Abgesenkte Kappungsgrenze und Mieterschutz Mieterhöhung: Wo ist die Grenze?
Finanztip-Expertin für Recht
Das Wichtigste in Kürze
So gehst Du vor
Ist eine Mieterhöhung ins Haus geflattert? Bevor Du Dich ärgerst, solltest Du selbst überprüfen, ob die Erhöhung zulässig ist. Es gibt nämlich zwei Grenzen, die Dein Vermieter oder Deine Vermieterin nicht überschreiten darf: die ortsübliche Vergleichsmiete und die Kappungsgrenze.
Im laufenden Mietverhältnis darf Dein Vermieter die Miete immer nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Das ist die absolute Obergrenze. Wenn Deine bisherige Miete weit unter der ortsüblichen Miete lag, Du also eine eher günstige Wohnung gemietet oder einige Jahre keine Mieterhöhung bekommen hast, kann die Kappungsgrenze ins Spiel kommen. Diese Regelungen sind nicht mit der Mietpreisbremse zu verwechseln, die nur bei Neuvermietungen gilt.
Unter der Kappungsgrenze versteht man Folgendes: Innerhalb von drei Jahren darf die Miete um höchstens 20 Prozent steigen (§ 558 Abs. 3 BGB). Dadurch soll ein zu rascher Anstieg von Mieten verhindert werden, die bislang deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete lagen.
Beispiel: Armin bekommt eine Mieterhöhung von 6,80 Euro auf 8,50 Euro pro Quadratmeter. Das entspricht der aktuellen ortsüblichen Vergleichsmiete. Seine Vermieterin will also die Miete um 25 Prozent erhöhen. Dadurch verstößt sie gegen die gesetzliche Kappungsgrenze von 20 Prozent. Sie darf die Miete höchstens um 1,36 Euro pro Quadratmeter auf 8,16 Euro pro Quadratmeter anheben.
Um zu überprüfen, ob die Erhöhung gegen die Kappungsgrenze verstößt, musst Du die erhöhte Miete mit der Nettokaltmiete vergleichen, die Du vor drei Jahren zahlen musstest. Die Nettokaltmiete ist Deine Miete ohne Betriebs- und Nebenkosten.
Bei diesem Vergleich bleiben Mietsteigerungen wegen Modernisierungsmaßnahmen oder erhöhter Betriebskosten unberücksichtigt.
Wichtig: Die Kappungsgrenze gilt auch, wenn die Miete länger als drei Jahre nicht erhöht wurde.
Soll die Miete steigen, weil die Wohnung modernisiert wurde, gelten besondere Kappungsgrenzen. Die ergeben sich aus dem Gesetz und gelten bundesweit (§ 559 Abs. 3a BGB). Es gibt dazu keine gesonderten Verordnungen der Bundesländer.
Die Mieten modernisierter Wohnungen dürfen nicht mehr als 3 Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren steigen; Mieten bis 7 Euro pro Quadratmeter dürfen nicht mehr als 2 Euro steigen (§ 559 Abs. 3a BGB). Für den Austausch der Heizung gibt es seit 1. Januar 2024 eine neue Kappungsgrenze: die Miete darf um nicht mehr als 50 Cent je Quadratmeter Wohnfläche erhöht werden (§ 559e Abs. 3 BGB). Wie die besonderen Kappungsgrenzen funktionieren, erfährst Du im Ratgeber zur Mieterhöhung nach Modernisierung.
Alle Bundesländer können durch eine Verordnung die gesetzliche Kappungsgrenze auf 15 Prozent absenken, falls die Gefahr besteht, dass es in Städten und Gemeinden nicht mehr genug Mietwohnungen zu angemessenen Preisen gibt (§ 558 Abs. 3 BGB). 13 Bundesländer haben solche Verordnungen erlassen.
Die niedrige Kappungsgrenze gilt für alle Mieterhöhungen, die der Mieterin oder dem Mieter ab Inkrafttreten der jeweiligen Verordnung zugegangen sind (LG München I, 08.01.2014, Az. 14 S 25592/13).
Ausblick: Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag auf Seite 71 angekündigt, die Kappungsgrenze in angespannten Märkten auf 11 Prozent in drei Jahren zu senken. Ein Gesetzesentwurf liegt bisher noch nicht vor.
