewöhnliches Unternehmen, sondern gehört zu 100 Prozent zur gemeinnützigen Finanztip Stiftung. Die hat den Auftrag, die Finanzbildung in Deutschland zu fördern. Alle Gewinne, die Finanztip ausschüttet, gehen an die Stiftung und werden dort für gemeinnützige Projekte verwendet – wie etwa unsere Bildungsinitiative Finanztip Schule.

Wir wollen mit unseren Empfehlungen möglichst vielen Menschen helfen, eigenständig die für sie richtigen Finanzentscheidungen zu treffen. Daher sind unsere Inhalte kostenlos im Netz verfügbar. Wir finanzieren unsere aufwändige Arbeit mit sogenannten Affiliate Links. Diese Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen (*).

Bei Finanztip handhaben wir Affiliate Links jedoch anders als andere Websites. Wir verlinken ausschließlich auf Produkte, die vorher von unserer unabhängigen Experten-Redaktion ausführlich analysiert und empfohlen wurden. Nur dann kann der entsprechende Anbieter einen Link zu diesem Angebot setzen lassen. Geld bekommen wir, wenn Du auf einen solchen Link klickst oder beim Anbieter einen Vertrag abschließt.

Für uns als gemeinwohlorientiertes Unternehmen hat es natürlich keinen Einfluss auf die Empfehlungen, ob und in welcher Höhe uns ein Anbieter vergütet. Was Dir unsere Experten empfehlen, hängt allein davon ab, ob ein Angebot gut für Dich als Verbraucher ist.

Mehr Informationen über unsere Arbeitsweise findest Du auf unserer Über-uns-Seite.

Unterstütze uns
Mit Deinem Beitrag unterstützt Du uns bei der unabhängigen Recherche für unsere Ratgeber.