Hast Du eine Mieterhöhung bekommen, solltest Du
Bundesland | gilt im Zeitraum | Städte und Gemeinden |
---|---|---|
Baden-Württemberg | 01.07.2020 - 30.06.2025 | 89 Städte und Gemeinden, darunter Stuttgart, Freiburg, Heidelberg, Tübingen und andere |
Bayern | 01.09.2023 - 31.12.2025 | 208 Städte und Gemeinden, darunter München, Regensburg, Ingolstadt und andere |
Berlin | 11.05.2023 - 10.05.2028 | ganz Berlin |
Brandenburg | 01.01.2021 - | 19 Städte und Gemeinden, darunter Potsdam, Hoppegarten, Stahnsdorf und andere |
Bremen | 01.09.2019 - 31.08.2024 | Bremen mit Ausnahme von Bremerhaven |
Hamburg | 01.09.2023 - 31.08.2028 | ganz Hamburg |
Hessen | 19.11.2019 - 25.11.2025 | 49 Städte und Gemeinden, darunter Frankfurt, Kassel, Gießen und andere |
Mecklenburg-Vorpommern | 01.10.2018 - 30.09.2028 | Greifswald und Rostock |
Niedersachsen | 01.12.2016 - 31.12.2027 | 18 Städte und Gemeinden, darunter Göttinge, Hannover, Wolfsburg und andere |
Nordrhein-Westfalen | 01.07.2020 - 30.06.2025 | 18 Städte und Gemeinden, darunter Düsseldorf, Köln, Münster und andere |
Rheinland-Pfalz | 01.10.2019 - 30.09.2024 | 4 Städte, darunter Landau, Speyer, Mainz und Trier |
Sachsen | 01.07.2020 - 30.06.2025 | |
Thüringen | 01.10.2019 - 30.09.2024 | Erfurt |
Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: Januar 2024)
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof musste übrigens überprüfen, ob die Kappungsgrenzen-Verordnung mit der bayerischen Verfassung in Einklang steht. Das Gericht sah keine Verletzung von Eigentumsrechten darin, dass Eigentümer nicht mehr die höchstmögliche Rendite aus einer Immobilie erzielen können (16.06.2015, Az. Vf. 12-VII-14).
Auch die Berliner Kappungsgrenzen-Verordnung wurde überprüft und ist laut Bundesgerichtshof verfassungsgemäß (04.11.2015, Az. VIII ZR 217/14).
Hat Deine Vermieterin oder Dein Vermieter die Kappungsgrenze nicht beachtet und die Miete um mehr als 20 oder 15 Prozent erhöht, musst Du der Mieterhöhung nicht zustimmen. Ein Verstoß gegen die Grenze führt aber nicht dazu, dass die gesamte Mieterhöhung unwirksam ist. Die zu hoch veranschlagte Miete darfst Du auf das zulässige Maß reduzieren.
Beispiel: Barbara bekommt eine Mieterhöhung von 6,80 Euro auf 8,50 Euro pro Quadratmeter. Das entspricht dem aktuellen Mietspiegel. Das bedeutet eine Mieterhöhung um 25 Prozent. Am Wohnort gilt allerdings die abgesenkte Kappungsgrenze von 15 Prozent. Die Miete darf dementsprechend höchstens um 1,02 Euro pro Quadratmeter auf 7,82 Euro pro Quadratmeter steigen. Barbara sollte der Erhöhung nur bis zur Kappungsgrenze auf 7,82 Euro zustimmen.
Verweigerst Du insgesamt die Zustimmung zur Mieterhöhung, riskierst Du, auf Zustimmung verklagt zu werden. In Höhe der zulässigen Miete wird das Gericht Dich in so einem Fall zur Zustimmung verurteilen – es sei denn, die Erhöhung ist aus anderen Gründen insgesamt unwirksam. Wann das Fall ist, findest Du im Ratgeber zur Mieterhöhung.
Lass Dich im Zweifel von einem Experten beraten. Gute Anlaufstellen sind Mietervereine am Ort oder eine Rechtsanwaltskanzlei für Mietrecht.
Wir haben im Sommer 2023 Rechtsschutztarife mit den Bausteinen Privat, Beruf und Verkehr untersucht. Unsere Empfehlungen aus diesem Test sind:
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